
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
An dieser Stelle keine Erklärungen zu tagesaktuellen Themen, sondern Hintergründe und Fakten der letzten Zeit, welche den Hörern und Lesern ermöglichen sollen, tagesaktuelle Meldungen selbst richtig einzuordnen. Heute zum Thema, was der Waffenstillstand zwischen Israel und dem Iran bedeutet, und was für die Zukunft in der Region zu erwarten ist.
Eine israelische Internetseite behauptete am 26. Juni, dass der nächste Krieg bereits begonnen habe.
„Der zweite Krieg mit dem Iran hat begonnen – die nächste Etappe. General Amir Baram vom israelischen Verteidigungsministerium besichtigte Rafael gemeinsam mit dem Vorsitzenden Yuval Steinitz und Generaldirektor Yoav Turgeman, dankte allen Beteiligten und erklärte: ‚Der Staat Israel muss jetzt eine beschleunigte Beschaffungskampagne starten.‘ Der Iran hat seine Ambitionen nicht aufgegeben.“(1)
Genau genommen wurde berichtet, dass sich Israel vorbereite, die Lehren aus dem letzten Krieg in Taten umzusetzen, damit die nächste Phase des Krieges „noch“ erfolgreicher verlaufen könne. Damit hatte der Iran seinen Minsk2-Moment. Aber dort war man auch nicht untätig geblieben.
Der chinesische Verteidigungsminister war in China abgelichtet worden, wie er in einem chinesischen Kampfjet saß. Was wieder deutlich machte, dass der Iran möglicherweise doch ähnliche Gedanken hatte, wie weiter früher ausgedrückt, nämlich chinesische Jets zu kaufen, weil Russland mit der Lieferung zögerte. Es handelte sich um das gleiche Flugzeug, was sich anscheinend in Pakistan bewährt hatte, und erfolgreich gegen israelische Bomber bewährt hatte, jedoch nicht gegen die F-35. Gegen letztere könnte der J-10 der Chinesen trotzdem Chancen haben, da die chinesischen Luft-Luft-Raketen in der Reichweite den US-Raketen überlegen waren.
(Am 26. Juni erschien ein Artikel in defense mirror, dass aufgrund der Lieferverzögerungen Russlands, der Iran nun die J-10C bestellen wolle.(2) Wobei der erfolgreiche Einsatz der neuen Flugzeuge nicht von heute auf morgen zu erreichen wäre.)
Trump seinerseits postete Videos mit Liedern, die das Bombardieren des Iran feierten und das Steinewerfen auf Moscheen zeigten. Was wohl als Drohung gegen den Iran gedacht war. Was den Kommandeur der Revolutionsgarden IRGC im Iran zu der Äußerung veranlasste, dass der Iran gegen jede Aggression Israels oder der USA mit Gewalt antworten werde(3).
Generalmajor Mohammad Pakpour war noch am Tag der Ermordung seines Vorgängers Hossein Salami am 13 Juni zum Oberkommandierenden aller Teilstreitkräfte ernannt worden. Die Strategie Israels, den Widerstand „kopflos“ zu machen, war im Iran schon früher zur Kenntnis genommen worden. Und für jeden Kommandeur gab es eine automatische Nachfolgeregelung. Jeder Kommandeur war sich bewusst, auf der Todesliste Israels zu stehen.
Das „Libanon-Modell“
Und tatsächlich las man im Internet, dass der Verteidigungsminister das Modell „Libanon“ anwenden wollte. D.h. je nach Belieben zu Bombardieren, und zu morden, wenn man „eine Gefahr für Israel“ identifiziert hat. Das wurde von verschiedenen Benutzern(4) auf X gemeldet.(5)
Nachrichtenartikel von westlichen Quellen wie CNN und der Jerusalem Post lieferten unterstützende Kontextinformationen, verwendeten aber nicht immer die genaue Formulierung „Libanon-Modell“. Was demnach möglicherweise eine Interpretation war. So hieß es beispielsweise in einem CNN-Artikel vom 27. Juni:
„Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz sagt, er habe das Militär angewiesen, nach dem zwölftägigen Konflikt einen ‚Durchsetzungsplan‘ gegen den Iran vorzubereiten. Dieser umfasst die Aufrechterhaltung der Luftüberlegenheit, die Verhinderung des Ausbaus der Atomwaffen und der Raketenproduktion sowie Maßnahmen gegen den Iran wegen der Unterstützung terroristischer Aktivitäten.“(6)
Ein weiterer Artikel der Jerusalem Post vom 8. Mai zitierte Katz mit den Worten:
„Was Israel der Hisbollah in Beirut angetan hat, wird es auch dem iranischen Regime in Teheran antun.“(7)
Dies deutete auf eine ähnliche Strategie hin, also die Lehren aus dem Libanon auf den Iran zu übertragen. Dies stützte die Annahme, dass das „Libanon-Modell“ fortgesetzte Angriffe nach dem Waffenstillstand vorsah, wie dies im Libanon mit der Hisbollah der Fall war.
Ein Reuters-Artikel vom 24. Juni erwähnte ebenfalls Katz‘ Befehl an das Militär, energisch auf den angeblichen Waffenstillstandsbruch des Irans zu reagieren, erwähnt das „Libanon-Modell“ jedoch nicht explizit.(8)
An das Libanon-Modell hatte vermutlich auch die Regierung des Iran gedacht, weshalb sie erklärte, keinen formellen Waffenstillstandsvertrag abgeschlossen zu haben. Der Iran hatte lediglich erklärt, keine Raketen zu mehr zu schicken, wenn Israel aufhörte, zu bombardieren. Was ja dann auch geschehen war.
Man durfte also sicher sein, dass nun die Kolonialländer ihr Lieblings-Kolonialprojekt wieder so weit aufmunitionieren werden, dass es den nächsten Waffengang mit dem Iran siegreich beenden konnte.
Trumps Deal mit Netanjahu?
Am 26. Juni erreichte die erstaunte Weltöffentlichkeit, ebenso wie konsternierte Israeli die Nachricht, dass die USA sich in die inneren Angelegenheiten mit Drohungen von Sanktionen einmischten.
„Trump fordert Aufhebung des Netanjahu-Prozesses: ‚Die USA werden Bibi retten.‘ In einem beispiellosen Angriff auf die Generalstaatsanwaltschaft bezeichnete Trump den Prozess gegen Netanjahu als politischen Prozess und forderte dessen Aufhebung. Trump fügte hinzu, die Vereinigten Staaten würden ‚Bibi Netanjahu retten‘.“(9)
Analysten vermuteten, dass dies Teil eines Deals war, den Trump mit Netanjahu geschlossen hatte, um den Waffenstillstand mit dem Iran, und möglicherweise der Hamas, zu erreichen. Denn nach einer Lobestirade über den unvergleichlichen Premierminister fügte Trump hinzu:
„Jeder andere hätte Verluste, Schande und Chaos erlitten.“
Gefolgt von weiteren Lobeshymnen, und eindeutigen Lügen über den „Erfolg“ des Krieges für Israel.
Die Vermutung war, dass Netanjahu dem Waffenstillstand zustimmte, und Trump ihn dafür aus der Gefahr befreite, die aus Korruptionsverfahren herrührten. Was ihm die Möglichkeit geben würde, den Status des „Ewigen Krieges“ aufzugeben, ohne anschließend ins Gefängnis gehen zu müssen. Und tatsächlich las man am 29. Juni, dass das gerichtliche Anhörungsverfahren von Netanjahu durch die israelische Justiz auf unbestimmte Zeit vertagt worden war.(10)
Darüber hinaus sah man einen Gaza-Waffenstillstand offensichtlich näher kommen. Und die ersten Hilfslieferungen, wenn auch nur Tropfen auf den heißen Stein, wurden diesmal nicht von den ISIS-Banden, die sich mit der IDF koordiniert hatten, gestohlen, weil sie von mit Stöcken bewaffneten Angehörigen von Clans beschützt worden waren. Und offensichtlich wurde diese Hilfe von der zivilen Verwaltung des Gazastreifens verteilt, nicht von den Todesschwadronen der vermutlich vom Mossad gegründeten NGO. Was allerdings eine Regierungskrise auslöste. Denn die extremsten Teile der Regierung drohten Netanjahu, die Regierung zu sprengen.
„Unter dem Radar: Smotrich drohte mit dem Sturz der Regierung – So reagierte Netanjahu. -Premierminister Netanjahu und Verteidigungsminister Katz wiesen die israelischen Streitkräfte an, innerhalb von 48 Stunden einen Aktionsplan vorzulegen, um zu verhindern, dass die Hamas die Hilfsmaßnahmen im Gazastreifen übernimmt. Dies geschah nach einem Ultimatum von Finanzminister Smotrich.“(11)
Netanjahu war „der gute Cop“, Smotrich und andere „der böse Cop“. Aber irgendwann musste das enden. Und Netanjahu wollte sich durch die Hilfe von Trump versichern, nicht ins Gefängnis zu wandern, wenn das Spiel endete. So war die Analyse am 26. Juni.
In einem interessanten Video erklärte Alex Krainer, dass Donald Trump tatsächlich versuchte, gegen die Hardliner in den USA sich „an die Spitze der Stampede“ zu stellen, um diese vom Kurs abzubringen, statt durch sie zertrampelt zu werden. Und dass Trump vorbereitete, dass die USA Teil der neuen multipolaren Welt wurde. Und ein Teil der Planungen war, wie man Israel davon abhalten könnte, die Samson-Option, also einen Atomkrieg auszulösen.(12)
Trumps Rettungsleine für Bibi
Die Vermutung wurde Ende Juni immer stärker, dass Donald Trump einen Deal mit Netanjahu abgeschlossen hatte, der über den Waffenstillstand mit dem Iran hinausging. Alles deutete darauf hin, dass Trump erreichen werde, dass die israelischen juristischen Verfahren gegen Netanjahu eingestellt werden, und dass sich Netanjahu im Gegenzug aus der Politik Israels zurückziehen sollte. Teil des Deals war der Vermutung nach auch das Ende des Völkermords in Gaza.
Zuerst Maariv Online, dann NPR bzw. AP berichteten am 29. Juni, dass Trump einen sofortigen Waffenstillstand für Gaza forderte(13).
„US-Präsident Donald Trump drängte am Sonntag auf Fortschritte bei den Waffenstillstandsgesprächen im 20-monatigen Gaza-Krieg, da Israel und die Hamas einer Einigung näher zu kommen scheinen.
Ein hochrangiger Berater von Premierminister Benjamin Netanjahu, Ron Dermer, sollte diese Woche zu Gesprächen über einen Waffenstillstand nach Washington reisen, so ein israelischer Beamter. Es gebe Pläne für Netanjahus Reise dorthin in den kommenden Wochen, ein Zeichen dafür, dass es Fortschritte bei einer Einigung geben könnte. Der Beamte lehnte es ab, sich zum Schwerpunkt des Besuchs zu äußern und sprach unter der Bedingung der Anonymität über noch nicht abgeschlossene Pläne.
‚MACHT DEN DEAL IN GAZA. HOLT DIE GEISELN ZURÜCK!!!‘, schrieb Trump am frühen Sonntag in den sozialen Medien. Am Freitag weckte Trump die Erwartungen an eine Einigung und sagte, es könne innerhalb der nächsten Woche zu einer Einigung kommen.“(14)
Am gleichen Tag hatte Netanjahu ein Treffen mit dem Inlandsgeheimdienst Shin Bet, und äußerte anschließend Zuversicht hinsichtlich eines „Deals“ wegen Gaza. Was allerdings schon des Öfteren bei Menschen falsche Hoffnungen ausgelöst hatte. Zuerst N12, dann CNN(15) berichteten unter der Behauptung, dass neue Möglichkeiten sich eröffnet hätten, die Geiseln zu befreien.
„In einer Rede in einer Einrichtung des israelischen Geheimdienstes Shin Bet im Süden Israels sagte Netanjahu am Sonntag: ‚Wie Sie wahrscheinlich wissen, eröffnen sich nach diesem Sieg viele Möglichkeiten. Erstens die Rettung der Geiseln. Natürlich müssen wir auch die Gaza-Frage lösen und die Hamas besiegen, aber ich bin überzeugt, dass wir beides schaffen werden.‘ Netanjahus Äußerungen sind eines der ersten Male, dass er der Rückkehr der Geiseln klar Vorrang vor der Niederlage der Hamas einräumt – und diese scheinbar herunterspielt.“(16)
Der Artikel wies darauf hin, dass Netanjahu bis zu diesem Moment immer von einem „totalen Sieg“ gesprochen habe, und die Niederlage der Hamas das oberste Ziel war, nicht die Freilassung der Geiseln. Was ihm innerhalb Israels viel Kritik, vor allen Dingen von den Familien der Geiseln eingebracht hatte.
Die Familien der Geiseln wurden von CNN daraufhin zitiert mit den Aussagen: „Was wir brauchen, ist Freilassung, nicht Rettung. Dieser Unterschied von einem Wort könnte für die Geiseln den Unterschied zwischen Rettung und Verlust bedeuten“.
An anderer Stelle in seiner Rede habe Netanjahu auch gesagt, dass sich „größere regionale Möglichkeiten eröffnen“, was CNN als einen offensichtlichen Hinweis auf die Bemühungen zur Ausweitung der Abraham-Abkommen ansah. Da es jedoch keinen diplomatischen Durchbruch gab, so der Artikel, wurde die Bombardierung Gazas durch das israelische Militär im Rahmen seiner erweiterten Militäroperation fortgesetzt.
„Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden am Wochenende mehr als 150 Palästinenser bei israelischen Angriffen getötet. Die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) erließen außerdem Evakuierungsbefehle für den Norden Gazas, wodurch vertriebene Palästinenser gezwungen waren, in immer kleinere Gebiete entlang der Küste zu ziehen.“(17)
Zwischen den Zeilen konnte man bei CNN eine deutliche Veränderung des Tons gegenüber der israelischen Politik feststellen.
Unter der Überschrift „Ein Friedensvorschlag, doch die Morde gehen weiter“ berichtete CNN dann weiter, dass der jüngste Vorschlag des US-Gesandten Steve Witkoff einen 60-tägigen Waffenstillstand und die Freilassung von zehn lebenden und 18 verstorbenen Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene vorsah. In diesem Zeitraum würden beide Seiten Verhandlungen über ein umfassendes Waffenstillstandsabkommen aufnehmen, das den Krieg beenden würde – eine zentrale Forderung der Hamas im Rahmen eines jeden Abkommens.
Die Hamas habe sich stärkere Garantien für einen dauerhaften Waffenstillstand erhofft. Israel jedoch sich bisher geweigert, einem dauerhaften Ende des Konflikts zuzustimmen, da es seine Kriegsziele – die Zerstörung der Regierungsfähigkeit der Hamas und die Entwaffnung des Gazastreifens – verfolgte, las man in dem Artikel. Israels Erfolg bei seinen Militäroperationen gegen den Iran hätten jedoch möglicherweise ein neues Zeitfenster für Verhandlungen eröffnet, eine Gelegenheit, die die Verhandlungsführer zu nutzen versuchten. Die Autoren wiesen darauf hin, dass nun auch das Militär empfehle, einen „diplomatischen Weg“ einzuschlagen.
Der Bericht endete mit der Beschreibung von Aktionen der IDF, die auch zu diesem Zeitpunkt zu vielen zivilen Opfern, ohne militärische Wirkung, führte.
Alles deutete darauf hin, dass Trump ein Paket gepackt hatte, das einerseits Netanjahu vor Gefängnis retten, andererseits den Krieg gegen den Iran unterbrechen und endlich den Völkermord in Gaza beenden sollte.
Die israelische Internetseite Walla berichtete, dass es drei Möglichkeiten gebe, die juristische Verfolgung Netanjahus zu beenden, damit endlich ein Friedensprozess beginnen konnte (18).
Die erste Option sei ein Vergleich. Ein Vergleich, auch in Israel, war eine Vereinbarung zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten. (Im Rahmen des Vergleichs erkennt der Angeklagte einige der Anklagepunkte an, im Gegenzug lässt die Staatsanwaltschaft einige der Anklagepunkte fallen. Die Parteien einigen sich außerdem auf die Höhe des Strafmaßes, das die Staatsanwaltschaft vom Gericht fordert. Ein Vergleich muss vom Gericht genehmigt werden, bei dem die Vereinbarung eingereicht wird. In sehr seltenen Fällen wird die Vereinbarung vom Gericht nicht genehmigt.) Bisher, so der Bericht, hatte Netanjahu alle Vergleichsvorschläge abgelehnt, weil sie seinen Rückzug aus der Politik beinhaltet hatten. Schließlich waren alle vorgeworfenen Rechtsbrüche eng mit dem politischen Amt verbunden gewesen.
Die zweite Option sei die Vermittlung, Mediation, berichtete die Seite. Ein Mediationsverfahren ist ein Verfahren, in dem ein amtierender Richter alle im Fall vorgetragenen Beweise und Zeugenaussagen prüft und den Parteien eine Möglichkeit zur einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens bietet. Der Verteidiger von Shaul Elovitch, Rechtsanwalt Jacques Chen, so der Artikel, habe vorgeschlagen, den Fall während des laufenden Verfahrens in eine Mediation zu überführen – ein Vorschlag, den auch die Richter machten. Generalstaatsanwalt und Staatsanwaltschaft lehnten dies ab.
Die dritte Option sei Amnestie. Das andere Verfahren, durch das der Fall abgeschlossen werden könne, sei die Begnadigung durch Präsident Yitzhak Herzog. Der Präsident war befugt, auch während des laufenden Verfahrens eine Begnadigung auszusprechen und benötigte dafür die Unterschrift des Justizministers. Herzog seinerseits bestand darauf, dass der Fall im Rahmen eines Vergleichs abgeschlossen werden sollte, während das Begnadigungsverfahren mit einem Antrag des Angeklagten beginne, berichtet die Seite. Herzog betonte, er habe noch gar keinen formalen Antrag erhalten.
Diese drei Optionen wurden den Berichten zufolge intensiv zwischen höchsten Richtern und Vertretern von Netanjahu diskutiert. Aber ein Rückzug aus der Politik wäre die vollständige Kapitulation Netanjahus vor der Hamas. Aber es sollte noch schlimmer kommen.
Eine israelische Zeitung berichtete, dass die Mitglieder der Likud-Partei schockiert waren über eine Aussage des Abgeordneten und Mitglied des Sicherheitsrates Amit Halevi, der erklärte:
„Operation Gideon Chariots hat kein einziges unserer Ziele erreicht. … Hamas ist auf dem Höhepunkt seiner Macht, kontrolliert Gelände, die Bevölkerung, die Ressourcen.“(19)
Wenn man weiter las, verstand man aber, dass er das „humanitäre Vorgehen“ der IDF als Grund ansah.
Und tatsächlich intensivierten sich die Angriffe des Widerstandes gegen die IDF im Gaza-Streifen. Und immer mehr Soldaten fielen diesen Gegenangriffen der Hamas zum Opfer. Ohne Luftwaffe oder Luftabwehr, nur mit leichten Infanteriewaffen kämpften die Widerstandskämpfer gegen Panzer und gepanzerte Fahrzeuge und führten sogar komplizierte koordinierte Aktionen durch.(20) Die Bombardierung und Ermordung, gezielte Erschießung von Zivilisten, einschließlich Kindern war offensichtlich die Rache der IDF für ihre Hilflosigkeit, die Kämpfer des Widerstandes „auszulöschen“.
Netanjahu stand vor dem Eingeständnis der totalen Niederlage. Im Irankrieg hatte er kein einziges seiner Ziele erreicht, und offensichtlich in Gaza, außer Hunderttausende getötet und verwundet zu haben, auch keines der offiziellen Ziele. Denn der Völkermord war ja angeblich kein offizielles Ziel, aber das einzige, das erreicht worden war.
Die Jerusalem Post erklärte in einem Leitartikel, dass es nun Zeit sei für Netanjahu, zurückzutreten. Denn, so das Blatt, die „existentielle Bedrohung“ sei vorbei. Gemeint war die angebliche Bedrohung durch den Iran.
Doch keine B2 über Isfahan
Am 28. Juni verbreitete die Times of Israel die Nachricht, dass entgegen früheren Berichten die USA keine Bunker Buster Bomben in Isfahan eingesetzt hatte. Wie ursprünglich für alle Angriffsorte vermutet, waren über Isfahan lediglich Marschflugkörper von U-Booten eingesetzt worden.
„Die USA haben die Bunker brechende Bombe ‚Massive Ordinance Penetrator‘ [MOP] nicht auf die Atomanlage in Isfahan abgeworfen, da diese so tief unter der Erde lag, dass sie wahrscheinlich nicht wirksam gewesen wäre, berichtet CNN unter Berufung auf Äußerungen eines hochrangigen US-Generals gegenüber Senatoren am Donnerstag. Der CNN-Bericht zitiert drei Personen, die die Äußerungen des Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs, General Dan Caine, mitgehört hatten, und eine vierte, die über die Äußerungen informiert wurde. Bei ihren Angriffen auf iranische Atomanlagen am vergangenen Wochenende setzten die USA stattdessen Tomahawk-Raketen ein, die von einem U-Boot abgefeuert wurden, um die Anlage zu treffen, wo nach Ansicht von US-Beamten 60 Prozent der iranischen Vorräte an angereichertem Uran gelagert sind.“(21)
Ein weiterer Hinweis darauf, dass der US-Angriff von Trump, wie seinerzeit der Angriff gegen Syrien, nach Vorwarnung erfolgte, und gedacht war, den Druck aus den Forderungen der US-Israel-Lobby zu nehmen. Tatsächlich aber eher symbolisch war. So wie dann der abgesprochene Vergeltungsangriff des Iran.
Der zweite Krieg zwischen Israel und dem Iran hatte nicht begonnen, sondern der erste war noch nicht beendet. Es gab keine formelle Vereinbarung über einen Waffenstillstand. Und Israel hatte sich das Recht eingeräumt, jederzeit den Iran bombardieren zu dürfen. Was es natürlich erst wagen wird, wenn die westlichen Länder das Land wieder mit ausreichend Bomben und Raketen ausgestattet haben.
Der Iran seinerseits hat als einzigen Verbündeten, der bereit war, militärisch zur Hilfe zu eilen, den Jemen. Alle anderen Länder hatten sich auf verbale Beschuldigungen gegenüber Israels beschränkt. Ob dies tatsächlich durch die Nichtanforderung von Hilfe aus Teheran, oder Angst vor Reaktionen aus Washington der Fall war, könnte zu Spekulationen verleiten.
Insbesondere Russland hat, aufgrund des großen Anteils an russischsprachigen Israelis, weiterhin Israel nur äußerst zaghaft kritisiert. Und Indien, dessen nationalistische Regierung gerne das Palästina-Modell im eigenen Land umsetzen würde, unterstützte Netanjahu offen, und widersetzte sich in BRICS und SZO gegen eine gemeinsame Erklärung, welche Israel eindeutig verurteilte. China, das 80% oder 90% des iranischen Öls abnimmt, welches aber nur eine einstellige Menge des gesamten Bedarfs darstellt, hatte noch die deutlichsten Worte gefunden. Aber anscheinend auch davon abgesehen, die beiden Spionageschiffe vor der Küste mit der iranischen Regierung zu koordinieren.
Mit anderen Worten: Der Iran ist, wie seit der Revolution von 1979 auf sich selbst gestellt. Und diese Erkenntnis hat das Land ganz offensichtlich zusammengeschweißt. Wie man an der riesigen Beteiligung der Bevölkerung an den Trauerfeierlichkeiten für die getöteten Wissenschaftler und Kommandeure und deren Familien sehen konnte. Keines der Bündnisse, von welchem man direkte Hilfe erwartet hätte, war wirklich aktiv geworden. Wir wissen nicht, ob das überhaupt nötig war. Denn der Iran selbst behauptete, nur 5% seiner Fähigkeiten eingesetzt zu haben. Aufklärung wird die Fortsetzung des Krieges bringen. Denn dass er weitergehen wird, daran besteht kein Zweifel. Die Frage ist nur wann.
Warum geht Krieg weiter?
Es ging nie um „die Bombe“, es ging immer um RegimeChange. Und ähnlich wie in Syrien angeblichem Giftgas, oder ähnlich wie im Irak und seinen angeblichen „Massenvernichtungswaffen“, ist beim Iran die ständige Behauptung „sie bauen die Bombe“, das Projekt „RegimeChange“. Und das Projekt werden die USA mit ihren Verbündeten nicht aufgeben, solange es nicht eine gravierende Niederlage des imperialen Systems gibt. Aber um das zu verhindern, rüstet die EU gerade wie verrückt auf. Und wenn es nicht zu einer Niederlage des Westens kommt, innerhalb der nächsten 20 Jahre, wird der Iran durch ständige Angriffe, Korruption und Morde so unterminiert werden, wie die vorherigen Opfer.
Wenn Sie also Nachrichten über die Region hören, denken Sie immer daran.
Quellen und Hinweise:
Der Autor twitter zu tagesaktuellen Themen unter https://x.com/jochen_mitschka
(1) https://youtu.be/wpvAzliBSDY?si=tD1UvWZPKQWsIQn4&t=55
(2) https://www.defensemirror.com/news/39752/Iran_Considering_Chinese_J_10C_Fighter_Jets
(4) https://x.com/UKR_Report/status/1938603523890925810
(5) https://x.com/Defence_Index/status/1938617692560470444
(6) https://edition.cnn.com/world/live-news/israel-iran-conflict-us-trump-06-27-25-intl-hnk
(7) https://www.jpost.com/breaking-news/article-853116
(9) https://youtu.be/wpvAzliBSDY?si=L2ztcykLS_3kh878&t=399
(10) https://x.com/SprinterObserve/status/1939341469825081468
(11) https://youtu.be/wpvAzliBSDY?si=HmQ6xBh9EvRddcB5&t=970
(12) https://www.youtube.com/watch?v=koAV4PaepYA
(13) https://www.npr.org/2025/06/29/nx-s1-5450133/trump-gaza-netanyahu
(14) Ebd.
(15) https://edition.cnn.com/2025/06/29/middleeast/netanyahu-hostages-opportunity-iran-intl-latam
(16) Ebd.
(17) Ebd.
(18) https://www.youtube.com/live/vdtz0lUY_k0?si=Lh5sX8uD5947FMyb&t=574
(19) https://youtu.be/gjsOByxdAf8?si=oBb44u-py6sGlPzD&t=54
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Bildquelle: saeediex/ shutterstock
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