Das ewige Leben | Von Roland Rottenfußer

Transhumanisten sehen den Tod des menschlichen Körpers als technisch lösbares Problem an — spirituelle Lehrer halten Unsterblichkeit schon lange für möglich.

„Ich lebe seit viereinhalb Jahrhunderten, und ich kann nicht sterben“, sagte Connor McLeod. „Naja, wir haben alle unsere Probleme“, erwiderte seine Gefährtin Brenda. Im Fantasy-Epos „Highlander“, einem Film von Russell Mulcahy aus dem Jahr 1986, kann der von Christopher Lambert dargestellte Protagonist nicht sterben. Nicht einmal, wenn er bei Schwertkämpfen auf eine Weise verwundet wird, die für jeden anderen tödlich wäre. Eine spannende und etwas rätselhafte Handlung. Was aber ist an diesem „Nicht-sterben-Können“ ein „Problem“? Wäre es nicht vielmehr eine Gnade — das, was sich alle Menschen wünschen: Unsterblichkeit? Ist nicht vielmehr unsere Sterblichkeit das Problem, der Terror des unausweichlichen Verfalls unseres Körpers, der Druck der begrenzten Zeit, die absehbaren, schmerzlichen Abschiede und die Ungewissheit des „Wohin”?

Lange bevor „Transhumanismus“ als Begriff bekannt geworden ist, beschäftigten sich Science-fiction-Autoren und Drehbuch-Schreiber visionär mit dem Thema. Den intelligentesten mir bekannten Beitrag zum Thema schrieb und inszenierte der deutsche Filmemacher Rainer Erler 1976 mit „Unsterblichkeit“ — einem Beitrag der Reihe „Das Blaue Palais“, in der ein Forscherteam an grenzwissenschaftlichen Themen arbeitet. Gut recherchierte wissenschaftliche Ansätze wurden visionär weitergedacht und mit einer Thrillerhandlung verknüpft. Man muss allerdings ein Alter erreicht haben, das der Unsterblichkeit schon ziemlich nahe kommt, um sich an die Erstausstrahlung dieser großartigen Sendereihe noch zu erinnern. Diese bestach nicht zuletzt auch durch ihre philosophische Tiefe. Im Anfangsmonolog skizziert der Leiter der Forschungseinrichtung die Ausgangslage:

Der vermeidbare Tod

„Uns Menschen erscheint der Tod unausweichlich. Schicksalhaft, aber auch unmenschlich. Denn jede Stunde, in der wir leben, bringt uns neue Erfahrungen und Erkenntnisse. Aber die letzte macht alles zunichte. Sterben ist etwas Absurdes. Altern und Sterben scheinen in unseren Lebensfaden einprogrammiert zu sein, um das Leben als Ganzes zu erhalten.

Die Lebensbedingungen auf unserem Planeten haben sich in Millionen Jahren laufend verändert. Nur durch eine rasche Folge von Generationen wird Anpassung und damit das Überleben einer Art gesichert. Es gibt jedoch keinen Grund mehr anzunehmen, dass der Begriff des Lebens zwangsläufig und untrennbar mit dem des Todes verknüpft sein muss, wenn es der Biochemie gelingt, das entsprechende Programm in uns zu entschlüsseln und zu verändern. Es scheint mir, als seien die Biochemiker nicht mehr allzu weit von diesem Ziel entfernt.“

Als Grund für die „eingebaute“ Sterblichkeit wird hier der Drang des Lebens nach Weiterentwicklung durch in schnellem Rhythmus aufeinander folgende Generationen genannt. Und es wird ein Ausweg angedeutet: die Möglichkeit, den Tod mithilfe der Biochemie auszuschalten. Zu diesem Zweck entdeckt das Forscherpaar Jeroen de Groot (Peter Fricke) und Sibilla Jacopescu (Evelyn Opela) eine Methode, um beliebig häufige Zellteilung bei Menschen möglich zu machen. Der Tod sei die Folge der ab einem bestimmten Alter aussetzenden Zellerneuerung.

Kann diese natürlicherweise „geplante Obsoleszenz“ des Körpers aufgehoben werden, kann der Mensch potenziell für immer leben – es sei denn, er wird durch äußere Gewalteinwirkung dahingerafft.

Zudem ist die Unsterblichkeit in diesem Szenario weitervererbbar.

Für dieses Forschungsvorhaben hat speziell Sibilla ihre persönlichen Gründe. Im Gespräch mit Jeroen beklagt sie den Zwang, sich auf in der Regel nur einen Lebensschauplatz und eine Lebensweise festlegen zu müssen, und malt sich aus, wie schön es sein müsse, unbegrenzt Zeit zu haben.

„Wenn das Leben nicht so begrenzt wäre … Wir wissen doch bei allem, was wir tun und planen, dass es nicht ewig dauert. Was würden wir anders machen, wenn es unendlich wäre?“

Sibilla ist schließlich die erste, die sich das Unsterblichkeitsserum spritzt. Ein Grund dafür ist Eitelkeit, denn ihre Mitarbeiterin verspricht ihr, wenn ihr Partner ein alter Mann geworden sei, werde sie selbst immer noch jung und schön sein.

Unbegrenzte Vermehrung

So weit zu den Verlockungen der Unsterblichkeit. Nun zu den möglichen Problemen. Das erste betrifft die Variante „Vererbliche Unsterblichkeit“. Das würde bedeuten, dass alle heute auf der Erde lebenden Menschen für immer am Leben blieben, während ständig neue, ebenfalls unsterbliche geboren würden.

Diese Schreckensvision verdeutlicht Rainer Erler drastisch am Beispiel unsterblicher Taufliegen, die sich im Laufe des Films in einem Glasbehälter immer stärker vermehren. Der Erfinder der Methode, Ian McKenzie, hat die Insektenart wegen ihrer raschen Generationenfolge als „Versuchskaninchen“ ausgewählt. Wegen des Ergebnisses im Versuch mit den Taufliegen stellt er alle weiteren Forschungen zum Thema aus Gewissensgründen ein. So erklärt es McKenzie im Dialog mit Sibilla und Jeroen:

„Und wenn sie immer genügend Futter haben und keiner Katastrophe zum Opfer fallen, dann werden sie ewig leben. Auch in der freien Natur. (…) Die Spuren menschlicher Zivilisation werden verschwinden, aber diese Fliegen hier werden immer noch leben. Und sie vermehren sich unaufhaltsam. Denn die Unsterblichkeit ist erblich. Mit einem Dutzend fing es an. Jetzt sind es Millionen. Und wenn sie entweichen — ein Pärchen genügt —, 50 Jahre von jetzt, und die Erde wird bedeckt von einer schwirrenden schwarzen Wolke, Taufliegen, unsterbliche, sich alle drei Wochen vervielfältigende Taufliegen. Eine Horrorvision, nicht wahr? (…) Aber setzen Sie jetzt für jede Fliegen einen Menschen. (…) Verstehen Sie jetzt, dass ich weitere Versuche eingestellt habe?“

Während Sibilla entschlossen ist, die Experimente an Menschen auf der Grundlage der Arbeit von McKenzie weiterzuführen, sieht Jeroen die möglichen Folgen:

„Ich bezweifle, dass wir ein Recht haben, es zu tun. (…) Die Ergebnisse sind nicht vorhersehbar. Vererbliche Unsterblichkeit. Dieser Planet erstickt doch bereits an Menschen. Hungerkatastrophen, Mord, Totschlag werden die Folgen einer Bevölkerungsexplosion sein.“

Sibilla argumentiert, man müsse ja nicht gleich allen Menschen die Spritze geben.

„Niemand von uns hat die Absicht, die Menschheit mit Unsterblichkeit zu beglücken.“

Hier aber kommt ein ethisches Problem ins Spiel, das Jeroen erkennt:

„Und wer trifft die Auswahl?“

Unsterblichkeit als Elitenprojekt

Wie in der Debatte um Bevölkerungsreduktion — und sei es auch „nur“ durch gezielt hervorgerufene Unfruchtbarkeit — sieht Jeroen das Problem, vor dem auch wir stehen würden: Es wäre eine ungeheure Anmaßung, entscheiden zu wollen, wer leben, sich vermehren oder gar „ewig leben“ dürfte, und wer nicht. Nehmen wir als Gedankenexperiment an, ein Unsterblichkeitsmedikament wäre verfügbar. Dann geschähe vermutlich folgendes: Sollte die „Therapie“ teuer sein, wäre Unsterblichkeit ein Privileg der Reichen, die wie Götter auf uns Normalsterbliche herabblicken würden. Sie würden uns kommen und gehen sehen, wie eine Vogelliebhaberin ihre Wellensittiche, von denen sie wegen der kurzen Lebensspanne eben alle sieben Jahre einen neuen in der Zoohandlung kaufen müsste. Die andere Variante: Wäre die Behandlung billig, gäbe es einen ungeheuren „Run“ auf die Injektion. Es gäbe quasi Unsterblichkeits-Impfdrängler. Und wer schon betagter ist, hätte es naturgemäß eilig.

Fragen wie die nach der Gefahr massiver Überbevölkerung sowie der Priorisierung unter den Unsterblichkeits-Aspiranten wären extrem schwer zu entscheiden, würden aber vermutlich dennoch entschieden werden: durch diejenigen, die die Macht besäßen. Unsterblichkeit wäre ein Elitenprojekt, das vielleicht sogar unter höchster Geheimhaltung vollzogen würde.

Steht uns möglicherweise ein unsterblicher Klaus Schwab, Bill Gates oder Robert Habeck ins Haus? Ist zu befürchten, dass uns ein Karl Lauterbach noch in 100 Jahren vor der 500sten Corona-Welle warnen wird?

In einem solchen Fall ist es ein Trost, dass wir zu diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr leben werden, denn die biotechnische Elite der Welt wird kaum ausgerechnet uns zu jenen Auserwählten zählen, die die Menschheit für immer mit ihrer Anwesenheit beglücken werden.

Die Sterbensreifen

Das Beispiel mit den Taufliegen können wir erst mal getrost vergessen, denn welcher Politiker würde schon sehenden Auges die ihm Anvertrauten in die Katastrophe führen? Naja, mit Ausnahme vielleicht der Grünen. Aber in der Praxis hätten wir es zunächst mit wenigen Unsterblichen zu tun, die in einem Umfeld vieler Sterblicher lebten. Wie sich das anfühlen kann, wurde in nicht wenigen Hollywood-Filmen thematisiert. Es gibt da zum Beispiel die Figur des lebensmüden Vampirs, eines Décadents mit schwarzen Augenringen, der gern sterben würde, es aber nicht kann — ein Fluch. Eine positive Vision wären reichhaltige Lebenserfahrung und große Allgemeinbildung. Wie kämen die Betreffenden aber mit der unbegrenzten Fülle an belastenden und traumatisierenden Erfahrungen zurecht, die sich im Erinnerungsspeicher der Seele ansammeln?

Schicksal eines Unsterblichen wäre es, dass er immer wieder Menschen, die er liebt, verlieren müsste. In „Highlander“ wird dieses Szenario auf tragisch-romantische Weise durchgespielt, als Connor McLeod seine große Liebe Heather altern und sterben sieht, während er selbst immer der gleiche gut aussehende junge Mann bleibt. Heather hat das Geheimnis seiner ewigen Jugend nie verstanden, aber die Liebe der beiden bewährt sich unter solch absurden Umständen buchstäblich, bis der Tod sie scheidet.

Der Tod als technisches Problem

Noch spannender werden solche Fragen, wenn wir uns vor Augen führen, dass Wissenschaftler der „transhumanistischen“ Richtung die Unsterblichkeit mittlerweile für machbar halten. Für ein breites Publikum hat Yuval Noah Harari solche Forschungsergebnisse und Visionen in seinem Buch „Homo Deus“ dargestellt. In einem Kapitel, das „Die letzten Tage des Todes“ heißt. Darin sagt er in radikaler Sprache dem Tod den Kampf an:

„Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte (…) stellt kategorisch fest, grundlegendster Wert der Menschheit sei das ‚Recht auf Leben‘. Da der Tod eindeutig gegen dieses Recht verstößt, ist er ein Verbrechen gegen die Menschheit, und deshalb sollten wir den totalen Krieg gegen ihn führen.“

Häufig hat man ja bei Harari das Gefühl, so etwas könne er nicht ernst meinen; er sage es also quasi nur in Anführungszeichen, kritisiere damit diejenigen, die dergleichen glauben. Bei näherer Beschäftigung mit dem Autor und nach Recherche seines Umfelds kommt man aber zu dem Ergebnis: Der meint das wirklich so.

Die moderne Wissenschaft und die moderne Kultur, so Harari, „halten den Tod nicht für ein metaphysisches Mysterium, und sie betrachten ihn mit Sicherheit nicht als Quelle für den Sinn des Lebens. Für moderne Menschen ist der Tod vielmehr ein technisches Problem, das wir lösen können und lösen sollen.“ Hier hätte Harari auch schreiben können: „ein medizinisches“ oder „biologisches Problem“. Wenn er die Technik anführt, zeugt das von einer Ideologie, die den Menschen als reparable und potenziell unbegrenzt programmierbare Maschine betrachtet.

„Menschen sterben immer wegen irgendeiner technischen Störung (…) Und für jedes technische Problem gibt es eine technische Lösung. Wir müssen nicht auf das Jüngste Gericht warten, um den Tod zu überwinden. Dazu reichen ein paar Freaks in einem Labor.“

Die Nachfolge Gottes beziehungsweise Jesu, der dem jüngsten Gericht nach christlicher Lehre vorsitzen soll, ist demnach bereits geregelt: Wissenschaftler in ihren Laboren schaffen das.

„Who wants to live forever?“

In jüngerer Zeit wurden auch einige hoch interessante Artikel über eine globale Unsterblichkeitsbewegung veröffentlicht. So schreibt unter anderem die taz:

„Ihren Ursprung hat die Unsterblichkeitsbewegung im US-Bundesstaat Arizona, wo vor dreißig Jahren drei Amerikaner die Idee entwickelten, sich zur Erlangung ewigen Lebens nicht länger auf Äußerlichkeiten zu konzentrieren und den Jungbrunnen stattdessen im eigenen Kopf zu suchen. In Deutschland wollen bislang einige hundert Ehrgeizige dem Tod ein Schnippchen schlagen, doch weltweit sind es bereits an die 10.000 Todesmüde.“

„Who wants to live forever?“ sangen Queen im bombastischen Filmsong zu „Highlander“. „Ich!“, schreien offenbar immer mehr Menschen. In einem Artikel der Berliner Zeitung werden sie „Futuristen“ genannt.

„Sie fordern von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), nicht nur die Alterskrankheiten anzugehen, sondern das Altern selbst zur Krankheit zu erklären und mit massiven Anstrengungen den Tod zu bekämpfen.“

In ihrem Buch „Der Sieg über den Tod“ erklären die Autoren José Luis Cordeiro und David Wood „Wenn wir den Tod nicht töten, wird der Tod uns töten.“ Die Berliner Zeitung weiter:

„Genau dies wollen die Futuristen aber nicht akzeptieren. Zweiflern und Kritikern bescheinigen sie, technokonservativ zu sein, keine positiven Visionen zu haben und dem ‚Alterungs-Akzeptanz-Paradigma‘ anzuhängen. Sprich: Man sei nur zu uninformiert oder rückwärtsgewandt und erkenne nicht die gigantische Chance, das Altern und den Tod zu besiegen.“

Gottgleiche Wesen

Was aber würde das in der Praxis bedeuten? Die Berliner Zeitung stellt hier eine interessante Rechnung auf, die zeigt, dass kollektive Unsterblichkeit in die Katastrophe führt, selbst wenn sie nicht — wie in der Serie „Das Blaue Palais“ angedacht — vererbbar ist.

„Spielen wir das mal durch: Neun Milliarden Menschen auf der Erde. Möglichst jeder soll mindestens 500 Jahre alt werden. Wenn nur ein Zehntel (!) davon mit etwa 30 Jahren zwei Kinder bekommt und diese jeweils wieder zwei Kinder und so weiter, dann passiert folgendes: Nach 360 Jahren — also zwölf Generationen — wäre die Weltbevölkerung auf 1,8 Billionen angewachsen.“

Die Folgen kann man versuchen, sich auszumalen.

Die Wiener Zeitung wandte sich mehr dem praktischen Verfahren des Unsterblich-Werdens zu. Demnach ist die Wissenschaft inzwischen weiter als zu Rainer Erlers Zeiten.

„Der Körper wird trainiert, modelliert, optimiert, Defizite und Verschleißerscheinungen werden mit Implantaten und Prothesen korrigiert; das Gehirn wird mit leistungssteigernden Substanzen gedopt und mit Nanobots, also autonomen Maschinen im Miniaturformat, verdrahtet. Irgendwann wird das Gehirn in die Cloud hochgeladen. Am Ende dieses Optimierungsprozesses steht die Vision eines perfekten, gottgleichen Wesens, das sich als Mensch-Maschinen-Hybrid reibungslos in die Roboterwelt einpasst.“

Karsten Weber und Thomas Zoglauer entwerfen in ihrem Buch „Verbesserte Menschen“ eine zugleich faszinierende wie etwas unheimliche Vision:

„Der Mensch könne seine körperlichen Fesseln überwinden, gleichsam entmaterialisieren und als virtuelles Wesen im Cyberspace auferstehen. Der Geist könnte im Datenkörper weiterleben.“

Auch dazu gibt es — wie in vielen solchen Fällen — bereits einen Hollywood-Film: „Transcendence“ aus dem Jahr 2014 von Wally Pfister, mit Johnny Depp in der Hauptrolle. Darin gelingt es dem todkranken Will Caster, sein Bewusstsein in einen hoch entwickelten Computer hochzuladen. Als es diesem gelingt, sich ins Internet einzuloggen, besteht die Gefahr, dass Caster alle vernetzten elektronischen Geräte der Welt kontrollieren und nach der Weltherrschaft greifen könnte. Speziell unter dem Aspekt möglicher Unsterblichkeit ist diese Vision berückend, denn mitunter kann man so eine Maschine über lange Zeit problemloser am Laufen halten als den menschlichen Körper. Was bei Stromausfall passiert, bleibt allerdings unklar.

Leben ohne Tod — schon 2050?

Zu den Vordenkern von Harari und anderen Unsterblichkeitsvisionären gehört der mittlerweile 75-jährige Ray Kurzweil, der behauptete, „jeder, der 2050 über einen gesunden Körper und ein gut gefülltes Bankkonto verfüge, habe eine ernsthafte Chance auf Unsterblichkeit und könne dem Tod ein Jahrzehnt nach dem anderen abluchsen.“ Dazu müsste man in gewissen Abständen nur eine gewisse körperliche „Generalüberholung vornehmen.“

Hier sollten vor allem unsere jugendlichen Leser aufmerken. Für mich könnte es ein wenig knapp werden. 2012, so schildert es Harari, „wurde Kurzweil zum Leiter der technischen Entwicklung bei Google ernannte, und ein Jahr später gründete Google ein Subunternehmen namens Calico, dessen erklärtes Ziel darin besteht, den Tod zu beseitigen.“ Erst im März 2023 verkündete Kurzweil, die Unsterblichkeit sei sogar schon 2030 möglich. Na, mal abwarten.

Ein weiteres Problem beschreibt Yuval Noah Harari in „Homo Deus“. Es handelt sich um die Gefahr verstärkter Todesangst bei Unsterblichen: „Tatsächlich aber werden sie eher amortal als unsterblich ein“, schreibt Harari.

„Anders als Gott können künftige Übermenschen noch immer im Krieg oder bei einem Unfall sterben, und nichts kann sie aus dem Jenseits zurückbringen (…) Was sie möglicherweise zu den ängstlichsten Menschen macht, die es je gab.“

Denn „wenn man glaubt, man könnte ewig leben, dann wird man einen Teufel tun und diese Unendlichkeit einfach auf Spiel setzen.“

Die Todesangst der Unsterblichen

Diese Vorhersage stimmt verblüffend mit einem Szenario überein, das Rainer Erler 1976 für „Das Blaue Palais“ entwarf. Darin wird das Unsterblichkeitsserum einer Gruppe von Versuchspersonen gespritzt. Daraufhin traut sich keiner von ihnen mehr, sein Zimmer im Forschungszentrum zu verlassen.

„Die steile Treppe … und wenn ich mir was tue? Wenn das alles so funktioniert, wie Sie sagen, dann steht doch da sehr viel auf den Spiel“, jammert eine ältere Dame. Die Betreuerin versucht, sie zu beruhigen: „Aber Sie können doch nicht aus Angst, dass etwas passieren könnte, immer auf Ihrem Zimmer bleiben.“Doch ich kann. Mir macht das nichts aus. Ich finde es sehr hübsch hier. Der Straßenverkehr und das alles, das ist mir in Zukunft zu gefährlich.“ Ein anderer Unsterblicher bekommt es mit der Angst zu tun, weil ein Mann im Nachbarzimmer hustet.

Nach einiger Zeit machen sich die Wissenschaftler Sorgen wegen der gespenstischen Stille in der Anlage. „Wo sind sie die Gäste, die Versuchspersonen? Man sieht nichts, hört nichts …“ Jeroen, der mittlerweile zum Gegner der Unsterblichkeitsforschung geworden ist, stellt bitter fest:

„Nichts. Ein Totenhaus. Das Glück eurer Unsterblichkeit. Da hocken sie alle in ihren Käfigen und hoffen, dass die Zeit stillsteht, dass sie nicht älter werden. Haben Angst vor Bakterien, vor den Nachbarn, wagen sich nicht aus dem Haus, aus Furcht, ein herunterstürzender Ast, ein Ziegel, ein kalter Hauch könnte ihrem nun ewig währenden Leben nun doch ein gewaltsames Ende setzen. Es ist merkwürdig aber 10, 20, 50 Jahre, den unbekannten Rest unseres Lebens, den setzen wir unter Umständen stündlich, täglich aufs Spiel. Aber die Illusion einer Ewigkeit (…) Wir sind nicht nur vom Körper her, auch psychisch auf Sterblichkeit programmiert. Wie soll dieses Programm plötzlich gelöscht werden?“

„Bis dass der Tod uns scheide“

Das erscheint plausibel: Das Bewusstsein der Menschen ist auf Unsterblichkeit einfach noch nicht eingestellt. Harari hat diesbezüglich besonders zwei Befürchtungen: Die eine ist, mit einem Chef konfrontiert zu sein, der „von vorgestern“ ist, dessen Wertvorstellungen also noch aus einem anderen Jahrhundert stammen. Die zweite Befürchtung ist, dass Lebensbeziehungen im Fall von Unsterblichkeit eine nicht zu unterschätzende Geduldsprobe darstellen könnten. Nun, ich kenne Hararis Ehemann nicht. (…)Tristan und Isolde sehnten sich ja geradezu nach der Unauflösbarkeit ihrer Verbindung. „Ewig einig ohne End‘, ohn‘ Erwachen, ohn‘ Erbangen, namenlos in Lieb‘ umfangen, ganz uns selbst gegeben der Liebe nur zu leben“, sang das Paar in Richard Wagners Musikdrama.

Vielleicht sollte sich der Mensch zuerst weiterentwickeln, bevor er noch mehr Macht und gottähnliche Fähigkeiten erlangt. Er sollte mit der Verantwortung umgehen können, die ihm mit der Unsterblichkeit zuwachsen würde. Rainer Erlers Wissenschaftler Ian KcKenzie weiß das, Harari und Kurzweil wissen es offenbar nicht. Sie wollen alles sofort! Eben darin liegt der Unterschied zwischen einem weisen Menschen und einem Transhumanisten.

Vielleicht ist Unsterblichkeit auch einfach zu viel für die Seele — wegen der unzähligen Eindrücke, die im Laufe von Jahrhunderten, ja Jahrtausenden auf einen einprasseln. In diesem Fall wäre absolute Abgeschiedenheit das Mittel der Wahl, um sie erträglich zu machen. Diese Entscheidung traf — wenn man der Legende glauben kann — der indische Weise Babaji. Hier verlassen wir den Bereich der Literatur und des Films und kommen zu einem Fall von Unsterblichkeit, den viele für real halten.

Babaji — gibt es schon einen Unsterblichen?

Bekannt wurde Babaji durch das Buch „Autobiografie eines Yogi”, das Paramahansa Yogananda 1947 verfasste und das bis heute zu den unsterblichen spirituellen Klassikern gehört. Laut Yogananda lebt Babaji seit vielen Jahrhunderten im Himalaja im Körper eines 16-jährigen und verströmt gleich einer Sendestation unablässig seinen immateriellen Segen in die Welt. Sein Titel ist der eines „Mahavatars“, eines großen Avatars. Assoziationen an eine bekannte Kinofilmreihe sind nicht ganz falsch. Ein Avatar ist ein göttliches Wesen, das, obwohl dem Kreislauf der Inkarnationen entronnen, freiwillig in einen Menschenkörper eintaucht, um der Erde bei ihrer spirituellen Entwicklung beizustehen.

Babaji vermag Gedanken in die Köpfe auserwählter Menschen zu pflanzen und so die Weltgeschichte zu beeinflussen. Er kann mit Gedankengeschwindigkeit reisen und sich materialisieren oder entmaterialisieren, wie es ihm gefällt. „Dann sahen wir ein plötzliches Aufleuchten und erlebten die augenblickliche Entstofflichung seines Körpers, dessen Elementarteilchen sich in einem nebelhaften Licht auflösten“, heißt es in der „Autobiografie“. Babaji arbeitet über einen längeren Zeitraum, jedoch verborgen, im Hintergrund. „Solche Meister entziehen sich stets den neugierigen Blicken der Menge und haben die Macht, sich jederzeit unsichtbar zu machen.“

Babajis Sangha (spirituelle Gemeinschaft) im Himalaya, ist durch einen magischen Bann vor den Blicken neugieriger Wanderer abgeschirmt. Babaji kann nur von demjenigen gesehen werden, den er selbst dazu auserwählt hat.

Eine Liebeserklärung an das Leben

So geschah es dem Postbeamten und Familienvater Lahiri Mahasaya. Babaji weihte ihn unter wahrhaft fantastischen Umständen in die Technik des Kriya-Yoga ein — mit dem Auftrag, diese überall in der Welt zu verbreiten. Beim Kriya-Yoga handelt es sich um eine Atemtechnik — Pranayama. Yogananda nennt den Kriya-Yoga „Ein Werkzeug, durch das die menschliche Evolution beschleunigt werden kann“. Es stellt quasi die Überholspur zur Erleuchtung dar. Carter Phipps schreibt in der Zeitschrift Was ist Erleuchtung? hierzu:

„Manch einer sagte, Babajis Erleuchtung überträfe selbst die des Buddha, sie wäre eine vollkommene Transformation des Bewusstseins, deren machtvolle Kraft radikale Veränderungen bis in die Zellen des physischen Körpers hinein bewirken würde.“

Ist die Wirklichkeit vielleicht nicht so fest gefügt, wie wir glauben? Ist sie vielmehr gummiartig verformbar durch den Geist, wenn dieser mittels geheimer Techniken trainiert wurde?

Vereinfacht gesagt, hatte Babaji Übungstechniken erlernt, die es erlaubten, den Körper ganz mit Göttlichkeit zu durchdringen. Unsterblichkeit gehört zu den „Tools“, die mit diesen Methoden einhergehen.

Folgt man diesem Gedankengang, kann der Mythos Babajis auch als eine Liebeserklärung an das Leben und den Körper verstanden werden. Einem Körper, der nicht verachtet, nicht gezüchtigt, sondern nur veredelt werden will. Einem Körper auch, den man nicht abstreifen muss, um Erlösung und das ewige Leben zu erlangen.

Anders als bei Harari wäre der Tod somit kein „technisches Problem“, sondern eine Frage der richtigen Meditationsmethode. Der spirituell herbeigeführten Unsterblichkeit haftet zumindest nicht die nekrophile Idee einer technisch manipulierbaren Mensch-Maschine an. Unsterblichkeit ist etwas, das der Seele nach Ansicht der meisten religiösen Menschen ja ohnehin zukommt. Nur wenige — wie Paramahansa Yogananda — würden es allerdings wagen, zu behaupten, sie könne durch gezieltes Atmen auf die Erde hinab und in den Körper geholt werden.

Neuen Räumen entgegen

Letztlich braucht es kein Psychologiestudium, um auf die Idee zu kommen, dass Unsterblichkeitsfantasien das Ergebnis von Wunschdenken sein könnten — ausgelöst durch das offenbar unerträgliche Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit. In einer zunehmend areligiösen, materialistischen Gesellschaft ist es klar, dass diesbezüglich Träume, aber auch konkrete wissenschaftliche Projekte sprießen.

„Corona“ hat ja schon gezeigt, dass die Angst vor dem Tod so groß sein kann, dass sich viele Menschen — analog zu den Versuchspersonen im „Blauen Palais“ — lieber quasi lebendig begraben lassen, als das Ende ihrer dann kaum mehr lebenswerten physischen Existenz zu riskieren. Im Transhumanismus werden spirituelle Ideen immer in eine kalte technische Sprache übersetzt. Menschliches Einfühlungsvermögen übernimmt der Algorithmus von ChatGPT. Die Einheit von allem, was existiert, wird zur allumfassenden Vernetzung von Cyborg-Menschen. Das ewige Leben wird durch Bewusstseins-Download auf eine Festplatte erreicht. Alles ist möglich — außer ein wenig Demut, sich mit der Conditio humana, mit den natürlichen Bedingungen unseres Nur-Mensch-Seins“, zufrieden zu geben.

Für religiöse Menschen ist Unsterblichkeit im Grunde nichts Besonderes. Sie würden argumentieren: Wir leben ohnehin ewig. Die Seele jedenfalls. Der Körper kann abgeworfen oder gewechselt werden wie ein Kleid. Ob uns diese Vorstellung gefällt, hängt auch davon ab, ob wir so aussehen wie Johnny Depp oder in welchem Gesundheitszustand unser Körper ist.

„Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegensenden“, heißt es in Hermann Hesses berühmtestem Gedicht: „Stufen“. Und auch wer von keiner Kontinuität der Seele über den Tod hinaus ausgeht, für den gibt es einen Trost. Nicht „ich“ überlebe, aber das große Ganze, aus dem ich hervorgegangen bin und in das ich wieder eingehen werde wie die Welle ins Meer. Mal sehen, was so auf uns zukommt. Hermann Hesse war jedenfalls klug genug, seinen Vorhersagen ein Wörtchen hinzuzufügen: „vielleicht“.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 16. Dezember 2023 bei manova.news

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Bildquelle: Cristina Conti / shutterstock

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Kommentare (14)

14 Kommentare zu: “Das ewige Leben | Von Roland Rottenfußer

  1. Upling sagt:

    Der Tod ist ein Segen und Trost.

    Z.B. Berlusconi
    Ich empfand die Nachricht über den Tod von Berlusconi als angenehm. Auch die vom Tod der alten Hexe in England. Der Sohn tut mir leid. Was hat die alte Zombi*inn doch am Tron geklebt, schlimmer als die Gen Z auf der Straße.

    Der Tod sorgt dafür das jeder irgendwann mal abtritt und er ist dabei absolut gerecht. er holt jeden auch den Reichsten, auch und gerade das Arschloch.

    Auch Putins Tage sind gezählt und die von Biden schon längst.

    Das gute am Tod ist er steht für Entwicklung und für die Reinigung der Gesellschaft. Er nimmt das alte Gammelfleisch mit. Dadurch kann jemand zwar viel Unheil anrichten, aber nicht auf ewig.

    Man stelle sich nur vor Adenauer wäre heute noch Kanzler! Eine grauenhafte Vorstellung gewiß.

    Der Tod sorgt eben auch dafür das die alten meist rückwärtsgewandten irgendwann endlich abtreten MÜSSEN! So ist zivilisatorische Entwicklung möglich und es wird automatisch Platz für die jungen nachrückenden Generationen geschaffen. Die Reichen und Mächtigen haben besonders große Angst vor dem Tod zusammen mit den Ungläubigen. Denn der Reichtum nutzt wenig dagegen und wer reich ist hat auch mehr zu verlieren.

    Am Hof des "Ersten Kaisers von China" war schon die Erwähnung des Todes mit harter Strafe belegt, so sehr hat sich der Kaiser aus Angst daß er irgendwann alles wird abgeben müßen ins Höschen genäßt. Wer viel hat verliert auch viel durch den Tod.

    Der Tod ist etwas Gutes!

    Wir sollten dankbar sein daß die Natur da wirklich nachgedacht und vorgesorgt hat.

  2. triple-delta sagt:

    Die Sterblichkeit des Individuums ist der Preis für die Unsterblichkeit der Population. Sagte unser Genetikprof.
    Bei Stargate wurde das Thema ausführlich behandelt.

  3. Ines sagt:

    Der Tod ist das notwendige Resultat des Lebens. Keiner wird ihm entgehen. Er ist das Ziel der Strecke auf dem langen Weg unseres Seins. Wie lang dieser Weg sein wird, ist niemandem bekannt. Auch mir nicht. Einen großen Teil dieser Strecke habe ich bereits zurückgelegt, wieviel noch vor mir liegt? Ein Tag, ein Jahr oder viele Jahre, was macht den Unterschied. Im hier und jetzt wird das ganze Leben, Vergangenheit und Zukunft zu einem einzigen Augenblick verdichtet, und nur in diesem Augenblick, der schon vergangen ist in dem Moment, in dem ich ihn denke, kürzer als die kleinste Einheit einer zerlegten Sekunde, nur in diesem Augenblick findet das Leben statt.

    Jede Angst, jede Befürchtung richtet sich auf ein zukünftiges Ereignis, das noch nicht eingetreten ist. Jede Angst, jede Befürchtung zerstört die Spiritualität des Augenblicks, und damit das eigentlich Lebendige in uns selbst.

    Am Ende des Lebens wird jeder Einzelne den Tod begrüßen, denn er ist es nicht, der uns leiden lässt, er ist der, der von allen Leiden erlöst. Das Leben schickt uns die Leiden, die wir durchleben müsses, um die Schönheit des Universums zu erkennen, um Freude und Glück zu erfahren, das ohne Leiden nicht erfahrbar ist.

    Ohne Bewusstheit des Endlichen kann es weder Freude noch Glück geben. Ein ewiges Leben in einem Paradies, in dem es an nichts mangelt, wird versinken in der täglichen Gleichförmigkeit des Seins, deshalb kann ich nicht verstehen, wieso jemand nach ewigem Leben streben kann, denn das Glückselige wird nach kurzer Zeit der Tristesse, der Langeweile und des Überdrusses weichen.

  4. Irwish sagt:

    DAS NICHT GELEBTE LEBEN

    Um den Begriff »Leben« verstehen zu können – was meint ein Gegenüber, wenn es von Leben spricht? –, müssen wir uns auf eine Definition einigen, wenn vielleicht auch nur vorübergehend. Im Alltagsbewußtsein, wo wir mit materiellen Objekten umgehen, ist der Lebensbegriff schon relativ eng gefaßt: Das, was wir als lebendig begreifen, sind Lebewesen, Organismen, die sich ihrer selbst mehr oder weniger bewußt sind und sich fortpflanzen, die fressen und scheißen, die fühlen und auf Umweltreize reagieren. Nur am Rande erwähnt sei, daß man sich in der Biologie bei den sogenannten Viren nicht ganz sicher ist, bei Bakterien dagegen schon.

    Wie dem auch sei, die meisten Leute verstehen unter Leben etwas ganz Handfestes, auch und vielleicht sogar gerade wegen der unwiderlegbaren Tatsache, daß niemand wirklich weiß, wie Leben entstanden ist oder ob es schon immer Leben gab. Tatsächlich aber ist DAS LEBEN ein Abstraktum, eine Vorstellung, ein Modell eines eigentlich unvorstellbaren Prozesses, der mit Bewußtsein und Handlungsdruck einhergeht.

    Unser Denken besteht aus Abstraktionsprozessen und Kategorisierungen. Abstraktion heißt, aus der Fülle der Phänomene immer nur jene auszuwählen, die unserem jeweiligen Interesse entsprechen. Kategorisierung ist nichts anderes als Schubladendenken. Die allermeisten unserer Begriffe, mit denen wir täglich umgehen, sind Kategorien von »Dingen«. Dennoch behandeln die Leute ihre Kategorien so, als würden sie eins zu eins handfesten Objekten entsprechen: Wo Rauch (Gedanke) ist, muß auch ein Feuer (Ding) sein. Das verführt uns zu der festen Vorstellung einer durch kausale Zusammenhänge verbundenen materiellen Welt. Doch die allermeisten Kausalitäten, von denen wir im Alltag ganz selbstverständlich ausgehen, können wir nicht wirklich überprüfen. Deshalb sind wir, um eine Orientierung zu erhalten, auf Erklärer (Medien, Politiker, Lehrer, Eltern usw.) angewiesen, die uns sagen, warum dies und das geschieht. Um sich an solchen Erklärungen orientieren zu können, muß die Erklärung nicht wirklich zutreffen; allein der Glaube an den Sender, an die Wahrheit der Erklärung, genügt, damit wir zu wissen glauben, was Sache ist.

    Starke Sender sind jene Einrichtungen, an die wir zu glauben gelernt haben. Entsprechende Glaubenssätze haben wir im Zuge der Gehorsamserziehung gelernt und ganz tief in unserem Bewußtsein abgelegt. Gehorsamserziehung ist Dressur mittels Zuckerbrot (Belohnung) und Peische (Strafe). Ihr Ziel ist die Unterwerfung des eigenen Willens unter den eines anderen. So werden wir auf das Funktionieren in der jeweiligen Zivilisation vorbereitet. Um erfolgreich zu sein, muß Erziehung so früh wie möglich beginnen, und das geschieht auch. Schon der Säugling empfindet Angst – Todesangst! –, wenn er von der Mutter Signale empfängt, so, wie er ist, nicht ganz richtig zu sein. Um der Angst auszuweichen, spaltet er jene Empfindungen und Bedürfnisse, die aus seiner Sicht diese Signale auslösen, von seiner bewußten Wahrnehmung ab. Er unterdrückt sie, indem er dort, wo diese Empfindungen herkommen, nicht mehr hinschaut und damit nicht mehr wahrnimmt. Resultat dieser automatischen Selbstmanipulation ist der gehorsame (außengesteuerte), angeblich erwachsene Mensch. Tatsächlich aber ist dieser Mensch in jenen Bereichen (traumatisierte Selbstanteile), die er nicht entwickeln durfte, Kleinkind geblieben.

    Dieser Mensch lebt fortan ein falsches Leben: Nicht seine wirklichen Gefühle und Bedürfnisse führen durch das Erscheinen im Bewußtsein zu Handlungswunsch und damit zu Handlungsdruck, sondern weitgehend Ersatzbedürfnisse, die ihm dabei helfen, die gesellschaftlich unerwünschten Empfindungen und Bedürfnisse nicht hochkommen zu lassen. Das wird von der Reklame – heute als Werbung bezeichnet und im eigentlichen Sinne Produktpropaganda – weidlich ausgenutzt, um den Konsumenten haufenweise unnützes Zeug anzudrehen. Selbst zwischenmenschliche Beziehungen sind dieser Sichtweise unterworfen: Man fühlt sich zu anderen Menschen hingezogen, wenn sie einen nicht kritisieren oder einem sogar schmeicheln und bestätigen, und von jenen abgestoßen, die eher kritisch und sachlich argumentieren. Denn das sogenannte Ersatz-Ich, das sich anstatt des wirklichen Selbst herausbildet, braucht ständig Zustimmung, braucht die Bestätigung seines Umfeldes, gut und richtig zu sein. So entsteht das, was als Narzißmus bekannt ist: eine mehr oder weniger ausgeprägte Ego-Zentrierung des Selbst-Bewußtseins.

    DIE ANGST VOR DEM TODE

    Angst vor dem Tod ist die stärkste aller Ängste, die der heutige Mensch kennt. Wohl auch deshalb stellt diese Angst das wirksamste Herrschaftsinstrument dar. Doch eigentlich kennt der Mensch diese Angst gar nicht, sondern vielmehr nur die uneingestandene frühe Angst, von der Mutter verlassen zu werden und daran elendlich zugrunde zu gehen. Es ist eine Urangst, die zu besänftigen die Aufgabe der Mutter wäre. Je mehr eine Mutter bzw. die Eltern selbst von ihren wahren Empfindungen und Bedürfnissen entfremdet wurden, desto umfangreicher sind die unerwünschten Selbstanteile im Säugling und im Kleinkind. Man kann also davon ausgehen, daß stark entfremdete Erwachsene stark entfremdete Nachkommen hervorbringen. So ist es nicht weiter verwunderlich, daß das auch in den Machtdynastien geschieht: Die Nachkommen werden so erzogen, daß sie das Vermögen der Familie genau so mehren und einsetzen, wie das die Vorgänger taten. Rothschilds, Rockefellers und wie sie alle heißen sitzen trotz Generationenwechsel fest im Sattel der Macht. In den unteren Bereichen der Machtpyramide sieht es nicht anders aus: Die eingeübten Glaubenssätze, die unterdrückten Selbstanteile werden von Generation zu Generation weitergegeben; Hartz-IV-Empfänger bringen Hartz-IV-Empfänger hervor, selbsternannte Eliten erziehen ihre Nachkommen möglichst zu Elitenanwärtern usw.

    Mögen sich die Erziehungsmethoden auch unterscheiden, gemeinsam ist allen Gesellschaftsschichten die frühestmögliche Abtrennung der Nachkommen von unerwünschten Gefühls- und Bedürfnisbereichen. Den Nachkommen der Superreichen wird gewöhnlich jegliches Mitgefühl abtrainiert bzw. an der Entwicklung gehindert, denn sonst könnten sie später nicht derart gefühllos und knallhart handeln. Für die Oberen sind die unten im Grunde nur verblödetes Nutzvieh, mit dem sie machen können, was sie wollen. Obere halten sich immer für etwas Besseres, und doch leben sie nicht wirklich ihr eigenes Leben, sondern das von ihren Vorfahren vorgeplante.

    KLEINE UNSTERBLICHE

    Wer den Tod als Begleiter des Lebens ablehnt, weil er eine uneingestandene Angst vor dem Tod hat, der nimmt sich damit selbst ein Motiv für die eigene Weiterentwickung, für das eigene bewußtseinsmäßige Weiterkommen. Das Bewußtsein des bevorstehenden Todes kann nämlich ein unvergleichlicher Antrieb sein, anstehende Dinge lieber früher als später zu erledigen oder wenigstens anzugehen. Wer dagegen insgeheim verneint, doch noch eines Tages sterben zu müssen, der verschiebt unangenehme oder anstrengende Vorhaben auf später – er hat ja Zeit. Der heutige Mensch lebt wie ein Kind, das noch nichts vom Tod als Endziel alles Lebendigen weiß – scheinbar unbekümmert, mit trivialen Problemen befaßt, auf Konsum und Prestige getrimmt und mit geringem Bewußtsein seiner selbst und seiner Umgebung.

    Mein Fazit: Die Angst vor dem Tod wird uns anerzogen. Sie ist letztlich nichts anderes als die Angst vor dem Leben. Die Furcht vor dem Tod ist etwas Universelles.

    Wer sich für die Entwicklung von Todesvorstellungen und Todesängsten interessiert, dem sei das Buch DER TOD IM ABENDLÄNDISCHEN DENKEN (1) von Jacques Choron empfohlen. Der Autor liefert einen weit gefaßten Überblick der Entwicklung der Todeswahrnehmung, des Denkens über den Tod und der entsprechenden Philosophien.

    Ernest Becker hat in DYNAMIK DES TODES – Die Überwindung der Todesfurcht – Ursprung der Kultur (2) geschrieben: »Der Gedanke an den Tod, die Furcht vor ihm, verfolgt das Tier Mensch wie nichts sonst; er ist eine der Triebfedern menschlichen Handelns, eines Handelns, das hauptsächlich ausgerichtet ist, dem Schicksal des Todes zu entgehen oder es zu besiegen, indem wir leugnen, daß es unser aller endgültiges Schicksal ist.«

    Zygmunt Bauman schreibt in seinem Buch TOD, UNSTERBLICHKEIT UND ANDERE LEBENSSTRATEGIEN (3)
    —– Zitat-Anfang —–
    Wir alle »wissen« sehr gut, was der Tod ist, jedenfalls solange wir nicht aufgefordert sind, unser Wissen genau darzulegen – den Tod so zu definieren, wie wir ihn »verstehen«. Erst dann beginnen die Schwierigkeiten. Es zeigt sich, daß es letzten Endes unmöglich ist, den Tod zu definieren, auch wenn solche Definitionsversuche – Versuche, den Tod (und sei es nur im Geiste) zu beherrschen, ihm einen angemessenen Platz zuzuweisen und ihn dort zu bannen – nie aufhören werden. Der Tod ist undefinierbar, steht er doch für jene letzte Leere, für jene Nicht-Existenz, die absurderweise allem Sein Existenz verleiht. Der Tod ist das ganz Andere des Seins, ein unvorstellbar Anderes, das sich der Kommunikation entzieht. Wann immer das Sein über dieses Andere redet, erkennt es, daß es mittels negativer Metaphern über sich redet. Daher sind auch die Sätze dieses Abschnittes ausnahmslos metaphorisch: der Tod ist nicht wie die übrigen »Anderen« – jene, die das Ich nach Belieben mit einem Sinn füllen kann und die es im Laufe der Sinngebung konstituiert bzw. sich unterordnet.
    Der Tod kann nicht wahrgenommen und erst recht nicht verbildlicht oder »vorgestellt« werden. Seit Husserl wissen wir, daß jede Wahrnehmung intentional ist. Als Tätigkeit des wahrnehmenden Subjektes geht sie über dieses hinaus, erfaßt etwas außerhalb des Subjekts, bringt zugleich ein »Objekt« als Teil einer Welt hervor, die prinzipiell allen zugänglich ist, und schlägt in ihm Wurzeln. Es gibt aber kein »Etwas«, das der Tod ist, nichts, wo sich die angespannte, auf Wahrnehmung abzielende Intention des Subjekts niederlassen und Halt finden könnte. Der Tod ist ein absolutes Nichts, und ein »absolutes Nichts« ergibt keinen Sinn.
    —– Zitat-Ende —–

    Irvin D. Yalom hat das Buch IN DIE SONNE SCHAUEN – Wie man die Angst vor dem Tod überwindet (4) geschrieben.

    —– Zitat-Anfang —–
    Viele von uns vermischen die Furcht vor dem Tod mit der Angst vor dem Bösen, vor dem Verlassenwerden oder der Auslöschung. Manchen raubt das Übermaß der Ewigkeit den Atem, tot zu sein für immer und ewig bis in alle Ewigkeit; andere sind nicht imstande, den Zustand des Nicht-Seins zu erfassen, und grübeln über die Frage, wo sie sein werden, wenn sie tot sind; einige kaprizieren sich auf das Entsetzen, dass ihre gesamte persönliche Welt verschwinden wird; andere wiederum ringen mit dem Problem der Unausweichlichkeit des Todes, wie es in der E-Mail einer zweiunddreißigjährigen Frau, die Anfälle von Todesfurcht hatte, zum Ausdruck kam:
    »Ich denke, die stärksten Gefühle rührten von der Erkenntnis her, dass ICH es sein würde, die sterben wird, nicht irgendein anderes Wesen wie ein Alte-Dame-Ich oder ein Unheilbar-krank-undbereit-zu-sterben-Ich. Ich vermute, ich habe an den Tod immer indirekt gedacht, als etwas, das eher passieren könnte als würde. Nach einem heftigen Panikanfall dachte ich wochenlang an den Tod, gezielter als je zuvor, und jetzt weiß ich, es ist nicht mehr etwas, das passieren könnte. Ich hatte das Gefühl, mir einer schrecklichen Wahrheit bewusst geworden zu sein und niemals mehr zurückzukönnen.«
    Manche Menschen treibt ihre Angst zu einer unerträglichen Schlussfolgerung: dass weder ihre Welt noch irgendwelche Erinnerungen daran irgendwo existieren werden. Ihre Straße, ihre Welt der Familientreffen, Eltern, Kinder, Strandhaus, Highschool, bevorzugte Campingplätze – alles in Luft aufgelöst mit ihrem Tod. Nichts ist stabil, nichts von Dauer. Welchen potenziellen Sinn kann ein Leben von solcher Vergänglichkeit überhaupt haben? Die E-Mail ging folgendermaßen weiter:
    »Ich wurde mir schmerzlich der Bedeutungslosigkeit bewusst – wie alles, was wir tun, zum Vergessen verdammt scheint – und des letztendlichen Untergangs des Planeten. Ich stellte mir den Tod meiner Eltern, Schwestern, meines Freundes und meiner Bekannten vor. Ich denke oft daran, wie sich eines Tages MEIN Schädel und MEINE Knochen, kein hypothetischer oder imaginärer Satz von Schädel und Knochen, eher außerhalb als innerhalb meines Körpers befinden werden. Dieser Gedanke ist sehr verstörend. Die Idee, eine von meinem Körper getrennte Einheit zu sein, greift bei mir nicht wirklich, so dass ich mich nicht mit dem Gedanken an die unvergängliche Seele trösten kann.«
    Die Aussage dieser jungen Frau beinhaltet mehrere Hauptthemen: Der Tod ist für sie etwas Persönliches geworden, nicht länger etwas, das geschehen könnte oder nur anderen widerfährt; die Unausweichlichkeit des Todes macht alles Leben bedeutungslos. Sie hält die Idee einer unsterblichen Seele, getrennt von ihrem physischen Leib, für äußerst unwahrscheinlich und kann im Konzept eines Lebens nach dem Tod keinen Trost finden. Sie wirft auch die Frage auf, ob das nicht vorhandene Bewusstsein nach dem Tod das gleiche wie vor der Geburt ist (ein wichtiger Punkt, der in unserer Erörterung von Epikur wieder auftauchen wird).
    —– Zitat-Ende —–

    Eugen Drewermann: LIEBE, LEID UND TOD – Daseinsdeutung in antiken Mythen (5): »Warum antike Mythen? Weil sie, am Anfang abendländischer Kultur, all die Aspekte unseres Daseins abbilden, ausagieren und ausformulieren, die wesentlich dazu gehören, daß wir Menschen sind. Man hat sie einst erzählt, um Rituale zu begründen, um Herrscher einzusetzen oder um Helden zu verehren, auch um Gegebenheiten der Natur – bestimmte Bäume, Blumen, Flüsse, Felsen, Steine, Tiere – in ihrer Herkunft zu ›erklären‹; doch nur zwei Themen sind derart bedeutend, daß sie zu allen Zeiten Deutungen verlangen: die Liebe und der Tod – und was dazwischen liegt: das Glück und insbesondere das Leid.«

    (1) http://irwish.de/PDF/_Philosophie/_Sonstige/Choron_Jacques-Der_Tod_im_abendlaendischen_Denken.pdf

    (2) http://irwish.de/PDF/_Philosophie/_Sonstige/Becker_Ernest-Dynamik_des_Todes.pdf

    (3) http://irwish.de/PDF/_GesKrit/Bauman_Zygmunt/Bauman_Zygmunt-Tod_Unsterblichkeit_und_andere_Lebensstrategien.pdf

    (4) http://irwish.de/PDF/Psychologie/Yalom/Yalom-In_die_Sonne_schauen-Wie_man_die_Angst_vor_dem_Tod_ueberwindet.pdf

    (5) http://irwish.de/PDF/_Religion/Drewermann_Eugen/Drewermann_Eugen-Liebe_Leid_und_Tod-Daseinsdeutung_in_antiken_Mythen.pdf

  5. Raid.Ralasar sagt:

    Mal davon abgesehen, dass menschliche Unsterblichkeit [auch] Ausdruck unfasslicher Phantasielosigkeit ist – als gäbe es da nicht unendlich viel mehr – wie lange lässt sich die Wiederkehr des Ewiggleichen ertragen? 400 Jahre? 4 000? Sex mit 690? Why not, aber mit 40 000? Glaubt irgendeiner dieser, sorry, geistig Vollumnachteten, sier würde auch nur 1000 Jahre aushalten? Von Millionen erst gar nicht zu reden.
    Als Einziger unsterblich zu sein = bereits nach 110 Jahren aus einer Zeit, einer Welt zu stammen die niemand sonst mehr kennt; wer könnte das ohne immer länger werdende "Winterschläfe" ertragen?
    Und wenn sier nicht dier Einzige wäre, wie lange könnte mensch die Gesellschaft dieser sich irgendwann nicht mehr Ändernden aushalten?
    Und selbst wenn dier Unsterbliche jedes Risiko eingehen kann – nur dann hätte mensch ja die Möglichkeit die Zeit eine Weile zu füllen – wann hat mensch jeden Gipfel erstiegen? Jeden Fluss durchquert, jeden segenswerten Bau[m] besucht?

    Der Traum durch gekaufte Zeit lebenssatt werden zu können ist derart eklatant kindisch, dass sich jeder Kommentar zum Geisteszustand der Betroffenen erübrigt. Und ein 'I can't get no satisfaction' for ever, ist offensichtlich die Hölle.

    Die Idee die eigene Hirnstruktur digital im "ewigen Netz" zu simulieren ist als Kunstprojekt äußerst ambitioniert, aber zu aberglauben mensch existiere dann weiter, ist so lächerlich, dass mensch noch vor einer Generation psychologischer Behandlung zugeführt worden wäre.

    Wer vor der Wahl steht, entweder EWIG = absolut NIEMALS endent zu leben, oder sofort erschossen zu werden und dann nicht den Tod wählt, kann schlicht nicht denken (bzw glaubt sier könne diesen Vertrag brechen).
    ALLE Unsterblichen (mit Selbstbewusstsein) begehen später oder bereits früher Selbstmord, denn die Ewigkeit ist mit absoluter Gewissheit unaushaltbar. Doch die erste Einzelle lebt seit -so die heutige Wissenschaft- seit über einer Milliarde Jahre – als ALLE lebenden Zellen und wird weiter leben. Ursprüngliche Zellteilung hinterlässt keine Leiche.
    Wer jedoch glaubt, die Milliarden Jahre bis zum Ende der Erde, gar des [aktuellen] Universums" abwarten zu können, ist nicht zurechnungsfähig.
    Aber bitte, wer keine besseren Wunschträume zu stande bringt – blöd nur, dass solche Spinn-tisier-er Zugriff auf Atombomben haben. Was, wenn sie entdecken, dass sie sich zu kompletten Idioten gemacht haben und dann sauer werden und glauben, wir wären Schuld? rr

    • Ines sagt:

      "…wie lange lässt sich die Wiederkehr des ewig Gleichen ertragen?"

      Der Gedanke kam mir auch. Und ich würde es den selbsternannten Eliten (die nach Harari allein in diesen Genuss kommen werden) wirlich gönnen. Irgendwann werden sie zu Tode gelangweilt auf der durch die Dynamik der von eben diesen "Eliten" ebenfalls vorangetriebenen Entvölkerungsprogramme leer gewordenen Erde ganz allein "leben" müssen. Kein Input mehr, keine Völker mehr, an denen sie ihre morbiden Ideen ausleben können, nur noch sich selbst und ihre Gruppe. Sie werden sich gegenseitig bekämpfen. Und am Ende bleibt Bill übrig, dessen Bewusstesin hochgeladen in die Cloud, eingesperrt in dem grauen Kasten seiner eigenen Schöpfung, der um die Gnade seines Endes fleht. "Es kann nur einen geben".

    • Irwish sagt:

      Ja, Raid.Ralasar, die Unsterblichkeit reicher und mächtiger Menschen – die meiner Überzeugung nach zum größten Teil Psychopathen sind – sehe ich ähnlich düster. Die zeigen ja jetzt schon, da sie noch auf dem Weg alles Vergänglichen sind, weil sie früher oder später sterben werden, vollständige Verweigerung in allen Bereichen: gesellschaftliche, politische, individualpsychologische, soziologische und philosophische Veränderungen, die aus der Gesellschaft kommen, bekämpfen sie bis aufs Blut, um die Welt so herzurichten, wie sie sie zu benötigen glauben. Die überdimensionale Machtsucht, die von ihnen ausgeht, ist Zeichen ihrer psychischen Entfremdung vom Menschsein, von humanistischem Gedankengut, vom Wohlwollen für die Menschen um sie herum, von Empathiefähigkeit ganz zu schweigen. Diese mächtigen Kranken wollen eine dystope Zukunft, weil sie nur in so einem Umfeld zurechtkämen. Andernfalls müßten sie, um geistig, mental und psychisch überleben zu können, all ihre verquasten Einstellungen aufarbeiten und dadurch zu echten Menschen werden. Das ist nicht drin, das fürchten sie wie der Teufel das Weihwasser …

      Vielleicht gab es früher in dunklen Zeiten ja schon einmal solche Versuche mächtiger bzw. machtsüchtiger und größenwahnsinniger »Unsterblicher«, die als Götter gefürchtet waren und den Sterblichen als Monster oder Dämonen erschienen. Der »Jawe-Gott« wird als Bergdämon beschrieben, der sich der aus der ägyptischen Versklavung flüchtenden Israelis bemächtigte, um sein Herrschaftsreich aufzubauen. Bei Castaneda wird ein »Unsterblicher« geschildert, der regelmäßig bestimmte Menschen aufsuchen mußte, um seine energetische »Lücke« zu flicken, damit er wieder ein paar Jahrzehnte oder Jahrhunderte weiterleben kann. Die griechischen Götter waren allesamt ausgeprägte Narzißten, die die Menschen quälten und für ihre Nabelschau mißbrauchten. Und so sieht es letztlich in allen Kulturen aus, die irgendwelche Götter fürchteten. Aber das ist natürlich reine Spekulation …

      Ich bin davon überzeugt, diese ganze Unsterblichkeitssache ist ein Wahn, der wahnsinnigen Gehirnen entspringt, Gehirne, die vom Fühlen vollkommen abgetrennt sind und deren Träger bereits wie Roboter funktionieren. Allmacht um jeden Preis ist ihr Ziel, damit sie sich nicht ihren eigenen Dämonen, ihren eigenen dunklen Seiten stellen müssen.

  6. wda13 sagt:

    Ah! What a sign it is of evil life, when death's approach is seen so terrible! — Shakespeare, Henry VI, part 2, 3.3

    Das Sterben fällt leicht, wenn die Entfaltung täglich gelingt. — Peter Lauster in "Die Liebe – Psychologie eines Phänomens"

    Wenn jemand stirbt, nicht das allein ist Tod.
    Tod ist, wenn eine(r) lebt und es nicht weiß.
    Tod ist, wenn eine(r) gar nicht sterben kann.
    Vieles ist Tod, man kann es nicht begraben.
    In uns ist täglich Sterben und Geburt.
    — Rainer Maria Rilke (1875-1926)

    Im allgemeinen freilich haben die Weisen aller Zeiten immer dasselbe gesagt, und die Toren, d.h. die unermessliche
    Majorität aller Zeiten, haben immer dasselbe, nämlich das Gegenteil getan; und so wird es denn auch ferner bleiben.
    — Arthur Schopenhauer (1788-1860), Aphorismen zur Lebensweisheit

  7. Max Haaren sagt:

    Unsterblichkeit mittels Technologie ist natürlich nur den " Eliten " vorbehalten. Und das sollen sie auch erhalten :
    Die ewige Hölle !
    Sterben ist Erlösung und Weiterentwicklung aber das Begreifen Reiche irre und Machtgierige halt nicht….. Es geht um Gott spielen und ewige Ausbeutung der Sklavenrasse.
    Vergesst eines nie :
    Gott duldet keine Einmischung und keine ewigen Schädlinge !

  8. vizero 13 sagt:

    Was die Transhumanisten gerne (?) übersehen: Wenn sie , falls sie dazu in der Lage sein werden das zu tun, ihr Bewusstsein in einen Computer hochzuladen, so wird es auf jeden Fall eine Kopie sein, das Original wird dann doch sterben, während sich die Kopie in einer Art Hölle wiederfindet.

  9. Krishna sagt:

    Eine unerwartete Begegnung….
    Danke für die Erwähnung Baba ji´s, beim Aussprechen des Namens ist sofort die Gnade Präsent, wie Parama-hamsa, der "höchste Ganter" sagte.
    Hier ein alter Yogi,
    https://www.youtube.com/watch?v=BssmRKCNTVE
    -es ist möglich die Lebensspanne zu verlängern, allerdings ist der Preis der Tod des Ego, und soweit meine Recherche geht auch des morphogenen Feldes. Indien ist bebrütet über Jahrtausende von pilgernden Heiligen und hatte das Privileg die letzten 4000 Jahre des Kaliyuga (Yukteshvar Giri, die Heilige Wissenschaft) das Kraftfeld zu halten.
    Über unseren Ländern liegt noch der Schatten schwarzer Magie, des Raubes von Energie durch "Autoritäten".
    Wenn man Schwarze Magie definiert als von der Lebenskraft anderer zu leben, so ist klar, daß das Geldsystem die materielisierte Form ist, – eine Sekte hat das Privileg der Geldschöpfung und extrahiert so Lebenszeit von anderen.
    Wie dem auch sei, wir sind an der Schwelle des Dvaparayuga(Ende des Mayakalenders) und das Feld hier wird sich verändern.
    Dennoch kann ich nur empfehlen, bis dahin die wunderbar alte Kraft Bharat Bhumis (Indien) zu trinken.
    Satyam eva Jayate

    P.S.: Avatar kommt von Ava taram, (bewußt) herabtreten in diese Welt, natürlich ein bewußter Ideenraub, den Filmtitel betreffend.

  10. How - Lennon sagt:

    Die "neue Wissenschaft" und ihre Mitläufer, die nicht in der Lage sind, selbst zu denken, richtig zu recherchieren und vor allem erstmal in sich zu gehen, sind schlicht und einfach nur noch irre.
    Es sind von Gier zerfressene, getriebene Wahnsinnige. Sie bekommen keine Zeit, sie nehmen sich keine weil sie zu feige sind und verkaufen ihre Seele/ihren gesunden Menschenverstand.

    https://www.heise.de/forum/heise-online/Kommentare/Sabine-Hossenfelder-Sinn-ist-nichts-was-man-in-der-Physik-suchen-darf/Also-Unsinn/posting-43395435/show/

  11. Norbert sagt:

    Ich es nicht traurig, dass manchen Menschen das Überleben wichtiger zu sein scheint als das Leben?

    • GTMT sagt:

      @Norbert

      Danke für diesen klugen Satz!

      Der ganze Artikel dreht sich nur um "Leben", dass so gar nichts mit Leben zu tun hat sondern nur mit "vor sich hinvegetieren".
      Ganz offensichtlich scheinen "Wissenschaftler" mehrere Hirndefekte zu haben, die eine "Hülle ohne Inhalt" am "zappeln" halten wollen……wozu?
      Ein Leben lebt davon, geboren zu werden, sich zu entwickeln, zu lernen um dann auch irgendwann die letzte Lektion abschließen zu können……& eventuell im neuen Leben etwas "weitergegeben" zu haben… Schade, dass "Naturwissenschaftler" so gar nichts mit Natur zu tun haben…. Naja & Künstler dürfen von Beruf aus spinnen.

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