Alaska is coming home

Alaska is coming home

Ein Meingungsbeitrag von Dirk C. Fleck.

In meiner Maeva-Trilogie hatte ich mir vorzustellen versucht, wie die USA wohl reagieren würden, wenn das rohstoffreiche Bundesland Alaska sich von den Vereinigten Staaten losgesagt und zur Freien Republik erklärt hätte. Hier ein Szenario, wie es unter dem „Friedensfürsten“ Trump durchaus denkbar wäre.

Wenn es nicht so lächerlich ausgesehen hätte, wer weiß, vielleicht wären die Passanten in Downtown Juneau besorgt gewesen wegen der drei Jeeps der US-Army, die an diesem verregneten Dienstagmorgen vor dem Säulenportal des State Capitol hielten. Vielleicht wäre ihnen klar geworden, dass die seit langem befürchtete Annexion der Freien Republiken Alaskas durch die Vereinigten Staaten gerade im vollen Gange war. So aber wurden Viersternegeneral Walter Cohen und sein militärischer Anhang beim Betreten des Regierungssitzes von den Umstehenden bestaunt wie Staatsgäste.

Auf dem langen Marsch durch das Gebäude hatte Cohen doch erhebliche Zweifel, ob die sanfte Tour, die Präsident Hurst den Militärs verordnet hatte, wirklich funktionierte. Da Kanada sich aber geweigert hatte, größeren Armee-Einheiten die Durchfahrt zu genehmigen, blieb ihnen ja kaum etwas übrig, als den Abtrünnigen diesen „Familienbesuch“ abzustatten. Gut möglich, dass die Inuit ihre kleine Abordnung in Geiselhaft nehmen würden, sobald ihnen bewusst geworden war, worum es bei diesem Besuch ging.

Der Kabinettsaal, in dem der Rat der Republiken nach Auskunft des CIA jeden Dienstagmorgen tagte, befand sich im zweiten Stock. General Cohen hätte am liebsten die Tür eingetreten, damit es jedenfalls ansatzweise nach einem Militärputsch aussah, stattdessen klopfte er artig an. Das ist ja lächerlich, dachte er und trat ohne eine Antwort abzuwarten an der Spitze seines uniformierten Gefolges ein. Die zwölf versammelten Ratsmitglieder – sieben Frauen, fünf Männer – waren sichtlich geschockt. Fassungslos sahen sie zu, wie es sich der General an der Stirnseite des Kabinettstisches bequem machte.

„Bleiben Sie entspannt“,

begrüßte Cohen die Anwesenden,

„es besteht kein Grund zur Panik. Ich komme im Auftrage des Präsidenten der Vereinigten Staaten, von dem ich Sie übrigens recht herzlich grüßen soll.“

Er öffnete seine Aktentasche und entnahm ihr eine schwarze Ledermappe, die er nun behutsam aufschlug.

„Machen wir es kurz“,

fuhr er fort,

„ich habe bei mir einen von Präsident Hurst unterschriebenen Vertrag, der das Verhältnis zwischen den USA und den Freien Republiken Alaskas neu regelt. Ihre Unabhängigkeit ist davon nicht betroffen. Unter der Voraussetzung, dass Sie bereit sind, folgende Punkte zu unterschreiben.“

Er tippte mit den Fingerspitzen provozierend lange auf das Papier, als wollte er dessen Bedeutung allen am Tisch ins Bewusstsein klopfen.

„Erstens“,

begann er im Stil einer Urteilsverlesung,

„die Vereinigten Staaten von Amerika behalten sich das Recht vor, ihre Militärstützpunkte in dem ehemaligen Bundesstaat Alaska jederzeit wieder zu besetzen.
Zweitens: Die amerikanische Wirtschaft wird wieder in die Lage versetzt, in den Freien Republiken Alaskas nach Rohstoffen zu forschen und sie gegebenenfalls abzubauen.
Drittens: Global Oil darf die unterbrochenen Bauarbeiten an den Off-Shore-Anlagen fortführen. Darüber hinaus wird der Firma erlaubt, vor der Küste des ehemaligen Bundesstaates Alaska so viele Anlagen zu errichten, wie sie es für nötig hält.
Viertens: Die Alaska-Pipeline wird umgehend wieder in Betrieb genommen.
Fünftens: Das Tankstellennetz in Ihrem Land fällt wieder in den Besitz von Global Oil.
Sechstens: Die Vereinigten Staaten betrachten die von amerikanischen Firmen bewirtschafteten Flächen als Territorium der USA, auf dem die Gesetze der Freien Republik Alaska keine Gültigkeit haben.“

General Cohen blickte die Ratsmitglieder der Reihe nach an. Es fiel ihm nicht leicht, in den Gesichtern der Auke, Taku und Inuit zu lesen. Die Indios starrten regungslos zurück.

„Im Gegenzug ...“,

fuhr der General fort und räusperte sich, als sei ihm das Wort im Halse stecken geblieben,

„... im Gegenzug sichern die Vereinigten Staaten von Amerika der Freien Republik Alaska die vollkommene Autonomie zu. Die Vereinigten Staaten akzeptieren die Gepflogenheit der Bürger von Alaska, auf persönliches Landeigentum zu verzichten“,

las er vom Blatt.

„In der amerikanischen Verfassung gilt Land, das keinen Privateigentümer hat, als Staatsbesitz. Mit diesem Vertrag verzichten die USA jedoch auf ihre legitimen Ansprüche. Damit geben die Vereinigten Staaten von Amerika das Land offiziell an seine Ureinwohner zurück. Darüber hinaus garantieren wir jedem Bürger der Freien Republiken Alaskas unbegrenztes Jagdrecht, zu Wasser und zu Lande. Es ist Sache der Freien Republiken Alaskas, wie sie ihre Umweltpolitik gestalten. Amerika verpflichtet sich außerhalb seiner Wirtschaftszonen dazu, alle von Ihrem Rat erlassenen Gesetze zu akzeptieren. Darüber hinaus bieten wir an, Ihre Republiken an den Einnahmen, die aus der Erschließung der Bodenschätze erzielt werden, angemessen zu beteiligen. Ein entsprechendes Abkommen ist auszuhandeln.“

Cohen klappte die Mappe zu und blickte erneut in die Runde. Eigentlich hatte er gehofft, nun auf entspanntere Gesichter zu treffen, aber die Herrschaften in den merkwürdig gewebten und bunt bestickten Kleidern schienen eher noch tiefer in ihr Schweigen gefallen zu sein.

Der General kam sich albern vor, aber er wollte die Sache so schnell wie möglich beenden.

„Haben die Damen und Herren noch irgendwelche Fragen?“
„Was geschieht, wenn wir den Vertrag nicht unterzeichnen?“,

fragte die Frau vom anderen Ende des Tisches so freundlich, wie es ihr irgend möglich war.

„Für diesen Fall, ’Mam, werden die Vereinigten Staaten mit Nachdruck auf den alten Verhältnissen bestehen. Im Klartext: Es werden Panzer rollen. Und zwar binnen einer Woche. Die Freien Republiken Alaskas wären somit Geschichte. Jeder amerikanische Bürger, den Sie aus dem Land gejagt haben, bekäme seinen Grund und Boden zurück. Kurz: Es wäre vorbei mit Selbstbestimmung und Autonomie. Was das für ihr Volk bedeuten würde, brauche ich Ihnen nicht zu erklären.“

Cohen massierte seine Nasenwurzel.

„Ich bitte Sie, Herrschaften, einen besseren Vertrag wird es nie geben. Wenn Sie sich einverstanden erklären, bewahren beide Seiten ihr Gesicht.“

Er schob die Ledermappe dem Ratsmitglied zu, das ihm am nächsten saß.

„Ich schlage vor, Sie alle lesen sich die paar Seiten in aller Ruhe durch, bevor Sie unterschreiben.“

Als die Hälfte der Indios seiner Aufforderung gefolgt war, stand General Cohen auf, ging nach nebenan ans Telefon und wählte die Nummer seines Präsidenten im Weißen Haus.

„Mr. President“,

sagte er und nahm unwillkürlich Haltung an,

„Alaska is coming home!“

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: ojal / shutterstock


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