Die Gesetze der Mafia
Warum die Europäer Selensky weiterhin mit offenen Armen empfangen
Nachdem letzte Woche in der Ukraine der bisher größte Korruptionsskandal aufgedeckt wurde, wurde Selensky in Europa demonstrativ mit offenen Armen empfangen. Es ist wie bei der Mafia, Selensky muss sich nun total unterwerfen, ansonsten wird er geopfert.
Ein Standpunkt von Thomas Röper.
Bei der russischen Nachrichtenagentur TASS ist ein ausgesprochen lesenswerter Artikel darüber erschienen, warum die Europäer Selensky trotz des Korruptionsskandals, dessen Spuren direkt in sein Büro führen, weiterhin so herzlich empfangen. Da der Artikel keine weitere Vorrede braucht, kommen wir direkt zur Übersetzung des Artikels.
Beginn der Übersetzung:
Gemeinsame Geschäfte: Warum Europa Selensky weiterhin mit offenen Armen empfängt
Andrej Nisamutdinow über die Gemeinsamkeiten zwischen Europäern und dem längst abgelaufenen ukrainischen Präsidenten
Dem amerikanischen Präsidenten Franklin Roosevelt wird der Ausspruch über den nicaraguanischen Diktator Anastasio Somoza zugeschrieben: „Er mag ein Hurensohn sein, aber er ist unser Hurensohn.“ Selbst wenn er diesen Satz nicht wirklich gesagt hat, war er es wert, erfunden zu werden – schon allein deshalb, weil er die Haltung europäischer Staats- und Regierungschefs gegenüber Wladimir Selensky treffend beschreibt.
Der kleine Napoleon aus Kiew ist in einen hochkarätigen Korruptionsskandal verwickelt, wird aber in Paris und Madrid empfangen, als wäre nichts geschehen, denn für seine europäischen Napoleons ist er „einer der Ihren“, nicht nur im Geiste, sondern vor allem auch aufgrund ihrer gemeinsamen Geschäfte im Wert von zig Milliarden Euro.
Chlestakowismus à la Europa
Der Korruptionsskandal um den Geschäftsmann Timur Minditsch (in der Ukraine als Selenskys „Geldbeutel“ bekannt) brach vor gut einer Woche aus und traf die europäischen Unterstützer des Kiewer Regimes völlig unvorbereitet. Sie mussten eilig eine Strategie für die entwickeln, die die EU so hochtrabend als unbescholtene Kämpfer für Demokratie und Freiheit präsentiert hatte, die sich mutig den „Horden aus dem Osten“ entgegenstellten.
Es dauerte mehrere Tage, bis ein Konsens erzielt wurde. Anschließend verbreiteten sich aus Brüssel, Berlin, Warschau und Paris unzählige einheitlich formulierte Erklärungen: Korruption sei natürlich schlecht, aber niemand sei ohne Sünde; nicht die Korruption selbst sei entscheidend, sondern der Kampf dagegen, und genau das tue Selensky.
Dass Selensky erst vor drei Monaten versucht hatte, die Antikorruptionsbehörden faktisch aufzulösen, hat man sich in Europa nicht erinnert. Die wichtigste These aller war ausnahmslos die Forderung, die finanzielle und militärische Unterstützung für Kiew müsse – ungeachtet der Umstände – unbedingt fortgesetzt werden.
Es gab jedoch eine Ausnahme: Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán bezeichnete das Kiewer Regime direkt als „Kriegsmafia“ und verglich die Forderungen nach weiterer Unterstützung für die Ukraine mit dem Versuch, einem Alkoholiker mit einer weiteren Kiste Wodka zu helfen. Doch Orbán ist aus Brüsseler Sicht ein ewiger Euro-Dissident, Kritiker und Griesgram, weshalb seine Meinung ignoriert werden kann. So trat Selensky seine jüngste Europareise in der festen Überzeugung an, herzlich empfangen zu werden.
Und im Prinzip wurden seine Erwartungen erfüllt: Der französische Präsident Emmanuel Macron begrüßte seinen lieben Gast aus Kiew mit offenen Armen. Beide Männer unterzeichneten auf dem Luftwaffenstützpunkt Villacoublay bei Paris vor laufenden Kameras feierlich ein Abkommen über Militärhilfe für Kiew und besuchten anschließend das Hauptquartier der von Frankreich und Großbritannien gegründeten „Koalition der Willigen“ (die Koalition, die nach dem Ende des Konflikts ein Militärkontingent in die Ukraine entsenden sollte).
Wie Macron auf einer Pressekonferenz bekannt gab, erhält die Ukraine im Rahmen des bis 2035 laufenden Abkommens 100 Rafale-Kampfjets „mit voller Bewaffnung“ sowie „Luftverteidigungssysteme der neuesten Generation und weitere Waffensysteme“. Selensky ergänzte, das Hilfspaket umfasse „leistungsfähige französische Radargeräte, acht SAMP-T-Luftverteidigungssysteme, sechs Startrampen, Luft-Luft-Raketen und Lenkbomben“. Zusätzlich sollen 55 neue Elektrolokomotiven im Wert von 475 Millionen Euro angeschafft werden, finanziert von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Weltbank. Der Hinweis auf die Finanzierung der Produktion der Lokomotiven kommt nicht von ungefähr, da die Umsetzung des übrigen Abkommens erhebliche Fragen aufwirft.
Beispielsweise ist das kein Vertrag, sondern lediglich eine Absichtserklärung, die für einen Zeitraum gelten soll, zu dessen Ende weder Macron noch Selensky an der Macht sein werden. Aber das wichtigste ist, wer die bestellte Musik bezahlen soll. Kiew hat keine eigenen Mittel und Frankreich ist hoch verschuldet. Laut dem französischen Luftfahrtexperten Cyril de Lattre fehlt Frankreich zudem schlichtweg die Produktionskapazität, um die Lieferung hunderter Kampfflugzeuge zu bewältigen.
So zeichneten Macron und Selensky zwar ein rosiges Bild, glichen aber in Wirklichkeit Gogols Chlestakow: „Und in diesem Augenblick waren die Straßen voller Boten, Boten, Boten … stellen Sie sich vor, 35.000 Boten!“
In Madrid, wohin Selensky von Paris gereist ist, wurde er ebenfalls herzlich empfangen, wenn auch nicht ganz so überschwänglich. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez kündigte an, „ein neues Militärhilfepaket in Höhe von 615 Millionen Euro für die Ukraine zu mobilisieren“, das unter anderem „die Lieferung neuer Militärausrüstung im Wert von rund 300 Millionen Euro“ umfassen soll.
Wie neu diese Ausrüstung tatsächlich sein wird, ist fraglich. Laut El Mundo beschränkte sich Madrid bisher darauf, Kiew veraltete, außer Dienst gestellte und reparaturbedürftige Militärausrüstung zu übergeben. Mit anderen Worten: Es ist der altbekannte Chlestakowismus europäischer Prägung.
Nach den Gesetzen der Mafia
Der ins Auge stechende Unterschied zwischen den Versprechungen von Paris und Madrid erklärt sich offenbar dadurch, dass die spanische Regierung vorsichtig auf ihre eigenen Ressourcen setzt, während der französische Präsident ganz offensichtlich darauf setzt, seinen Anspruch, einer der führenden europäischen und globalen Akteure zu sein, mit externer Finanzierung zu untermauern. Und woher soll diese Finanzierung kommen? Ist doch klar: aus den in Europa eingefrorenen russischen Vermögenswerten.
Zwar scheut Paris die Beschlagnahmung dieser Vermögenswerte, da man – und das zu Recht – Vergeltungsmaßnahmen aus Moskau befürchtet. Aber im Großen und Ganzen sind sie nicht abgeneigt, ein ausgeklügeltes System zu entwickeln, das es ermöglichen würde, diese Gelder für einen zinslosen Kredit von 140 Milliarden Euro an Kiew zu verwenden. Der Schlüssel, so der französische Außenminister Jean-Noël Barrot, liege in der Erfüllung zweier Bedingungen: Erstens müssen alle mit dem Kredit verbundenen Risiken nicht nur zwischen den Europäern, sondern auch den den G7-Staaten aufgeteilt werden, „die die Rückzahlung natürlich nicht garantiert“. Zweitens müsse sichergestellt werden, dass die Kreditmittel „zur Entwicklung der europäischen Verteidigungsindustrie beitragen“ – Kiew würde sie also für den Kauf europäischer Waffen verwenden.
Und wer sind Europas wichtigste Waffenproduzenten? Genau, Frankreich und Deutschland.
Der ungarische Ministerpräsident hatte nur teilweise Recht, als er das Kiewer Regime als „Kriegsmafia“ bezeichnet hat: Dieselbe Mafia regiert auch in der EU. Und das gilt nicht nur für den aktuellen Konflikt um die Ukraine. Man denke nur an den Skandal um den COVID-Impfstoff, dessen Beschaffung Milliarden von Dollar kostete und von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen persönlich genehmigt wurde. Es gab zwei Versuche, sie wegen dieser Affäre anzuklagen, doch sie vernichtete rechtzeitig sämtliche Korrespondenz, sodass beide Versuche scheiterten.
Ihr ehemaliger Untergebener Didier Reynders hatte weniger Glück. Ihm wurde von den belgischen Behörden Geldwäsche in Höhe von einer Million Euro vorgeworfen. Als EU-Kommissar für Justiz beaufsichtigte Reynders das Einfrieren und die Enteignung russischer Vermögenswerte und steht nun selbst vor Gericht. Sein Vermächtnis wirkt jedoch fort, denn die EU-Kommission verfolgt weiterhin die Enteignung der russischen Vermögenswerte. Dieser Plan stieß jedoch zunächst auf Widerstand der belgischen Regierung, woraufhin ein echter Mafia-Trick angewendet wurde: Die Belgier wurden mit der Bedrohung durch „russische Drohnen“ eingeschüchtert.
Das half nicht, und es musste ein neues „Angebot, das man nicht ablehnen kann“ unterbreitet werden. Die Präsidentin der EU-Kommission sandte den EU-Staats- und Regierungschefs ein Schreiben mit offiziellen Vorschlägen zur Enteignung der russischen Gelder. Es wurden auch zwei Alternativen vorgeschlagen: ein „Reparationskredit“ für Kiew, finanziert durch Zuschüsse der EU-Länder, oder ein „gemeinsamer Kredit auf EU-Ebene“, wiederum unter obligatorischer Beteiligung aller Mitgliedstaaten. Gleichzeitig stellten Sprecher der EU-Kommission klar, dass man nicht mit einer Rückzahlung des Kredites rechnen solle, denn der Kredit sei nicht rückzahlbar. Wieder einmal zeigt sich ein rein mafiaartiges Vorgehen: Entweder man bereichert sich gemeinsam am russischem Geld, oder man legt zusammen, aber wiederum gemeinsam, sodass alle in der Falle sitzen und niemand entkommen kann.
Dass die europäische Führung im Grunde zu einem Mafia-Clan geworden ist, der direkt in die Korruptionsfälle der Führung des Kiewer Regimes verwickelt ist, hat Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, unmissverständlich hervorgehoben: „Sie konnten unmöglich nicht ahnungslos gewesen sein, wohin das Geld geflossen ist. Sie wussten es genau, denn sie waren Teil des Komplotts. Das Geld ging auf Konten, die mit ihnen in Verbindung standen.“
Die Namen sind genannt, was nun?
Während Selensky zusammen mit seinem Stabschef Andrej Jermak und dem Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates Rustem Umerow im Ausland unterwegs war, wurde in Kiew die Anklageschrift des Nationalen Antikorruptionsbüros der Ukraine (NABU) im Fall Minditsch veröffentlicht. Ihr zufolge nutzte Minditsch „die Situation in der Ukraine während des Kriegsrechts, seine freundschaftlichen Beziehungen zu W. A. Selensky und seine Verbindungen zu aktuellen und ehemaligen hochrangigen Regierungs- und Strafverfolgungsbeamten aus, um sich durch Straftaten in verschiedenen Sektoren der ukrainischen Wirtschaft illegal zu bereichern.“
In dem Text werden auch der ehemalige Energieminister Herman Galuschtschenko erwähnt, der sich „durch Minditschs Einsatz bei Präsident Selensky persönlich bereichert“ habe. Auch der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates wird erwähnt: Laut der Anklageschrift des Nationalen Antikorruptionsbüros der Ukraine (NABU) habe Minditsch Umerow, damals Verteidigungsminister, dazu „überredet“, einen Vertrag über 5,2 Millionen US-Dollar für den Kauf minderwertiger Schutzwesten für die ukrainischen Streitkräfte zu unterzeichnen.
Der Leiter von Selenskys Büro wird in der Anklageschrift nicht namentlich genannt, doch Aufnahmen von Gesprächen, die das NABU in Minditschs Kiewer Wohnung aufgenommen hat, erwähnen einen gewissen Ali Baba. Ukrainischen Experten zufolge handelt es sich dabei um niemand anderen als Andrej Borisowitsch Jermak, kurz A.B., wie er in seinem engsten Umfeld genannt wird. Obwohl das NABU die weitere Veröffentlichung der Aufnahmen vorerst gestoppt hat, steht laut der ukrainischen Zeitung NV außer Frage, dass Korruption in der Ukraine ein breites Spektrum an Sektoren durchdringt, darunter auch den Verteidigungssektor. Und die Fäden dieser Machenschaften führen direkt zu Selenskys Büro.
Andererseits enthält das NABU-Dokument keine direkten Anschuldigungen gegen Selensky und lässt ihm Spielraum. Nach dem Motto, er habe nichts geklaut, sondern sei lediglich von einem alten Freund ausgenutzt worden, der sich als unehrlich erwiesen habe. Selenskys einzige Schuld bestehe darin, seinem ehemaligen Geschäftspartner von Kvartal 95 vertraut zu haben.
Natürlich ist das eine schwache Ausrede, aber sie könnte den Europäern genügen, um ihren „Hurensohn“ weiterhin zu decken. Solange er schweigt und sich an die Regeln der Mafia hält. Andernfalls könnten sie jemand anderen finden, mit dem sie die Gelder teilen.
Ende der Übersetzung
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Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien am 20. November 2025 auf dem Blog anti-spiegel
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Bild: Paris, Frankreich, 07-05-2024 : Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Emmanuel Macron, Palais de L'Élysée in Paris
Bildquelle: Antonin Albert / shutterstock
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