Standpunkte

Gedankenknoten - Medienphilosophie 02 | Von Bernd Lukoschik

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Gedankenknoten sind kleine Texte, die philosophische Probleme erörtern, Fragestellungen aufwerfen und den Leser ins Grübeln bringen. Vom Altertum bis zur Moderne werden Begriffe besprochen, die zum Hinterfragen anregen und das philosophische Problematisieren schulen.

Das Thema heute: Medienphilosophie

Wenn Bilder die Wirklichkeit werden

Eine Gruppe Teenager hat neulich nicht nur tatenlos zugesehen, als ein Mann ertrank, sondern zudem sein Sterben mit dem Handy aufgenommen und anschließend auf Facebook gestellt.

Was ist mit diesen Jugendlichen los?

„Was der Mensch isst, das ist er auch.“ Diese jungen Menschen „essen“ fast nur noch Bilder, Sendungen, sie kommunizieren (eben über Facebook) medienvermittelt. Da liegt es doch nahe, anzunehmen, dass sie zunehmend nur die Ereignisse, insofern sie medienvermittelt sind, als Wirklichkeit und Realität anerkennen, ernst nehmen und achten. Indiz dafür: Warum nahmen sie das Sterben des Mannes überhaupt aufs Handy auf? Weil sie sein Sterben nur in Gestalt einer Aufnahme als Wirklichkeit, als wirklich existierend akzeptieren konnten. Unmittelbar wahrgenommen scheint das Ereignis für sie nur einen Scheincharakter zu besitzen, denn es fällt, wie der Kulturphilosoph Günther Anders es prägnant formuliert hat, unter das Motto unserer Gesellschaft: „Einmal ist keinmal“: Was als einmaliger Vorfall auftritt, „ist“ noch nicht, hat einen geringeren Grad an Realität oder gar keinen, wird gewissermaßen zur Sinnestäuschung herabgesetzt. Es muss schon mehrfach auftreten. Und das tut das Sterben, wenn es, vom Handy aufgenommen und zum Bild geworden, als Wirklichkeit geadelt wurde. Nun kann es nämlich über Facebook auf viele Handys vervielfältigt werden! Und je häufiger es vervielfältigt wird, umso stabiler wird seine Realität.

Die Jugendlichen sahen zwar das Sterben des Mannes, aber sie sahen es nicht als real an. Und konnten es daher auch nicht recht ernst nehmen. Ihre Sicht dessen, was Wirklichkeit ausmacht, verhinderte das.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Anastasios71 / shutterstock


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