Ampelpolitik für Reiche | Von Susan Bonath

Mit moralinsaurer Propaganda verteilt die Bundesregierung nach oben um und verschärft damit die Armut.

Ein Kommentar von Susan Bonath.

Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Es betrifft eigentlich alles, was diese „grün“ verkleidete, in Wahrheit hart neoliberale Regierung so treibt. Angefangen bei ihren Bestrebungen zur „Energiewende“ bis hin zu ihrer Gesundheits-, Sozial- und Kriegspolitik. Verpackt in hübsche Gesetzesnamen und viel moralinsaures Geschwätz ruinieren diese Politiker und ihre Funktionäre mit Volldampf große Teile der Bevölkerung.

Umverteilung nach oben

Beginnen wir mit der geplanten Novelle des sogenannten Gebäudeenergiegesetzes, abgekürzt GEG, ab kommendem Jahr. Hauseigentümer sollen danach verpflichtend veraltete Gas- und Ölheizungen ― womit die allermeisten gemeint sind ― durch neue ersetzen, am besten durch eine sogenannte Wärmepumpe, also ein eigenes kleines Kraftwerk. Sie sollen binnen zwei Jahren die Fußböden, Wände und Dächer energieeffizient dämmen und Heizungsrohre in Kellern verkleiden.

Abgesehen davon, dass dies in vielen alten Häusern gar nicht möglich ist: Laut einer Umfrage des Verbandes der Immobilienverwalter verfügen nur 4 Prozent der Eigentümergemeinschaften über genügend Mittel, wie die Welt berichtete. Anders herum: 96 Prozent der Wohnungseigentümer können sich das wohl schlicht nicht leisten. Nicht jeder Eigenheimbesitzer ist schließlich Millionär, der, wie etwa Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), mal eben eine Villa in bester Lage erwerben kann.

Überhaupt verfügen nur gut 40 Prozent der Einwohner Deutschlands über Wohneigentum. Der größte Teil der Bevölkerung lebt also zur Miete. Die großen Immobilienkonzerne dürften sich die neuen Heiz- und Dämmvorschriften noch am ehesten leisten können. Ihnen wird wohl auch das größte Stück vom Kuchen geplanter staatlicher Fördermittel aus dem Steuertopf zuteilwerden. Mehr noch: Vermieter dürfen zusätzlich ein Drittel ihrer Sanierungskosten auf die Mieter umlegen.

So müssen fast 60 Prozent der Einwohner Deutschlands damit rechnen, dass ihre Kaltmieten weiter explodieren. Das tun sie schon länger, und zwar viel schneller, als die Löhne und Sozialleistungen steigen. Sehr viele Mieter gehören ohnehin zum ärmeren Teil der Bevölkerung.

Geht die Gesetzesänderung wie geplant durch, wird die Energiewende vor allem auf ihren Rücken ausgetragen ― wieder einmal. Will die Ampel etwa noch mehr Obdachlose produzieren? Bekanntermaßen sind auch Notunterkünfte rar.

Zugespitzt kann man getrost konstatieren: Dieses Gesetz wird vor allem noch mehr Geld nach oben auf die Konten großer Immobilienhaie spülen und einen Großteil der Bevölkerung in eine finanzielle Misere treiben. Das gut betuchte Bürgertum wird mittelfristig profitieren, der Rest in die sprichwörtliche Röhre gucken. Es ist also wie immer: Umverteilung nach oben.

Kein Ticket für Arme

Weiter geht es mit dem sogenannten 49-Euro-Ticket ab Mai. Die Ampel verkauft es als soziale Wohltat. Doch ihre Tricks und Kniffe, um die Ärmsten von der Nutzung auszuschließen, sind mannigfaltig. Es fängt schon mit dem Preis und inkludiertem Abozwang an. Wer wirklich arm ist, kann es sich nicht leisten, jeden Monat 49 Euro abzudrücken. Selbst in das Bürgergeld sind nur 45 Euro für Verkehrsmittel eingepreist.

Wie bekannt ist, befinden sich zugleich die Lebensmittelpreise auf Rekordniveau, Heizung und Strom sind trotz „Preisbremsen“ so teuer wie nie. Die Leute müssen das irgendwie ausgleichen.

Auch gibt es tatsächlich Arme, die aus Kostengründen gar kein Smartphone besitzen. Auch viele Rentner kommen damit nicht mehr klar. Als die Regierung das begriffen hatte, ermöglichte sie es ihnen praktisch in letzter Minute, das Ticket am Schalter als Chipkarte zu erwerben.

Die nächste Hürde sind Kinder. Auf allen anderen Fahrkarten können Eltern sie kostenlos mitnehmen, sofern sie noch keine 14 Jahre alt sind. Bei der neuen „Wohltat“ ist das nicht mehr möglich. Es bräuchte also jedes Familienmitglied ein eigenes 49-Euro-Ticket. Alleinerziehende mit zwei, drei Kindern, die sich das leisten können, dürften rar gesät sein. Selbst bei vielen Doppelverdienern mit mehreren Kindern wird es sicher eng. Verbände sind mit ihrer Forderung nach einem bundesweiten Sozialticket für Arme allerdings kläglich gescheitert.

In Deutschland leben rund 14 Millionen Menschen, darunter zwei Millionen Kinder, unter der Armutsgrenze. Nicht so wenige von ihnen dürften verschuldet sein und einen Eintrag bei der Schufa haben. Auch diesen Menschen verkauft die Bahn das 49-Euro-Ticket nicht― aus Sicherheitsgründen, versteht sich. Für all die Betroffenen heißt es wohl weiterhin: zu Hause bleiben. Das ist ihr Los in der Klassengesellschaft, das künftig wahrscheinlich immer mehr Menschen werden teilen müssen.

Preisbremsen für Reiche

Man kann sich weitere Gesetzesvorstöße der Ampel im Rückblick ansehen: Die elfprozentige Erhöhung der Grundsicherung bei der Umstellung von „Hartz IV“ auf das „Bürgergeld“ ― was immerhin hübscher klingt ― hat die Inflation nicht ansatzweise ausgeglichen. Was bedeutet: Die Menschen wurden ärmer. Genauso lief es mit den völlig unzureichenden Erhöhungen des Wohngeldes, des Bafögs für Studenten, der Renten und der Berufsausbildungsbeihilfen.

Die Energiepreisbremsen sind ein Tropfen auf den heißen Stein, die ebenfalls die Armen stark benachteiligen. Denn wer beim Heizen aus Finanznot schon vorher sparen musste, erhält viel weniger erstattet als wohlhabende Vielverbraucher. Denn die 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs beim Heizen und beim Strom, für die der Deckel gilt, sind bei ihnen im Volumen viel geringer. Weitere Einsparmöglichkeiten haben diese Menschen in aller Regel nicht.

Abzocke von Kranken

Mitten in diesem Dilemma kommen „Experten“ mit kruden Vorschlägen um die Ecke. Bekanntermaßen ist das deutsche Gesundheitssystem recht mangelhaft aufgestellt.

Der Markt hat Effizienz gefordert, was bedeutet: Private und kommunale Klinikbetreiber nähten die Personaldecken auf Kante. Arbeitsüberlastung und dann der Impfzwang im letzten Jahr trieb eine Menge Fachkräfte in die Flucht.

Und auch die Zweiklassenmedizin ist kein Geheimnis: Gesetzlich Versicherte stehen seit vielen Jahren hintan.

Marktgerecht verbannten immer mehr Krankenhäuser wenig lukrative Sparten. Sie schlossen Geburts- und Kinderkliniken, Frauenstationen, Labore und Notaufnahmen. Bereitschaftsärzte und schnelle Rettungswagen sind vor allem auf dem Lande längst Mangelware. In diese Misere, die sich trotz anderslautender Corona-Versprechen immer weiter ausbreitet, platzte nun also Andreas Gassen mit einer Forderung hinein: Wer unvorangemeldet eine Notaufnahme aufsucht, soll Gebühren zahlen.

Gassen ist Chef des Kassenärzteverbandes. Als solcher hat er offenbar nicht mitbekommen, was vor allem in sogenannten strukturschwachen Regionen ― also dort, wo sich Ärmere gerade so die Miete noch leisten können ― so los ist. Wer dort nämlich am Wochenende krank wird, hat keine andere Chance, als entweder einen Rettungswagen zu rufen, wenn es sehr schlimm ist, oder in die Notaufnahme zu gehen.

Steuergeschenke und Gehirnwäsche

Während die Ampel an den Armen ― und am sozialen Frieden ― rege spart und die Mittelschicht mit Pseudohäppchen zusehends in den Ruin treibt, haben sie und die Vorgängerregierung Pharmakonzernen wie BioNTech die Taschen mit Steuergeld prall gefüllt, unter anderem durch eine massive Überbestellung ihrer inzwischen zu Ladenhütern gewordenen mRNA-Produkte.

Auch Rüstungskonzerne wie Rheinmetall laben sich fürstlich an der Spendierfreudigkeit der Bundesregierung. Denn Waffen für die Ukraine müssen her und die Bundeswehr aufgerüstet werden. Der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ zählt dabei offensichtlich nichts, denn munter fließt Rheinmetalls Gewinn aus Deutschland in die USA ab. Mit viel Kriegsgeschrei, Sündenbocksuche und Panikmache vor Russen, Viren oder Wetterkapriolen floriert die Umverteilung nach oben ziemlich reibungslos.

Die altbekannte Propagandapraxis ist mit neuen technologischen Mitteln zu einem Gehirnwäsche-Dauerfeuer geworden, die selbst die ärmsten Stuben erreicht ― hier wie dort. Man kann nur hoffen, dass die „kleinen Leute“ bald damit aufhören, gegeneinander zu kämpfen, und den Blick gemeinsam nach oben richten ― nicht nur in Deutschland.

Anmerkungen und Quellen:

Susan Bonath, geboren in der DDR, arbeitet seit 2004 als freie Journalistin und berichtet seit 2010 für die junge Welt. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem Kapitalismuskritik, Arbeit und Soziales. Sie lebt in Sachsen-Anhalt.

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Dank an die Autorin und manova für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 15.04.2023 bei manova.news

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Bildquelle: Nick Starichenko / shutterstock

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Kommentare (18)

18 Kommentare zu: “Ampelpolitik für Reiche | Von Susan Bonath

  1. Zivilist sagt:

    Was soll man zu dieser Regierung noch sagen? Auch grober Unfug ist Hochverrat !

    Die westliche Demokratie ist ein Eldorado für Betrüger, wenn die Gruenen angekündigt hätten, daß sie Krieg gegen Deutsche, Ukrainer und Russen führen werden und den Chinesen mit Krieg drohen werden, hätten ihnen wohl noch mehr als 89% der Wahlberechtigten ihre Stimme NICHT geliehen, aber sie hätten wohl trotzdem dieselbe Macht erhalten.

  2. Andreas I. sagt:

    Hallo,
    ach ja "Bürgergeld" haha. In den nach wie vor geltenden "Sozial"gesetzbüchern stehen die selben alten Hartz-IV-Gesetze.
    Und deutsche Sozialrichter/innen haben seit 2005 keine Gewissensbisse, diese Hartz-IV-Gesetze als geltendes Recht durchzusetzen, auch wenn damit Grundrechte angetastet werden.

  3. Ralle002 sagt:

    Unsere Parlamentarier leiden unter dem Dunning-Kruger-Effekt, weil ihre Themenarbeit abwegiger kaum sein könnte.

    Es gibt vor allem auch geheime Machtstrukturen, die es fast unmöglich machen, dass sich etwas ändert.
    Ständig sitzen etwa auch Kevin Kühnert oder etwa Ricarda Lang und niemals Normalbürger in den unzähligen Talkshows.

    Alice Weidel kauft mit ihren fragwürdigen Großspenden aus der Schweiz eine entsprechende Internetstrategie.
    Die vielen Spenden unterstützen jedoch keine geeignete Bürgerpolitik, weil die AfD etwa auch die Rückkehr zur nationalen Währung D-Mark fordert.

    Die Unternehmerin Sarna Rösner warnte wieder jüngst bei Markus Lanz vor dem Ausbluten des Mittelstands.
    Dann hat Friedrich Merz jetzt vor einigen Wochen das Produktivkapital entdeckt, an dem er die Arbeitnehmer beteiligen möchte.

    Verkehrsminister Volker Wissing will vor allem auch das Bahn-Netz sanieren.
    FDP-Finanzexperte Frank Schäffler hingegen wirbt etwa für die Entnationalisierung der Währungen.
    Er warnt zudem vor dem Bankenzusammenbruch.

    Macron hat sich seinen Wahlkampf klugerweise von der Finanzindustrie finanzieren lassen, so als ob große Finanzhaie es am besten wüssten, was uns allen guttut.

    Er erhöhte im Interesse der Banken die Militärausgaben auf 400 Milliarden.
    Er ist sehr erheblich mit Frankreichs Medienwelt verstrickt, die aber wenigen Oligarchen gehört.
    Wegen der Anhebung des Rentenalters wird jetzt dermaßen protestiert.
    Macron ist ist bereits deshalb zum Präsidenten gewählt worden, weil er sich gegen die russischen Panzer ausgesprochen hatte.

    Ulrike Herrmann befürwortet zunehmend das völlige Ende des Kapitalismus:

    11.10.2022
    »DAS ENDE DES KAPITALISMUS«
    Abschied vom Wachstum
    https://www.spektrum.de/rezension/buchkritik-zu-das-ende-des-kapitalismus/2058324

    24.10.2022
    Ulrike Herrmann über Kapitalismus
    :„Wir brauchen grünes Schrumpfen“
    Im taz Salon erklärt taz-Redakteurin und Autorin Ulrike Herrmann, mit welchem Wirtschaftsmodell sich die Klimakatastrophe noch abwenden ließe.
    https://taz.de/Ulrike-Herrmann-ueber-Kapitalismus/!5882358/

    Hierzu:
    Der derzeitige Kapitalismus kann deshalb gar nicht funktionieren, weil es bei diesem immer alle Bürger sind, in deren Namen die Politik von den Banken das Geld anfordert, weil es ohne Kreditnehmer auch kein Geld geben kann.
    Danach sind es aber immer vergleichsweise wenige Ultrareiche, die ständig den Wirtschaftswettbewerb "gewinnen". Dadurch schieben dann unsere öffentlichen Haushalte immer schneller ansteigende kilometerhohe Schuldenberge vor sich her.

    Immerhin hatte doch Bundesfinanzminister Christian Lindner jüngst die Eckpunkte für ein "Inflationsausgleichsgesetz" vorgestellt.
    Gestern schlug er aber wieder Alarm: Die Inflation sei ein „zähes Biest“

    12. Mai 2022
    EZB: „wir müssen handeln“ – Otmar Issing: Inflation bedroht Glaubwürdigkeit
    https://finanzmarktwelt.de/ezb-wir-muessen-handeln-otmar-issing-inflation-bedroht-glaubwuerdigkeit-234222/
    u.a. steht dort:
    Die EZB spricht zu ihren Finanzuntertanen wie zu Kindern.

    Mr. Dax Dirk Müller leistet in etwa eine korrekte Themenarbeit:

    Interview mit "Mr. Dax"
    Dirk Müller warnt vor Stagflation: "Das ist die Enteignung der Bevölkerung"
    https://www.focus.de/finanzen/boerse/rene_will_rendite/interview-mit-mr-dax-dirk-mueller-warnt-vor-stagflation-das-ist-die-enteignung-der-bevoelkerung_id_24491452.html

    Hierzu:
    Die Rettung des Finanzsystems ist nur mit immer weiter sinkenden Realeinkommen und mit immer weniger Freizeit der Bürger möglich.

    Falls es nicht von selbst zu einem großen Finanzcrash kommt, haben die Zentralbanken die Möglichkeit Helikoptergeld ins System pumpen.
    Wir müssen uns für die Idee mit dem "Segen des Egoismus" gemäß Adam Smith etwas ganz anderes als Geld ausdenken.

  4. Schramm sagt:

    Arbeiteraristokratie und Reformismus.
    Eine Bereitstellung von R. Schramm

    Die Arbeiteraristokratie ist eine durch spezifische ökonomische, soziale und politische Kriterien bestimmte Schicht der Arbeiterklasse im Kapitalismus. Die Arbeiteraristokratie begann sich im vormonopolistischen Stadium des Kapitalismus (Mitte des 19. Jh.) mit der Entwicklung der Produktivkräfte, deren Gebrauch die höhere Qualifikation eines Teils der Arbeiterklasse erforderte, herauszubilden.

    Die Arbeiteraristokratie unterschied sich von der Masse der Arbeiter durch höhere fachliche Qualifikation, bessere Entlohnung, bessere soziale Stellung und häufig durch mehr oder weniger weitgehenden Verlust des proletarischen Klassenbewusstseins. Mit dem Übergang des Kapitalismus in sein monopolistisches Stadium (Imperialismus) entstand in allen entwickelten kapitalistischen Staaten eine Arbeiteraristokratie.

    Die Politik der Finanz- und Monopolbourgeoisie gegenüber der Arbeiteraristokratie verfolgt das Ziel, diese auch politisch zu korrumpieren. Die Arbeiteraristokratie wird von der Monopolbourgeoisie ausgenutzt, um unmittelbaren Einfluss in der Arbeiterklasse zu gewinnen und sie im Interesse der Aufrechterhaltung der imperialistischen Klassenherrschaft ideologisch-psychologisch, gesellschafts-politisch und organisatorisch zu spalten.

    In der Arbeiteraristokratie liegt eine der sozialen Wurzeln des Opportunismus. Die Entwicklung der Arbeiteraristokratie wird beeinflusst von der Entwicklung der Produktivkräfte und des Klassenkampfes zwischen Bourgeoisie und Proletariat sowie von der sich wandelnden Qualifikationsstruktur der Arbeiterklasse, insbesondere im Zusammenhang mit der wissenschaftlich-technischen Revolution.

    Mit der stärkeren Differenzierung der Qualifikation der Arbeiter ergeben sich für die Monopolbourgeoisie weitere Möglichkeiten der materiellen und politischen Manipulierung und Korrumpierung der Arbeiterklasse. Unter den gegenwärtigen Existenzbedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus gewährleistet die Beeinflussung einer Oberschicht der Arbeiterklasse nicht mehr die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Klassenherrschaft, da selbst reformistische Bestrebungen die Sicherung des Monopolprofits beeinträchtigen können. Aus diesem Grunde ist die Monopolbourgeoisie mit Hilfe des staatsmonopolistischen Herrschafts- und Beamtenapparates bestrebt, ein die Mehrheit der Arbeiterklasse umfassendes System der materiellen und ideologischen Manipulierung und Korrumpierung zu schaffen.

    Nur mit aktiver Unterstützung der rechten sozialdemokratischen Führer können Monopolkapital und Staat eine Politik der festen Bindung großer Teile der Arbeiterklasse an den staatsmonopolistischen Kapitalismus betreiben. Die Finanz- und Monopolbourgeoisie und Administration [Finanz- und Monopolkapital] macht sich zu diesem Zweck den offenen Übergang rechter sozialdemokratischer Führer auf imperialistische Positionen zunutze, die u. a. auf dem Wege staatsmonopolistischer Reformpolitik den Imperialismus an seine neunen Existenzbedingungen anzupassen versuchen.

    Der Reformismus ist eine Erscheinungsform bürgerlicher Ideologie und Politik in der Arbeiterbewegung.

    Der Reformismus vertritt die Auffassung, dass die Arbeiterklasse auf dem Wege über Reformen zum Sozialismus gelangen kann, und lehnt die proletarische Revolution, die Eroberung der politischen Macht der Arbeiterklasse und die Errichtung der Diktatur des Proletariats als einzig möglichen Weg zum Aufbau des Sozialismus ab.

    Die Reformisten verbreiten die Illusion, dass sich die Lage der Arbeiterklasse im Kapitalismus durch Reformen – und “Sozialpartnerschaft“ mit der Bourgeoisie – grundlegend verbessern kann.
    Der Marxismus-Leninismus ist nicht gegen Reformen. Er erkennt den Kampf um Reformen im Kapitalismus an. Im Gegensatz zu den Reformisten orientiert er aber die Arbeiterklasse darauf, dass die auf dem Reformwege errungenen Verbesserungen dazu dienen müssen, „desto hartnäckiger den Kampf gegen die Lohnsklaverei fortzusetzen“ und die Reformen „zur Entfaltung und zur Erweiterung ihres Klassenkampfes“ genutzt werden müssen (Lenin).

    Bereits vor dem ersten Weltkrieg gewann der Reformismus in der deutschen Arbeiterbewegung beherrschenden Einfluss. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges gingen die reformistischen Führer der deutschen Sozialdemokratie und der Gewerkschaften zur Burgfriedenspolitik über; sie wurden zu Sozialchauvinisten und unterstützten aktiv die Führung des imperialistischen Krieges im Interesse der deutschen Finanz- und Monopolbourgeoisie und der Verwirklichung imperialistischer Annexionspläne. Das war ein Verrat an der internationalen Arbeiterklasse, an der deutschen Arbeiterklasse und am ganzen deutschen Volk.

    Im Laufe der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung ist der Reformismus in mannigfaltiger Gestalt aufgetreten, z. B. als Ökonomismus, Trade-Unionismus, Nur-Gewerkschaftertum und Parlamentarismus. Nach der Oktoberrevolution 1917, während der Novemberrevolution 1918 und in der Weimarer Republik trat der Reformismus in Deutschland als Stabilisierungsfaktor der imperialistischen Herrschaft auf. Der Reformismus verschleierte den imperialistischen Klassencharakter der Weimarer Republik und die zunehmende Verschärfung des Widerspruchs zwischen Kapital und Arbeit. Durchdrungen vom Antikommunismus, verhinderte der Reformismus die Aktionseinheit der Arbeiterklasse im Kampf gegen den Faschismus.

    Unter den Bedingungen der faschistischen Diktatur entwickelten sich in dem vom Reformismus beherrschten Arbeiterparteien Bestrebungen zur Vereidigung der bürgerlichen Demokratie und zum gemeinsamen Kampf mit den Kommunisten. Die Forderungen sozialdemokratischer Mitglieder verstärkten sich, die vom Opportunismus herbeigeführte Spaltung der Arbeiterbewegung zu überwinden. Diese Bestrebungen wurden nach der [äußeren] Zerschlagung des faschistischen Imperialismus 1945 in ganz Deutschland noch deutlicher.

    In den westlichen Besatzungszonen wurden die Einheitsbestrebungen durch das Eingreifen der imperialistischen Besatzungsmächte – besonders der USA – und durch rechte sozialdemokratische Führer verhindert.

    Der Reformismus stand wieder im Dienst des Antikommunismus, und seine Politik förderte die Restauration der Macht des Finanz- und Monopolkapitals. Mit dem vollständigen Übergang zum staatsmonopolistischen Kapitalismus-Imperialismus wurde der Reformismus eine aktive Stütze des staatsmonopolistischen Systems.

    Auch mit der Übernahme der Regierung versuchten die rechten Führer der Sozialdemokratie im Auftrage der Administration der Finanz- und Monopolbourgeoisie, mit einem sog. Reformprogramm die sich verschärfenden Widersprüche des imperialistischen Systems zu entschärfen, ihr Gesellschaftssystem in Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung an die Erfordernisse der wissenschaftlich-technischen Revolution anzupassen.

    Die Geschichte aller Klassenkämpfe zeigt, dass Reformen nur durch einen ausdauernden Kampf der unterdrückten Klassen gegen die unterdrückenden Klassen errungen und gesichert werden können. In den imperialistischen Staaten versucht die herrschende Großbourgeoisie und ihr Staats-, Gewalt-, Justiz-, Beamten-, Erziehungs- und Bildungsapparat, ihre ökonomische, ideologische und gesellschaftspolitische Administration, mit allen Mitteln, die reformistische Arbeiterbewegung völlig in das Fahrwasser der bürgerlichen Politik zu bringen.
    [Eine Modifikation, vgl.]

    Vgl.: Arbeiteraristokratie, Reformismus. Kleines Politisches Wörterbuch. Dietz Verlag Berlin 1973.

    Info.-Empfehlung:
    Eine opportunistische, bürgerliche Ideologie –„Sozialpartnerschaft“ der Kollaborateure
    www.trend.infopartisan.net/trd1013/t261013.html

    25.10.2013 / 19.04.2023, R. Schramm (Bereitstellung)

  5. Cetzer sagt:

    Guter Artikel, trotzdem möchte ich zwei Punkte ansprechen:
    "Selbst in das Bürgergeld sind nur 45 Euro für Verkehrsmittel eingepreist."
    Die 45.02€ gelten nur¹ beim vollen Regelsatz von 502€. Schon eine zweite erwachsene Person im gleichen Haushalt erhält bloß 451€¹ , Kinder noch weniger. Manche Sozialtickets sind im Gegensatz zum 49€-Ticket übertragbar² und abends oder an Wochenenden/Feiertagen können zusätzlich ein Erwachsener² und bis zu 3 Kinder mitfahren (Beispiel Bielefeld).
    "gibt es tatsächlich Arme, die aus Kostengründen gar kein Smartphone besitzen. Auch viele Rentner kommen damit nicht mehr klar."
    Das übernimmt ein bisschen das Narrativ der Quallidädsmedien, wonach nur 'arm+alt+abgehängt=nicht smart' kein Smartphone besitzen; Es kann viele gute, selbst bestimmte Gründe geben, keines zu besitzen³, und jene 'gefühlte' Smartphone-Pflicht zu ignorieren. Gerade beim 49€-Ticket hätte man es doch genau so wie beim 9€-Ticket machen können, aber Wissing ist eben Minister für Digitales und Verkehr und wollte sich wenigstens einen Triumph der Digitalisierung sichern. Viele solche Auswüchse der Digitalisierung sind in Wirklichkeit nur Angsttriebe des ewigen, übermenschlichen Fortschritts.

    ¹Der geringere Satz wird wohl mit Ersparnissen durchs Zusammenwohnen begründet, z.B. braucht ein laufender Fernseher nicht mehr Strom, wenn mehrere 'glotzen'. Von daher könnten auch bei den reduzierten Regelsätzen fiktiv 45 Euro für Verkehrsmittel drin sein.
    ²Berechtigung vorausgesetzt, z.B. Bielefeld-Pass
    ³Oder so wie ich, zu 99% nur für Tethering zu benutzen. War billiger als ein 4G-Modem, das dann auch noch mit Linux Ärger machen könnte

  6. VolkerDjamani sagt:

    Passt doch alles zu "Ihr werdet nichts mehr besitzen und glücklich sein."

    Außerdem, wer Schulden machen muss, verschuldet bleibt, als ob jemals die aktuelle Teuerung gestoppt werde, der ist geschwächt und hält sein Maul, zieht sich zurück. Muckt nicht mehr auf.

    Das heißt: Arbeiten und Maul halten.

    Habe hier in dem Land eh keine Hoffnung mehr auf Besserung. Man muss nur auf die Corona-Zeit zurück blicken.
    Die Deutschen wählen ihre eigenen Metzger.

  7. coronistan.blogspot.com sagt:

    Na ja, nicht Reiche sondern SEHR Reiche.

    Die jetzigen Reichen werden bald genauso viel/wenig haben wie alle anderen und noch mächtig staunen, was Ihnen ihre Feigheit, Gleichgültigkeit und Ignoranz, ihr Opportunitätsdenken und politische Korrektheit bzgl. gewisser Themen wie z. B. Klima-BS und Viren-BS am Ende gebracht hat.

  8. Schramm sagt:

    Auf einer internen Beratung führender Vertreter der Wirtschaftsmonopole und der westdeutschen Regierung, die am 21. November 1957, unmittelbar nach den Bundestagswahlen, bei dem Bankier Pferdmenges stattfand, erklärte der Bankier Hermann Josef Abs: „… es werde auf die Dauer unmöglich sein, das privatwirtschaftliche System der Bundesrepublik nahe dem Eisernen Vorhang aufrechtzuerhalten, falls es nicht gelinge, einige Millionen Westdeutsche als Kleinaktionäre mit diesem System enger zu verbinden.“
    Der Spiegel, 18. Februar 1959, S. 18.

    • VolkerDjamani sagt:

      Die kommenden Rentner sollen ja alle Kleinaktionäre zum weiteren Überleben werden. Läuft!

    • Schramm sagt:

      Noch in guter Erinnerung:

      Die erfolgreiche Langzeitstrategie des Bankiers Hermann Josef Abs im Bündnis mit den sozialdemokratischen Sozialpartnern der IG Metall.

      Vier Kollegen bei Daimler-Benz AG in Berlin-Mariendorf.
      Der eine Kollege war Einrichter und schwärmte über seinen kleinen Aktienbesitz beim Konzern. Der andere Kollege als Metalldreher beschäftigt, berichtete von seinen Pferden auf der Trabrennbahn. Der pakistanische Metallarbeiter war begeistert von seiner relativ hohen Jahresprämie. Der tunesische Metalldreher zeigte Fotos von seiner Villa in Tunesien.

      Im Hintergrund lief die Kriegsproduktion des Konzerns, so auch im damaligen Westberlin: Kurbelwellen für Südafrika und Maschinenteile für Panzerfahrzeuge für beide Seiten im iranisch-irakischen Krieg der 1980er Jahre.

      PS: Keiner der Angehörigen der Arbeiterklasse beim Daimler-Konzern, so auch nicht die Kollegen der IG Metall, stellte den Sinn und Zweck der persönlichen Beteiligung an der mörderischen Kriegsproduktion infrage.

  9. cumbb sagt:

    😉
    “There’s class warfare, all right, but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning.”

    Sind unsere Ampelmännchen reich;-? Oder unsere Geheimdienstkiddis;-? Oder unsere Militärkiddis;-? Oder unsere Exekutivekiddis, Judikativekiddis;-? Trollkiddis;-? Nein;-?!
    Sind sie offenbar auch intellektuelle Unterschicht, denn sie führen diesen Krieg im Auftrag der Reichen gegen ihre Nächsten, gegen SICH;-?!

    • Querdenker sagt:

      Das stimmt schon! Nur besser wird's dadurch leider auch nicht …

    • VolkerDjamani sagt:

      Die Ampelmännchen- und weibchen sind bzw. alle Einkommensmillionäre. Und was hinterum noch so an Geldströmen fließt, wird der Deutsche Michel ohnehin nicht erfahren. Der Deutsche Michel ist sogar geil darauf, was die so machen, z.B. an der Sylter Luft.

  10. Kaeptn Welpe sagt:

    Die machen halt was sie machen können. Ist nur menschlich! UND: sie spielen uns was vor. Der GANZE Bundestag!

    Warum sich das Volk das gefallen lässt – z.B. das Dokumente des parlamentarischen Begleitgremium Covid-19 Pandemie des 19. Bundestages (jaja – gab es wirklich!!) mit dem Vermerk "nur zur dienstlichen Verwendung" für ZWEI Bundestageswahlen gesperrt wurden, somit erst NACH der NÄCHSTEN Bundestagswahl automatisch veröffentlicht werden – KEINE KONTROLLE der LEGISLATIVE durch den WÄHLER stattfinden kann – da muss sich halt jeder Apolut Leser auch mal an die eigene Nase fassen…

    Diese gesperrten Protokolle -mein Antrag gegenüber der Bundestagspräsidentin die gemäß Geschäftsordnung des Bundestages aufgrund von öffentlichen Interesse einsehen zu können wurde nicht stattgegeben und der Bundestag teilte mir mit das mein Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz nicht stattgegeben werden kann da dieses NICHT für den Bundestag zutrifft…

    Tatsache ist: die Apolut-Suche nach "Begleitgremium" ergibt nur EINEN Treffer. Und der gehört zu dem was DORT abgelaufen ist zu den eher "unwichtigen" Sachen.

    Insbesondere angesichts das mit der Bundestagsdrucksache 20/899 sich "interessante" KONKRETE Fragen ergeben, wie "Ist Yasmin Fahimi als DGB Vorsitzende noch tragbar?"…

    Wer suchen will der findet – ansonsten ist das öffentliche Protokoll der 11. Sitzung vom 3.6.2021 empfohlen – da wurden die lebensrettenden monoklonalen Antikörpermittel erwähnt.

    • Kaeptn Welpe sagt:

      Nachtrag: das parlamentarische Begleitgremium Covid-19 Pandemie des 19. Bundestages wurde am 10.5.2021 mit der Eingabe von Prof. H.-J. Thiesen, Institut für Immunologie, Universitätsklinik Rostock über den Lagebericht des LAGuS Mecklenburg-Vorpommern vom 31.3.2021 zu "Verdachtsfälle von Impfkomplikationen und Nebenwirkungen nach COVID-19-Impfungen in MV" in Kenntnis gesetzt:

      Tod: 18 FÄLLE …

      ALLE Bundestagsfraktionen hatten im parlamentarischen Begleitgremium Covid-19 Pandemie sowohl ordentliche als auch stellvertretende Mitglieder.

  11. Norbert sagt:

    Auf der einen Seite haben Sie Recht, Susan Bonath mit "verschärft damit die Armut." Auf der anderen Seite kommt zu George Orwell auch Aldous Huxley. Mit den Worten von Klaus Schwab: "Sie werden nichts haben und glücklich sein" – eine Versorgung/Verwahrung/Alimentierung auf einem Niveau, welches keine Revolte aufkommen lässt.

    • rote Flora sagt:

      Das Glücklich sein wird wohl durch die Freigabe der Drogen erreicht werden. Schau man in die USA sieht man viele glückliche Menschen in den Zeltstädten der demokratisch regierten Städte und Staaten.

    • Cetzer sagt:

      " Niveau, welches keine Revolte aufkommen lässt."
      Aber nicht für eine Minderheit von vielleicht 20%, die (unter allgemeinem Beifall) über Bord geworfen wird, damit das Boot nicht untergeht. Corona hat doch gezeigt, wie leicht sowas gehen 'könnte'.

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