Ein Auszug aus dem Buch »Geopolitik im Überblick« von Wolfgang Bittner.
Deutschland soll »kriegstüchtig« werden, und die Berliner Regierung hat astronomische Ausgaben für die Aufrüstung bereitgestellt. Denn angeblich will Russland nach der Ukraine Westeuropa erobern, auch wenn es dafür keinerlei Belege gibt und Putin solche Absichten niemals geäußert hat. Trotzdem wird in einem Maße hochgerüstet, dass inzwischen ein dritter Weltkrieg nicht mehr auszuschließen ist. Was aber zur gegenwärtigen prekären Lage geführt hat, scheint weder die Politik noch die meisten Medien zu interessieren. Hat Russland durch den Einmarsch in die Ukraine tatsächlich die »friedliche europäische Sicherheitsarchitektur« zerstört? Gab es nicht eine Vorgeschichte, die schlicht verschwiegen wird? Während Deutschland auf den wirtschaftlichen Ruin zusteuert, will Kanzler Friedrich Merz die Führung in der Russland herausfordernden NATO übernehmen. Es gibt kaum Widerstand gegen diese destruktive Politik, ebenso wenig gegen die übermäßige Reglementierung, Digitalisierung und Überwachung, den Weg nicht nur Deutschlands in den Totalitarismus. Wie aber steht es um die deutsche Souveränität? Und welche Folgen wird die sich global abzeichnende Verschiebung der Machtverhältnisse haben, nachdem sich viele Staaten der Dominanz der USA entziehen? Fragen, die auf den Nägeln brennen und die es zu beantworten gilt.
Nachfolgend ein Auszug aus dem Buch »Geopolitik im Überblick« – Erscheinungsdatum: 28. Juli 2025
Während die Wirtschaft der Exportnation Deutschland ruiniert wird, hat im März 2025 die Mehrheit der im Bundestag vertretenen Parteien der deutschen Bevölkerung eine ungeheure Schuldenlast aufgebürdet.[1] Am 18. März, wenige Wochen vor dem ersten Zusammentritt des neuen Parlaments, also in einer Übergangszeit, beschloss der Deutsche Bundestag nach einer kontroversen Debatte eine Änderung des Grundgesetzes und die Bewilligung einer Kreditaufnahme von etwa einer Billion Euro, verschlüsselt als »Sondervermögen« und »Aussetzung der Schuldenbremse«.
Beispiellose Hochrüstung
Dazu bedurfte es einer Zweidrittelmehrheit, die es im neuen Bundestag nicht mehr gegeben hätte. Die Eile, mit der sich die Befürworter dieser »Kriegskredite« innerhalb weniger Tage verständigten, kann als böses Omen für die Zukunft gelten. Beschlossen wurde ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die marode Infrastruktur und zur Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045.[2] Dafür musste das Grundgesetz geändert werden.[3]
Angeblich ist diese astronomische Summe vor allem für das Verkehrs- und Energienetz, Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser, Digitalisierung sowie den Ausbau und den Betrieb von Schulen und Kindergärten vorgesehen. Dass aber auch die Straßen und Brücken von West nach Ost »panzerfest« für die Durchleitung von schwerem Militärgerät gemacht werden sollen,[4] wird verschwiegen.
Des Weiteren wurde beschlossen, dass die Militärausgaben nicht mehr von der zuvor im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse begrenzt werden,[5] die vorsah, dass im Haushalt der Bundesrepublik Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich ohne Kreditaufnahmen auszugleichen seien. Künftig werden also unbegrenzte Ausgaben für die Vorbereitung auf einen Krieg möglich sein. Das ist eine Ungeheuerlichkeit, denn die Bevölkerung wird das bezahlen müssen; inzwischen ist von über 500 Milliarden Euro die Rede.[6] Aber wenn man im Frühjahr 2025 auf der Straße jemanden fragt, bekommt man zur Antwort: »Es wird wohl nötig sein, die Russen wollen uns ja angreifen.« Kriegsgeschrei allerorten, es ist zum Weinen.
Der seinerzeit designierte Bundeskanzler Friedrich Merz, der im Wahlkampf versprochen hatte, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten werde, und nun sein Versprechen brach, hielt vor der Abstimmung eine bösartige antirussische Rede, in der er faktenwidrig behauptete, Russland führe bereits Krieg gegen Deutschland: »Es ist ein Krieg gegen unser Land, der täglich stattfindet, mit Angriffen auf unsere Datennetze, mit der Zerstörung von Versorgungsleitungen, mit Brandanschlägen, mit Auftragsmorden…«[7] Verteidigungsminister Boris Pistorius, bekannt für seine kriegstreiberischen Äußerungen, warnte: »Wir dürfen keine Zeit verlieren … Wer heute zaudert, wer sich heute nicht traut, … der verleugnet die Realität.«[8]
Nur wenig Beifall erhielt die Co-Vorsitzende des BSW, Sahra Wagenknecht, die den Befürwortern der »Kriegskredite« vorhielt: »Früher war die Bundesrepublik ein wirtschaftspolitischer Riese, der sich außenpolitisch zurückhielt und deshalb internationales Ansehen genoss. Heute ist Deutschland auf dem Weg zum wirtschaftlichen Zwerg, und die dafür verantwortlichen Politiker kompensieren ihre Unfähigkeit durch außenpolitische Großmannssucht und beispiellose Hochrüstung.«[9] 512 Abgeordnete von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen stimmten für das Schuldenpaket, 206 der übrigen Parteien dagegen.
Die Aufhebung beziehungsweise Lockerung der Schuldenbremse fand Zustimmung selbst beim Deutschen Gewerkschaftsbund, der wie folgt argumentierte: »Deutschland spart sich kaputt. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Schuldenbremse. Sie verhindert Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und den Klimaschutz, die für unsere Zukunft wichtig sind. Deshalb ist es gut, dass Union und SPD angekündigt haben, die Schuldenbremse zu lockern und ein Sondervermögen für Investitionen zu schaffen.«[10] Kein Wort zu Hochrüstung, Sanktionspolitik und Hetze, was nach den bisherigen Erfahrungen mit der Gewerkschaft auch nicht verwundert.
Ein konstruiertes Bedrohungsszenarium
Dass für das Militär wahnwitzige Milliardenbeträge veranschlagt werden, wird mit angeblichen imperialistischen Bestrebungen Russlands begründet. Unterstellt wird, die baltischen Staaten und Polen seien bedroht und im Übrigen ganz Westeuropa.[11] Russland bereite sich nach seinem »brutalen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine« darauf vor, die NATO anzugreifen. An vorderster Front stehen Politiker wie Johann Wadephul (CDU), Roderich Kiesewetter (CDU), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Lars Klingbeil (SPD) oder Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen).
Aber auch andere in den USA im »Yale World Fellows Program« oder im »Global Young Leaders«-Progamm des Weltwirtschaftsforums als globale Führungskräfte geschulte Politiker warnen gebetsmühlenartig vor der Gefahr einer russischen Invasion, zum Beispiel die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaité,[12] die estnische Ex-Premierministerin Kaja Kallas und der lettische Präsident Edgars Rinkēvičs, der ein Studium an der Dwight D. Eisenhower School for National Security and Resource Strategy, einer militärischen Bildungseinrichtung der USA, absolviert hat.
Litauen hat 2,87, Estland 1,37, Lettland 1,87 Millionen Einwohner, aber ihre Vertreter stehen in der EU in vorderster Propagandafront gegen Russland. Dass in diesen Ländern die russischsprachige Minderheit unterdrückt wird, entwickelt sich zu einem immer größeren Problem. Dass die extrem russophobe Kaja Kallas 2024 EU-Außenbeauftragte und Vizepräsidentin in der EU-Kommission wurde, ist ein Skandal und kann als Beweis für die Einflussnahme antirussischer Kreise in Washington und Brüssel gelten.
Für die Behauptungen, Russland wolle Westeuropa angreifen, gibt es keinerlei Beweise. Es handelt sich um reine Propaganda, mit der ein Bedrohungsszenarium konstruiert wird, unterstützt mit Aussagen von sogenannten Experten und ideologisch vereinnahmten Wissenschaftlern, die in den Nachrichtensendungen und Talkshows das große Wort führen. Der Ukraine-Krieg soll bis zum letzten Ukrainer fortgesetzt werden, um Russland weiter zu schwächen. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, hat die Bedrohungslüge am 8. März 2025 nochmals bekräftigt: »Ein frühes Kriegsende in der Ukraine befähigt die Russen, ihre Energie dort einzusetzen, wo sie sie eigentlich haben wollen, nämlich gegen Europa.«[13] Die Hetze nimmt kein Ende.
In seiner Regierungserklärung am 14. Mai 2025, in der Friedrich Merz wiederholt die von Russland ausgehende Gefahr beschwor, versprach er: »Die Bundesregierung wird zukünftig alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die die Bundeswehr braucht, um konventionell zur stärksten Armee Europas zu werden.«[14] Anscheinend ist ihm entgangen, dass er sich mit dieser Aussage in Konkurrenz zum polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk befindet, der beabsichtigt, die polnische Armee zur größten Europas aufzurüsten.[15]
Statt abzurüsten, was vernünftig und nötig wäre, wird aufgerüstet und die Ukraine mit Waffen beliefert. Eine von dieser offiziellen deutschen Politik abweichende Ansicht vertrat der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder in einem Interview am 29. Dezember 2024: Man müsse darüber nachdenken, ob »Waffenlieferungen allein und die militärische Unterstützung der Ukraine« das Richtige seien. Denn der Ukraine-Krieg sei militärisch »kaum zu beenden«, weil Russland nicht dazu gezwungen werden könne. Außerdem sei der Krieg »durch Europa allein nicht zu beenden«, dazu bedürfe es der USA.[16] Schröder plädierte für Friedensverhandlungen und Abrüstung.
Das kam den Ex-Kanzler teuer zu stehen, wie sich schon bald zeigte. Die Sparkasse Hannover blockierte Überweisungen der Nord Stream 2 AG aus der Schweiz, bei der Schröder Vorsitzender des Verwaltungsrates ist.[17] Sie begründete ihre Maßnahme mit der Sorge vor Strafmaßnahmen wegen Verstoßes gegen Sanktionen. Zwar steht Schröder nicht auf einer Sanktionsliste, aber die Nord Stream 2 AG ist eine Tochtergesellschaft des sanktionierten russischen Gaskonzerns Gazprom. Es wird vermutet, dass die Zurückweisung der Zahlungen auf Druck des Hannoverschen Oberbürgermeisters Belit Onay (Bündnis 90/Die Grünen) erfolgt sein könnte, der seit Juni 2025 Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hannover ist. In den Medien wurde der Vorgang allgemein begrüßt. Die Titelzeile in der Bild-Zeitung lautete: »Sparkasse sperrt Schröders Konto für Russen-Geld.«

Quellen und Anmerkungen
Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. Er hat über 80 Bücher veröffentlicht, u.a. „Der neue West-Ost-Konflikt. Inszenierung einer Krise“ (2021), „Deutschland – verraten und verkauft“ (2021), „Ausnahmezustand. Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts“ (2023) sowie den Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“ (2019). Der vorstehende Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch „Geopolitik im Überblick. Deutschland-USA-EU-Russland“, das am 28. Juli im Verlag Hintergrund in der Reihe WISSEN KOMPAKT erscheint.
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[1] Vgl. www.tagesschau.de/eilmeldung/bundestag-finanzpaket-100.html
[2] Vgl. www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/finanzpaket-grundgesetz-aenderungen-100.html
[3] Neu ins Grundgesetz aufgenommen wurde der Artikel 143h.
[4] Vgl. https://dgap.org/de/forschung/publikationen/militaerische-mobilitaet
[5] Vgl. www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/finanzpaket-grundgesetz-aenderungen-100.html
[7] Online unter www.youtube.com/watch?v=i2xjcR3dPd8 [abgerufen 20. März 2025]
[9] Online unter www.youtube.com/watch?v=UxMJ8e9e91w [abgerufen 20. März 2025]
[10] Vgl. www.dgb.de/geld/investitionen/
[11] Vgl. www.deutschlandfunk.de/russland-nato-kriegsgefahr-100.html
[12] Vgl. www.spiegel.de/politik/ausland/litauen-praesidentin-dalia-grybauskaite-im-interview-a-1212292.html
[13] Vgl. https://rtde.org/europa/239158-ukrainische-ex-ministerpraesidentin-timoschenko-empoert/
[14] Vgl. www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/erste-regierungserklaerung-kanzler-merz-2347354
[15] Vgl. www.koha.net/de/bote/polonia-duhet-te-kete-ushtrine-me-te-madhe-ne-evrope-thote-tusk
[16] Online unter www.youtube.com/watch?v=PyIbTmgNCV8 [abgerufen 21. Mai 2025]
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bild: Tomahawk-Rakete
Bildquelle: Andy Gin / shutterstock
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