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Die Emissionskontrolle | Von Nicolas Riedl

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Ein Standpunkt von Nicolas Riedl.

Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

Hinter der Einführung eines verpflichtenden CO2-Budgets steht ein niederträchtiges Menschenbild.

CO2 habe einen Preis. So belehrt man uns bereits seit Jahren. Die Industrie weiß um unsere Gewissensbisse und bietet uns bei immer mehr Warenkäufen und Dienstleistungen an, das geplagte Gewissen durch einen Öko-Obolus zu erleichtern. Doch die Zeit der freiwilligen CO2-Ausgleichszahlungen scheint sich dem Ende zuzuneigen. Am Horizont der Leitmedien zeichnet sich ab, dass die Menschen an ein verpflichtendes CO2-Budget von drei Tonnen pro Jahr und pro Kopf herangeführt werden sollen. Angesichts der enormen Klima-Hysterie und Panikmache der letzten Jahre ist der Boden für eine solche Maßnahme mittlerweile fruchtbar. Zunehmend wird die vermeintliche Rettung des Planeten vor einem menschengemachten Klimawandel zum Modus Operandi sämtlicher Lebensbereiche. In totalitärer Manier wird jeder Winkel des gesellschaftlichen Treibens im Lichte der Klimaverträglichkeit gesehen. Während die Bürger ihr gesamtes Handeln darauf überprüfen müssten, ob dabei nicht eine „unbezahlbare“ Menge an CO2 ausgestoßen wird, können wahre Umweltzerstörer unbehelligt ihr Werk verrichten. Die Einführung eines CO2-Kontos ist selbstverständlich nur unter der Bedingung möglich, dass sämtliche Nischen zerstört werden, die eine Umgehung der CO2-Kontrolle zulassen: die Privatsphäre und damit einhergehend das Bargeld. An dessen Abschaffung wird derzeit vonseiten etlicher Interessensgruppen massiv gearbeitet. Käme es tatsächlich zu einem verpflichtenden CO2-Budget, hätte dies nicht nur einen massiven Einfluss auf unsere gegenwärtige Freiheit, sondern auch gewaltige Konsequenzen für unsere Zukunft.

In seinem Roman „Hinter der Zukunft“ zeichnet Thomas Eisinger das Bild einer deutschen Klimadiktatur in einer nahen Zukunft. In diesem Szenario ist dem vermeintlichen Schutz des Planeten alles und jeder untergeordnet. Den Bürgern steht für sämtliche Güter und Dienstleistungen ein CO2-Konto zur Verfügung, die sogenannten „Coints“ — zusammengesetzt aus „ CO2“ und „Coins“. Entsprechend ihres Kauf- und Konsumverhaltens wird den Bürgern der Betrag von einer unlöslichen, staatlich aufgezwungenen Smartwatch abgebucht. Die Coints können sowohl als Belohnung gutgeschrieben als auch — und das ist meistens der Fall — strafend abgezogen werden. Ist das Cointskonto bei null angelangt, werden die Bürger in ein Lager verschleppt, in welchem sie ihr restliches, „klimaneutrales“ Dasein fristen müssen.

Bereits zum Erscheinungszeitpunkt im Jahr 2021 war Eisingers Roman überaus aktuell und vorausschauend. Mit der fortschreitenden Intensivierung des Klimawandel-Narrativs erweist sich dieses Werk als immer prophetischer. Die Coints sind eine der vielen Maßnahmen aus dem Roman, die „dazu tendieren“, Wirklichkeit zu werden.

Anfang Januar wurde in den Leitmedien die Debatte über ein CO2-Budget für jeden Bürger angestoßen. Von je drei Tonnen pro Jahr für jeden Bürger ist die Rede. Ist das viel? Ist das wenig? Fehlt Ihnen hierzu die Relation? Wenn Sie sich auf den Klima-Beichtstuhl eines CO2-Zählers setzen und diesem ihren „sündhaften“ Lebensstil beichten, erhalten Sie am Ende ihren persönlichen CO2-Fußabdruck. Der Autor dieser Zeilen kommt trotz eines ungezwungen bescheidenen Lebensstils auf 8,44 Tonnen CO2. Für diese Art zu leben wären laut der Rechnung — so man ihr glauben mag — 2,03 Planeten vonnöten. Der deutsche Pro-Kopf-Durchschnitt liegt bei 12,37 Tonnen, der weltweite bei 6,41 Tonnen.

Diese Zahlen verdeutlichen, welche Wohlstandseinbußen den Bürgern bei einem Budget von drei Tonnen pro Jahr abverlangt werden würden. Der Deutsche müsste auf etwa Dreiviertel seines Lebensstils verzichten und alles, was über sein Budget hinausgehen würde, mit teuren CO2-Nutzungslizenzen berappen, sofern der von Inflationsraten stark gebeutelte Geldbeutel das hergibt.

Angestoßen wurde die Debatte im Übrigen von Klimapapst — auch den gibt es in Eisingers Roman — Hans Joachim Schellnhuber. Ganz neu ist dessen Idee dabei keineswegs. Sie wurde nun lediglich vermittels des leitmedialen Flaggschiffs, der Tagesschau, in Millionen von deutschen Wohnzimmern und damit in Millionen Köpfe gesendet. Bereits im März 2011 war Schellnhuber beim Verfassen des Gesellschaftsvertrags für eine Große Transformation im Auftrag des „Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU)“ beteiligt und ganz oben in der Reihe der Autoren gelistet. Bereits in diesem umfangreichen Schriftstück finden wir — indirekt — die Forderung nach einem Pro-Kopf-CO2-Budget — wenn auch stark verklausuliert. So steht auf Seite 18:

„Ein mit der 2-Grad-C-Leitplanke kompatibles maximales globales Emissionsbudget für CO2 aus fossilen Quellen wird gemäß einer gleichen Pro-Kopf-Aufteilung auf die Länder verteilt. Die Staaten sollten sich verpflichten, international überprüfbare Dekarbonisierungsfahrpläne vorzulegen, die den geplanten nationalen Emissionspfad bis 2050 darlegen.“

Und weiter heißt es auf Seite 238:

„Ausgehend von einem globalen Emissionsbudget können durch eine Pro-Kopf-Aufteilung nationale Emissionsbudgets zugeteilt werden (...). Staaten mit hohen Treibhausgasemissionen könnten demnach die ihnen verbleibenden nationalen Emissionsbudgets durch den Zukauf von Emissionsrechten erweitern, während Staaten mit niedrigen Emissionen durch den Verkauf Finanzmittel und Technologien für eine klimaverträgliche Entwicklung erhielten.“

Es ist selbsterklärend, dass Staaten — so sie sich rechtlich bindendend, internationalen Dekarbonisierungsabkommen verpflichten — die Einhaltung dieser Budgets an die Bürger abtreten werden. Es bedarf keiner großen Menge an Fantasie, um sich auszumalen, wie die Bürger mit kollektivistischen Solidaritätsphrasen darauf eingeschworen werden, das Budget des jeweiligen Landes nicht auszuschöpfen.

Wer sein persönliches, ihm zugeteiltes Budget überzieht, darf sich für enorme Geldmengen die Rechte kaufen, weiterhin CO2 zu verbrauchen, und wer nicht über die finanziellen Mittel verfügt, der guckt in die klimaneutrale Röhre.

Vom Klima-Trinkgeld zum Klima-Schutzgeld

Nun sind seit März 2011 über zehn Jahre vergangen. Es stellt sich nun die Frage, weshalb diese Forderungen nach einem CO2-Budget erst jetzt, nach zehn Jahren massenmedialen Nachdruck erfahren? So wurde Schellnhuber damals vor etwa zehn Jahren — siehe Seite 67 und 99 — so wie heute — wieder etwa zehn Jahre später — nicht müde, davor zu warnen, dass wir nur noch zehn Jahre Zeit hätten, um die Katastrophe abzuwenden. Und Sie dachten, Edmund Stoibers Rede über die zehn Minuten wäre irritierend?

Warum bis zur Entfaltung dieser Idee so viel Zeit ins Land gehen musste, obwohl von selbiger nur noch so wenig vorhanden sei, lässt sich schlicht und ergreifend damit erklären, dass so etwas wie ein CO2-Budget im Jahre 2011 für jede Partei ein politischer Selbstmord gewesen wäre.

Ganz und gar anders, gesünder und entspannter war das gesellschaftliche Klima in 2011 vor den Spaltpilzen der 2010er-Jahre in Gestalt der Migrations-, Gender-, Klima- und final der Corona-Politik 2020. Der Wohlstand war höher, die Armut geringer, Twitter eine Randerscheinung, der Bundestag mit seriös erscheinenden Menschen besetzt — kurzum: es herrschte nicht ansatzweise die Hysterie der heutigen Zeit.

Das Klima — also das gesellschaftliche — musste erst erzeugt werden, in welchem ein solcher Vorschlag nicht nur nicht abgelehnt, sondern regelrecht begrüßt wird. Dies erfolgt mit der altbewährten und von den Corona-Maßnahmen mittlerweile vielfach erlebten Salamischeiben-Taktik.

Die sanfte Einführung in die CO2-Sensibilität begann mit freiwilligen, nicht sonderlich kostspieligen Ablasszahlungen. Beispielsweise bietet das 2005 gegründete, gemeinnützige Unternehmen atmosfair Reisenden an, ihr durch Reise-Emissionsausstöße gebissenes Gewissen durch eine kleine CO2-Ausgleichszahlung zu besänftigen. Die paar Euro tun nicht weh und geben einem das Gefühl, um die Welt reisen zu können, ohne sich dabei als „Umweltsau“ wähnen zu müssen. Diese Form des modernen Ablasshandels weitete sich dann auf so ziemlich alle Branchen aus. So bietet etwa neuerdings auch eBay an, alle dort getätigten Käufe mit einem entsprechenden Emissions-Obolus auszugleichen. Dem Kunden steht ein CO2-Konto-Portal zur Verfügung, in welchem ihm dargelegt wird, welchem CO2-Ausstoß in Tonnen seine Einkäufe der letzten zwölf Monate entsprechen. Das gute Gewissen nach der „3..2...1...meins“-Shopping-Eskapade kostet dann einen Euro pro 44,6 Kilogramm CO2.

Auf Basis der Freiwilligkeit und des Erwerbs eines guten Gewissens, gewissermaßen auch des Gebens eines Öko-Trinkgeldes für die Erde, wurden die Menschen des globalen Nordens an den CO2-Ausgleich herangeführt. Abseits dessen hat das enorme Klimawandel-Social-Engeneering — der Greta-Hype, Fridays for Future, Extinction Rebellion, die letzte Generation, Diffamierung älterer Menschen als „Umweltsau“ et cetera — ab 2018 maßgeblich den fruchtbaren Acker für die Akzeptanz dieser Maßnahme bestellt.

Der sogenannte Klimaschutz ist im öffentlichen Raum mittlerweile omnipräsent. Kaum eine öffentlich-städtische Verkehrsgemeinschaft kommt noch umhin, auf ihren Fahrzeugen damit zu werben, als Anbieter des öffentlichen Personennahverkehrs Klimaschützer zu sein.

Selbst ICEs mit grünem Mittelstrich inszenieren sich als Deutschlands schnellster Klimaschützer. Hinzu kommen die allgegenwärtigen Kampagnen und nicht zu vergessen das den Planeten umspannende UN-Agenda-2030-Corporate-Design in den Farben der 17 Nachhaltigkeitsziele, die sich überall im öffentlichen Raum, in Schulbüchern und in Form von Anstecknadeln an den Anzügen der Great-Reset-Befürworter finden.

Auf diesem geistigen Nährboden gedeiht nicht nur die Idee, jegliche Güter und Dienstleistungen mit Emissionszahlungen auszugleichen, sondern sich bei bestimmten Produkten, die von ihrer Wesenheit her von Grund auf umweltschädlich sind, für eine abstrus klimafreundliche Variante zu entscheiden. So vertreibt etwa das Unternehmen „Nico Europe“ — halten Sie sich fest — nachhaltiges Feuerwerk. Ja, Sie haben richtig gelesen! Diese Firma verkauft CO2-neutrales und geräuschreduziertes Feuerwerk. Die wohl umweltfreundlichste Variante wäre es doch wohl, auf Feuerwerk komplett zu verzichten. Dass nun tatsächlich selbst das Böllern „gegreenwashed“ werden kann, zeigt, dass die Gesellschaft für ein CO2-Budget geistig sturmreif gemacht wurde.

Die sich nun entfachende „Debatte“ über dieses Budget trägt dieselben kommunikativen Merkmale wie in der „Debatte“ um Coronamaßnahmen. Es wird wieder der Anschein einer Debatte und Kontroverse simuliert, mit einer vermeintlichen Opposition.

Robert Habeck spricht sich derzeit gegen das CO2-Budget aus und möchte stattdessen auf den Ausbau regenerativer Energiequellen setzen. Wir kennen das mittlerweile zur Genüge. Masken, Lockdowns und Impfpflichten, die zunächst nicht kommen sollten, die dann aber doch — fast — umgesetzt wurden. Mittlerweile lässt sich nach diesem Muster die Uhr stellen: Wenn es zuerst heißt, ‚X kommt nicht‘, dann kann man gewiss sein, dass X kommen wird.

Diese Initiation des CO2-Budgets muss im Kontext der immer weiter voranschreitenden Bargeldabschaffung und Implementierung von digitalen Zentralbankwährungen, der Einführung digitaler Identitätsausweise sowie der ersten europäischen Pilotprojekte von Social-Credit-Systemen betrachtet werden. Letztere werden derzeit unter anderem in Rom, Wien und Bayern erprobt und bieten den Bürgern beziehungsweise den Stadtnutzern Anreize dafür, sich klimafreundlich zu verhalten. Bislang beschränken sich diese Systeme auf Belohnungen, doch es bedarf keiner Glaskugel, um zu erahnen, dass diese in naher Zukunft — etwa nach verpflichtender, flächendeckender Einführung — ebenso mit Sanktionen operieren können, die das Leben der Bürger/Nutzer erheblich erschweren und einschränken könnte.

Selbstredend kann ein solches System nur mit vollständiger Transparenz, mit gläsernen Bürgern funktionieren. Solange Bargeld im Umlauf befindlich und als Zahlungsmittel akzeptiert, gestattet und erlaubt ist, lässt sich ein solches CO2-Budget unmöglich umsetzen. Die dem Konsum entsprechenden Emissionswerte des Einzelnen können nicht erfasst werden, wenn etwa das Tanken, der Kauf „emissionsreicher“ Produkte mit Münzen und Scheinen abgewickelt wird.

So erklärt sich auch, dass die Bargeldabschaffung immer weiter an Fahrt aufnimmt. Ebenfalls unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit animieren die Kreditkartenanbieter Mastercard und Visa zum bargeldlosen Zahlen, indem mit jeder Kreditkartenzahlung ein Teil des Betrages in Baumpflanz-Projekte fließt. „Pay & grow“ nennt sich dies dann bei Mastercard. Mit Plastik für die Umwelt — Orwell wäre stolz. Verstärkt wird die Zurückdrängung des Bargeldes außerdem dadurch, dass das Thema „Bargeld-Erhalt“ — ähnlich wie das Thema „Klimaskepsis“ oder „Corona-Maßnahmenkritik“ — nun „AfDisiert“ wird, respektive durch die Verlinkung mit einer klimakritischen, rechtspopulistischen Partei in ein politisch kontaminierten Themenfeld verwandelt wird. Schreitet dies voran, wäre es durchaus absehbar, dass man sich bereits in wenigen Monaten beim Barzahlen verdächtig macht, ein „klimaleugnender“ AfD-Wähler zu sein, der unter dem anonymisierenden Schutz der Geldscheine seine CO2-Emissionen verbergen möchte.

Heuchelei und Unmenschlichkeit

Wer seinen CO2-Fußabdruck mit einem CO2-Zähler ermittelt, wird bei den Fragen feststellen, dass die banalsten Dinge des Alltags auf die CO2-Goldwaage gelegt werden. Wie heiß waschen Sie Ihre Wäsche? Wie viel geben Sie monatlich für Unterhaltung aus? Et cetera, et cetera. Es kann unter der Einführung eines solchen Budgets zu einem auf CO2-Verbrauch zugeschnittenen foucaultschen Panoptismus kommen; die Menschen überwachen nicht nur einander in ihrem „klimaverträglichen“ Betragen, sondern sie kontrollieren — irgendwann unbewusst — ihr eigenes Handeln, sie internalisieren die auf dem CO2-Narrativ (1) fußende Überwachung und Bestrafung.

Doch hierbei sind nicht alle gleich. Wer sich hierzulande scheinbar keiner ernsthaften Überprüfung des Emissionsausstoßes unterziehen muss, sind die Bundeswehr und die Rüstungskonzerne. Bei den Rufen nach Waffenlieferungen in die Ukraine spielen CO2-Ausstoß und Klimaverträglichkeit überhaupt keine Rolle mehr. Zwar gibt es Bestrebungen, die Bundeswehr klimaneutral zu gestalten, aber das ist mindestens genauso paradox wie das weiter oben bereits erwähnte klimaneutrale Böllern. Eine Armee verträgt sich naturgemäß nun mal nicht mit Naturschutz. Selbst vorindustrielle Armeen wie das römische Heer richteten durch ihre für militärische Zwecke breitflächige Rodung enorme Umweltschäden an.

Nichtsdestotrotz wird nun daran gearbeitet, das Grün der Camouflage-Farben auch mit dem Grün des Ökologischen zu verknüpfen. So stellte im Herbst 2020 der Rüstungskonzern Flensburger Fahrzeugbau GmbH (FFG) seinen elektrisch betriebene Panzer vor. Und auch die Bundeswehr veranstaltet Nachhaltigkeitstage zum Thema Klimaschutz und Elektromobilität. Auf instagram gibt die Bundeswehr ehrlich zu, dass nichts „dem Klima und der Umwelt so sehr (schadet) wie der Krieg“, doch anstatt sich selbst infrage zu stellen, brüstet man sich auf Social Media unter dem Hashtag #ÖkoTruppe mit folgenden kosmetischen Korrekturen:

„An unseren Standorten arbeiten wir seit Jahren daran, die eigene Umwelt- und Klimabilanz zu verbessern. #Mülltrennung, #Naturschutz auf Truppenübungsplätzen, #Geothermie und Solaranlagen in den Liegenschaften — Diverse Dienstposten bei der Bundeswehr haben etwas mit #Klima- oder #Umweltschutz zu tun.“

Das ist wirklich Greenwashing im höchsten Schleudergang. Auf den Truppenübungsplätzen blitzen die Geschosse, donnern die (Elektro-)Panzer, regnen die Granatsplitter — aber Hauptsache in der Kaserne werden Plastik, Papier und Obstschalen getrennt entsorgt und der Strom über Solaranlagen geliefert, sofern die Sonne durch den Dunst der explodierten Geschosse durchdringt. Und die „Oberhauptsache“ ist, dass Sie als Bürger bitte sich selbst und Ihre Wäsche nicht zu heiß waschen.

Bei diesem ungleichen Beäugen zwischen Bürger und Militär wäre an dieser Stelle doch einmal interessant zu erfahren, inwieweit das CO2-Budget der Bundeswehr — im Falle einer Drei-Tonnen-Obergrenze — überschritten wäre. 2021 emittierte die Bundeswehr 1,71 Millionen Tonnen CO2 gegenüber 1,45 Millionen Tonnen im Jahr 2019. Das entspricht einem Plus von rund 18 Prozent. Man bewegt sich also in die entgegengesetzte Richtung. Bei rund 180.000 Soldaten entspricht das einem Pro-Kopf-Ausstoß von 9,5 Tonnen CO2, beziehungsweise einem „CO2-Dispo“ von 6,5 Tonnen, wenn die anvisierten drei Tonnen Budget realisiert werden würden. Würde man zum monetären Ausgleich den gleichen Preis wie bei eBay ansetzen — einen Euro pro 44,6 Kilogramm —, käme man auf eine Ausgleichszahlung von 38,3 Millionen Euro. Mit der als „Sondervermögen“ deklarierten Neuverschuldung von 100 Milliarden Euro für militärische Zwecke mag das ein Klacks — 0,03 Prozent — sein, aber denken Sie als Normalverdiener an diese Zahlen, wenn Sie das nächste mal mit CO2-Spartipps behelligt werden.

Und zum Ende wenden wir uns der wohl bizarrsten Blüte des Klimaschutz-Wahns zu: dem Geburtenstreik. Am Geburtenstreik beteiligen sich junge Frauen, die sich zur Rettung des Planeten weigern, Kinder in die Welt zu setzen. So erfahren wir in dem verlinkten SZ-Artikel:

„Verglichen mit anderen Aktionen, die Experten bisher für effektiv hielten wie Wäsche zum Trocknen aufhängen (spart 0,21 Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr) spart pflanzliche Ernährung 0,3 bis 1,6 Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr, jeder Flug, den man vermeidet (je nach Dauer) 0,7 bis 2,8, der Verzicht aufs Auto 1 bis 5,3 Tonnen pro Jahr, aber der Verzicht auf ein Kind: 23,7 bis 117,7 Tonnen CO2-Äquivalent-Ausstoß pro Jahr, je nach Alter und Lebensumständen des Kindes.“

Sie brauchen keinen Taschenrechner, um zu erkennen, was dies im Konkreten für den Kinderwunsch bedeutet:

Bei einem CO2-Budget von 3 Tonnen CO2 pro Kopf darf sich niemand mehr den Kinderwunsch erfüllen.

Hier zeigt sich in aller Deutlichkeit die Menschenverachtung hinter der Pseudo-Planetenrettung.

Neugeborene Menschen, Lebewesen, werden in einer Reihe mit Wäschetrocknen, pflanzlicher Ernährung, Auto- und Flugreisen genannt, ganz so, als seien sie selbst nur irgendein „Ding“ oder wie es eine im Dauer-Geburtenstreik befindliche Frau im Öffentlich-Rechtlichen ganz unverhohlen ausdrückte: „ein Konsument und Ressourcenverbraucher“.

Da ist sie dahin, die Menschenwürde, die Lehre vom Humanismus, die Aufklärung ganz im Allgemeinen. Zusammen verramscht mit CO2-Zertifikaten. Der Mensch ist in dieser abscheulichen Anschauung nicht mehr wie dereinst bei Immanuel Kant ein Selbstzweck, ja nicht einmal mehr ein Mittel zu einem Zweck, sondern nur noch ein entwürdigter Organismus, der in zu großer Anzahl auf dem Planeten selbigen zerstören würde.

Wenn die selbsternannten Weltenretter in dieser Weise auf das Leben blicken und ihr eigenes in das Korsett eines CO2-Budgets zwängen — was ist das dann für eine Welt, die sie retten möchten?

Quellen und Anmerkungen:

(1) Vergleiche Unger, Raymond: „Vom Verlust der Freiheit: Klimakrise, Migrationskrise, Coronakrise“, München, 2021, Europa-Verlag, Seite 321ff.

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Dank an den Autor und den Rubikon für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 26. Januar 2023 im Rubikon - Magazin für die kritische Masse.

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Bildquelle: engel.ac/ shutterstock


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