Gedanken zum Tag der Arbeit | Von Wolfgang Effenberger

Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.

Wie kaum ein 1. Mai in der Nachkriegsgeschichte erlaubt der 1. Mai 2024 eine Diagnose über das Befinden der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Sie ringt zwischen einem „Immer mehr“ und „weiter so“ bis hin zu einem Krieg mit Russland und der Einsicht, mehr Verantwortung für die Umwelt und für eine Friedenspolitik ohne Waffen zu übernehmen.

Seit 1886 der 1. Mai als Tag der Arbeiterbewegung

Erstmalig folgten in den USA am 1. Mai 1886 über 340.000 Arbeiter dem Aufruf der Gewerkschaften, um gegen die Missstände in den Fabriken zu protestieren. Das Ziel der Forderungen waren bessere Arbeitsbedingungen und der Acht-Stunden-Tag. Der größte Streik fand am 1. Mai 1886 in Chicago statt, wo sich mehr als 90.000 Menschen zusammenfanden. Der Protest eskalierte. Am 3. Mai erschoss die Polizei sechs streikende Arbeiter in der Nähe einer Fabrik, am nächsten Tag eskalierte die Situation auf dem Chicagoer Haymarket bei einer Kundgebung. Jemand warf eine Bombe in die Menge, wodurch zwölf Menschen starben.(1)

In der Folge schwappten die Protestaktionen nach Europa über.

Im Juli 1889 trafen sich rund 400 Delegierte sozialistischer Parteien und Gewerkschaften in Paris zu einem internationalen Kongress. Anlass war der 100. Jahrestag des Sturms auf die Bastille, aber auch die „Haymarket Riots“. Am 20. Juli 1889 wurde deswegen der Weltfeiertag der Arbeit beschlossen und auf den 1. Mai gelegt.

In Deutschland gingen 1890 zum ersten Mal die Arbeiter auf die Straße, um sich für eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse starkzumachen. Bedroht wurden sie damit, dass sie ihre Arbeit verlieren würden und dass ihr Name auf einer Liste festgehalten würde: Wer darauf auftauchte, sollte in keiner Firma mehr eine Anstellung finden, was sich auch bewahrheitete.(2)

Nach dem 1. Weltkrieg beschloss 1919 die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), dass der 1. Mai offiziell ein Feiertag werden sollte. Das Vorhaben scheiterte jedoch an politischen Differenzen zwischen den Parteien. Erst 1933, nach der sogenannten „Machtergreifung der Nationalsozialisten“ wurde die Absicht der SPD umgesetzt und dieser Tag als “Tag der nationalen Arbeit” bezeichnet. Doch nur einen Tag später, am 2. Mai 1933, verbot das NS-Regime jede Arbeiterorganisation und jede Gewerkschaft. Zum 1. Mai 1934 wurde dann der Tag umbenannt in “Nationaler Feiertag des Deutschen Volkes”.(3)

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestätigte der Alliierte Kontrollrat den 1. Mai 1946 als Feiertag. Mittlerweile ist der 1. Mai in der Bundesrepublik Deutschland gemäß der Feiertagsgesetze der Länder als ein gesetzlicher Feiertag geregelt.

Gewerkschaften rufen für dieses Datum zu Kundgebungen auf, auf denen an die Rechte der Arbeiter erinnert beziehungsweise sich dafür engagiert werden soll.

In der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und weiteren sozialistischen Ländern war der 1. Mai der “Internationale Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus”, an dem, beispielsweise mit Maimärschen, an die Traditionen der internationalen Arbeiterbewegung erinnert wurde. Sozialistisches Symbol des 1. Mai ist die rote Nelke.

Seit den 1980ern kam es – abgesehen von den organisierten Demonstrationen mit gewerkschaftlichem und/oder politischem Hintergrund – auch regelmäßig zu Ausschreitungen, und zwar insbesondere vor und während der Demonstrationen zum 1. Mai im Berliner Stadtteil Kreuzberg.

Erstmals lieferten sich 1987 in Kreuzberg rund 900 junge Menschen zwölf Stunden lang Straßenschlachten mit der Polizei. Im Steinhagel musste sich die Polizei zeitweise völlig zurückziehen. Geschäfte wurden geplündert und Autos angezündet, ein Supermarkt ging in Flammen auf. 55 Randalierer kamen in Haft oder Polizeigewahrsam. 245 Polizisten wurden verletzt.

Nach der Wiedervereinigung zog die “Revolutionäre 1. Mai-Demonstration” in den früheren Ostteil der Stadt. Bei dem Zug durch Friedrichshain kam es zu Krawallen.

2009 muss der Berliner Innensenator Erhart Körting (SPD) 273 verletzte Polizisten einräumen, 44 Haftbefehle wurden gegen Randalierer erlassen. Vier jungen Männern wurde sogar versuchter Mord vorgeworfen. Die Ausschreitungen griffen dann 2013 auch nach Hamburg über, wo die Polizei im Schanzenviertel mit Wasserwerfern gegen Randalierer vorgehen musste. Erst in der Corona-Pandemie wurden kaum noch gewalttätige Ausschreitungen gemeldet.(4)

Wegen der Vermischung von Klassenkampf, sozialistischer Bewegung und Frühlingsfest gibt es heutzutage verschiedene Aktionen rund um den 1. Mai, die sich zum Teil auch regional unterscheiden, zum Beispiel:

  • Maibaumstellen auf einem zentralen Platz als Frühlingsfest
  • Maibaumstellen als Liebesbeweis vor der Tür der Liebsten
  • Maistreiche, regional auch als „Hexennacht“ oder „Freinacht“ bekannt, in der Kinder und Jugendliche Streiche spielen
  • Tanz in den Mai, abgeleitet von der Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai

Dieses Brauchtum ist jedoch viel älter als die 1. Mai-Tradition

Der vom Westen orchestrierte Regime-Change in der Ukraine 2014 als Kriegsursache

Vor 10 Jahren hat das westliche Wertebündnis einem rechten, prowestlichen Regime in Kiew zur Macht verholfen und dann die ukrainische Armee systematisch reorganisiert und aufgerüstet. Auf diese Weise wurde ein militärischer Angriff Russlands bewusst provoziert. Man hofft, Russland wirtschaftlich und militärisch ausbluten zu lassen und das riesige Land mit seinen enormen Bodenschätzen unter US-Kontrolle zu bringen.

Die Niederlage der Ukraine vor Augen, planen die westlichen Strategen eine weitere Eskalation.

Die bereits in kleinem Umfang stattfindende Stationierung von NATO-Bodentruppen, die Lieferung von hochpräzisen Taurus-Marschflugkörpern, die Moskau erreichen können, die riesigen NATO-Manöver an der russischen Grenze und die Umwandlung der Ostsee und des Schwarzen Meers in NATO-Gewässer sollen Moskau zu einer weiteren militärischen Reaktion provozieren.

Nach Jahrzehnten zunehmender sozialer Ungleichheit und der Anhäufung riesiger Mengen von Spekulationskapital hat die Krise des Weltkapitalismus erneut einen Punkt erreicht, an dem nur noch einen Ausweg gibt: Krieg samt gewaltsamer Neuaufteilung der Welt und die brutale Unterwerfung der arbeitenden Bevölkerung.

Schon Immanuel Kant stellte fest, dass unter der

„Heeresmacht, der Bundesmacht und der Geldmacht die Letztere wohl das zuverlässigste Kriegswerkzeug sein dürfte“.(5)

Die Gewerkschaften, die sich als staatliche Hilfsorgane in Disziplinierungsapparate und Handlanger der Geldmacht verwandelt haben, stehen ebenso hinter dem eskalierenden Weltkrieg wie die Grünen, die SPD und die Linkspartei.

Sehen wir uns den heutigen 1. Mai-Aufruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes näher an. Das schreiend rote Plakat ist überschrieben:

„Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit.“

Wobei auf dem Plakat das Wort mehr Zweidrittel der Fläche einnimmt! Dann folgt in kleinerer Schriftgröße Lohn. Die Sicherheit hat die kleinste Schriftgröße und für den Frieden hat man keinen Platz mehr gefunden. Das entlarvt den Grundzug des kapitalistischen (Un)-Geistes. Ergebnis solcher Forderungen ist, wie wir wissen, ein wachsendes außertariflich beschäftigtes “Lumpenproletariat”.

Dann folgt die obligate Abgrenzung gegen Rechts. Hier empfehle ich das Thesenpapier der Initiative Frieden-links (4.4.2023)(6): Es wendet sich entschieden gegen eine „Abgrenzeritis“ ohne Bezug auf eigene friedenspolitische Grundsätze mit Begriffen wie „rechtsoffen“, „Querdenker“ oder dem leichtfertigen politischen Todesstoß „Antisemitismus“. Zitat:

„Wir wollen Einzelpersonen, die als „umstritten“ oder „rechtsoffen“ dargestellt werden, nach der Gesamtheit ihrer inhaltlichen Aussagen beurteilen und kämpfen hierbei für wahrheitsgemäße Darstellungen. Wir wollen deren politische Sozialisierung verstehen und mit ihnen argumentative Ansätze für eine offene und ehrliche Diskussion finden.“7)

Von einem derartigen demokratischen Verständnis trennen den DGB Welten! Im vorletzten Satz des DGB-Aufrufs wird dann doch noch der Frieden erwähnt:

„Frieden, Freiheit, Demokratie und Wohlstand. Dafür kämpfen wir – am 1. Mai und an jedem anderen Tag im Jahr. Mit uns ist mehr drin: Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit.“

Mehr Sicherheit heißt mehr Krieg!!!

Wie hoffnungsvoll im Vergleich zum DGB dagegen der Aufruf der Freien Linken Berlin/die Basis mit ihrer Einladung zur jährlichen Demo für Frieden und soziale Gerechtigkeit!

Auf dem Plakat geht es um die Menschen! Jung und Alt halten Transparente in den Händen. Wir finden hier die Forderung nach Frieden und Aufarbeitung der Corona-Zeit und Ablehnung einer WHO-Diktatur. Zurückhaltend dagegen die Forderungen Löhne rauf und Verarmung stoppen. In der Mitte des Plakats die Forderung: FREE Julian Assange.

Seit der Zeitenwende von 1999, als der Westen ohne UN-Mandat Rest-Jugoslawien mit Krieg überzog, apportiert die noch Corona-betrunkene kriegsaffine Welt-Presse wie der Pavlovsche Hund den Kriegstreibern. Mit der gleichen faschistischen Sprache wie bei der Corona-Pandemie-Inszenierung:

»Das Virus muss ausgerottet werden« (Lauterbach, Drosten, Wieler).

»Russland muss zerstört werden« (Baerbock),

»Russland darf nicht gewinnen« (Habeck).

Wieder spielen die Einpeitscher die große Rolle wie der Buß-Prediger Lauterbach in der Corona-Pandemie-Inszenierung. Es ist das gleiche Spiel der Einschüchterung und Erlösungshoffnung.

Alle Kriegsparteien wurden von der Rüstungsindustrie gekauft, so wie sie vorher am Tropf der Pharmaindustrie hingen. Diese Rüstungsindustrie interessiert es nicht, dass die deutsche Bevölkerung aufgrund der ungebremsten Aufrüstung der Ukraine Bedrohungen durch militärische Angriffe oder gar durch einen Atomkrieg ausgesetzt wird.

Es interessiert sie nur, dass der Krieg ein gutes Geschäft für sie ist – auch völkerrechtswidrig spielt keine Rolle – er ist ja als ein Krieg gegen einen irre gewordenen Diktator deklariert, und als Verteidigung der Demokratie, zwar nicht am Hindukusch, aber vor der Türe Russlands – und damit vor unserer Türe – keinesfalls vor der Amerikas, das sich im Gegenteil in Sicherheit wähnt.

Dieser Krieg ist die Fortsetzung der Zerstörung des politischen wie auch zivilen Lebens, wie wir sie die letzten zwei Jahre erleben und ertragen mussten. Er scheint wie die Fortsetzung dessen, wofür die Corona-Inszenierung die Vorübung war: Die Unterwerfungshaltung hat die geduldige Bevölkerung in Corona-Zeiten eingeübt – sie wird weiter und noch stärker strapaziert werden.

Auch wird die Spaltung der Gesellschaft, die Vergiftung des zwischenmenschlichen Miteinanders verstärkt werden, denn Krieg braucht einerseits den Feind und andererseits die jubelnde, begeisterte Volksgemeinschaft. Es ist dies das mörderische Spiel, das wir bereits aus der Corona-Inszenierung kennen, diesmal um einige Stufen gefährlicher und bedrohlicher.

Niemand weiß, wie die Blockierung der Friedensbemühungen überwunden werden kann. Klar ist, dass die russisch-chinesische Führung ebenso wie die iranische sehr wohl weiß, welche Gefahren auf dem Schachbrett lauern, wenn die üblichen Verdächtigen alles auf eine Karte setzen, obwohl sie wissen, dass sie letztlich gegen die vereinten Kräfte einer multipolaren Welt keine Chance haben.(8)

26 Jahre nach Erscheinen seiner Romandystopie „Schöne neue Welt“ – beleuchtete Aldous Huxley 1958 die gemachten Fortschritte und kam zum Schluss, dass viele seiner Vorhersagen, die er für das Jahr 2540 machte, bereits in absehbarer Zeit eintreffen könnten.

Ursachen seien die Überbevölkerung, die Überorganisierung, Propaganda und Gehirnwäsche sowie der Einfluss von Chemikalien auf das menschliche Verhalten.

Huxley kritisiert auch die in den USA nach den Gesetzen der Werbung erfolgte Verflachung der politischen Meinungsbildung.

Aus der Kontrolle, die “Big Business” und “Big Government” über die Gesellschaft ausüben, resultiert der Schwund an individueller Freiheit, Kreativität und Glück. Visionär sah Huxley das 21. Jahrhundert als ein

„Zeitalter der Weltaufsichtsräte und des wissenschaftlichen Kastensystems”

Weltaufsichtsräte könnten Organisationen oder Gremien sein, die globale Angelegenheiten überwachen und regulieren, sei es in Bezug auf Umweltschutz, Handel, Sicherheit oder andere Bereiche.

Man denke an internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen (UN), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder der Internationale Währungsfonds (IWF). Diese Institutionen arbeiten offiziell daran, globale Herausforderungen zu bewältigen – im Hintergrund aber wird über diese Organisationen der Einfluss einer kleiner Machtelite global ausgeweitet.

Das wissenschaftliche Kastensystem könnte darauf hinweisen, dass diese Gruppen dabei eine herausragende Rolle spielen werden.

Das 21. Jahrhundert steht vor großen Herausforderungen, die ernsthafte globale Zusammenarbeit und offenen wissenschaftlichen Fortschritt erfordern,

Huxleys Einsichten fordern uns auf, die individuelle Freiheit zu schützen und die Aussagen über die Welt um uns herum kritisch zu hinterfragen.

Wir müssen vom zerstörerischen Weg der Profitmaximierung zur nachhaltigen Pflege unserer Lebensgrundlagen kommen – das ständige „immer mehr“ führt zu immer weniger Lebendigkeit.

Jeder Mensch muss dafür sorgen, dass soviel Erde, wie er zu seinem Überleben braucht, lebendig und gesund erhalten wird.

Quellen und Anmerkungen

 

Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete “atomare Gefechtsfeld” in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie “Die unterschätzte Macht” (2022)

1) https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.1-mai-geschichte-bedeutung-tag-der-arbeit-mhsd.d60156c5-34c1-47d6-ab8c-bbbdafb7a09b.html#:~:text=Seinen%20Ursprung%20hat%20der%20Feiertag%20am%201.%20Mai,der%20Forderungen%20waren%20bessere%20Arbeitsbedingungen%20und%20der%20Acht-Stunden-Tag

2) https://www.tag-der-arbeit.com/geschichte

3) https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/308214/1-mai-tag-der-arbeit/

4) Berlin und die Geschichte der Mai-Krawalle https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/erster-mai-berlin-chronologie-100.html

5) Kant, Immanuel: Zum ewigen Frieden und andere Schriften. Frankfurt 2008, S. 154

6) https://frieden-links.de/2023/04/thesenpapier-friedensbewegung-rechtsoffen/

7) Ebda.

8) Vgl. https://sputnikglobe.com/20240410/pepe-escobar-lavrov-wang-yi-sketch-the-future-as-the-world-waits-for-iranian-move-1117849516.html

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Kommentare (1)

Ein Kommentar zu: “Gedanken zum Tag der Arbeit | Von Wolfgang Effenberger

  1. _Box sagt:

    Mittwoch, 01. Mai 2024, 15:00 Uhr
    ~16 Minuten Lesezeit
    Habgier erzeugt Widerstand
    Der Wohlstand, um den es seit Jahrhunderten geht, kommt in der breiten Bevölkerung — also bei denen, die ihn erarbeiten — nicht an. Exklusivabdruck aus „Unmöglicher Wandel?“.

    Der 1. Mai, der „Tag der Arbeit“, ist der Feiertag, an dem man mit ein paar Leuten und einem Bollerwagen umherzieht, den Grill anschmeißt und sich dabei meist betrinkt. Doch der Tag nennt sich auch „Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse“, und er soll daran erinnern, wie sich das Proletariat weltweit den Achtstundentag erkämpft hatte. Eine Errungenschaft. Was hat sich seitdem geändert? Wie steht es heute um die Arbeiterklasse — gerade in einem reichen Land wie Deutschland? Ein Streifzug durch Geschichte und Gegenwart. Ein Text zur Sonderausgabe „Armut in Deutschland“.

    von Pascal Heßler

    Wie „Monopoly“ — nur schlimmer!

    „Nennen Sie ein Brettspiel, das jeder hasst“. Natürlich: „Monopoly“. Neben „Mensch ärgere dich nicht“ das wahrscheinlich meist gehasste, aber auch eins der erfolgreichsten Brettspiele weltweit. Ursprünglich wurde es 1903 von Elizabeth Magie unter dem Namen „The Landlord’s Game“ patentiert und sollte die Ungerechtigkeit des Kapitalismus deutlich machen (1).

    Das Spielprinzip basiert auf dem Zufall, die Vermögensanhäufung wird durch das Werfen zweier Würfel entschieden. Natürlich starten alle Mitspieler unter denselben Bedingungen. Wer allerdings das Glück hat, sich die besten oder die meisten Straßen zu sichern, der wird nach und nach so reich, dass die anderen Spieler irgendwann aus Verzweiflung aufgeben, weil sie völlig pleite sind. Großartig, oder?
    (…)
    Diese Ungleichheit und Ungerechtigkeit erkannte auch schon Thomas Morus (1478 bis 1535) in seinem 1516 veröffentlichten Roman „Utopia“, der den Begriff Utopie prägte. Der Begriff stammt übrigens aus dem Altgriechischen und besteht aus den Wörtern οὐ für „nicht“ und tópos für „Ort“ — zusammengesetzt also „Nicht-Ort“. Im Roman beschrieb Morus eine Insel namens Utopia, ein paradiesischer Ort mit einem perfekten Gesellschaftssystem.

    Allerdings fiel ihm auch etwas auf, was bis heute seine Gültigkeit nicht verloren hat. Er stellte nämlich fest, dass „das seiner Natur nach ganz unnütze Gold jetzt in der Werthschätzung aller Völker so hoch stehe, daß der Mensch selbst, durch den und dessen Gebrauch es erst jenen Werth erhalten hat, viel niedriger geschätzt wird“ (3).

    Das heißt also, dass das Gold — etwas an sich wertloses — von den Menschen überschätzt und der Wert der Menschen selbst aber unterschätzt wurde. Eine unglaubliche Bankrotterklärung! Weiterhin stellte er noch eine andere Tatsache fest. Denn diese Überschätzung des Goldes gehe so weit, „daß irgend ein Dummkopf, der nicht mehr Verstand hat als ein Holzklotz, und ebenso schlecht als dumm ist, viele weise und brave Männer in seiner Dienstbarkeit hat, und das nur deswegen, weil er zufällig einen größeren Haufen gemünzten Goldes besitzt“. Die Betonung liegt hier wieder auf „zufällig“!

    Durch Habgier entsteht Widerstand

    Mit der französischen Revolution im Jahre 1789 und der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte galt der Feudalismus als besiegt. Leider entstand daraus ein System, was bis heute vorherrschend ist. Mit der industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhundert begann die Geschichte des (industriellen) Kapitalismus.

    Ursprünglich ging es darum, den Menschen die Arbeit zu erleichtern, indem Maschinen ihnen viel körperliche Arbeit abnehmen sollten. Eigentlich etwas Gutes. Das Problem dabei war, dass die kapitalistischen Fabrikbesitzer den Vorteil erkannten, dadurch auch mehr produzieren zu können — genauer gesagt, produzieren zu lassen. Sie hatten also zwei große Dollarzeichen in den Augen. Die Situation war folgendermaßen: Entweder man wird in der Klasse des Proletariats (Arbeiterklasse) oder in der Bourgeoisie (wohlhabendes Bürgertum) geboren — der Zufall entscheidet.

    Wer also wohlhabend war, konnte andere für sich arbeiten lassen und damit seinen Wohlstand vermehren. Wer allerdings kein Geld hatte, musste für einen Hungerlohn reinknüppeln, was das Zeug hält, um irgendwie zu überleben — meist weit über 12 Stunden täglich. Natürlich waren auch Kinder nicht davon ausgeschlossen.
    (…)
    Erst 1884 führte der Frankfurter Chemiekonzern Degussa (heute Evonik) als erstes deutsches Unternehmen den Achtstundentag ein. Ab dem 1. Mai 1886 kam es dann zu einem großen mehrtägigen Generalstreik in den USA, an dem zwischen 300.000 und 500.000 Arbeiter beteiligt waren. Besonders in Chicago ging es zur Sache. Auf dem Haymarket Square kam es zu Aufruhen, die als Haymarket Riot oder auch Haymarket Affäre in die Geschichte eingingen.

    Dies war ein Schlüsselereignis der Arbeiterbewegung. Empfehlenswert dazu ist der Arte-Dokumentarfilm „Kein Gott, kein Herr! Eine kleine Geschichte der Anarchie“, welcher dieses und weitere wichtige Ereignisse der Anarchismus-Bewegung sehr anschaulich darstellt (12).

    Der Generalstreik wurde von der örtlichen Polizei gewaltsam aufgelöst. Die Arbeiter reagierten daraufhin mit einer Protestkundgebung. Wieder versuchte die Polizei die Demonstration aufzulösen, als plötzlich eine Bombe explodierte, die ein Dutzend Polizisten tötete und weitere schwerverletzte. Die Situation eskalierte.

    Die Polizei reagierte mit Waffengewalt, schoss um sich und tötete dabei mehrere Demonstranten — sie gaben den Anarchisten die Schuld für den Anschlag, obwohl es keine Beweise dafür gab. Trotzdem wurden Dutzende Anarchisten festgenommen, die angeblich für den Anschlag verantwortlich gewesen seien — dabei waren einige von ihnen nicht einmal bei den Demonstrationen anwesend. Acht Anarchisten wurden angeklagt, fünf von ihnen wurden zum Tode verurteilt, einer begann Selbstmord in seiner Zelle und die anderen vier wurden gehängt — ein Exempel wurde statuiert.

    Im Jahre 1893 begnadigte der Gouverneur von Illinois alle verurteilten (und gehängten) Anarchisten; sie waren unschuldig! Beschuldigt wurde stattdessen die Polizei, genauer gesagt der Polizeichef von Chicago, der diesen Anschlag angeblich organisiert und inszeniert hatte. Unglaublich, oder?
    (…)
    Ungleichheit statt Wohlstand

    Die industrielle Produktionsweise schaffte viel Luxus, aber auch viel unnötigen Kram, den eigentlich keiner braucht. Das (nominelle) Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf stieg von 103 Euro im Jahr 1850 auf 302 Euro im Jahr 1900 und betrug 1950 dann bereits 1.059 Euro (13). Wichtig ist zu wissen, dass auch die Bevölkerung seit 1850 um mehr als das 6-fache gewachsen ist — was natürlich mit der Produktivität und der sonstigen technischen Entwicklung einhergeht (14).

    Im Jahr 2000 schoss das BIP pro Kopf dann hoch auf 25.892 Euro und 2021 auf sage und schreibe 42.918 Euro (15). Der Wohlstand scheint gesichert — oder doch nicht? Das tolle an Statistiken beziehungsweise Mittelwerten ist, dass sie die Realität gut verzerren können. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten. Ein Beispiel: Zehn Menschen besitzen im Durchschnitt 100.000 Euro — klingt ja eigentlich ganz gut. Das könnte bedeuten, dass die zehn Menschen insgesamt 1 Million Euro besitzen, die gerecht auf alle aufgeteilt sind — das wäre fair. Es kann aber auch bedeuten, dass neun Menschen nur 10.000 Euro besitzen und einer besitzt 910.000 Euro — im Durchschnitt bleibt es bei 100.000 Euro pro Kopf.

    So ähnlich sieht es nämlich in der Realität aus — nur viel schlimmer. Laut dem „Bericht zur weltweiten Ungleichheit“ („World Inequality Report„) besaßen 2021 die ärmsten 50 Prozent der Bevölkerung nur 2 Prozent des weltweiten Vermögens, während die reichsten 10 Prozent unglaubliche 76 Prozent des weltweiten Vermögens besaßen (16).

    Das reichste Prozent teilte sich ganze 38 Prozent des gesamten Vermögens und allein die reichsten 9 Menschen auf der Erde (mit jeweils mindestens 100 Milliarden Euro Vermögen) besaßen im Jahr 2021 eine unvorstellbare Summe von 1,32 Billionen Euro — das sind ausgeschrieben 1.320.000.000.000 Euro. Man muss sich diese Zahl erstmal auf der Zunge zergehen lassen. Dagobert Duck würde staunen!
    (…)
    Der Wohlstand, um den es seit Jahrhunderten geht, kommt in der breiten Bevölkerung — also bei denen, die ihn erarbeiten — überhaupt nicht an! Das ist eine wichtige Erkenntnis. Trotzdem lautet es immer wieder von Seiten der Politik „Die Wirtschaft muss wachsen“! Alles dreht sich um das Wirtschaftswachstum — um jeden Preis. „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“, lautete viele Jahre der Slogan der Wirtschaftskammern Österreichs (WKO). Wir wissen jetzt, dass das Blödsinn ist und der Wohlstand hauptsächlich in den Händen der Wenigen landet.

    Einer der größten Mythen unseres Wirtschaftssystems ist der des „freien Marktes“, bei dem angeblich jedem dieselben Chancen für den sozialen Aufstieg zur Verfügung stehen. „Das erfolgversprechendste Mittel zur Erreichung und Sicherung jeden Wohlstandes ist der Wettbewerb“, schrieb Ludwig Erhard 1957 in „Wohlstand für Alle“ (21). Das Prinzip wird als „Soziale Marktwirtschaft“ bezeichnet. Die Neue Initiative Soziale Marktwirtschaft beschreibt die Umsetzung so:

    „Kernaufgabe des Staates ist, freien und fairen Wettbewerb ohne Privilegien zu gewährleisten. Ergänzend sichert der Staat allen Bürgern durch Umverteilung eine würdige Existenz und sorgt für Chancengleichheit“ (22).

    Die Behauptung lautet: „der Markt ist bereits sozial, weil er auf dem Prinzip der Konkurrenz beruht“ (23). In einem Interview erklärte die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Hermann, dass soziale Marktwirtschaft — wie viele Deutsche fälschlicherweise glauben — „Marktwirtschaft wäre mit Sozialpolitik. Aber in Wahrheit war die Idee von Erhard, dass der Markt an sich schon sozial sei. Was natürlich nichts anderes bedeutet, als dass angeblich jeder verdient, was er verdient. Was nichts anderes sagt, als: Die Reichen sind zu Recht reich“ (24).

    „Vom Tellerwäscher zum Millionär“, lautet das Narrativ des „American Dream“ — die reinste Illusion! Klar, zu einem gewissen Maß mag das stimmen — „Von nichts kommt nichts“ („Nothing will come of nothing„), würde „König Lear“ jetzt sagen (25). Eine gute Bildung, viel Fleiß und der Wille sollten schon da sein, denn niemand bekommt etwas geschenkt — oder doch? Ach, stimmt, manche Menschen werden zufällig in einer reichen Familie geboren und haben dadurch viel bessere „Startbedingungen“, als der durchschnittliche Bürger.

    Zuerst aber muss man überhaupt im richtigen Land geboren werden — zum Beispiel irgendwo in Europa oder in den USA —, ansonsten kann man es praktisch Vergessen zum Wohlstand zu gelangen. In einem afrikanischen Land wie Nigeria, in dem die meisten Menschen nicht mal Zugang zu Trinkwasser haben, sollten Sie auf keinen Fall geboren worden sein.

    In Deutschland geht es uns schon deutlich besser, denn es ist schließlich eines der reichsten Länder der Welt! Komisch ist nur, dass trotzdem 13,8 Millionen Menschen (also ein Sechstel der deutschen Bevölkerung) in Armut leben müssen (26). 2016 konnten sich etwa 6,4 Prozent der Deutschen nicht Mal jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit leisten — das entspricht über 5 Millionen Menschen (27). Ich betone, dass diese Zahlen noch vor den katastrophalen gesellschaftlichen Folgen der „Corona-Pandemie“ entstanden sind!

    https://www.manova.news/artikel/habgier-erzeugt-widerstand

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