Standpunkte

Trumps Erklärungen zum Ukraine-Krieg | Von Thomas Röper

audio-thumbnail
Apolut 20250715 SP Dienstag
0:00
/518.391125

Waffenlieferung und 50 Tage

Was Trumps Erklärungen zum Ukraine-Krieg bedeuten.

Am Montag hat US-Präsident Trump eine mit Spannung erwartete Erklärung zu Russland und der Ukraine abgegeben. Die war nicht das, was die Falken erwartet haben, aber sie war dennoch sehr aufschlussreich.

Ein Standpunkt von Thomas Röper.

US-Präsident Trump hat am Montag eine mit großem Tamtam angekündigte „Erklärung zu Russland“ abgegeben. Da Trump sich vorher zusehends negativ über Putin geäußert hatte, hofften die Falken im Westen, Trump würde sich voll hinter die Ukraine stellen und die harten Sanktionen ankündigen, die US-Senatoren fordern. Die wollten alle Länder mit 500-Prozent-Zöllen belegen, die weiterhin russisches Öl kaufen.

Das ist ein Vorhaben, das vermutlich den USA weitaus mehr schaden würde, als den betroffenen Ländern, denn dass beispielsweise China und vor allem Indien den Kauf von russischem Öl einstellen, das für ihre Wirtschaft und Länder lebenswichtig ist, ist kaum zu erwarten. Hinzu kommt, dass eine solche Verknappung der weltweiten Öllieferungen die Ölpreise explodieren lassen würde, was allen schaden würde. Die Abnehmerländer von russischem Öl würden vor die Frage gestellt werden, was für ihr Land wichtiger ist: Günstiges Öl oder die Exporte in die USA, und es ist keineswegs sicher, wie viele Länder eher auf den Handel mit den USA verzichten würden, anstatt ihrer Gesamtwirtschaft mit einer radikalen Verteuerung der Energiepreise zu schaden.

Trumps Erklärung

Aber es kam anders und Trump hat diese Zölle nicht angekündigt. Außerdem sagte er, dass 500-Prozent-Zölle Unsinn seien, denn 100 Prozent hätten die gleiche Wirkung, wie 500. Da hat er recht, denn auch bei 100-Prozent-Zöllen würde der Handel schlicht eingestellt werden.

Trump hat stattdessen seinen Kopf durchgesetzt und das Ziel erreicht, die USA aus dem Ukraine-Krieg herauszuführen. Er hat angekündigt, dass die USA zwar gerne wieder alle Waffen an Kiew liefern würden, aber nicht mehr umsonst. Die NATO-Länder sollen die Waffen in den USA kaufen und nach Kiew liefern. Für die USA wird der Ukraine-Krieg damit zur Lizenz zum Gelddrucken, während er die Europäer endgültig ruinieren wird, weil sie die Waffen für Kiew auf Kredit kaufen müssen.

In ersten Reaktionen war die Freude in der EU und in der Ukraine groß, denn nun wird es wieder praktisch unbegrenzt Waffen geben. Allerdings vergessen die jubelnden Hardliner eine Kleinigkeit, nämlich, dass praktisch unbegrenzte Waffenlieferungen an die Ukraine nicht dafür gesorgt haben, dass die Ukraine in den letzten dreieinhalb Jahren militärisch irgendeine Chance gegen Russland gehabt hätte. Und heute kommt die alarmierende Personalknappheit der ukrainischen Streitkräfte hinzu.

Die neuen Waffen werden auf dem Schlachtfeld also kaum etwas ändern.

50 Tage

Trump hat außerdem erklärt, er werde Russland mit 100-Prozent-Zöllen belegen, sollte Putin „in 50 Tagen“ keine Friedensvereinbarung mit der Ukraine erzielen. Das seien „schwerwiegende“ Druckmittel, meinte Trump. Er hoffe, „sie werden Eindruck auf Putin machen“.

Das ist allerdings kaum zu erwarten, denn der russischen Wirtschaft können US-Zölle herzlich egal sein. 2023 exportierte Russland Waren im Gesamtwert von weniger als fünf Milliarden Dollar in die USA und 2024 waren es noch weniger. Die Moskauer Börse hat auf Trumps Drohung praktisch gar nicht reagiert.

Verhandlungen in Istanbul faktisch beendet

In der letzten Verhandlungsrunde zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul wurde eine Reihe von Austauschen vereinbart, die inzwischen abgewickelt sind. Danach hätte eigentlich die nächste Verhandlungsrunde angekündigt werden sollen.

Russland hat seine Bereitschaft dazu bereits erklärt, aber aus der Türkei wurde gemeldet, von der Ukraine liege dazu keine Rückmeldung vor.

Am Sonntag, nachdem Trump seine „große Erklärung zu Russland“ angekündigt hatte, teilte der stellvertretende ukrainische Außenminister Sergei Kisliza mit, das türkische Format des Dialogs zwischen Moskau und Kiew sei „praktisch erschöpft“, denn dort sei nur über humanitäre Themen gesprochen worden.

Mit anderen Worten: Kiew wollte dort nie über Frieden oder auch nur einen Waffenstillstand verhandeln, sondern hat an den Gesprächen nur um den Schein zu wahren teilgenommen und über ein paar Austausche von Kriegsgefangenen und Toten verhandelt.

Damit ist nicht zu erwarten, dass es in den nächsten 50 Tagen zu einer Einigung zwischen Moskau und Kiew kommt.

„Europa meint es mit diesem Krieg ernst“

Ich berichte nun seit einiger Zeit sehr intensiv darüber, dass die EU meiner Meinung nach den Krieg mit Russland will. Das hat auch Trump in seiner Erklärung bestätigt, denn er sagte:

„Ich muss Ihnen sagen: Europa meint es mit diesem Krieg ernst.“

Trump sagte weiter, er habe das zunächst nicht geglaubt, doch seine Einschätzung habe sich in den letzten Monaten geändert, als er beispielsweise beim NATO-Gipfel war:

„Ich habe diese Stimmung vor einem Monat erlebt, als ich dort war. Der Grad der Einigkeit ist erstaunlich. Die glauben wirklich, dass dies ein sehr wichtiges Thema ist, das angegangen werden muss.“

Das bestätigt all das, was ich in den letzten Tagen und Wochen über die Kriegsvorbereitungen der EU geschrieben habe. Und Trumps Formulierungen bestätigen auch, dass er sich an dem Krieg unter keinen Umständen beteiligen wird.

Sollen die Europäer doch in den Krieg ziehen, solange sie die USA nicht mit hineinziehen, scheint Trumps Logik zu sein. Und wenn die Europäer auch noch alle Waffen für den Krieg in den USA kaufen, findet Trump das noch besser, schließlich hat er stolz verkündet, die Europäer würden die Waffen für Kiew nun in den USA kaufen und „zu hundert Prozent bezahlen“.

Das ist ein Deal ganz nach Trumps Geschmack.

Welche Waffen bekommt die Ukraine?

Noch ist unklar, welche Waffen die Ukraine genau bekommen wird und Trumps mit Tamtam angekündigte Erklärung enthielt dazu im Grunde nichts Überraschendes, denn dass die Europäer mit den USA über den Kauf von US-Waffen zur Weitergabe an Kiew verhandeln, wurde schon seit Anfang Juli gemeldet.

Deutschland, Norwegen und andere Länder wollen Patriot-Systeme für Kiew kaufen und Ursula von der Leyen hat den EU-Staaten schon vor fast einer Woche vorgeschlagen, die Waffen für Kiew auf Kredit zu kaufen, wobei die EU-Kommission schon vor einiger Zeit angekündigt hat, dazu (natürlich auch auf Pump) 150 Milliarden Euro zur Verfügung stellen zu wollen. Großbritannien hat angekündigt, der Ukraine 5.000 Manpads, also tragbare Luftabwehr, liefern zu wollen, die in Belfast produziert werden sollen.

Allerdings wird die Ukraine wohl wieder nicht die modernsten Waffen bekommen, denn es klang durch, dass die Europäer der Ukraine lieber ihre alten Waffen liefern und die in den USA gekauften neuen Waffen für sich behalten.

Schon Ende Mai berichtete die Washington Post unter Berufung auf einen europäischen Diplomaten, Deutschland beabsichtige nicht, modernisierte Raketen des Patriot-Luftabwehrsystems PAC-3 (Patriot Advanced Capability-3) an die Ukraine zu liefern. Berlin werde sich stattdessen auf die Lieferung veralteter und zum Abfangen ballistischer Raketen ungeeigneter PAC-2-Raketen beschränken.

Auch die USA wollen der Ukraine auf Kosten der europäischen Steuergelder vor allem überschüssige Waffen, also Systeme, die das Pentagon nicht benötigt, liefern, erklärte der Ständige Vertreter der USA bei der NATO Matt Whitaker:

„Präsident Donald Trump sagte heute, 350 Milliarden US-Dollar amerikanischer Steuergelder seien zur Unterstützung der Ukraine geflossen. Das wird es nicht mehr geben. Aber wir stellen die Waffenverkäufe an die Ukraine nicht ein. Und wir gefährden die Sicherheit der USA nicht. Wir stellen sicher, dass wir genügend von dem haben, was wir strategisch brauchen. Und was wir produzieren, verkaufen wir an unsere europäischen Verbündeten und liefern es an die Ukraine, was eine perfekte und elegante Lösung des Problems ist. Hier bietet sich eine echte Chance, der amerikanischen Wirtschaft und der Ukraine zu helfen. Und Europa wird dafür bezahlen.“

Das war wenigstens ehrlich…

Quellen und Anmerkungen

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

+++

Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

+++

Dieser Beitrag erschien zuerst am 15. Juli 2025 auf anti-spiegel.ru.

+++

Bildquelle: Shutterstock AI/ shutterstock


+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoinzahlung

Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/

+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.

+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/

+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut

Thomas Röper Donald Trump Ukraine-Krieg russland Zölle putin Sanktionen Ursula von der Leyen Energiepreise