Tagesdosis

Beschimpfen von Journalisten ist Majestätsbeleidigung | Von Paul Clemente

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SPD-Justizministerin: Beschimpfen von Journalisten ist Majestätsbeleidigung. 

Ein Kommentar von Paul Clemente.

Unter Politikern gehört das Beleidigen der Bevölkerung längst zum guten Ton. Seit Jahren hagelt es Beschimpfungen, Drohungen, Schuldzuweisungen und offene Diskriminierung – ob gegen Ungeimpfte, Kriegsgegner oder Arbeitslose. Umgekehrt reagieren Vertreter der Altparteien zunehmend nervös, wenn Untertanen verbal zurückschießen. Deshalb zerrte man 2021 die „Majestätsbeleidigung“ aus der Mottenkiste. Selbst harmlose Satiren führen seitdem zur fetten Geldstrafe. Manch Politiker entdeckte darin ein Geschäftsmodell. 

Zu den Dauerklägern zählen Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Robert Habeck. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz ließ bereits Beleidiger verfolgen. Kürzlich kam es zur Hausdurchsuchung eines Stuttgarter X-Users. Handy und Laptop wurden beschlagnahmt. Sein Vergehen: Er hatte einen Merz-Post mit „Fresse, Drecks-Suffkopf“ kommentiert. 

Gänzlich befriedigend war das neue Gesetz freilich nicht: Es gibt nämlich Widerspruch, der nicht als beleidigend, nicht als justiziabel gilt. Der nicht strafbar ist. Dagegen half nur Einschüchterung. Ein Job, den Schlapphut-Chef Thomas Haldenwang übernahm. Sein Trick: Wer widerspricht, wird als als „Delegitimierer“ des Staates gelistet und geprangert. Das sollte Kritiker in die Angst, zur freiwilligen Selbstbeschränkung treiben.

Dann, im November 2024: Ein mikroskopisch winziger Hoffnungsschimmer. Das BSW forderte eine Beendigung der „Delegitimierungs“-Paranoia: Ein solch „schwammiger Tatbestand“ rechtfertige keine „Einschränkung der Meinungsfreiheit“. Und tatsächlich: Der Thüringer Verfassungsschutz will „Delegitimierer“ nicht länger beschnüffeln. Aber für die restlichen Bundesländer gilt diese Rücknahme nicht. 

Stattdessen will eine SPD-Politikerin die Gruppe der schutzbedürftigen Majestäten noch erweitern. Wen sie noch aufnehmen will? Na, die Journalisten natürlich. Das finden Sie merkwürdig? Nein, das ist folgerichtig. Weshalb nur Machthaber vor Beleidigungen schützen? Wieso nicht auch ihre Propagandisten? Warum sollte man verdienstvolle Hofberichterstatter dem Gespött des Pöbels aussetzen? Erst kürzlich drohte der neue Präsident des Verfassungsschutzes, Sinan Selen: Kritiker des Zwangsgebühren-TVs würden unter Beobachtung gestellt. Im Gespräch mit dem RBB verknüpfte er Kritik an GEZ-Medien mit „Desinformation“. Fazit: Wenn die

„Nachrichtenvermittlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zweifel gezogen“ würden, gefährde das die Demokratie…

Mit anderen Worten: Jeder Bürger muss den Info-Trash der Staatsmedien nicht nur zwangsfinanzieren. Nein, er muss ihn auch noch gut finden. Sonst kommen die Schlapphüte. 

Okay, solche Prangerungen schützen den GEZ-Funk als Institution. Aber wie steht es um all die Reporter und Journalisten? Jene, die in treudoofer Ergebenheit jedes Regierungs-Narrativ hochjubeln. Solche Helden verdienen doch juristischen Schutz, oder? - Genau davon ist die saarländische Justizministerin Petra Berg überzeugt. Die SPD-Politikerin will die Beleidigung von Journalisten ebenso abstrafen wie das Beschimpfen von Politikern. Das richtet sich primär gegen Internet-User, die ihre Wutergüsse in den Kommentarspalten ablaichen. Wer weiß, vielleicht führen Bezeichnungen wie „Lügenpresse“ bald zu Geldstrafen oder Verhaftung?  

Aber die Justizministerin geht noch weiter. Strafbestände wie Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung sollen schärfer geahndet werden, wenn Journalisten die Opfer sind. Die Webseite Legal Tribune Online führte Bergs Forderung auf eine Statistik der NGO Reporter ohne Grenzen zurück. Danach hätten sich in der Bundesrepublik die Angriffe auf Journalisten mehr als verdoppelt: Im Jahre 2024 wurden 89 Fälle gezählt. Im Jahr zuvor 41. Überhaupt steige die Aggression gegenüber Reportern. Journalisten aus anderen politischen Lagern würden als Feinde identifiziert. - Natürlich gehört jede Form von Gewalt aus dem politischen Diskurs verbannt. Aber die zu Recht beklagte Feindseligkeit ist das Resultat einer Spaltungspolitik. Die hat in den Medien ihre Arena gefunden, wird dort ausgekämpft.  

Das kümmert Justizministerin Petra Berg freilich nicht. Auf der Juristen-Plattform LTO erklärt sie:

„Wer Journalistinnen und Journalisten angeht, trifft das Herz unseres Rechtsstaats.“ Medien seien „die Stimme unserer Demokratie“.

Für diese bestehe eine „Schutzpflicht". So verlangten es das Grundgesetz und die Europäischen Menschenrechtskonventionen. Ähnliches verriet Justiz-Staatssekretär Jens Diener der dpa:

„Zwar erfassen bestehende Straftatbestände wie etwa Beleidigung, Bedrohung oder Körperverletzung typische Angriffsformen, sie berücksichtigen jedoch bislang nicht ausreichend die besondere Verantwortung für unsere Demokratie, die Journalistinnen und Journalisten bei der Ausübung ihres Berufs tragen.“ 

Fassen wir zusammen: Regierung, GEZ-Funk und medialer Mainstream bilden eine Aristokratie, die jeglicher Kritik enthoben ist. In der Praxis heißt das: Wenn künftig ein geistiger Tiefflieger die Kriegspolitik abfeiert, die totale Impfpflicht fordert oder über die „Notwendigkeit“ von Sozialabbau deliriert: Dann wird scharfe Polemik gegen diesen Info-Trash fast unmöglich sein. Es drohen Anzeige und Pranger.

In jedem Falle darf man gespannt sein: Sollte man die geforderte Ausweitung der Majestätsbeleidigung tatsächlich umsetzen: Würde sie auch Schreiber oder Filmemacher der Alternativen Medien schützen? Würden Beleidigungen, Drohungen und Angriffe ebenso scharf geahndet, wenn die Geschädigten zur publizistischen Opposition gehören? 

Bleibt noch eine Frage: Wie bewerten Mainstream-Journalisten selber eine potenzielle Aufnahme in den Club der Unkritisierbaren? Bislang gibt es kaum Reaktionen. Bei einem sorgte dieser Vorschlag sogar für Unbehagen: Der Journalist Christoph Lemmer erklärte in einem Video der Tageszeitung Die Welt: Journalisten seien keine „Majestäten“ und bräuchten keine Sonderrechte. Beleidigungen wären Bestandteil des öffentlichen Diskurses. Und ja:

„Ich möchte beleidigt werden“ -

was ihm auf X auch regelmäßig widerfahre. Und das sollten seine Kritiker auch weiterhin dürfen.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bild: Mann im Retro-Stil tippt auf einer Schreibmaschine

Bildquelle: Valery Sidelnykov / shutterstock 


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