Wieder Hausdurchsuchung bei Regierungskritiker

Künstler wegen Bildmontagen am Pranger

 Ein Meinungsbeitrag von Eugen Zentner.

Regierungskritiker leben derzeit gefährlich. Sie werden nicht nur öffentlich diffamiert, sondern auch strafrechtlich verfolgt und eingeschüchtert, unter anderem mit Hausdurchsuchungen. Zuletzt bekam der Aktivist und DJ Captain Future Polizei-Besuch, weil er vor knapp einem Jahr ein Video über Karl Lauterbach veröffentlicht hatte. Versehen war der kurze Clip mit Effekten aus der bekannten Trickfilmreihe „Looney Tunes“. Die Berliner Staatsanwaltschaft will darin jedoch „Knallgeräusche“ erkannt haben, „die als Aufforderung zur gewaltsamen Entfernung des Bundesministers für Gesundheit verstanden werden sollten“. Das klingt zwar arg konstruiert, steht aber genau so in der Begründung für die Hausdurchsuchung. Eine solche musste nun auch der Politikwissenschaftler und Künstler Rudolph Bauer über sich ergehen lassen.

Der 84-jährige Bremer hatte zwischen 2020 und 2023 über tausendfünfhundert Bildmontagen kreiert, in denen auf satirisch-kritische Art zunächst die Corona-Politik verarbeitet wird und ab 2022 auch der Ukraine-Krieg, speziell die Rolle der Bundesrepublik als EU-Mitglied und Nato-Bündnispartner der USA. Insgesamt sind fünf Broschüren in der Reihe „Edition Kunst“ erschienen. Einige dieser Kleinwerke veröffentlichte er zusätzlich unter #bauerrudolph auf der Social-Media-Plattform Instagram, wo sie mit einem weiteren Hashtag als politische Kunst gekennzeichnet wurden. „Bildmontagen“, lautet Bauers Beschreibung auf der Rückseite jeder Broschüre,

„intervenieren bzw. korrigieren und verändern das Bestehende, Faktische – teils kritisch, teils parodistisch, satirisch und karikaturenhaft, teils auf heiter-spielerische Art, in ironischer Verkehrung.“

Damit sieht er sich in der Tradition von so Künstlern wie John Hartfield, Kurt Schwitters, Hanna Höch, Fritz Roh oder George Grosz, die in ihren Collagen ebenfalls Kritik an der Obrigkeit und den gesellschaftspolitischen Verhältnissen äußerten.

Das Amtsgericht Bremen ist da anderer Meinung und sieht stattdessen die „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ sowie einen Akt der „Volksverhetzung“. Vier der auf Instagram veröffentlichten Bildmontagen stehen dabei im Mittelpunkt. Eine von ihnen trägt die Unterschrift #zubesuchbeifreunden : #gastgeschenk“ und stellt, so der Wortlaut der Begründung für die Hausdurchsuchung, „die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und den Präsidenten der Ukraine Volodymyr Selenskyj und einen schwarz-weißen Reichsadler mit Hakenkreuz“ dar.

Eine weitere Bildmontage zeigt „die Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter und Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann und einen Reichsadler mit Hakenkreuz“. Die dritte der Bildmontagen zum Ukraine-Krieg trägt den Titel #seitenwende und zeigt „Adolf Hitler und den Bundeskanzler Olaf Scholz mit ähnlichen Handbewegungen“. Die vierte der inkriminierten Bildmontagen bilde „ein Konzentrationslager und den zu ‚COVID 19 IMPFSTOFF MACHT FREI‘ abgeänderten Schriftzug“ ab. Die Ermittlungsbegründung gegen den Künstler lautet hier:

„Durch die faktische Gleichsetzung von demokratisch legitimierten Maßnahmen mit dem menschenverachtenden Vorgehen im Nationalsozialismus“ habe Bauer „in besonders verachtenswerter Weise die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene (sic!) Handlungen verharmlost“.

Der Inhalt des Beschlusses mache ihn „baff“, sagt Bauer. „Da wird ein Popanz von Unterstellungen aufgebaut. Die von mir geschaffenen Bildmontagen sind politische Kunst. Kunst ist frei. Die politischen Anteile meiner Kunst sind wissenschaftlich untermauert. Als Meinungsäußerung sind sie im Rahmen der Verfassung legitim.“ Mit den heutigen Framing-Techniken lasse sich jedoch alles schlecht machen, was kritisch sei und nicht dem ideologischen Hauptstrom entspreche.

Die Hausdurchsuchung bezeichnet er als „starken Tobak“ und als „völlig unverhältnismäßig“, auch wenn es sich um künstlerische Arbeiten handle, die manche Rezipienten als krass empfinden könnten. „Das muss geduldet werden“, so Bauer. „Kritische politische Kunst an den Maßstäben der StGB zu messen statt am Grundgesetz, ist Unrecht.“ Besonders bedenklich findet er, dass die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, des Amtsgerichts sowie des Bundes- und Landeskriminalamts den Grundgesetzartikel 5 „entweder nicht kennen oder ihn einfach ignorieren“. Das sei „wahrlich verfassungsfeindlich“, werde aber nicht zur Anzeige gebracht. „Stattdessen wird mir der Prozess gemacht. Das ist die Methode ‚Haltet den Dieb!‘“

Besonders pikant an der Hausdurchsuchung ist, dass sie, wie aus dem Beschluss des Amtsgerichts Bremen hervorgeht, auf einer anonymen „Meldung der Meldestelle gegen Hetze im Netz REspekt!” beruht. Angesiedelt ist diese bei der Jugendstiftung Baden-Württemberg. Wie sie finanziert wird, darüber finden sich keine Angaben.

„Was Stuttgart betrifft, wo die Stiftung registriert ist, schrillen bei mir die Glocken”, sagt Bauer. „Das Amtsgericht Stuttgart hat einem Antrag von Karl Lauterbach stattgegeben, mich wegen Beleidigung anzuzeigen. Auch dabei geht es um eine kritische Bildmontage (Link zum Artikel). Die Verhandlung darüber ist auf den 5. Dezember festgelegt.

Als Bauer am 10. August am frühen Morgen überraschend Besuch einer fünfköpfigen Polizeitruppe bekam, sei er zunächst geschockt gewesen. Die Durchsuchungsbediensteten trugen Waffen und Schutzwesten. „Sie hatten offensichtlich keine Ahnung, gegen wen sie in Trab gesetzt wurden“, sagt der Künstler. „Sie waren wohl darauf programmiert, einen politisch schwerkriminellen Haufen von Bewaffneten vorzufinden. Ihre erste Frage war, ob nicht auch noch andere Personen und Waffen in der Wohnung sind.“ Im Laufe der Zeit seien ihr Ton und Verhalten jedoch zunehmend konzilianter geworden. „Wir verabschiedeten uns höflich und nicht unfreundlich“, so Bauer. Dennoch hätten die Polizeibeamten sämtliche Räume, Nebenräume, Schränke und Schubladen durchsucht, auch die seiner Frau – sowie Dokumente und Schubladen. Als Beweismaterial seien Bauers Bildmontage-Broschüren sichergestellt worden und dessen Smartphone, was der Künstler besonders „ärgerlich“ findet:

„Das ist ein widerlicher Eingriff in die persönliche Sphäre.“

Bauer möchte nun Öffentlichkeit herstellen und möglichst viele Menschen ansprechen, die sich für die Freiheit der Kunst einsetzen, „für eine Kunst“, betont er, „die sich politisch engagiert, die kantig und parteiisch ist“. Es sei wichtig, dass sich eine authentische und widerständige Kultur der Demokratie- und Friedensbewegung etabliere. Bauer sieht hier aber noch sehr viel Handlungsbedarf:

„Wir brauchen kritische politische Kunst, kritische politische Literatur, kritische politische Musik. Wir brauchen deshalb auch Galerien, Konzertsäle und Verlage sowie Medien, wo das kritische Kulturschaffen zur Geltung kommt. Es ist doch unmöglich, sich für Freiheit und Frieden einzusetzen, sonst aber den kulturellen Schrott zu konsumieren, der uns gegenwärtig verblödet.“

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Jorm Sangsorn / Shutterstock.com

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Kommentare (5)

5 Kommentare zu: “Wieder Hausdurchsuchung bei Regierungskritiker

  1. Zivilist sagt:

    Wenn ich richtig informiert bin, haben deutsche Staatsanwälte doch Abitur und sogar studiert, da verblüfft es immer wieder, auf welches unterirdische intellektuelle Niveau sie absinken können ! ?

    Demokratisch legitimiert ? Waren doch die Nationalsozialisten auch ! deren HANDLUNGEN, oh, das waren aber verdammt viele, wie das in einem funktionierenden Staat mit wiederhergestellten, also echten Berufsbeamten halt so ist. Wiederhergestellte Berufsbeamten mit wiederhergestellten Berufsbeamten zu vergleichen ist vermutlich Volksverhetzung, aber sorry, nicht ich liefere den Vergleich, sondern der demokratisch legitimierte BRD Gesetzgeber. Und sind nicht überhaupt die Damen und Herren Staatsanwälte in dieser Angelegenheit verdammt befangen, da wesentliche Handlungen der Nationalsozialisten ja gerade von wiederhergestellten Berufsbeamten insbesondere auch in ihrer Funktion vorgenommen wurden ? ?

    Und was die Nummer mit Vergleich = Verharmlosung = Volksverhetzung ist eh mehr als suspekt, Menschen, die keine Ahnung haben von Philosophie, sollten sich nicht aufs dünne Eis der Sophisterei begeben. Es spricht ja immerhin Einiges dafür, daß die Behauptung der Unvergleichlichkeit bestimmter Ereignisse sie verharmlost, weil es sie aus der Sphäre des Wirklichen herauslöst und ihnen damit auch das Potential zum 'Harm' in dieser Sphäre abspricht !

    Die Mischung von Dummheit & Bosheit einerseits und Gewalt andererseits ist eine ganz miese.

  2. wassenaar sagt:

    Ich hätte disen Text auch als Antwort zu wolfgang@jeschke.net schreiben können. Auch er hat die gleiche Passage kopiert und eingefügt, kommt aber leider auch nicht zur entscheidenden Schlussfolgerung.
    "„Durch die faktische Gleichsetzung von demokratisch legitimierten Maßnahmen mit dem menschenverachtenden Vorgehen im Nationalsozialismus“ habe Bauer „in besonders verachtenswerter Weise die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene (sic!) Handlungen verharmlost“.

    Da wird von etwas geredet, was es so nie gab. Obwohl Herr Hitler seine Partei nicht nur als Nationalsozialistisch, sondern auch noch als Arbeiterpartei benannte, kommt keiner auf die Idee diese Lüge "Arbeiterpartei" heute noch zu verwenden. Wohl aber wird und das mit Inbrunst, vom NATIONALSOZIALISMUS geschwafelt. War dieses System National eingestellt? Wohl kaum! Dann hätte man Deutschland nicht vollkommen zerstört dem deutschen Volk hinterlassen.
    War das System Hitler SOZIALISTISCH? Auch nicht, da die Konzerne den großen Reitschule bei der Kriegsproduktion gemacht haben.
    Trotzdem immer wieder "NATIONALSOZIALISMUS" in Huldigung Hitlers Lügen.
    Natürlich haben sich alle strikten Antikommunisten gefreut, daß Hitlercderartig gelogen hat. Schließlich ist es aufgrund dieser Lüge, der Demagogie, möglich den FASCHISMUS mit dem Sozialismus gleich zu setzen.
    Daran beteiligen Sie sich Herr Jeschke Wolfgang. Ich bin mir sicher, nur weil sie sich dabei keine Gedanken gemacht haben.
    Sprache ist aber die momentan eingesetzte Waffe gegen die Masse der Bevölkerung. In der Sprache wird Gedacht. Gegenwärtig beeinflussen die "Eliten" die Verwendung der Sprache in ihrem Sinne. Ausxdem Grund müssen Alle genau drauf achten, NICHT die Sprache dieser Verbrecher zu übernehmen !!

  3. um wie viel uhr ist die verhandlung in stuttgart? wuerde gerne als prozessbeobachter mir das trauerspiel anschauen.

  4. Dass die Einsatzkräfte nicht mal über die Situation informiert wurden, zeigt, dass es zudem noch eine Provokation war, der möglicherweise medienwirksame Bilder produzieren sollte. Ich würde mich nicht wundern, wenn Medien in der Nähe waren, während der Einsatz lief.

  5. wolfgang@jeschke.net sagt:

    Der Vorwurf: „Durch die faktische Gleichsetzung von demokratisch legitimierten Maßnahmen mit dem menschenverachtenden Vorgehen im Nationalsozialismus“ habe Bauer „in besonders verachtenswerter Weise die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene (sic!) Handlungen verharmlost“. Ist absurd, da es keine "demokratisch legitimierten Maßnahmen" gab. Das "Corona-Kabinett" und andere Einrichtungen der Plandemiesteuerung hatten keine demokratische Legitimation – ja sie kommen in den "Deutschen" Gesetzen nicht einmal vor. Die Frage der Rechtsstaatlichkeit zu stellen, erscheint heute absurder denn je. Es gibt sie schlicht nicht. Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit wurden längst geschliffen. Der Vergleich mit dem menschenverachtenden Vorgehen im Nationalsozialismus ist angemessen. Das Unrecht liegt auf der Seite des Systems und seiner Mitläufer – nicht auf der Seite seiner friedlichen Kritiker.

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