Ein Meinungsbeitrag von Uli Gellermann.
Glaubt man den üblichen Suchmaschinen, dann existiert „Volksverhetzung“ im Wesentlichen, wenn es um Antisemitismus geht. Dass der behauptete „Antisemitismus“ inzwischen gern als Instrument gegen gesellschaftliche Debatten eingesetzt wird, ist zum Beispiel am inkriminierten Spruch „Impfen macht frei“ deutlich: Seine formale Nähe zum Schriftzug "Arbeit macht frei" über dem Eingangstor eines Konzentrationslagers, galt dem bayerischen Oberlandesgericht als Verharmlosung des Holocaust. Obwohl ersichtlich die öffentliche Impf-Kampagne gemeint war, die Freiheiten aller Art versprach, wenn man sich nur impfen lassen wollte.
Nähe zu den Nazis unterstellt
Die Anwälte von Uli Gellermann haben mit ihrer Anzeige stellvertretend für den öffentlich.rechtlichen Sender MDR Frau Prof. Dr. Karola Witte (Intendantin des MDR) und Jakob Kluck (Redakteur des MDR), sowie Tom Fugmann und Knud Vetten (Autoren des Sendebeitrags) der Volksverhetzung beschuldigt. Denn in der ARD-Sendung „Fakt“ diffamierte der Sender das von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht initiierte „Manifest für Frieden" als „rechts“. Und wer in Deutschland als „rechts“ einsortiert wird, dem wird eine Nähe zu den Nazis unterstellt.
Wahrheit zur Lüge erklärt
Mit dem durch die deutsche Geschichte grundierten öffentlichen Reflex bei einer Nazi-Unterstellung, hat der MDR fraglos versucht, seine Konsumenten zu verhetzen. Indem er ausgerechnet jene Menschen, die sich mit dem „Manifest für Frieden“ gegen deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine wendeten, mit einer durch nichts zu begründenden Nazi-Nähe diffamierte. Nicht die deutsche Regierung, die mit ihren Waffenlieferungen in einem Krieg in Nazi-Tradition steht, sondern jene, die sich für den Frieden einsetzen, sollen mit dieser Tradition kontaminiert werden. So liefert der MDR einen typischen Orwellschen Neusprech, der die Wahrheit zur Lüge erklärt und seine Konsumenten zu Adressaten der Regierungs-Propaganda macht.
Amtseid erfüllen
Dass die Staatsanwaltschaft Leipzig die Anzeige Gellermanns angenommen hat, sagt noch nichts über den juristischen Fortgang aus. Denn entgegen der Märchengeschichte von einer unabhängigen Justiz sagt das immer noch gültige Gerichtsverfassungsgesetz von 1879: „Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen.“ Sie sind Teil der Exekutive, nachgeordnete Beamte, die parieren müssen. Eine Art verlängerter Arm der Politik. Aber fraglos gibt es auch mutige Beamte, die ihrem Amtseid, der von ihnen fordert, ihre Pflichten „gewissenhaft zu erfüllen“, nachkommen.
Manchmal erfordert Pflichterfüllung Mut. Diesen Mut darf man der Staatsanwaltschaft Leipzig wünschen.
Die RATIONALGALERIE wird über die weitere Entwicklung des Verfahrens berichten. Zur Zeit sind 7.948,49 Euro für den juristischen Kampf gespendet worden.
+++ Dieser Beitrag wurde zuerst am 21.4.2023 auf dem Portal Rationalgalerie veröffentlicht. +++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags. +++ Bildquelle: Heiko Kueverling / Shutterstock
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