
Tausende Menschen aus 52 Ländern trafen sich ab dem 12. Juni 2025 in Ägypten, um zur Grenze nach Gaza zu marschieren und die Missachtung des Völkerrechts durch Israel zu beenden.
Am 12. Juni 2025 brach eine Graswurzelbewegung aus Zivilisten im Rahmen des „Global March to Gaza“ an die ägyptische Grenze zum Gazastreifen auf, um die illegale Blockade durch Israel zu durchbrechen. Die Initiative fand sich im Mai 2025 zusammen und wuchs schnell an. Sie setzt sich nicht aus NGOs oder Organisationen zusammen, sondern aus Einzelpersonen, darunter Ärzte, die selbst in Gaza waren, und Palästinenser aus der Diaspora, sowie Menschen aus anderen Ländern, die die Blockade Gazas nicht mehr hinnehmen können. Die Delegationen stammen aus 52 Nationen, darunter auch über 100 Menschen aus Deutschland.
Ein Standpunkt von Elisa Gratias
Die Organisatoren des Globalen Marschs nach Gaza (GMTG) wollen ein Zeichen gegen die humanitäre Katastrophe setzen, die die israelische Armee der Bevölkerung von Gaza aufzwingt. Die Teilnehmer trafen sich am 12. Juni in Kairo in Ägypten und hatten vor, über mehrere Tage von Al-Arisch im Nordosten des Landes durch die Wüste bis an die Grenze nach Rafah zu marschieren. Damit sollte sowohl auf die Regierung Israels als auch die Regierungen der Länder, die die israelische Führung trotz allem bis heute unterstützen, Druck ausgeübt werden.
Da der Bereich vor Gaza ein Militärgebiet ist, brauchten die Initiatoren des Marschs die Erlaubnis der ägyptischen Behörden, um überhaupt an die Grenze zu Gaza zu kommen. Die Organisatoren waren sich bewusst, dass sie die Blockade wohl nicht durchbrechen können würden, doch sie wollten den aktuellen Zustand nicht hinnehmen. Es ging ihnen vor allem darum, darauf aufmerksam zu machen, dass am Grenzübergang von Rafah Tausende von Lkw bereitstehen, mit denen die hungernde Bevölkerung im Gazastreifen versorgt werden könnte.
Bereits am 1. Juni 2025 brachen 12 internationale Aktivisten von der „Gaza Freedom Flotilla“ mit demselben Ziel von Sizilien in Italien über den Meerweg nach Gaza auf. Auf ihrem Schiff „Madleen“ transportierten sie dringend benötigte Hilfsgüter für die Bevölkerung von Gaza, darunter Babynahrung, Mehl, Reis, Windeln, Damenhygieneartikel, Wasseraufbereitungsanlagen, medizinische Hilfsgüter, Krücken und Prothesen für Kinder.
Obwohl die „Freedom Flotilla Coalition“ immer wieder betont hatte, dass es sich um einen friedlichen Akt zivilen Widerstands handelte und alle Besatzungsmitglieder in Gewaltfreiheit geschult und unbewaffnet waren, stürmte die israelische Armee die „Madleen“ am 9. Juni 2025 in internationalen Gewässern vor Gaza und nahm die zwölf Aktivisten in Gewahrsam, darunter die bekannte schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, die Europaabgeordnete Rima Hassan und die deutsche Staatsbürgerin Yasemin Acar. Einen Tag später wurden vier Aktivisten in ihre Heimatländer überführt, darunter auch Thunberg, während die acht übrigen noch länger festgehalten wurden:
„Jeder der Freiwilligen hatte zwei Möglichkeiten: entweder Dokumente zu unterschreiben, mit denen sie ihrer Abschiebung zustimmten, oder in Haft zu bleiben und vor einem Gericht zu erscheinen. Die FFC hatte einige Freiwillige dazu ermutigt, im Falle einer solchen Option einer beschleunigten Abschiebung zuzustimmen, um wieder Zugang zu Kommunikationsmitteln zu erhalten – einschließlich der Möglichkeit, frei zu sprechen und sich für ihre Mitstreiter einzusetzen. Alle bestritten ausdrücklich schriftlich die Behauptung der illegalen Einreise und bekräftigten, dass das israelische Recht auf sie nicht anwendbar sei, dass ihre Mission humanitärer Natur sei und dass sowohl die Aufbringung des Bootes als auch ihre Inhaftierung illegal seien.“
Somit war auch von Anfang an klar, dass der Marsch nach Gaza nicht ungefährlich für die Teilnehmer ist. Die deutsche Juristin Melanie Schweizer ist Mitorganisatorin und sagte bezüglich des Risikos für alle Begleiter des Marschs in einem Interview mit „Junge Welt“ schon am 31. Mai 2025:
„Mittlerweile traut man der israelischen Armee zu, dass sie nahezu überall angreifen könnte. Das ist aber kein Normalzustand. Es wäre offensichtlich ein Verstoß gegen das Völkerrecht, wenn sie uns auf ägyptischem Territorium angreifen würde. Aber Israel begeht einen Völkermord, jegliche rechtliche Limits sind über Bord geworfen; deswegen können wir uns nicht sicher sein. Wir wollen uns aber nicht einschüchtern lassen. Dafür ist unsere Botschaft zu wichtig: Nämlich nicht nur unsere Regierungen, sondern auch große Teile der westlichen Bevölkerung anzuprangern. Die, die teilnahmslos zusehen, wieder mal wegschauen und denken, es gehe sie nichts an. Obwohl ihre Regierungen Handel mit Israel treiben, Waffen liefern und maßgeblich dazu beitragen, dass der Völkermord nicht beendet wird.“
Auch wenn sich die Medienberichterstattung in jüngster Zeit etwas zu ändern scheint und sogar Friedrich Merz von einer Verletzung des Völkerrechts spricht, haben die deutsche und viele weitere westliche Regierungen bisher nichts getan, um die Missachtung des internationalen Rechts durch Israel zu unterbinden.
Laut dem „Global March to Gaza“-Telegram-Kanal wurden schon am 12. Juni etwa 100 Menschen, darunter einige Deutsche am Flughafen in Kairo ohne die Angaben von Gründen festgehalten und Menschen verschiedener Länder wie Marokko, Algerien, Spanien, Griechenland und Belgien am Flughafen festgenommen und inhaftiert. Andere wurden abgeschoben, darunter auch Deutsche. Auch in den darauffolgenden Tagen änderte sich das Verhalten der ägyptischen Behörden nicht. Im Gegenteil: Tausende Menschen wurden in ihren Hotels durchsucht und auf dem Weg von Kairo in den Norden blockiert. Ein Statement im deutschen Telegram-Kanal des GMTG beschriebt den Zustand am Morgen des 13. Juni wie folgt:
„Es gibt Berichte über Gewaltanwendung gegen Teilnehmer. Einige wurden festgenommen, schikaniert, körperlich verletzt und abgeschoben. Hundert friedliche internationale Teilnehmer des Globalen Marsches nach Gaza befinden sich in der Schwebe, während die Verhandlungen mit den ägyptischen Behörden andauern. Die Gruppe – bestehend aus Menschen aus über 80 Ländern – erwartete einen sicheren Transfer nach Kairo und die Rückgabe ihrer Pässe. Sollten jedoch Personen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gewaltsam zum Flughafen gebracht und abgeschoben werden, sind die Teilnehmer bereit, als Reaktion darauf einen friedlichen Protest, gewaltfreien Protest zu starten. In diesem Fall wird die Führung des Marsches einen Hungerstreik beginnen. (…) Dies ist eine moralische Reaktion auf die Täuschung oder Unterdrückung ihres Rechts, sich friedlich zu versammeln und für Gaza zu marschieren.
Diese Gruppe von Zivilisten – humanitäre Helfer, Pädagogen, Künstler, Ärzte und Organisatoren – hat sich in friedlicher Solidarität zusammengeschlossen, um von Kairo nach Gaza zu marschieren und ein Ende der Belagerung, die Öffnung humanitärer Hilfe und ein Ende des Völkermordes zu fordern.
Wir fordern die internationale Gemeinschaft, die Medien und die Botschaften auf, die Situation aufmerksam zu beobachten und im Hinblick auf unser gemeinsames Ziel Druck auf Ägypten auszuüben, um eine Deeskalation herbeizuführen. Trotz zunehmender Repression bekräftigen wir: Wir sind friedlich. Wir sind global. Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen. Die Belagerung von Gaza und Palästina muss enden.“
Noch am selben Tag riefen die Organisatoren in ihrem Telegram-Kanal alle Teilnehmer dazu auf, aufgrund der unerwarteten Gewalt durch die ägyptischen Behörden so schnell wie möglich nach Kairo zurückzukehren, da ihre Sicherheit höchste Priorität habe. Die Anwälte des Global March to Gaza empfahlen allen Wanderern, ihre Botschaften aufzusuchen, um dort Schutz zu finden und die Innenstadt von Kairo zu vermeiden. Außerdem warnten die Initiatoren:
„Manche Menschen versuchen eine parallele Initiative zum Protest auf einem Platz in Kairo zu organisieren. Die Organisatoren des GMTG haben nie zu einem solchen zugestimmt“, und weiter: „Wir entschuldigen uns für den Mangel an Informationen. Wir haben nicht mit einer solch aggressiven Reaktion von Ägypten gerechnet. Die Situation zwang uns, unsere Organisation und Koordination zu ändern. Doch unsere Motivation und Liebe zu Gaza bleiben unverändert und sind stärker denn je.“
Am frühen Morgen des 16. Juni folgte im internationalen Telegram-Kanal ein Post über die Festnahme der internationalen Koordinatoren des Global March to Gaza Hicham El Ghaoui, französischer Staatsbürger, und Manuel Tapial, spanischer Staatsbürger. Die Mitglieder des internationalen Koordinierungskomitees der Global March to Gaza wurden von den ägyptischen Behörden festgenommen und die anderen Organisatoren haben seit 24 Stunden nichts mehr von ihnen gehört.
Sie fordern die sofortige Freilassung zusammen mit allen anderen Inhaftierten und bitten alle Follower, die spanische, kanadische und französische Botschaft anzurufen und ihre sofortige Freilassung zu fordern. Ihr Engagement bleibt weiterhin unverändert und sie bekräftigen erneut:
„Wir stehen an der Seite von Gaza, fordern die Öffnung eines humanitären Korridors und verlangen ein Ende des Völkermords an den Palästinensern. Die Regierungen müssen jetzt handeln.“
Der „Gaza Freedom Flotilla“ und dem „Global March to Gaza“ gelang zumindest eines: Durch die Reichweite ihrer Medienkommunikation in den sozialen Netzwerken mit Hunderttausenden bis zu 1,7 Million Followern und Telegram-Gruppen mit Tausenden Mitgliedern üben sie öffentlichen Druck auf die israelische Regierung und die westlichen Regierungen aus, die Israels Verbrechen weiterhin hinnehmen oder sogar unterstützen, obwohl der Internationale Gerichtshof im Juli 2024 ein Urteil erließ, in dem er die israelische Besetzung des palästinensischem Gebiets als völkerrechtswidrig erklärte.
Quellen und Anmerkungen
Deutscher Telegram-Kanal zum „Global March to Gaza“: t.me/march_to_gaza_Germany
Internationaler Telegram-Kanal des GMTG: t.me/GMTGWW
Englische Website zum „Global March to Gaza“: https://marchtogaza.net/
Instagram „Global March to Gaza“: https://www.instagram.com/globalmarchtogaza/
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Dank an die Autorin für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 12.06.2025 auf manova.news, wurde aber von der Autorin exklusiv für apolut aufgrund der aktuellen Ereignisse in der Region nochmal überarbeitet.
https://www.manova.news/artikel/ein-globales-erwachen
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Bildquelle: artaxerxes_longhand / shutterstock
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