Draghi, Merkel und Schäuble haben die Toten in Italien mit auf dem Gewissen

Von Norbert Häring.

Dass in Italien das Corona-Virus so viele Todesopfer fordert, hat einen Grund: mangelnde Behandlungskapazitäten in Krankenhäusern. Und diese wiederum haben ihren Grund darin, dass die Europäische Zentralbank mit Unterstützung der Bundesregierung die in Not geratene italienische Regierung so lange erpresste, bis sie ihre Ausgaben für das Gesundheitswesen zusammenstrich.

Es war 2011, die Hochzeit der Finanzkrise und die Anleiheinvestoren verlangten immer höhere Renditen um italienische Anleihen ins Depot zu nehmen. Da schrieben der damalige Chef der Bank von Italien, Mario Draghi, und der Chef der EZB, Jean-Claude Trichet einen Brief an die italienische Regierung, den sie zu allem Überfluss auch noch an die Presse geben ließen. Darin forderten Sie, wie in einem lesenswerten aktuellen Beitrag im „Freitag“ unter dem Titel „Austerität ist tödlich“ dargelegt, heftige Einschnitte bei den öffentlichen Ausgaben, Davon machten Draghi und Trichet  den Kauf italienischer Anleihen abhängig.

Aus dem Beitrag im „Freitag“:

Die italienische Regierung führte diese Einschnitte durch – in der Folge sank die Anzahl von Krankenhäusern im Land um 15 Prozent. Die Krise des Gesundheitssystems in der aktuellen Pandemie ist eine Folge dieser Austeritätspolitik.

Wohlgemerkt wurden nicht irgendwelche Kürzungen gefordert, etwa beim Militärhaushalt. Nein, es wurde ganz gezielt sozialer Kahlschlag, “Effizienzsteigerung” im Gesundheitswesen und Privatisierungen gefordert.

Das Corona-Virus trifft in der EU auf gesellschaftliche Infrastrukturen, die von mindestens einer Dekade scharfer Austeritätspolitik erschöpft sind. In der auf den Finanzcrash von 2007 und 2008 einsetzenden Krise der Eurozone setzten EU-Kommission und EZB alles daran, die Banken und andere Finanzmarktakteure als systemrelevant zu deklarieren und mit hohen Milliardenbeträgen zu retten. Öffentliche Ausgaben für soziale Belange, so hieß es, würden das Wachstum hemmen. Deshalb wurden entsprechend neoliberaler Konzepte die Gesundheitssysteme umgebaut und öffentliche Budgets gekürzt. Das traf nicht nur Italien; auch die spanische Regierung sah sich gezwungen, ein Kürzungsprogramm zu unterzeichnen. Daraufhin wurden die Ausgaben für das Gesundheitssystem allein im Jahr 2012 um 5,7 Prozent gedrückt. Aber am härtsten traf es bekanntlich Griechenland: Die staatlichen Mittel wurden zwischen 2009 und 2016 von 16,2 Milliarden auf 8,6 Milliarden fast halbiert. Mehr als 13.000 Ärzte und über 26.000 sonstige im Gesundheitswesen angestellte wurden entlassen. 54 der 137 Krankenhäuser wurden geschlossen und das Budget der übriggebliebenen um 40 Prozent gesenkt.

Die Bundesregierung gehörte damals zu den Scharfmachern in Sachen harte Kürzungsbedingungen für finanzielle Hilfen an notleidende Regierungen – und sie konnte das durchsetzen. Und heute:

„Im Zuge der aktuellen Corona-Pandemie tut sich die Bundesregierung nun damit hervor, den Export von medizinischer Schutzkleidung in Nachbarstaaten zu unterbinden. … Unterdessen gelingt es der chinesischen Regierung, mit medizinischen Gütern und Personalentsendungen öffentlichkeitswirksam Unterstützung zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten. Auch Spanien und Serbien und weitere Länder erwarten Hilfslieferungen aus China.“

Gleichzeitig steht die Bundesregierung wie damals auf der Bremse, wenn es darum geht, Italien und anderen besonders betroffenen Ländern finanziell zu helfen.

Fazit: Das damalige Handeln von EZB und der Bundesregierung macht das baldige Auseinanderbrechen der Währungsunion und womöglich der EU noch wahrscheinlicher.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Artikel erschien zuerst am 19.03.2020 auf dem Blog: GELD UND MEHR

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Bildquelle:  federico neri/shutterstock  

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