Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Washington hat seinen schmutzigen Krieg in Syrien gewonnen; vorerst. Der syrische Präsident al-Assad wurde gestürzt und durch den al-Kaida-Terroristen Abu Mohammad al-Julani ersetzt, der von den USA offiziell steckbrieflich gesucht, aber zugleich von der CIA militärisch unterstützt wurde.
Was 2011 als geheime CIA-Operation mit dem Schmuggel von Waffen und Dschihadisten von Libyen nach Syrien begonnen hatte, wurde nun mit einem weiteren ekelerregenden Beispiel westlicher Doppelmoral und Heuchelei gekrönt, indem Terrorismus öffentlich verurteilt und zugleich über geheime Wege unterstützt wird.
Der Terroristen-Chef al-Julani, der neue Herr über Syrien, hat sich seinen Weg nach Damaskus über die Umwege von Al-Kaida und ISIS gebahnt. Inspiriert vom 11. September, schloss er sich ursprünglich Al-Kaida an, um gegen die USA im Irak-Krieg zu kämpfen. Er war ein enger Verbündeter des AI-Kaida Führers Abu Musab al-Zarqawi und gründete die Al-Kaida-Splittergruppe in Syrien in Zusammenarbeit mit ISIS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi.
Als immer mehr Amerikaner von der geheimen CIA-Operation in Syrien erfuhren, mit denen die islamistischen Halsabschneider unterstützt wurden, folgte Julani den Ratschlägen seiner westlichen Berater. Um die al-Kaida- und spätere Al-Nusra-Herkunft seiner Organisation zu verschleiern, nannte er sie um, erst in Jabhat Fateh al-Sham und schließlich zu Hayat Tahrir Al-Sham (HTS). Das erleichterte die Aufgabe der Desinformanten in den westlichen Medien, die Kämpfer der „neuen“ HTS-Organisation als „gemäßigte“ Rebellen oder Oppositionellen darzustellen.
Doch HTS war und ist alles andere als eine moderate Gruppe. Nach dem Zusammenbruch von al-Bagdadis ISIS-Kalifat konzentrierte sich al Julani erfolgreich darauf, die „arbeitslos“ gewordenen ISIS-Kämpfer in seiner HTS aufzufangen und unter seine Kontrolle zu bringen. Das US-Außenministerium ließ sich von al-Julanis Scharade wechselnder Namen jedoch nicht täuschen und veröffentlichte 2017 einen internationalen Steckbrief, der eine Belohnung von 10 Millionen Dollar für seine Ergreifung auslobte.
Derweil hatte Julani unter dem Schutz von Washingtons NATO-Verbündetem Türkei die letzten 10 Jahre die Idlib-Provinz im Nordwesten Syriens an der Grenze zur Türkei als brutal-islamistischer Alleinherrscher regiert. Ohne die türkischen Stützpunkte, die al-Julanis Territorium umgaben, hätten Syrien und seine Verbündeten, Russland, Iran und Hisbollah, die anhaltende Bedrohung durch Dschihadisten beseitigen können. Das Gegenteil war jedoch der Fall, denn während dieser Zeit war al-Julanis Provinz Idlib der größte uns sicherste Hafen für Dschihadisten auf dem Planeten und zog Terroristen aus allen Himmelsrichtungen an.
Seit al-Bagdadis ISIS-Kalifat zerschlagen war, waren die Frontlinien im syrischen Krieg größtenteils eingefroren. Dennoch setzten Washington und seine Verbündeten aus der westlichen Wertegemeinschaft erbarmungslos ihre Angriffe auf Damaskus fort. Die Türkei schützte Dschihadisten an Syriens nördlicher Grenze, die dort die Kurden terrorisierten. Israel führte wöchentliche Angriffe auf Assad und seine Verbündeten durch, die in den letzten Jahren sogar zivilen und diplomatischen Zielen in Damaskus galten. Tel Aviv bombardierte sogar den Flughafen Aleppo nach einem großen Erdbeben, um die Hilfe für die verzweifelten Bürger zu verhindern.
Die USA besetzten völkerrechtswidrig das östliche Viertel Syriens, wo sie Syriens wertvollste Ressourcen ausplünderten, denn diese Region ist nicht nur reich an Öl und Gas, sondern auch an Getreide. Dies alles wurde dem syrischen Volk vorenthalten. Stattdessen erlaubten die USA den Kurden, die Macht über die lokalen Araber auszuüben, was u.a. darin resultierte, dass die marodierenden kurdischen „Syrische Verteidigungskräfte“ (SDF) in der besetzten arabischen Region ein riesiges Foltergefängnis, bekannt als al-Hol-Camp, zu Unterdrückung der protestierenden lokalen Bevölkerung betreiben.
Zugleich führte Washington mit allumfassenden Sanktionen einen brutalen Wirtschaftskrieg gegen Syrien, der bewusst darauf abzielte, Damaskus am Wiederaufbau seiner kriegszerstörten Infrastruktur zu hindern. Die USA bombardierten auch Assads Verbündete in der Nähe der Grenze zwischen Irak und Syrien. Zudem stärkten die Türkei und die Ukraine in dieser Zeit die HTS-Truppen in Idlib.
Der lange eingefrorene Konflikt taute in den letzten zwei Wochen schnell auf. Im Einklang mit der Waffenstillstandsankündigung in Libanon marschierten al-Julianis Kräfte los, eroberten in kürzester Zeit zuerst Aleppo und nutzten fortschrittliche Drohnen, um schnell alle syrischen Kräfte zu überwältigen. Am vergangenen Sonntag zog Julani bereits in Damaskus ein und erklärte, dass die "Mudschahedin" den Krieg gewonnen hätten. Und Washington feierte, ebenso wie Berlin und andere US-Vasallenregierungen.
"Syrien ist frei. Die Rebellen haben gewonnen. Das Volk hat sich von der Tyrannei befreit. Die Freiheit hat gesiegt. Russland, Iran, Hizbollah & Assad haben verloren. Historisch! Der Weg vor Syrien wird nicht leicht sein. Aber er wird besser sein als die Vergangenheit. Die Welt sollte die Befreiung Syriens feiern und dabei helfen, dass es ein Erfolg wird",
schrieb Josh Rogin von der Washington Post auf X.
Der bekannte neo-konservative Kolumnist Max Boot schrieb:
"Assad, nach einem Vierteljahrhundert rücksichtsloser Herrschaft hat er das Land verlassen. Syrien war endlich frei."
Und sein nicht weniger bekannter, neo-konservativer Kollege Bill Krystol jubelte auf X:
„Der Sturz von Assad. An manchen Tagen kann man glauben, dass, obwohl der Bogen des moralischen Universums lang ist, er sich zum Guten neigt."
Natürlich geht es bei dem, was in Syrien passiert, nicht um die Syrer. Das wahre Ziel Washingtons war es, Damaskus zu schwächen, weil sie glaubten, dass dies wiederum Moskau und Teheran schwächen würde, zumal dadurch die Überlandverbindung zwischen Hizbollah im Libanon und Iran gekappt wurde.
Was als nächstes in Syrien passiert, wird wahrscheinlich nichts Gutes sein, vor allem nicht für die vielen Minderheiten, die unter Assad Schutz vor religiösen Fanatikern jeglicher Couleur genossen hatten. Doch Washington und seine Verbündeten stürzen sich wie hungrige Geier auf die Überreste Syriens.
Kurz nachdem Assad Damaskus verlassen hatte, kündigte der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu in Tel Aviv an, dass Israel eine "Pufferzone" im Südwesten Syriens einnehmen würde, damit die HTS-Terroristen von dort nicht Israel beschießen könnten. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Nachdem die Zionisten gemeinsam mit der Türkei den HTS-Terroristen zum Sieg in Syrien verholfen haben, nutzen nun die zionistischen Landräuber den Vormarsch der HTS als Vorwand, um sich weitere Landstriche Syriens unter den Nagel zu reißen. Auch die Türkei nutzte die Gelegenheit des Machtvakuums in Syrien und führte Luftangriffe auf eine kurdisch gehaltene Stadt im Norden Syriens durch.
Kein Zweifel, in den kommenden Tagen werden wir noch viel von den Falken in Washington hören, wie sie ihren Triumph in Syrien feiern. Im Weißen Haus diskutiert Bidens Stab zweifellos, wie man den Sturz Assads bestmöglich ausnutzen kann. Dies schließt zweifellos Überlegungen und Versuche ein, Russland von seinen Militärbasen an der syrischen Mittelmeerküste zu vertreiben.
Die größten Verlierer in Syrien sind das syrische Volk, das fast anderthalb Jahrzehnte lang einem brutalen und komplexen Krieg ausgesetzt war, und dessen Ende nicht in Sicht war. Sie wurden endlos von einer Reihe westlicher Länder bombardiert, von Flugzeugen der USA, der Türkei, Frankreichs, Englands, Hollands und regelmäßig von Israel. Alle hatten ihre eigenen geopolitischen Interessen. Das syrische Volk wurde absichtlich durch die USA ausgehungert und verarmt, um den Sturz Assads herbeizuführen, nur damit jetzt der vom US-Außenministerium immer noch steckbrieflich gesuchte Terrorist al-Julani in dem Land eine islamistische Tyrannei einrichten kann.
Jetzt sitzt ein in der Wolle gefärbter Al-Qaida-Terrorist auf dem Thron in Damaskus, und Washingtons Unterstützung für Tel Avivs Völkermord in Gaza hat ihm eine unerschöpfliche Quelle von anti-amerikanischem Hass frei Haus geliefert, aus der er zukünftige Kämpfer schöpfen kann. Dagegen hatte Assads Syrien keine Bedrohung für die USA dargestellt. Deshalb gehört auch die amerikanische Bevölkerung zu den Verlierern des Umsturzes in Syrien. Mehr amerikanische Leben und Ressourcen werden dafür verschwendet werden, um den al-Julani Diktator in Syrien zu stürzen. Aber der US-Militärisch-Industrielle-Komplex kann aufatmen, denn er wird ein neues Betätigungsfeld haben.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: Nicholas Ahonen / Shutterstock.com
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