240 Sekunden | Von Roberto J. De Lapuente

Ein Standpunkt von Roberto J. De Lapuente.

Vier Minuten benötigen russische Atomraketen nach Deutschland. Damit sollten wir uns vertraut machen, nachdem der NATO-Gipfel uns als Hauptkriegsziel ausgewählt hat.

Es kann jederzeit passieren. Plötzlich, aber nicht unerwartet. Denn erwartbar ist der nukleare Tag des jüngsten Gerichts allemal. In Deutschland werden seit geraumer Zeit Nuklearsprengköpfe stationiert — in diesem Jahr sogar gänzlich neue. Und das neue NATO-Hauptquartier in Wiesbaden schiebt Deutschland noch mal weiter in die Mitte der Zielscheibe für russische Angriffe mit nuklear bestückten und nicht abfangbaren Hyperschallraketen. Der Zeiger der Doomsday-Clock tickt immer weiter in Richtung der Zwölf. Und dann ist es von einer Sekunde auf die andere so weit: Die Warnmeldung erscheint allerorts und auf den Handydisplays, wonach der Einschlag unmittelbar bevorsteht. Und dann sind diese letzten Sekunden vor zwölf plötzlich ganz real und werden zu einer gefühlten Ewigkeit. Was geht in einem Menschen vor, der jahrelang vor genau diesem Untergang warnte und sich dann von einem Moment auf den anderen wider Willen angesichts des massenhaften Todes in seiner Vorhersage bestätigt sieht? Der Autor hat versucht, das Unvorstellbare vorstellbar zu machen.

Wie lange starre ich schon auf das Display? Sekunden werden es gewesen sein. Sie fühlten sich wie Stunden an. Aber Stunden waren es ganz sicher nicht, sonst wäre ich nicht mehr hier. Auch mein Mobiltelefon nicht mehr. Oder das Sofa, auf dem ich noch immer sitze. Es steht nach wie vor auf dem Display: „Einschlag steht unmittelbar bevor!“ Sonst nichts. Keine Empfehlung, kein warmer Ratschlag. Und wo schlägt es ein? Was einschlägt, kann ich mir denken.

Viel habe ich in den letzten Monaten schon darüber geschrieben: über Krieg, Eskalation und Weltenbrände. Und auch darüber: Man dürfe nicht annehmen, dass die Russen ihre Atomraketen nicht nutzen würden — sie griffen nicht etwa darauf zurück, weil sie böse Menschen seien, sondern weil die Kriegslogik nun mal so wirke. Irgendwann kommt in jedem Krieg der Moment, da man schneller sein will als der Feind. Weil beide Seiten so denken, weil beiden Seiten eine solche Denkweise aufgezwungen wird, müsste man treffender formulieren: will jeder schneller sein als die Gegenseite. Das verspricht Vorteile — erfüllt aber die in Aussicht gestellten Vorteile nicht, weil beide ja gleichermaßen eskalieren. Mir war jedenfalls klar, dass dieser Moment kommen könnte.

Bitte, lass es nur Berlin sein!

Und nun ist der Augenblick gekommen. Ich starre ja immer noch auf mein Display: „Einschlag steht unmittelbar bevor!“ Dahinter deutet sich das Logo eines Landes ab, das es vielleicht bald nicht mehr gibt. Der Bundesadler verblasst — das Land gleich mit. Nun könnte ich ausrufen, dass ich es euch ja gesagt habe. Hättet ihr auf mich gehört! Diesen Sieg meiner vorausschauenden Qualitäten könnte ich nun auskosten. Jedenfalls so lange, wie wir noch Zeit haben.

Was heißt denn „Der Einschlag steht unmittelbar bevor“? Habe ich noch eine halbe Stunde? Irgendwo las ich mal, dass vier Minuten realistisch seien. Das ist weniger, viel weniger Zeit, als einer meiner Lieblingssongs dauert, „The End“ von den Doors.

Aber das ist überhaupt eine gute Idee: Ich stelle YouTube an. Geht sogar noch. Auf die Zivilisation war bis zum Ende Verlass — das wird man später vielleicht sagen. Doch wer berichtet darüber? Gut, vielleicht überlebe ich es ja! Ich suche „The End“, stelle es laut. Warum sollten sie Frankfurt nuklear verwüsten wollen? Berlin wäre das Ziel der Wahl. Hoffnung keimt auf, ich spüre es ganz deutlich. Frankfurt kommt mit einem blauen Auge davon! Bitte, lieber Gott, mach, dass es Berlin alleine ist — wo kam das denn her? Seit Jahren hadere ich mit dem, den sie Gott nennen. Jetzt ist er da. Fühlt sich gut an, seine Ansprache gen Himmel zu senden. Vielleicht ist da einer, der mich rettet.

Dann fällt mir ein, dass Frankfurt ein Knotenpunkt der Deutschen Bahn ist; das könnte auch für die hessische Metropole als Zielort sprechen. Wobei die Russen vielleicht nicht richtig bedacht haben, dass ein Deutschland mit Deutscher Bahn vermutlich viel handlungsunfähiger ist als eines, in dem es die Deutsche Bahn nicht mehr gibt. Außerdem ist Frankfurt auch ein Hauptknotenpunkt gewisser Datenautobahnen. Es hieß mal, die NSA habe Büros im Ostend. Oje, das sieht wohl doch nicht gut aus für uns.

Jim Morrison singt noch immer. Er wird wohl auch nicht mehr aufhören — vier Minuten nur, da singt er sich gerade ein. Ich war mal an seinem Grab in Paris. Warum mir das einfällt, weiß ich nicht so genau. Sehnsucht nach einem Ort, der in der Zeit weit weg von jetzt liegt? Ich erhebe mich vom Sofa, nun spüre ich erst, wie weich meine Knie sind. Torkele zum Schnapsschrank hinüber. Ich wollte doch immer nochmal den Gin von Le Tribute bestellen. Mit passendem Tonic. Letzteres bräuchte ich gerade nicht. Der Gin reichte mir. So greife ich zu einem orientalischen Gin, der seit Jahren hier steht und einfach nicht leer wird. Er schmeckte mir nur so halb. Ist zu würzig. Soll das der letzte Geschmack sein, den ich kosten darf?

Chaos vor dem Fenster

Gläser? Wozu braucht man Gläser? Ich setze die Flasche an und würge, eigentlich will ich gar keinen Alkohol trinken. Hoffe aber, dass er mich schnell beruhigt, vielleicht auch eiligst sediert. Während ich trinke, blicke ich aus dem Fenster meiner Wohnung im Hochparterre. Wie konnte mir dieses Treiben draußen entgehen? Hunderte Leute in meiner kleinen Straße. Alle versuchen sie auszuparken. Sie schreien sich an.

Ein Mann rammt einer jungen Frau die Faust ins Gesicht. Sie bleibt liegen, rührt sich nicht mehr. Keiner schenkt dem Beachtung. Und ich sehe es und fühle mich kein Stück weit berührt.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite tritt eine Frau aus dem Fenster ihrer Wohnung im vierten Stock. Altbau. Errichtet 1909, wie über dem Eingang steht. Sie klammert sich ans Fensterbrett, trägt keine Schuhe, keine Socken. Ich kann ihr Gesicht gut sehen. Sie hat Angst, man sieht es deutlich. Ich trinke noch einen großen Schluck. Unterhalb der Frau auf dem Fensterbrett tummeln sich weiterhin unzählige Menschen. Einer trägt einen Koffer. Hat er diesen Tag erwartet und schon mal gepackt? Eine ältere Frau trägt nur ein Hemdchen und einen Slip und irrt ziellos von links nach rechts und wieder zurück. Es kracht, Autos verkeilen sich ineinander. Ich erblicke links von der Frau auf dem Fensterbrett einen Mann, der wie ich aus dem geschlossenen Fenster schaut. Ich hebe die Hand, grüße ihn. Er erwidert. Ich halte die Flasche hoch. Und siehe da, zwei Todgeweihte, ein Gedanke: Auch er hat eine durchsichtige Flasche bei sich. Zum Wohl, Nachbar!

Just in dem Moment fällt die Frau hinab. Sie kommt mit dem Kopf voran auf dem Bürgersteig auf. Sie zuckt noch zwei, drei Sekunden lang. Einige Knochen ragen aus ihrem Torso. Dann erlischt das Leben. Eine Passantin verfehlte sie knapp; die bekam nur Blutspritzer ab, verursacht durch den Aufprall. Keiner kümmert sich um die Frau, die aus dem Fenster sprang. Warum kannte ich sie nicht?, schießt mir durch den Kopf. Wieso kenne ich den Kerl mit dem Schnaps von gegenüber nicht? Wie lange lebe ich jetzt hier? Es ist zum Schämen, dass erst das Ende uns für andere sichtbar macht.

Wie viel Zeit ist eigentlich vergangen? Ich habe nicht auf die Uhr geblickt. Das wollte ich auch nicht. Trick aus meiner Kindheit: Die Zeit vergeht nicht, wenn man nicht nach ihr fragt. Ich versuche meine Tochter zu erreichen. Aber das Netz ist zusammengebrochen, denn auch andere haben Töchter. Sie wohnt außerhalb. Hoffentlich flüchtet sie schnell. Damit sie dem Fallout entgeht. Wobei ich mir auch Sorgen um die Druckwelle mache. Erfasst sie sie noch? Ich nehme das Bild meiner Tochter vom Wohnzimmerschrank. Gott, war sie da noch klein. Sie trägt Engelsflügel. Wir hatten das Foto in einem Einkaufszentrum zur Weihnachtszeit knipsen lassen. Damals hatten wir, meine erste Frau und ich, so unsere Sorgen — das Geld war immer knapp, die Ehe litt auch darunter. Schlimmer könnte es nicht kommen, dachten wir einst. Tja, vielleicht haben wir uns ja getäuscht.

Alles ist weiß

Ein Polizist kreuzt plötzlich in meiner Straße auf. Ich wollte nicht weinen, daher stellte ich das Bild zurück und ging wieder ans Fenster. Der Beamte zieht seine Pistole und schießt wahllos einigen Passanten in den Kopf. Er grinst dabei — höhnisch? Oder irre? Ich bringe mich in Deckung, lache dann aber bitter auf: Wovor habe ich Angst? Dass ich sterben könnte? Ich höre noch einige Schüsse, dann verstummen sie. Als ich wieder nach draußen luge, liegt der Polizist tot auf dem Gehweg. Vermutlich hat er sich selbst gerichtet. Noch immer ist viel los auf der Straße. Aber weniger als vorher. Einige Autos haben es auf die Hauptstraße geschafft, die ich nur in Teilen von meinem Fenster aus sehen kann. Was ich sehe: alles verstopft.

Das Handy vibriert. Noch eine Nachricht mit verblasstem Bundesadler: „Bitte verhalten Sie sich ruhig!“ Mir muss man das nicht sagen. Der Gin wirkt, mir wird leicht schummrig. Der Mann auf der anderen Seite blickt zu mir herüber. Er winkt, prostet mir zu. Wir beide sind Verschworene. Würden wir es überleben, dann wären wir Freunde fürs Leben. Vielleicht überleben wir es ja!

Vielleicht trifft es nur Berlin. Ich habe Freunde in Berlin, erinnere ich mich. Es täte mir so leid um sie. Aber wenn ich einen Deal machen könnte, lieber Gott: Lass mich am Leben, und ich erinnere mich bis ans Ende meiner Tage an all jene, die heute sterben müssen!

Zwei Jugendliche kreuzen vor meinem Fenster auf, sie werfen Steine gegen die Scheibe und lachen idiotisch dabei. Ich trete zurück. Wanke etwas. Die Scheibe bekommt Sprünge, zerdeppert aber nicht. Ich sorge mich um die Schadensmeldung. Mein Küchenmesser! Ich sollte es holen; falls die Kerle hier per Räuberleiter reinwollen, lernen sie mich kennen. Dann werfe ich mich resigniert doch wieder auf mein Sofa; ganz egal was die beiden Grünschnäbel da draußen anstellen.

Der Krieg, jetzt ist er also hier, und ich bin bereit zum Töten. Was habt ihr Irren aus mir gemacht? Was habt ihr nur verbrochen, ihr Schweine!

Noch mal trete ich ans Fenster, die jugendlichen Steinewerfer sind weitergezogen, ich sehe sie gerade um die Ecke verschwinden. Ich starre vor mich hin, gleißendes Licht erfasst meine Augen — ich wende den Blick ab, will meinen Blick ins Zimmer hinein wenden, aber alles ist weiß. Es gibt nur noch weiß. Da, wo eben das Sofa stand, ist es weiß.

Mein Kind, meine Partnerin, meine Freunde, alle, die mir begegnet sind im Leben: Ich möchte sie alle umarmen. Sehne mich nach Geborgenheit. Nach Liebe. Habe ich gelebt, um so zu sterben? Da ist nur noch Angst, ich schreie und weiß nicht so recht, ob ich es noch bin oder schon nicht mehr. Das, was gleich über mich kommen wird, so ahne ich noch, wird ohne Worte auskommen müssen …

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 31. Juli 2024 bei manova.news

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Bildquelle: kristi kuqali / shutterstock

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Kommentare (22)

22 Kommentare zu: “240 Sekunden | Von Roberto J. De Lapuente

  1. Latentium sagt:

    Beeindruckender Text. Wenn es bisher immer gut gegangen ist, muss das nicht so bleiben. Es kann auch einmal schief gehen. Die Probleme der USA usw sind sehr groß. Auffällig ist auch die schlafwandlerrische Verhalten der westlichen Bevölkerung. Dann die immer extremeren und absurden Versuche der westliche Regierungen der Bevölkerungen die Freiheitsrechte zu streichen. Es nicht nach Krieg. Und das nicht nur im Gaza oder der Ost-Ukraine

  2. _Box sagt:

    Friedensbewegung von links
    31. Juli 2024 Karl-Heinz Peil und Reiner Braun

    Die Frage, was heute unter linken Organisationsstrukturen in der Friedensbewegung verstanden werden kann, lässt sich nur mit Hilfe historischer Betrachtungen beantworten.

    Die Ursprünge der Friedensbewegung liegen im bürgerlichen Pazifismus, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Berta von Suttner entwickelt und geprägt wurde, und im Antimilitarismus der revolutionären Arbeiterbewegung. Von einer linken Friedensbewegung kann man erst seit den Massenprotesten der Arbeiterbewegung gegen die drohende Kriegsgefahr vor 1914 sprechen. Der französische Sozialist Jean Jaurés wird in diesem Zusammenhang oft mit dem Satz zitiert:

    »Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen.«

    Über sein Verhältnis zu Berta von Suttner ist folgendes Zitat überliefert:

    »Aber gerade so muß man sein wie sie [Bertha von Suttner], hartnäckig und zäh im Idealismus.«

    Dies zeugt von einer außerordentlichen Wertschätzung über weltanschauliche Unterschiede hinweg. Der Kampf für den Frieden als universelle Menschheitsaufgabe ist deshalb auch aus einem linken Selbstverständnis heraus immer ein Kampf um breite gesellschaftliche Bündnisse gewesen.
    Der Hauptfeind im eigenen Land

    Neben der direkten Kapitalismuskritik ist aus linker Sicht der Internationalismus eine tragende Säule. Häufig zitiert wird dazu Che Guevara: »Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker.« Dieses kann man auch heute noch als linkes Identifikationsmerkmal und eindeutige Abgrenzung zu rechten Parolen wie »Deutschland zuerst« verstehen. Allerdings: »Solidarität der Völker« war bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine Kernforderung der damaligen Weltfriedenskongresse und hatte damit auch eine feste Verankerung bei den bürgerlichen Friedenskräften. Und sie war ebenfalls Ausdruck des Antikolonialismus der Friedensbewegung und ihres Verständnisses als Befreiungsbewegung von Kolonialismus und Unterdrückung.

    Der Kampf für Frieden und Abrüstung entwickelte sich vor dem ersten Weltkrieg massenhaft vor allem innerhalb der Arbeiterbewegung. Die Linken in der SPD um Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Clara Zetkin machten den Militarismus zu einem Schwerpunkt der parlamentarischen und außerparlamentarischen Arbeit. Bereits 1907 definierte Karl Liebknecht in seiner Schrift »Militarismus und Antimilitarismus« den Militarismus als wesentliches Machtinstrument des herrschenden Systems, das alle Bereiche des wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lebens durchdringt. Diese Beschreibung trifft auch auf die aktuellen Entwicklungen in Deutschland zu.

    Im Manifest des Baseler Kongresses der II. Internationale (1912) hieß es:

    »Die Proletarier empfinden es als ein Verbrechen, aufeinander zu schießen zum Vorteil des Profits der Kapitalisten, des Ehrgeizes der Dynastien oder zu höherer Ehre diplomatischer Geheimverträge.«

    Massive Proteste gegen den drohenden Weltkrieg im Juli 1914 konnten diesen nicht verhindern, zumal sich SPD und Gewerkschaftsführung (entgegen allen vorherigen Beschlüssen) auf einen »Burgfrieden« einließen und in der Folge auch die SPD-Reichstagsfraktion. Interessant sind die erkennbaren Parallelen zur heutigen Situation. Im Juli 1914 erfolgte bekanntlich nach dem Attentat von Sarajewo die Kriegserklärung von Österreich-Ungarn an Serbien, mit voller Rückendeckung aus Berlin. Serbiens Verbündeter Russland beschloss daraufhin ein Generalmobilmachung. Dieses war – wie historisch belegt ist – der willkommene Anlass für die deutsche Politik, um Russland als Aggressor darzustellen und von der eigenen imperialistischen Kriegswilligkeit abzulenken. Damit konnte die Kriegserklärung an Russland als Verteidigungskrieg gegen das tyrannische russische Zarenreich dargestellt werden. Schließlich hatte die deutsche Sozialdemokratie von jeher im zaristischen Russland eine Gefährdung der demokratischen Entwicklung Westeuropas gesehen. Der zuvor propagierte Klassenstandpunkt »Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter« konnte vor allem durch dieses äußere Feindbild gekippt werden, um sich der Kriegspolitik der herrschenden Klasse nicht in den Weg zu stellen. Zunächst nur Karl Liebknecht stellte sich diesem politischen Opportunismus als Einzelner in der SPD-Reichstagsfraktion entgegen, nicht allein mit seiner Ablehnung der Kriegskredite, sondern vor allem mit dem Titel eines 1915 verfassten Flugblatts: »Der Hauptfeind steht im eigenen Land.«

    Aktive Kraft, aber keine gesellschaftliche Massenbewegung

    Ein weiteres wesentliches Element der Friedensbewegung ist der Antifaschismus, dessen Verständnis bis heute mehreren Wandlungen unterworfen war. Bereits 1924 definierte Georgi Dimitroff (zu jener Zeit Komintern-Vertreter in der Kommunistischen Partei Österreichs) den Faschismus als

    »terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals«.

    Damit einhergehend wurde bereits 1931 durch eine Schrift Leo Trotzkis formuliert: »Ein Sieg Hitlers bedeutet: Krieg gegen die UdSSR.«. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich eine Erinnerungskultur basierend auf dem Schwur von Buchenwald mit »Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg«. Diese wurde auch prägend für die deutsche Friedensbewegung und ihre Kampagnen, angefangen vom Kampf gegen die Wiederbewaffnung über den »Kampf dem Atomtod« in den 50er Jahren sowie den Ostermärschen in den 60er Jahren. Diese Zeit war geprägt durch den Kalten Krieg und durch die sehr aktive, aber teilweise auch marginalisierte Rolle der Linken in der Friedensbewegung, wobei das 1956 erfolgte KPD-Verbot von zentraler Bedeutung war. Bemerkenswert ist zu diesem Zeitraum aber, dass damit fast nie ideologische Distanzierung und Ausgrenzung von Kommunisten innerhalb der Friedensbewegung verbunden war. Ein Beispiel dafür ist, dass der aus bürgerlichen Kreisen kommende Martin Niemöller als führender Zeitzeuge des antifaschistischen Widerstandes 1966 in Moskau den »Internationalen Leninpreis für die Festigung des Friedens zwischen den Völkern« entgegennahm, trotz heftiger Kritik aus der deutschen Politik und Presse.
    (…)
    Links gegen die identitäre Verballhornung des Begriffs verteidigen

    Wenn die Hauptaufgabe der Friedensbewegung darin besteht, Menschen zu überzeugen und zu öffentlichem Protest gegen die eskalierenden Kriegsvorbereitungen zu motivieren, dann müssen besonders all jene Menschen angesprochen werden, die die Gesamtzusammenhänge noch nicht erkannt haben. Auch die, die aus falsch verstandener Friedenssehnsucht und emotional durchaus nachvollziehbaren Gründen AfD wählen und unterstützen bzw. für eine Zusammenarbeit mit dieser militaristischen Partei eintreten. Der »Hauptfeind im eigenen Land« ist nicht die AfD, sondern die militaristische Regierungspolitik, die kriegstreibende sogenannte Mitte der Gesellschaft und die sie tragenden ökonomisch Mächtigen. Der Kampf gegen Rassismus in seinen alltäglichen Erscheinungsformen darf nicht den Blick auf den strukturellen Rassismus des deutschen Imperialismus verstellen, dem bereits Ende des 19. Jahrhunderts – wie oben erwähnt – eine »Solidarität der Völker« entgegengesetzt wurde. Wer vorgeblich gegen einen drohenden Faschismus kämpft, muss auch dessen historische Funktion kennen und auf seine Klassendimension verweisen. Ein moralisierender »Nazis raus«-Ruf hilft nicht weiter, verkennt diese Prozesse, den Kampf um kulturelle Hegemonie und stärkt letztlich die autoritären Kräfte in der Gesellschaft. Deshalb braucht die Friedensbewegung keine ritualisierte »Abgrenzung gegen Rechts«.

    Notwendig sind daher Strukturen in der Friedensbewegung, die sich von ihren historischen Wurzeln und Aktivitäten her explizit als linker, antimilitaristischer und antikapitalistischer Block verstehen. Antikapitalismus heißt, die Eigentumsfrage zu stellen. Diese ist vor dem Hintergrund eines immer stärker werdenden militärisch-industriellen Komplexes in Deutschland aktueller denn je, wie das Beispiel des Rüstungskonzerns Rheinmetall zeigt.

    Die konzeptionell klaren Bekenntnisse müssen ergänzt werden durch eine Bündnispolitik, die von einem respektvollen, nicht ausgrenzenden Umgang geprägt ist. Linke Friedensbewegte treten für die sozialen Interessen der großen Mehrheit der Menschen – national und international – ein, wollen die Emanzipation der Unterdrückten und Ausgebeuteten und halten es mit Karl Marx:

    »alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist«.

    In Zeiten des kulturellen Niedergangs hat deshalb „links“ einen hohen aufklärerischen Wert, den es gegen die identitäre Verballhornung des Begriffs zu verteidigen gilt und der den oben beschriebenen Kern eines linken Selbstverständnisses enthält, ein Angebot zum Verstehen und Verändern der Welt, das die Erkenntnis einschließt, dass Menschen Geschichte machen.

    https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/friedensbewegung-von-links/

    • Yoyohaha sagt:

      🙏😡
      http://epochtimes.de/epoch-tv/meinung-epochtv/american-thought-leaders/christine-anderson-15-minuten-staedte-a4374553.html?welcomeuser=1

      🙏😡Siehe dazu auch sehr gute Analyse

      🙏😡
      https://apolut.net/der-putsch-von-oben-von-ullrich-mies/

      😡🙏Siehe Kommentare

      😡🙏https://welt.de/kultur/theater/plus243370545/Klima-Lockdown-Der-Mensch-ist-der-zu-beseitigende-Stoerfaktor.html

      😡🙏G5 Kerntechnologie Überwachung WHO Lösung Link G5 Blocker Roboterhund Modenschau KI trifft Mode Bargeld Erhalt

      😡🙏👉Sirenen Test………..

  3. How - Lennon sagt:

    Ich bin nach intensiver Recherche über das Thema Atombomben"explosion" versus Kernschmelze im AKW immer noch nicht logisch überzeugt.
    Wenn es bei einer Kernschmelze lediglich zu einer Reaktion in Form von Hitze kommt – wieso sollte es dann bei einer Atombombe, deren Reaktionsmaterial einfach nur mehr angereichert und komprimiert ist, zu einer Explosion mit enormen Druck kommen?
    Logisch wäre eine Reaktion mit entsprechend mehr Wärmeentwicklung bzw. schnellerem Schmelzen der "Bombe".

    • Nevyn sagt:

      Das hängt von der Umsetzungsgeschwindigkeit des Materials und von der Dämmung ab.
      Eine Sprengstoffexplosion ist im Grunde nur eine sehr schnelle Verbrennung.
      Bei der Atombombe läuft der Prozess der Kernspaltung extrem schnell ab, viel schneller als in einem Kernkraftwerk, selbst wenn der Prozess dort außer Kontrolle gerät.
      Ist die Erklärung verständlich?

    • How - Lennon sagt:

      Erinnert mich übrigens stark an die Logik der Systemfuzzis da oben.
      Das System funktioniert seit Längerem nicht mehr – "also machen wir eben einfach so weiter, nur von allem noch mehr und intensiver!".
      Innere Einkehr, Einsehen und Neugestaltung? Fehlanzeige!
      Nein, das Außen manipulieren sie, wie ein trotziges, verzogenes Kind.

    • How - Lennon sagt:

      Ja, Nevyn,
      ist alles vollkommen klar, ändert aber eben rein gar nichts an der Grundlogik.
      Wie Sie richtig schreiben und ich ebenfalls:
      die Reaktion läuft nur schneller und intensiver ab.
      Der Vergleich mit einer oxidativen Reaktion ist völlig unzulässig, da die Explosion nur in Verbindung mit einer UMMANTELUNG eintritt. Die Explosion ist also das Platzen der Ummantelung. Das spielt aber bei der "Bombe" WIRKLICH absolut KEINE Rolle.

      Glauben Sie mir, ich habe mich wirklich TIEF in die Materie eingelesen.

      "Metall, das auf Metall geschossen wird, erzeugt keine Explosion."

    • Ob das hier dargelegte stimmt, weiß ich nicht, klingt aber ziemlich interessant und auch glaubwürdig.

      https://www.youtube.com/watch?v=-OLxqX8jahU&t=2s

  4. triple-delta sagt:

    Ich bin es echt Leid mit diesen "alternativen Medien", denn sie sind nicht alternativ im Bezug auf den ÖRR.
    Sie verbreiten den gleichen demagogischen Müll nur ein bißchen anders angerührt, das Bircher Müsli für den aufgeklärten Nichtswisser.
    Warum wird auch in diesem Text nicht ein einziges Mal auf die Ursache der Kriegstreiberei hingewiesen? Ist das zu langweilig oder weiß es der Autor selbst nicht? Hat er Angst, dass sein Publikum sich angewidert abwendet?
    In der DDR hatten wir schon platte Nasen, so wurden wir jeden Tag auf die Zusammenhänge zwischhen Kapitalismus und Krieg geschubst. Deshalb reagiert das DDR-Gebiet heute noch anders als der jesusfundamentalistisch verblödete Westen.

    • Norbobot sagt:

      genau! es wird immer wieder so getan, als ob Kriege vom Himmel fallen, weil Idioten regieren oder das Volk schläft oder oder… Krieg ist gesetzmäßig! Ich sehe da aber auch die zyklische Komponente. Menschen/Völker, denen es temporär gut geht, verfallen in Trägheit und sind leichter zu manipulieren. Je größer die unausweichliche Katastrophe, um so stärke sind anschließend die Kräfte, die etwas ändern wollen – nur um in der nächsten Generation wieder vergessen zu werden.

    • Frueher waren Haeuser lebendig sagt:

      Alles an dem System beruht auf Gewalt und Krieg. Neues luftgeschöpftes Geld läuft am besten vor und nach Kriegen.
      Wenn man eine Auswahl hätte an 100 Hollywood Filmen-würde man einen finden, in dem es nicht um Gewalt geht oder Geld und Erpressung?

      Die Menschheit muß einen Weg finden aus diesem System, das einer Sackgasse entspricht.

    • Uns ist doch allen klar, dass der Kapitalismus UND das normapathische Werden der Menschen in solchen Systemen wie das unsrige zu all dem führen, was wir hier vorfinden. Das wurde zigmal nicht nur von den Schreibern auf apolut dargelegt, sondern auch von den Kommentieren selbst.

      Das Ausnutzen der unmündigen Masse ist das Kerngeschäft der in Abhängigkeit funktionierenden politischen Masse. Hinzukommen noch die völlig Verirrten, die glauben, dass sie einer höheren Idee dienen. Die werden gelenkt. Auch das wissen hier doch alle.

      Die einen glauben, die Lösungen dazu liegen in der Vergemeinschaftung der Produktion etc. und der Unterordnung des Individuellen zum Wir und die anderen glauben das genaue Gegenteil wäre die Lösung. Ich persönlich glaube, dass wir unsere Freiheit nicht verlieren dürfen.

      An der Realität der verformten und vom Kapital missbrauchten Masse jedoch, zieht das derzeitige System eine Kuriosität nach der anderen aus ihrem großen Hut. Solange die Masse lieber unmündig bleibt und nicht selbst erkennt, was hier gespielt wird, können wir hier eine Analyse nach der anderen schreiben, einen Artikel nach dem anderen produzieren und den noch kommenden Säuen hinterherlaufen.

      Was ansteht ist das Machen. Wissen tun wir alle genug, um zu machen, doch dem Machen fehlt eine enorm wichtige innere Einstellung zu dem, was der Einzelne machen kann: sich für sein Wissen und Wollen für zuständig zu erklären.

      Solange selbst hier noch am anderen herumkritisiert wird, verfestigt sich die eigene Unmündigkeit zum angemessenen Tun in Bezug auf das eigene enorme Wissen um die nötige Veränderung. Selbst der Klügste bleibt naiv, solange er glaubt, ein anderer müsse der Fahnenträger des eigenen Wollens sein.

    • Frueher waren Haeuser lebendig sagt:

      Jeder von uns geht einen Vertrag mit dem System ein, einen Vertrag zwar, von dem man nichts weiß, aber dennoch ein Vertrag.
      Ein Personalausweis mit dem Namen einer Person, bezeichnet eine juristische Person-eine tote Sache.
      Eine natürliche Person hat einen Familiennamen. So steht es auch im Personalausweisgesetz, dass im Ausweis der Familienname zu stehen hat.

      Dieses Dokument, der Personalausweis macht aus dem Menschen eine Sache. Ohne dass es Menschen bewusst ist.
      Aber viele Intellektuelle werden klug genug sein , das zu wissen. Wieso sagen sie nichts?
      Diesen Vertrag kann man kündigen.

    • Frueher waren Haeuser lebendig sagt:

      Würden alle den Vertrag kündigen, stände das System ohne Personal da. Es wäre handlungsunfähig und aufgelöst.
      Und wir wären wieder Menschen.

    • Frueher waren Haeuser lebendig sagt:

      https://www.gesetze-im-internet.de/pauswg/BJNR134610009.html

      Im Personalausweisgesetz ist zu lesen, dass dort der Familienname bzw Geburtsname aufgeführt sein muß.
      Ist er aber nicht.
      Stattdessen ist nur der Name aufgeführt, aber der Name bezeichnet keine natürliche Person, sondern eine Sache.
      Wie üblich, sie halten sich nicht an ihre eigenen Gesetze.

  5. Out-law sagt:

    Während Fr. außen vor Ministerin sich vermutlich mit einem Flieger,hunderttausende Kilometer weit weg bewegen würde,um dann vom Himmel zu fallen,würde der Wirtschaftsminister sagen:" Dann werden wir nur kurz aufhören zu produzieren,Hauptsache wir gehen nicht insolvent!"
    Du Dummkopf sagt der Migrant. Scholz,der schon fast alles vergessen hatte:"Du Schwarz?"
    Migrant:"Ich weißßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßß!"

  6. Wepeah sagt:

    "Das ist weniger, viel weniger Zeit, als einer meiner Lieblingssongs dauert, „The End“ von den Doors. Aber das ist überhaupt eine gute Idee: Ich stelle YouTube an. Geht sogar noch. "

    Ja, geht sogar noch.
    Aber vorher wird noch 3 Minuten Zeit für Werbung auf YouTube verbraten bevor der Song einsetzt. Also muss ein kürzeres Stück her. Zum Beispiel "A Beginning" (The Beatles, Anthology 3, Komposition & Arrangement: George Martin). Das Stück läuft ca. 50 Sekunden, reicht also bis zum Einschlag bzw. Neubeginn.

  7. cumbb sagt:

    Zur Diskussion gestellt:

    https://archive.org/details/HiroshimaRevidiert

  8. Spottdrossel sagt:

    Quellenmaterial

    Was passiert bei einem Atomkrieg? Schreckensszenario wird durch Simulation veranschaulicht
    https://www.futurezone.de/science/article227939339/was-passiert-bei-einem-atomkrieg.html

    1100 Declassified U.S. Nuclear Targets
    https://futureoflife.org/resource/us-nuclear-targets/

  9. Frueher waren Haeuser lebendig sagt:

    Wenn auf einem Hühnerhof der Hahn umgesiedelt wird, dann laufen alle Hühner ohne Sinn und Verstand in alle Richtungen.
    Die einfachen Menschen haben nichts getan, um Krieg zu entfachen. Sie wollen das auch nicht. Was sie aber tun, ist ihre gemeine Gleichgültigkeit gegenüber dem Geschehen . Es reicht also, den Hahn oder die Spitze der Pyramide zu entfernen.

  10. Schramm sagt:

    Der kommende atomare Einschlag in Deutschland wäre zugleich das Ende Europas und infolge der ganzen Menschheit. Ein Ende der Geschichte vom Menschen.

    PS: Diese Wahrheit über die kommende Wirklichkeit ist auch den Kriegshetzern in allen bürgerlichen Parteien, der Mehrheit im Deutschen Bundestag und auch in der Bundesregierung bewusst. Und trotz alledem setzen Sie auf militärische Aufrüstung und Eskalation. Verzichten Sie auf jede Friedenspolitik und Diplomatie zwischen den westlichen und östlichen Nuklearmächten.

    Zudem gibt es auch in Deutschland keine nennenswerte Friedens- und Antikriegsbewegung, die diese verbrecherische Parlaments- und Regierungspolitik gegen die Zukunftsinteressen der deutschen Bevölkerung dauerhaft beenden könnte!

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