Wann macht die EU den Geldhahn zu? | Von Thomas Röper

Ein Kommentar von Thomas Röper.

In der Slowakei wurde ein neuer Präsident gewählt und Wahlsieger ist der Peter Pellegrini, der für eine Verhandlungslösung in der Ukraine steht. Die Medien schäumen vor Wut und es stellt sich die Frage, wann die EU der Slowakei unter irgendeinem Vorwand Gelder sperrt.

Demokratie ist aus Sicht der westlichen Medien und Politiker dann gegeben, wenn die Leute, die den Kurs des Transatlantiker unterstützen, Wahlen gewinnen. Wenn Leute Wahlen gewinnen, die dem Kurs auch nur ein wenig kritisch gegenüber stehen, dann wird ein Volk schnell dafür bestraft, falsch abgestimmt zu haben. Das erleben am Beispiel Ungarn, dem wegen politischem Ungehorsam EU-Gelder gesperrt wurden und wir haben es bei Polen erlebt, dessen gesperrte Gelder Brüssel umgehend freigegeben hat, nachdem dort der Transatlantiker Tusk die Wahl gewonnen hatte.

Der nächste Kandidat, dem Brüssel die Gelder unter irgendeinem konstruierten Vorwand sperren könnte, ist die Slowakei. Dort hat vor einiger Zeit Robert Fico die Wahl gewonnen, der den Kurs des Westen kritisiert und gegen Waffenlieferungen an Kiew und für Verhandlungen in der Ukraine ist. Nun hat mit Peter Pellegrini ein Freund von Fico auch die Präsidentschaftswahlen gewonnen, was eine Sperrung von EU-Gelder wahrscheinlicher macht.

Die Reaktion der deutschen Medien war entsprechend hysterisch. Der Spiegel bezeichnete Fico als „prorussischen Regierungschef“ <1>, was nach dem Verständnis des Spiegel eine schlimme Beschimpfung ist. Die Tagesschau bezeichnete Pellegrini als „Populisten“ <2> und das ZDF behauptete, die Slowakei sei nach der Wahl „gespalten wie nie“ <3>, was fast schon wie die Drohung mit einer Farbrevolution gilt. Und der Oberfalke Norbert Röttgen forderte <4> gar, die Slowakei und Ungarn sollten die EU verlassen.

Als Kontrastprogramm, und um zu zeigen, wie in Russland darüber berichtet wird, habe ich einen Artikel <5> der russischen Nachrichtenagentur TASS über die Wahl in der Slowakei übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Die Slowakei hat einen Befürworter des Friedens und einen Gegner von Waffenlieferungen an die Ukraine zum Präsidenten gewählt

Peter Pellegrini, Sprecher des slowakischen Nationalrats und Vorsitzender der Partei Hlas-SD, der sich für eine rasche Beilegung des Konflikts in der Ukraine und gegen Waffenlieferungen an das Land ausspricht, hat die slowakischen Präsidentschaftswahlen gewonnen. Nach den Ergebnissen des zweiten Wahlgangs vom Samstag, dem 6. April, erhielt er die Stimmen von 53,12 Prozent (1.409.255 Bürger).

Pellegrini besiegte seinen Konkurrenten, den ehemaligen slowakischen Außenminister Ivan Korczok, der sich auf die liberalen Parteien der parlamentarischen Opposition stützte, mit deutlichem Vorsprung (über 165.000 Stimmen). Korczok erhielt 1.243.709 Stimmen, was einem Anteil von 46,87 Prozent entspricht.

Die slowakische Wahlkommission, die auch die Aktivitäten der politischen Parteien in der Slowakei überwacht, berichtete, dass 2.671.279 der 4,3 Millionen Wähler des Landes (mit einer Bevölkerung von etwa 5,5 Millionen Bürgern) an der zweiten Runde der Wahl des Staatspräsidenten teilnahmen. Das heißt, die Wahlbeteiligung lag bei 61,14 Prozent.

Pellegrini kommentierte das Wahlergebnis mit den Worten: „Ich habe nur deshalb für die slowakische Präsidentschaft kandidiert, weil ich mich von anständigen Menschen, die ehrlich leben und arbeiten, unterstützt fühlte.“ Er bedankte sich insbesondere für die Unterstützung von Ministerpräsident Robert Fico, mit dem er in wichtigen Fragen nahezu identische Positionen vertritt, und von Andrej Danko, dem Vorsitzenden der Slowakischen Nationalpartei, die Teil der Regierungskoalition des Landes ist. Vor seinem Amtsantritt (der für den 15. Juni vorgesehen ist) muss der gewählte Präsident den Vorsitz der Partei Hlas-SD räumen, die ebenfalls der Regierung angehört. Nach der slowakischen Verfassung ist der Präsident verpflichtet, überparteilich zu sein.

„Die Regierungskoalition wird stabil bleiben. Der Auftrag der Regierung, die vor einigen Monaten als Ergebnis des Volkswillens [bei den Parlamentswahlen in der Slowakei im September 2023] gebildet wurde, wird umgesetzt werden“, sagte Pellegrini. Er betonte auch, dass er immer und überall die Interessen der Slowakei und ihres Volkes verteidigen werde.

„Die slowakische Regierung kann sich darauf verlassen, dass sie, wenn sie ihr Grundsatzprogramm umsetzt, das ich als Vorsitzender einer der Parteien der Regierungskoalition mit verfasst habe, nicht befürchten muss, dass im Präsidentenpalast ein oppositionell-opportunistisches Machtzentrum entsteht, wie es in den letzten zehn Jahren der Fall war, das die Regierung verärgert, [unseren] Staat im Ausland lächerlich macht und sich über Misserfolge der slowakischen Regierung freut“, sagte Peter Pellegrini.

Die Ukraine und Russland

Bei seinem ersten Treffen mit Wählern und Journalisten nach dem Wahlsieg sagte der gewählte Präsident, er werde alles in seiner Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass das Land „immer auf der Seite des Friedens und nicht des Krieges steht“. „Und möge mich jeder, egal wer und wie, dafür kritisieren“, sagte er.

Pellegrini hat sich stets für einen sofortigen Waffenstillstand, einen Friedensvertrag und die Aufnahme von Friedensgesprächen über die Ukraine ausgesprochen. Er sagt, er werde nicht zulassen, dass die Slowakei in den Konflikt hineingezogen wird, lehnt die Entsendung ausländischer Truppen ab und spricht sich gegen die „ständige Aufrechterhaltung des Konflikts“ aus, indem ein drittes Jahr lang Waffen in die Ukraine geliefert werden. Dieses Vorgehen zur Unterstützung Kiews würde nicht zu den erwarteten Ergebnissen führen und nur den Tod von Tausenden von Soldaten und Zivilisten zur Folge haben, sagte er. Für die Situation gibt es keine militärische Lösung, die Lieferung von Waffen in das Konfliktgebiet kann, wie Pellegrini anmerkt, zu einer noch größeren Katastrophe führen. Der gewählte Präsident ist auch der Meinung, dass die Ukraine nicht der NATO beitreten kann.

Im November 2023 begrüßte er zwar die Entscheidung der Regierung von Ministerpräsident Fico, die Entscheidung zu blockieren, dass die Slowakei der Ukraine das 14. militärische Hilfspaket im Wert von 40,3 Millionen Euro zukommen lässt, unterstützte jedoch die Position der Regierung, kommerzielle Waffen- und Munitionslieferungen an Kiew nicht zu behindern. „Diese Lieferung würde die Lager der slowakischen Streitkräfte erneut leeren, was wiederum zu einer Verringerung unserer Verteidigungsfähigkeit führen würde“, zitierte das slowakische Fernsehen den Politiker damals. Nach seiner Ansicht sollte die Ukraine auf Staatskosten nur humanitäre Unterstützung und Hilfe beim Wiederaufbau nach dem Krieg erhalten. Die slowakischen Vorgängerregierungen haben der Ukraine vom 24. Februar 2022 bis zum Herbst 2023 Waffen, Munition und andere militärische Güter im Wert von insgesamt 671 Millionen Euro gespendet, so das Fernsehen.

Pellegrini teilt die Position der derzeitigen slowakischen Regierung hinsichtlich der Notwendigkeit, die Beziehungen der Slowakei zu Russland, deren Intensität seit dem Beginn der Militäroperation stark abgenommen hat, wiederherzustellen. „Ich will offen sagen, dass ich möchte, dass dieser Konflikt [in der Ukraine] so schnell wie möglich endet. Wir werden nach Wegen suchen, auch mit der Russischen Föderation wieder [aktiv] zu kommunizieren, nach Wegen, die Beziehungen zu erneuern, natürlich, wenn der Konflikt beendet ist“, sagte der Politiker kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten.

Peter Pellegrini ist der Ansicht, dass die Sanktionen gegen Russland größtenteils unwirksam waren und sich negativ auf die Menschen in der Slowakei ausgewirkt haben. Er lehnt das einheitliche Vorgehen der EU gegenüber Russland wegen der Lage in der Ukraine nicht ab, weist aber darauf hin, dass die Auswirkungen der Sanktionen auf die Volkswirtschaften der EU-Länder berücksichtigt werden müssen. Seiner Meinung nach sollte die Slowakei ihre eigenen nationalen Interessen berücksichtigen, wenn sie eine Position zu diesem Thema bildet.

Die Nachbarn und die Rolle des Präsidenten

Unmittelbar nach seiner Wahl zum Präsidenten versicherte Pellegrini, dass die Slowakei „ihre außenpolitische Ausrichtung nicht ändern und ein zuverlässiges Mitglied der EU und der NATO bleiben wird“. Die Präsidentschaftswahlen seien kein Referendum über den künftigen Kurs des Landes, sagte er. Er fügte hinzu, dass „die Republik eine souveräne Außenpolitik verfolgen wird, die in erster Linie ihre Interessen und die Interessen ihrer Bürger verteidigt“.

Auf die Frage, ob er befürchte, dass die Slowakei nach der Wahl „ein zweites Ungarn“ werden könnte, antwortete der gewählte Präsident „absolut nicht“. „Die Slowakei wird immer die Slowakei sein, die Slowakei wird nie Tschechien, Polen, die USA oder Ungarn sein. Wir werden immer eine unabhängige Slowakei mit unseren eigenen Gedanken und Traditionen sein“, betonte er.

Pellegrini kündigte an, dass sein erster Auslandsbesuch als Präsident nach Tschechien führen wird. Er will damit die langjährige slowakisch-tschechische Tradition fortsetzen, nach der die Staatschefs beider Länder nach ihrer Wahl ihre erste offizielle Reise in das Nachbarland unternehmen. Der tschechische Präsident Petr Pavel gratulierte Pellegrini zu seinem Wahlsieg und betonte das Interesse Prags an einer Stärkung der außergewöhnlichen gegenseitigen Beziehungen mit Bratislava.

Peter Pellegrini, der in sechs Monaten, am 6. Oktober, 49 Jahre alt wird, wird die Slowakei für die nächsten fünf Jahre führen. Die Verfassung der Republik sieht eine Wiederwahl als Präsident vor.

Unterdessen äußerte Ministerpräsident Fico, der den gewählten Präsidenten aktiv unterstützt, auf seiner Facebook-Seite in einem Kommentar zu den Wahlergebnissen die Sorge, dass der Westen die Slowakei dafür bestrafen könnte, dass sie einen Politiker zum Präsidenten gewählt hat, der einen anderen Ansatz zur Lösung der Situation in der Ukraine vertritt.

„Wir müssen auch die [mögliche] Bestrafung durch den Westen berücksichtigen, weil wir Peter Pellegrini gewählt haben und nicht [seinen Kurrenten, den Vertreter der liberalen Opposition] Ivan Korczok, der nicht zögern würde, slowakische Bataillone in die Ukraine zu schicken“, so der Ministerpräsident. Er erinnerte daran, dass nach dem Sieg der von ihm geführten Partei „Richtung Sozialdemokratie“ bei den Parlamentswahlen in der Slowakei im September 2023, statt Glückwünschen von Kollegen in der EU die Mitgliedschaft in der Partei der Europäischen Sozialisten (wegen der Position zur Ukraine) ausgesetzt wurde. „Es würde mich nicht überraschen, wenn die EU-Kommission aus rein politischen Gründen und wegen des Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen uns [die Zahlungen] aus [EU-]Mitteln aussetzen würde“, fügte Fico hinzu.

Die Slowakei ist eine parlamentarische Republik. In ihr ist die Macht de facto bei der Regierung konzentriert. Die Befugnisse des Präsidenten, der auch Oberbefehlshaber der nationalen Streitkräfte ist, sind durch die Verfassung begrenzt. Er hat relativ bescheidene Möglichkeiten bei der Ausarbeitung von Entscheidungen der Staatsführung. Die Tätigkeit des Präsidenten beschränkt sich hauptsächlich auf die Erfüllung von protokollarisch festgelegten repräsentativen Aufgaben. Er vertritt die Slowakei bei Auslandsbesuchen und bei den wichtigsten internationalen Veranstaltungen. Er hat auch das Recht, von slowakischen Gerichten verurteilten Personen Amnestie zu gewähren, was in der Praxis in Abstimmung mit den Exekutivstrukturen der Republik geschieht.

Ende der Übersetzung

Quellen

<1> https://www.spiegel.de/ausland/slowakei-peter-pellegrini-gewinnt-praesidentenwahl-gegen-pro-ukrainischen-kandidat-a-d46d223e-96c0-4709-b353-c7b54c35b9c3

<2> https://www.tagesschau.de/ausland/europa/praesidentenwahl-slowakei-100.html

<3> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/eu-slowakei-pellegrini-100.html

<4> https://de.rt.com/europa/201949-nach-wahlsieg-von-pellegrini-roettgen/

<5> https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/20478331

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 09. April 2024 bei anti-spiegel.ru

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Bildquelle: paparazzza / shutterstock

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Kommentare (1)

Ein Kommentar zu: “Wann macht die EU den Geldhahn zu? | Von Thomas Röper

  1. Parkwaechter sagt:

    Was muss man derzeit mitbringen, um mit den höchsten Führungsämtern betraut zu werden? Eigentlich nur zwei Dinge: Man muss für Impfen und gegen Russland sein. Dazu ein paar Dekorstreusel wie Gendergaga und "Klima", und fertig ist die Melange, mit der man als Kapellenmeister auf der Titanic für Unterhaltung sorgen und stramm Richtung Eisberg steuern darf.
    Zukünftige Generationen werden einmal nur mit offenem Mund staunen, wie solch institutionalisierter Wahnsinn, wie wir ihn heute erleben, möglich war.

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