
Friedenstauben und Damoklesschwerter über dem Nahen Osten
Ein Kommentar von Bodo Schickentanz.
Es liegt etwas in der Luft über Gaza, Israel und dem gesamten Nahen Osten. Wenn es nach Trump gehen würde, dann wäre es der „ewige Frieden“, das war aus seiner Rede vor der Knesset doch recht deutlich herauszuhören, wenn man genau hingehört hat. Es ist immer etwas schwierig aus den Reden des derzeitigen US-Präsidenten etwas deutlich heraus zu hören, weil vieles fast untergeht in seiner überbordenden „Selbstbeweihräucherung“, wobei das nicht die korrekte Wortwahl ist, denn er fasst das schon etwas weiter, bezieht seine gesamte Administration mit ein und damit die aktuelle Regierung der USA. In seiner absolut denkwürdigen Rede vor der Knesset hob er u.a. seinen Sonderberater und Unterhändler Steven Wittkoff besonders hervor, aber auch Marco Rubio, seinen Schwiegersohn Jared Kushner und noch einige andere, die zum Zustandekommen der derzeitigen Entwicklung im Nahen Osten, insbesondere in Israel und Gaza, beigetragen haben und auch aktiv an den Verhandlungen beteiligt waren und sind und weiter beteiligt sein werden. Alle Aspekte von Donald Trumps Rede „aufzudröseln“ würde das Format und die Länge dieser Tagesdosis hier bei "apolut.net" definitiv sprengen, aber sie sollten hier auf jeden Fall erwähnt werden, bevor die hervorzuhebenden Punkte ihren maßgeblichen Platz in dieser „Tagesdosis“ bekommen.
Erstaunlich war, dass Trump tatsächlich den Konflikt in der Ukraine erwähnte und dahingehend thematisierte, dass er zugab, dass er wirklich zu naiv war, als er im Wahlkampf verkündete, den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden beenden zu können, er bekräftigte nochmals, dass dieser Krieg mit ihm niemals zustande gekommen wäre und es sein ungebrochener Wunsch sei, auch diesen bald beenden zu können, in seiner unverbesserlich schnoddrigen Art kündigte er an, dass er sich darum wieder kümmern werde, wenn im Nahen Osten, speziell in Gaza, alles in „trockenen Tüchern ist“. Er machte sogar einen Bogen über den Syrienkrieg und den Kampf gegen den IS (1), stellte noch mal sein Vorgehen heraus, in Bezug auf Iran und das von den US-Streitkräften zerstörte „Atomwaffenprogramm“, durch die Bombardierung der Atomanlagen mit B2-Bombern. Dabei konnte er es sich natürlich nicht verkneifen noch mal die Leistungsfähigkeit des US-Militärs und der „tollen und einzigartigen“ amerikanischen Waffen zu betonen, sowie die herausragende Gesamtleistung seines nun wieder korrekt benannten „Kriegsministeriums“ unter seiner Führung. Dazu natürlich betonte er die Freude über die Rückkehr der letzten Geiseln aus der Gefangenschaft der Hamas.
An dieser Stelle sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Trumps Rede relativ am Anfang unterbrochen wurde, als man zwei Abgeordnete der Knesset des Saales verwies, die sich als bekannte und intellektuell gewichtige Kritiker der Netanyahu-Regierung und deren Vorgehen in Gaza herausstellten, nämlich Ofer Cassif (2) und Ayman Odeh (3). Einer der beiden hatte kleines Transparent in Richtung Trump hochgehalten, mit der Aufforderung die Interessen der Palästinenser nicht zu vergessen, der andere hatte offenbar nur laut dazwischengerufen, was den Parlamentspräsident der Knesset dazu brachte, die entsprechenden Saalverweise anzuordnen, die dann durchaus handgreiflich vollzogen wurden. Trumps Gesicht war anzusehen, dass er weniger die Störung der besagten Abgeordneten unangemessen fand, als eher die rüde Art und Weise, wie mit Beiden verfahren wurde und brachte das auch zum Ausdruck durch seine darauf folgende spöttische Bemerkung in Richtung des Vorsitzenden der Knesset: „Sehr effektiv!“ Dann fuhr er, nach kurzem Innehalten, mit seiner Rede am unterbrochenen Punkt fort.
Die erste Stelle, die durchaus bemerkenswert war, kam, als Trump den Oppositionsführer und klaren Netanyahu-Gegner Yahir Lapid (3) wohlwollend ansprach und dann in Richtung Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, den Trump in seiner Rede immer mit seinem Spitznamen „Bibi“ anredete, bemerkte, dass er doch ein „dufter Typ“ sei und „Bibi“ sich doch besser mit ihm vertragen solle. Überhaupt baute Trump einige „Spitzen“ gegen Netanyahu ein, die durchaus als bewusste Sticheleien zu erkennen waren.
Andererseits war Trumps Rede „angereichert“ mit etlichen „Lobhudeleien“, die teilweise sogar direkt und gezielt an anwesende Personen gerichtet waren. So sprach er z. B. Miriam Adelson direkt an, forderte sie sogar auf, aufzustehen, um mit Applaus bedacht zu werden. Miriam Adelson (4) ist die Witwe des schwerreichen Geschäftsmanns Sheldon Adelson (5), die nach dessen Tod Vermögen und Konzern ihres Mannes übernahm und eine bekannte Befürworterin Netanyahus sowie Großspenderin für pro-israelische Politik ist, sowohl in den USA als auch direkt in Israel, insbesondere für die einflussreichste israelische Lobbyorganisation in den USA, AIPAC (6), sowie finanzielle Förderin der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem. Sie unterstützte Trump, als er die US-Botschaft 2017 nach Jerusalem verlegte und somit „inoffiziell“ Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte.
Der wohl herausstechendste Moment in Trumps Rede war, als er den israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog (7) „ganz spontan“ direkt ansprach und ihm eine Begnadigung vorschlug, die er doch bitte mal in Betracht ziehen solle, in Bezug auf die Vorwürfe und das schon laufende Verfahren gegen Benjamin Netanyahu, bei dem es um Korruption geht und die nach Ende seiner Amtszeit als israelischer Ministerpräsident ganz klar eine Haftstrafe für „Bibi“ bedeuten könnte. Oberflächlich scheint es nur so zu sein, dass Trump versucht seinen „Buddy“ „Bibi“ aus der Verantwortung für seine glasklare Bestechlichkeit zu ziehen, indem er Herzog in dieser Rede öffentlich, ja quasi vor aller Welt dazu aufforderte, die schon an ihn herangetragenen Bitten um eine Amnestierung Netanyahus nicht nur in „Erwägung“ zu ziehen, sondern konkret umzusetzen, was ja in seiner Macht stünde. Doch hier sollte man ganz genau hinschauen, denn dies sieht mehr nach einem sehr geschickten Schachzug von US-Präsident Donald Trump aus. Man sollte an dieser Stelle erwähnen, dass es nicht wenige Stimmen gibt, die vermuten, dass Netanyahu u.a. deshalb so geradezu „verbissen“ an seinem Amt festhält, da es ihm juristische Immunität garantiert, denn Netanyahu droht ja tatsächlich ev. eine mehrjährige Gefängnisstrafe. Zumindest wäre eine rechtskräftige Verurteilung wegen Korruption eine „massive Beschädigung“ seines politischen Vermächtnisses, vom „Kratzer“, den sein Ego erleiden würde mal ganz zu schweigen. All das hat Netanyahu dahin gebracht „die Tür nach rechts“ ganz weit zu öffnen und die Koalition mit der israelischen Ultrarechten, in Gestalt von Itamar Ben-Gvir (Nationaler Sicherheitsminister) und Bezalel Smotrich (Finanzminister und Minister für Siedlungen) (8) sorgt u.a. dafür, dass „Bibi“ weiter an der Macht bleibt, was ihm eben weiterhin die Immunitiät vor Verurteilung und Bestrafung garantiert. Ben-Gvir und Smotrich sind aber eben auch genau die beiden politischen Figuren, die einem wirklichen Frieden in Gaza und am Ende gar im gesamten Nahen Osten massiv im Weg stehen. Ihre Siedlungspolitik sabotiert Verhandlungen, die den Friedensprozess de facto ausbremsen. Trumps Kalkül dabei könnte durchaus sein, dass er in seiner Rede, mit diesem vermeintlich spontanen Ansinnen in Richtung von Staatspräsident Herzog, versucht ein über Netanyahu hängendes und schon deutlich wackelndes Damoklesschwert „abzuhängen“, was seinen Freund „Bibi“ ev. dazu bringen könnte seine Regierung „entspannt platzen zu lassen“, was die beiden „Hardcore-Zionisten“ in seinem Kabinett schon angedroht haben, mit ihrem Austritt aus der Regierungskoalition, sollte Netanyahu Trumps Friedensplan folgen. Es ist durchaus möglich, dass Trump mit diesem Teil seiner Rede das Gelingen seines „Friedensplans“ weiter untermauern wollte und genau damit versucht hat Netanyahu zu ködern. Ein sehr kluger Schachzug und quasi eine „Win-Win-Situation“ für Trumps „Friedenswunsch“ und Netanyahus ganz persönlichen „Freiheitswunsch“, nebst der Bewahrung vor besagtem Kratzer seines Egos.
Schlichter Fakt ist allerdings, dass diese ganze „Friedens-Show“, die Trump und seine Administration gerade inszenieren ein gewaltiges Damoklesschwert darstellt, das auf die Regierung Netanyahu nieder gehen würde, sollte sie den Krieg in Gaza wieder aufnehmen oder die humanitäre Hilfe für die Palästinenser weiter sabotieren. Wie heißt es so schön und aktuell absolut zutreffend: „Die ganze Welt sieht zu!“ Und diesen Druck spürt ganz Israel schon seit geraumer Zeit und spätestens seit seiner Rede vor der UNO, bei der fast alle den Saal verließen, als Bibi seine Rede hielt, spürt Netanyahu diesen Druck auch, gesteigert wurde er noch durch Trumps Aktion, als er Netanyahu dazu „nötigte“ vor der versammelten Presse den Staatschef von Katar anzurufen, um sich für die völkerrechtswidrige Bombardierung (9) durch die israelische Luftwaffe am 9. September 2025 zu entschuldigen. Auch ein sehr kluger Schachzug von Trump, nebenbei bemerkt.
Trump lässt bei dieser „Friedens-Show“ alles an Friedenstauben in den Himmel über Gaza aufsteigen, im Grunde über dem ganzen Nahen Osten, die aber, wie eben dargelegt, für gewisse Leute auch bewusst aufgehängte Damoklesschwerter sind, um so den „Durchbruch“ zu einem „nachhaltigen Frieden“ in Gaza und ev. ganz Nahost zu schaffen.
Und so sehr das vielen Politikern und auch unseren sog. selbsternannten „Qualitätsjournalisten“ ganz und gar nicht gefallen will, an Trump scheitert dieser von allen ersehnte Frieden garantiert nicht, im Gegenteil, seine Rede in Jerusalem und die „internationale Friedenskonferenz“ in Sharm el-Sheikh, Ägypten, mit fast dem gesamten „Who’s Who“ der Weltpolitik, sind ein „ultrastarkes Signal“ in Richtung Frieden.
Dazu kommt etwas, was bei Trump echt überrascht hat, als er in seiner Rede vor der Knesset einen so kosmopolitischen Ansatz fand, der sich weit über die profane Politik hinaus bewegte und dazu etwas so pathetisches hatte, dass es in meinen Augen den wirklichen Höhepunkt seiner Worte darstellt:
„Meine Damen und Herren der Knesset, Jerusalem ist nicht nur die Hauptstadt Israels; es ist die ewige Hauptstadt des jüdischen Volkes, und es ist die Stadt, in der alle großen Religionen der Welt – Judentum, Christentum und Islam – ihre Wurzeln haben. Diese heilige Stadt, die Stadt Davids, die Stadt aus Gold, ist seit 3.000 Jahren ein Leuchtfeuer des Glaubens und der Freiheit. Sie ist das Herz Ihrer Nation, die Seele Ihres Volkes und das Licht der Welt.
Aber heute komme ich zu Ihnen mit einer Botschaft der Hoffnung und einer Vision des Friedens. Der lange und schmerzhafte Albtraum des Gaza-Kriegs ist vorbei. Die Geiseln sind zu Hause, Hamas ist entwaffnet, und ein neuer Morgen dämmert für den Nahen Osten. Dies ist der Anfang eines großen Friedens – eines Friedens, der Israel stärker machen wird, die Region prosperierender und die Welt sicherer. Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der Israelis und Palästinenser Seite an Seite in Würde leben, in der die Abraham Accords auf alle Nationen ausgedehnt werden, in der Iran Freundschaft statt Fanatismus wählt und in der Jerusalem nicht als Symbol der Spaltung, sondern der Einheit für alle Glaubensrichtungen steht. Dieser große Frieden ist kein Traum; er ist eine Realität, die wir gemeinsam aufbauen können. Israel hat alles gewonnen, was durch Waffengewalt zu gewinnen ist – nun ist es Zeit, den Frieden zu gewinnen.“
Fast schon „Hollywood pur“ und wirklich ein schöner Gedanke, wäre da nicht diese „blöde, schnöde Realität“ und in eben dieser liegt über allem, was hier so einfach, schön und schon als „ausgemacht“ erscheint, ein wolkenverhangener Himmel, der all’ das, was Trump sich offenbar wirklich wünscht, wieder sprichwörtlich verhageln könnte. Die ganze „Causa Israel und Nahost“ ist so komplex, so durchzogen und durchdrungen von fanatischen Ideologien, menschenverachtenden, zynischen Interessen, boshaften Akteuren, zutiefst verwurzelten Feindseligkeiten und „offen klaffenden Wunden“ und deren Schmerzen, die nicht selten die Keimzellen von Rache und Vergeltung in sich tragen, dass noch so unendlich viel schief gehen kann und diese ganze „Friedens-Show“ wie eine Seifenblase zerplatzen lassen könnte. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die hervorragenden Artikel der „apolut-Kollegen“ Tilo Gräser, Jochen Mitschka und Herrmann Ploppa (10), die hier in den Fußnoten des Schriftartikels nochmal verlinkt sind, nebst der Zusatzinformationen zu dieser Tagesdosis, die maßgebliche Zusatzinformationen enthalten.
Aber malen wir den Teufel nicht an die Wand, denn wie heißt es so schön und absolut richtig:
„Wo ein Wille, da ein Weg!“
Keine Region der Welt braucht den Frieden so sehr wie der Nahe Osten und sollte es, aller Unkenrufe zum Trotz, tatsächlich nun so weit sein, dass hier ein wirklicher „Friedens-Prozeß“, der diesen Namen auch wirklich verdient, auf die Schienen gehoben wird, dann könnte das eine einzigartige Strahlkraft haben, weit über den Nahen Osten hinaus.
Wir, also sie, liebe Leser und ich und alle Menschen auf der Welt sollten mit ihrer Aufmerksamkeit dabei bleiben, mehr noch, wir ALLE sollten diesen Frieden fordern und fördern, aus tiefsten Herzen und mit allem demokratischen, freiheitlichen NACHDRUCK, den wir haben, denn es wäre dann etwas möglich, was alle „Realisten“ immer wieder, verächtlich als „utopisch und naiv“ „wegdiskutieren“, nämlich nicht mehr und nicht weniger als der erste Weltfrieden! Das wär’ doch mal was …
Quellen und Anmerkungen
(1) Islamischer Staat (IS)
Der Islamische Staat (IS), auch ISIS oder Daesh, entstand 2013 als Abspaltung von Al-Qaida im Irak und Syrien und strebte ein sunnitisches Kalifat an, das durch Gewalt und Propaganda etabliert wurde. In Syrien spielte der IS eine zentrale Rolle im Bürgerkrieg seit 2011, kontrollierte bis 2015 weite Gebiete im Osten (z. B. Raqqa als „Hauptstadt“) und nutzte das Chaos des Konflikts, um Ölfelder, Städte und Sklavenmärkte zu beherrschen. Der IS profitierte von westlicher Unterstützung für „moderate Rebellen“, die oft in seine Reihen übergingen, und von CIA-Programmen wie Timber Sycamore, die Waffenlieferungen an syrische Oppositionelle ermöglichten. Jeffrey Sachs betont: „Der IS ist weder unbesiegbar noch schwer zu besiegen. Der Grund, warum es nicht passiert ist, liegt darin, dass die USA und ihre Alliierten – einschließlich Saudi-Arabien, Türkei und Israel – stattdessen darauf fokussiert waren, den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu stürzen.“ Die Bekämpfung durch die USA (Operation Inherent Resolve seit 2014) und Koalition (Russland, Iran) führte 2019 zur territorialen Niederlage, doch der IS bleibt als Guerilla-Netzwerk aktiv. Sachs sieht den Syrienkrieg als US-gesteuerten Regime-Change-Versuch, der den IS als Nebenprodukt schuf, um Assad zu schwächen.
(2) Ofer Cassif
Geboren 1968 in Jerusalem, ist ein israelischer Politiker, Akademiker und Knesset-Mitglied seit 2019 für die Hadash-Ta’al-Koalition (linke arabisch-jüdische Allianz). Als Professor für politische Philosophie an der Hebrew University of Jerusalem und Aktivist gegen die Besatzung ist er ein scharfer Kritiker der Netanyahu-Regierung, die er als „faschistische Diktatur“ brandmarkt. Cassif lehnt Zionismus als „rassistische Ideologie“ ab und fordert Gleichberechtigung für Palästinenser. Zur Gaza-Situation nennt er Israels Offensive einen „Genozid“ und „ethnische Säuberung“, mit über 65.000 Toten seit Oktober 2023. Er unterstützte Südafrikas ICC-Klage gegen Israel und wurde 2024 für sechs Monate aus der Knesset suspendiert, weil er „Genozid“ sagte. Cassif warnt vor einem „Bürgerkrieg“ in Israel durch Netanyahus Politik, die Proteste ignoriert und die Justiz angreift. Er plädiert für einen sofortigen Waffenstillstand, Geisel-Freilassung und Zwei-Staaten-Lösung. Seine Haltung macht ihn zu einem Dissidenten: Er wurde als „Terrorunterstützer“ diffamiert und 2025 bei Trumps Knesset-Rede mit einem „Genozid“-Plakat rausgeworfen. Cassif bleibt ein Symbol für jüdisch-arabische Solidarität gegen die Netanyahu-Agenda.
(3) Ayman Odeh
Geboren 1975 in Haifa, ist ein arabisch-israelischer Anwalt und Politiker, seit 2015 Knesset-Mitglied und Vorsitzender der Hadash-Ta’al-Allianz (linke arabisch-jüdische Koalition). Als Anwalt für Menschenrechte kämpfte er gegen Diskriminierung arabischer Israelis. Odeh ist scharfer Gegner der Netanyahu-Regierung, die er als „serial killer of peace“ und „fascist dictatorship“ bezeichnet, die die Besatzung perpetuiert und die Justiz untergräbt. Zur Gaza-Situation verurteilt er den Krieg als „Genozid“ und „ethnische Säuberung“, mit über 65.000 Toten seit Oktober 2023, und fordert sofortigen Waffenstillstand, Geisel-Freilassung und Palästinenser-Rechte. Odeh wurde 2025 für seine Knesset-Unterbrechung bei Trumps Rede („Genozid“-Plakat) rausgeworfen und 2024 suspendiert, weil er Netanyahu als „Hindernis für Frieden“ nannte. Er plädiert für Gleichberechtigung, Zwei-Staaten-Lösung und gegen Siedlungsexpansion. Odeh mobilisiert arabische Wähler (20 % der Israelis) und warnt vor einem „Bürgerkrieg“ durch Netanyahus Politik, die Araber diskriminiert. Seine Haltung macht ihn zum Ziel: Er wurde als „Terrorunterstützer“ diffamiert, bleibt aber ein Symbol für Frieden und Koexistenz, das Netanyahu isoliert.
(4) Miriam Adelson
Geboren 1945 in Tel Aviv als Miriam Farbstein, ist eine israelisch-amerikanische Ärztin, Unternehmerin, Philanthropin und eine der einflussreichsten Spendnerinnen für pro-israelische Politik. Ihre Eltern flohen vor dem Holocaust aus Polen, und sie wuchs in Haifa auf, wo ihr Vater Kinos betrieb. Sie studierte Medizin und spezialisierte sich auf Suchtbehandlung, gründete Kliniken in Israel und den USA. 1991 heiratete sie den Milliardär Sheldon Adelson, mit dem sie die Las Vegas Sands zu einem globalen Casino-Imperium ausbaute. Nach Sheldons Tod 2021 übernahm sie die Kontrolle über das Unternehmen und wurde zu einer der reichsten Frauen der Welt (Vermögen ca. 40,5 Mrd. USD im August 2025). Ihr Engagement für „die Sache Israels“ ist unermesslich: Sie spendete Hunderte Millionen an pro-israelische Lobbys, darunter AIPAC, und förderte Trumps Politik, wie die Jerusalem-Anerkennung als Hauptstadt (2017) und die US-Botschaftsverlegung (2018). 2018 erhielt sie die Presidential Medal of Freedom. Adelson drängte Trump zur Westbank-Annexion und war maßgeblich an Geiselverhandlungen im Gaza-Konflikt 2025 beteiligt. Ihre Philanthropie umfasst Yad Vashem und Bildungseinrichtungen in Israel, wo sie als „unermüdliche Fürsprecherin“ gilt.
(5) Sheldon Gary Adelson (1933–2021)
Geboren in Boston als Sohn jüdischer Einwanderer aus Litauen und der Ukraine, war ein US-amerikanischer Unternehmer, Investor und Milliardär, der das Las Vegas Sands zu einem globalen Casino-Riesen ausbaute. Aus armen Verhältnissen kommend, startete er mit Zeitungsverkauf und Lizenzen, gründete 1988 COMDEX (Welt-IT-Messe) und baute 1990 die Sands Corporation auf, die Resorts in Las Vegas, Macao und Singapur umfasst. Sein Vermögen wuchs auf 29,8 Mrd. USD (2020). Adelson war ein leidenschaftlicher Unterstützer Israels und republikanischer Politik, spendete Millionen an Trump (über 100 Mio. USD 2024) und forderte die Westbank-Annexion. Er finanzierte Israel Hayom, die größte israelische Tageszeitung, und Makor Rishon, mit Fokus auf pro-Netanyahu-Propaganda. Seine Philanthropie umfasste 25 Mio. USD an Yad Vashem und Bildungseinrichtungen in Israel. Adelson war ein „Kingmaker“, der US-Politik beeinflusste, z. B. Trumps Jerusalem-Erkennung (2017). Kritiker warfen ihm Einflussnahme auf US-Nahost-Politik vor, was er als „Liebe zu Israel“ rechtfertigte. Sein Vermächtnis: Ein Netzwerk pro-israelischer Lobbys, das bis heute wirkt.
(6) AIPAC
Das American Israel Public Affairs Committee (AIPAC), gegründet 1951, ist die einflussreichste pro-israelische Lobby in den USA. Mit Sitz in Washington, D.C., vertritt AIPAC die Interessen Israels, insbesondere in der US-Außenpolitik, und zielt auf eine „unzerbrechliche“ US-israelische Allianz ab. AIPAC beeinflusst den Kongress durch massive Spenden (über 100 Mio. USD jährlich) und organisiert Wahlkampfunterstützung für pro-israelische Kandidaten. Mit einem Netzwerk von 100.000 Mitgliedern und jährlichen Konferenzen (z. B. 20.000 Teilnehmer 2024) prägt AIPAC Gesetze, wie die Jerusalem-Anerkennung (2017) oder Sanktionen gegen Iran. Kritiker, wie Jeffrey Sachs, nennen AIPAC eine „Schattenmacht“, die US-Politik dominiert und palästinensische Interessen ignoriert: „AIPAC’s influence distorts U.S. policy, fueling conflicts like Gaza to serve Israel’s agenda“ (Aliran, 28.09.2025). AIPAC unterstützte Trumps Knesset-Rede (13.10.2025) und Netanyahus Korruptions-Pardon-Forderung, was seine „Kingmaker“-Rolle unterstreicht. Die Lobby bleibt ein Symbol für Israels Einfluss, oft als „zu mächtig“ kritisiert, während sie sich als „Verteidigerin der Demokratie“ sieht.
(7) Isaac Herzog
geboren 1960 in Tel Aviv, ist seit Juli 2021 Präsident Israels und einer der prominentesten Politiker des Landes. Als Sohn des ehemaligen Präsidenten Chaim Herzog wuchs er in einer einflussreichen Familie auf und studierte Recht an der Hebräischen Universität Jerusalem. Er war Minister für Soziales, Tourismus und Wohlfahrt, sowie Oppositionsführer der Arbeitspartei (2013–2018). Herzog gilt als Brückenbauer zwischen Linken und Rechten, betont Einheit und lehnt Extremismus ab. Seine Präsidentschaft ist weitgehend zeremoniell, umfasst aber die Befugnis zur Begnadigung von Verurteilten, einschließlich Amnestie oder Straferlass bei außergewöhnlichen Umständen, wie im Fall von Korruptionsprozessen. Im laufenden Verfahren gegen Premierminister Benjamin Netanyahu (seit 2020, Anklagen wegen Bestechlichkeit, Betrug und Vertrauensbruch, inklusive Luxusgeschenke wie Zigarren und Champagner) hat Herzog im September 2025 signalisiert, eine Begnadigung zu prüfen: „Der Fall belastet die israelische Gesellschaft schwer. Ich werde abwägen, was dem Staat dient.“ Dies löste Debatten aus, ob eine Amnestie Netanyahus Korruptionsprozess beenden könnte, was Trumps Knesset-Rede (13. Oktober 2025) mit „Give him a pardon!“ verstärkte. Herzog betont, die Begnadigung sei kein Freibrief, sondern erfordere außergewöhnliche Gründe.
(8) Die beiden „ultrarechten“ Minister in Netanyahus Regierung
Die beiden prominentesten „ultrarechten“ Minister in Benjamin Netanyahus aktueller Koalitionsregierung (Stand Oktober 2025) sind Itamar Ben-Gvir (Nationaler Sicherheitsminister) und Bezalel Smotrich (Finanzminister und Minister für Siedlungen). Beide kommen aus dem religiös-nationalistischen Lager und repräsentieren die extremste Fraktion der Koalition, die seit 2022 die Regierung dominiert. Ben-Gvir, Chef der Otzma Yehudit-Partei, und Smotrich, Vorsitzender des Religiös-Zionistischen Blocks, haben durch ihre radikalen Positionen (z. B. Siedlungsexpansion, Annexion des Westjordanlands) die Regierung international isoliert und interne Konflikte geschürt.
Vita und Einordnung
Itamar Ben-Gvir (geboren 1976 in Mevaseret Zion) ist ein israelischer Politiker und Anwalt, der für seine extrem-nationalistischen Ansichten bekannt ist. Als Jugendlicher unterstützte er den jüdischen Untergrund, der 1984 den Tempelberg-Angriff plante, und wurde 2007 wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation verurteilt. Seit 2021 Knesset-Mitglied, ist er seit 2022 Nationaler Sicherheitsminister und verantwortlich für Polizei und Grenzsicherung. Ben-Gvir fordert die Todesstrafe für Palästinenser-Terroristen, die Ausweitung der Siedlungen und die Annexion des Westjordanlands. Er kritisiert die Netanyahu-Regierung als zu „weich“ gegenüber Arabern und Palästinensern und hat die Justizreform vorangetrieben, um Netanyahus Korruptionsprozesse zu blocken. Seine Haltung zur Gaza-Situation ist kompromisslos: Er lehnt Waffenstillstände ab und plädiert für „Totaler Sieg“ über Hamas, was zu internationaler Kritik führte. Bezalel Smotrich (geboren 1980 in Haspin, Westjordanland) ist ein israelischer Politiker, Siedler und Rabbiner, der den Religiös-Zionistischen Block anführt. Als Knesset-Mitglied seit 2015 ist er seit 2022 Finanzminister und Minister für Siedlungen, mit Einfluss auf die Westbank-Verwaltung. Smotrich fordert die vollständige Annexion des Westjordanlands („Judäa und Samaria“), lehnt eine Zwei-Staaten-Lösung ab und hat 2023 Gesetze erlassen, die palästinensische Rechte einschränken. Er verurteilt die Gaza-Hilfe als „Unterstützung für Terroristen“ und unterstützt Netanyahus Justizreform, um seine Korruptionsprozesse zu schützen. Beide Minister machen die Regierung ultrarechts: Sie priorisieren Siedlungsexpansion und militärische Härte, was zu Protesten und internationaler Isolation führte, während sie Netanyahu als „Retter“ Israels stützen.
(9) Bombardierung von Katar durch Israel
Am 9. September 2025 bombardierte die israelische Luftwaffe Ziele in Doha, der Hauptstadt Katars, in einem gezielten Schlag gegen hochrangige Hamas-Führer, darunter Chalil al-Haya, den Gaza-Chef der Terrororganisation. Die Attacke, die mit Kampfjets und Drohnen durchgeführt wurde, zerstörte ein Wohngebäude, in dem Hamas-Mitglieder residierten, und tötete mindestens sechs Personen, darunter al-Hayas Sohn und Büroleiter. Israel rechtfertigte den Angriff als „präzise Operation“ gegen Terroristen, die für das Massaker vom 7. Oktober 2023 verantwortlich seien. Völkerrechtlich stellt der Einsatz eine eklatante Verletzung der territorialen Souveränität Katars dar, da der Staat als neutraler Vermittler in Geiselverhandlungen agierte und der Schlag ohne UN-Mandat oder Selbstverteidigungsrecht (Artikel 51 UN-Charta) erfolgte. Die UN und Arabische Liga verurteilten es als „feigen Akt der Aggression“, der die regionale Stabilität gefährdet. Kritiker sehen darin eine Eskalation, die US-Verbündete (Katar) gefährdet und Israels Impunität unterstreicht, da keine Sanktionen drohen. Der Vorfall unterstreicht die selektive Anwendung des Völkerrechts, bei der westliche Alliierte straffrei agieren.
(10) LINKS zu den, in der Tagesdosis genannten, Artikeln:
Der 7. Oktober 2023 und die Profiteure | Von Tilo Gräser:https://apolut.net/der-7-oktober-2023-und-die-profiteure-von-tilo-graser/
Der faule Frieden von Gaza | Von Hermann Ploppa: https://apolut.net/der-faule-frieden-von-gaza-von-hermann-ploppa/
Warum wurde der 7. Oktober nicht vermieden? | Von Jochen Mitschka:https://apolut.net/warum-wurde-der-7-oktober-nicht-vermieden-von-jochen-mitschka/
Macht Netanjahu die „Drecksarbeit“ für BlackRock? | Von Hermann Ploppa: https://apolut.net/macht-netanjahu-die-drecksarbeit-fur-blackrock-von-hermann-ploppa/
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bild: Fotos des israelischen Premierministers Netanjahu und des US-Präsidenten Donald Trump erscheinen auf den Telefonbildschirmen, die israelischen und amerikanischen Flaggen sind im Hintergrund zu sehen. 21.06.2025 New York USA 21.06.2025
Bildquelle: miss.cabul / shutterstock
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