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Wie die Lösung des Ukraine-Konfliktes aus russischer Sicht aussehen könnte | Von Thomas Röper

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Ein Kommentar von Thomas Röper.

Das russische Außenministerium hat auf eine Presseanfrage zu den Möglichkeiten einer Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt geantwortet.

Westliche Politiker und Medien behaupten, dass Russland Verhandlungen über eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konfliktes ablehnt. Das ist bekanntlich gelogen, denn es war Kiew, das die im März 2022 laufenden Verhandlungen abgebrochen und im April 2022 verkündet hat, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen. Zusätzlich hat der ukrainische Präsident Selensky etwas später Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret unter Strafe gestellt. Unabhängig davon, wen man für den Ukraine-Konflikt verantwortlich macht, ist es unbestreitbar, dass es Kiew und nicht Moskau ist, das Verhandlungen ablehnt.

Im Anschluss an die Übersetzung der Presseanfrage und der Antwort des russischen Außenministeriums werde ich noch einmal die Chronologie der Entstehung des Konfliktes und des Abbruchs der Verhandlungen durch Kiew im April 2022 zeigen.

Beginn der Übersetzung:

Frage: Jeder Konflikt endet mit Verhandlungen. Mit wem ist derzeit auf ukrainischer Seite ein Dialog grundsätzlich möglich? Mit wem kann man reden – gibt es auf der Seite echte Verhandlungsführer? Werden europäische Staats- und Regierungschefs in Verhandlungen einbezogen? Und können wir den Europäern, die uns betrogen haben und stolz darauf sind, überhaupt vertrauen? Wer kann in der gegenwärtigen Situation als Garant auftreten? Wem kann man trauen?

Antwort: Der Standpunkt Russlands zu Verhandlungen mit der Ukraine ist bekannt. Sie wurde von Sergej Lawrow ausführlich erläutert, unter anderem auf der Pressekonferenz am 18. Januar über die Ergebnisse der russischen Diplomatie im Jahr 2022.

Wir möchten daran erinnern, dass wir bereits im Februar und April 2022 Gespräche mit Kiew geführt haben. Kiew bat unmittelbar nach Beginn der Militäroperation darum, setzte den Dialog dann aus und ließ unsere Vorschläge vom 15. April 2022 unbeantwortet. Später hat Selensky die Wiederaufnahme der Kontakte juristisch verboten, indem er am 30. September 2022 ein Dekret über die „Unmöglichkeit“ von Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten erließ. Wir haben wiederholt bekräftigt, dass wir für Verhandlungen offen sind, die nun natürlich den neuen geografischen und politischen Gegebenheiten Rechnung tragen müssen.

Was die europäischen Staats- und Regierungschefs betrifft, so ist nach Merkels und Hollandes selbstentlarvenden Geständnissen über den wahren Zweck des Minsker Abkommens von 2015 praktisch kein Vertrauen mehr geblieben. Wir erinnern uns noch gut daran, wie die EU-Staaten, allen voran Deutschland und Frankreich als Teilnehmer des Normandie-Formats, mehr als acht Jahre lang systematisch die Geschehnisse im Donbass ignoriert und Kiews Sabotage seiner Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen geduldet haben. Sie gaben vor, nicht zu bemerken, dass die ukrainischen Streitkräfte und nationalistischen Einheiten täglich Völkermord begingen, indem sie die zivile Infrastruktur im Donbass beschossen, wodurch Zivilisten, darunter auch Kinder, getötet wurden. Sie haben auch nicht bemerkt, dass alle Russen in der Ukraine totaler Diskriminierung ausgesetzt werden, obwohl sie bei bilateralen Kontakten auf direkte Fragen die Unzulässigkeit der Verletzung der Rechte bestimmter Kategorien von Menschen in der Ukraine eingeräumt haben.

Die Betrogenen sind letztlich die Bevölkerungen Westeuropas und der Ukraine, die ihren Politikern naiv geglaubt haben, die behaupteten, dem Frieden verpflichtet zu sein. Tatsächlich geschah nichts dergleichen, sondern das Ziel war es, Zeit zu gewinnen und dem neonazistischen Kiewer Regime die Möglichkeit zu geben, sich auf einen Krieg vorzubereiten.

Wenn es um die Fähigkeit geht, mit dem Westen Vereinbarungen zu finden, haben die EU und die USA leider die Kultur der Diplomatie und des Verhandelns verloren. Sie versuchen, allen etwas aufzuzwingen, um einseitig Vorteile zu erlangen, ohne die Interessen der anderen Seite zu berücksichtigen. Aus diesem Grund haben sie die Vorschläge, die wir im Dezember 2021 zu Sicherheitsgarantien vorgelegt haben, nicht so ernst genommen, wie nötig. Sie haben sich dafür entschieden, auf Kosten der Stabilität und der Sicherheit auf dem europäischen Kontinent enorme politische, wirtschaftliche, militärische und menschliche Ressourcen in eine offene Konfrontation mit Russland zu werfen.

Wir haben den gleichberechtigten Dialog mit den europäischen Partnern und die Suche nach Wegen zur Lösung von Sicherheitsproblemen nie aufgegeben. Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es früher oder später politische Kräfte in Europa geben wird, die sich von ihren eigenen nationalen Interessen und nicht dem Wunsch leiten lassen, jemandem „jenseits des Ozeans“ zu gefallen. Dann wird es auch jemanden geben, mit dem man eine Einigung finden kann.

Ende der Übersetzung

Die Chronologie der Eskalation

Nun will ich zur Erinnerung noch einmal die Chronologie der Eskalation in der Ukraine aufzeigen.

Anfang Dezember 2019 fand der letzte Normandie-Gipfel in Paris statt. Selensky kam danach zurück nach Kiew und verkündete seinen Leuten hinter verschlossenen Türen, dass er das Abkommen von Minsk nicht umsetzen wird. Allen Beteiligten in der Ukraine war damit klar, dass ein Krieg mit Russland unvermeidbar geworden war und Kiew begann mit konkreten Kriegsvorbereitungen. Das hat der Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, Alexej Danilow, im August 2022 in einem Interview offen erzählt.

Im Januar 2021 wurde Joe Biden US-Präsident. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Trump, der keine Eskalation in der Ukraine wollte, gab Biden Selensky grünes Licht. Daraufhin begann Selensky im Februar 2021 gegen die Opposition vorzugehen, woraufhin der Chef der größten Oppositionspartei unter Hausarrest gestellt und alle oppositionellen Medien verboten wurden.

Im März 2021 setzte Selensky die neue Militärdoktrin der Ukraine in Kraft, in der ein Krieg mit Russland mit dem Ziel festgeschrieben wurde, die Krim gewaltsam zurückzuerobern und den Konflikt im Donbass gewaltsam zu entscheiden.

Mitte April 2021 verkündete die Biden Regierung den Abzug aus Afghanistan bis zum 11. September.

Im April und Mai 2021 stand die Ukraine kurz vor einem Krieg mit Russland, wurde aber von den USA noch einmal zurückgepfiffen. War der Grund, dass die US-Truppen noch in Afghanistan und damit verwundbar waren, oder dass die USA die Ukraine nicht so umfänglich unterstützen konnten, solange sie noch in Afghanistan gebunden waren?

Mitte Juni 2021 fand ein Gipfeltreffen der Präsidenten Putin und Biden statt, bei dem es aber keine Annäherung gab.

Im August 2021 fand die überstürzte Flucht der NATO- und US-Truppen aus Afghanistan statt.

Während Kiew die Situation im Donbass ab Ende 2021 wieder eskaliert hat und die NATO ihre Truppenpräsenz in der Ukraine unter dem Vorwand von Manövern und Ausbildungsmissionen erhöht hat, haben Deutschland und Frankreich das Minsker Abkommen im November 2021 offiziell beerdigt, worüber es in westlichen Medien allerdings keine Berichte gab.

Die Russland-Sanktionen wurden, wie Politico im Oktober 2022 berichtet hat, bereits mindestens ab November 2021 in Gesprächen zwischen Washington und Brüssel vorbereitet. Das war drei Monate vor dem Beginn der russischen Intervention in der Ukraine und just zu dem Zeitpunkt, als Berlin und Paris das Minsker Abkommen beerdigt haben. Dass die Abkehr vom Minsker Abkommen zum Krieg in der Ukraine führen würde, war den Entscheidungsträgern in Washington und Brüssel (und wahrscheinlich auch in Berlin und Paris) offenbar klar, weshalb sie parallel die entsprechenden Sanktionen vorbereitet haben. Afghanistan war Vergangenheit und damit hatten die USA die Hände frei für einen neuen Konflikt.

Im Dezember 2021 forderte Russland von den USA und der NATO ultimativ gegenseitige Sicherheitsgarantien und den Abzug der NATO-Truppen aus der Ukraine und erklärte, dass es im Falle einer Ablehnung gegenseitiger Sicherheitsgarantien gezwungen sei, „militärtechnisch“ zu reagieren. Damit war klar, dass Russland auf weitere Bestrebungen, die Ukraine in die NATO zu ziehen, militärisch reagieren würde. Das war der Moment, in dem allen verantwortlichen Politikern bewusst war, dass eine Ablehnung von Verhandlungen mit Russland zu einem Krieg in der Ukraine führen würde. Der Krieg und all das Elend hätte verhindert werden können, wenn die USA bereit gewesen wären, einen neutralen Status der Ukraine dauerhaft zu akzeptieren und zu garantieren.

Am 8. Januar 2022 wurde Scott Miller zum US-Botschafter in der Schweiz berufen. In einem Interview vom November 2022 erzählte er ganz offen, dass die USA „Geheimdienstinformationen über die Invasion“ gehabt hätten und er diese sofort, also Anfang Januar 2022, der Schweizer Regierung gezeigt hätte. Da die Gespräche zwischen Russland und den USA über die Frage, ob es zu Verhandlungen über die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien kommen würde, zu diesem Zeitpunkt noch liefen, belegt die Aussage von Miller, dass die USA bereits beschlossen hatten, nicht in Verhandlungen einzutreten und sich der Folgen, nämlich der russischen Intervention in der Ukraine, in vollem Umfang bewusst waren. Miller bestätigte damit außerdem indirekt den Bericht von Politico darüber, dass die Sanktionen schon Monate vorher ausgearbeitet wurden, was Bundeskanzler Scholz und andere westliche Politiker später auch bestätigt haben, als sie sagten, dass die Russland-Sanktionen „von langer Hand vorbereitet“ waren.

Ende Januar 2022 wurde in den USA das Lend-Lease-Gesetz für die Ukraine eingebracht, über das bei seiner Einreichung in den Kongress geschrieben wurde:

„Mit diesem Gesetzentwurf wird vorübergehend auf bestimmte Anforderungen im Zusammenhang mit der Befugnis des Präsidenten, Verteidigungsgüter zu verleihen oder zu leasen, verzichtet, wenn die Verteidigungsgüter für die ukrainische Regierung bestimmt sind und zum Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine vor der russischen Militärinvasion erforderlich sind“

Das bestätigt ein weiteres Mal, dass die USA sich bereits auf den Krieg vorbereitet haben, während sie offiziell noch immer mit Russland über mögliche Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien gesprochen haben, denn das Gesetz zur Unterstützung der Ukraine gegen die „russische Militärinvasion“ wurde einen Monat vor der russischen Intervention in den Kongress eingebracht.

Fast gleichzeitig mit der Einreichung des Gesetzes haben die USA und die NATO Ende Januar 2022 die von Russland vorgeschlagenen Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien abgelehnt.

Am 19. Februar 2022 hat Selensky auf der Münchner Sicherheitskonferenz unter dem Applaus der hochrangigen westlichen Zuhörer die atomare Bewaffnung der Ukraine angedroht. Damit war das russische Eingreifen nicht mehr zu verhindern, denn dass sich die Ukraine, die in ihrer Militärdoktrin offen einen Krieg gegen Russland vorbereitet hat, sich dazu auch noch mit Rückendeckung des Westens nuklear bewaffnen könnte, war für Russland eine inakzeptable Bedrohung der eigenen Sicherheit.

Am 21. Februar 2022, also nur zwei Tage später, hat Putin die Donbass-Republiken anerkannt und Beistandsabkommen mit ihnen geschlossen. In seiner Rede dazu hat Putin Kiew deutlich vor den Folgen einer weiteren Eskalation gewarnt. Kiew hat den Beschuss auf zivile Ziele im Donbass danach aber noch einmal demonstrativ erhöht.

Am 24. Februar 2022 hat Putin in einer weiteren Rede den Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine verkündet.

Am 29. März 2022 gab es bei Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau einen Waffenstillstand. Kiew selbst machte dabei den Vorschlag, die Krim als russisch anzuerkennen und eine Verhandlungslösung für den Donbass zu finden. Darüber hinaus hat Kiew zugesagt, keine ausländischen Truppen mehr in seinem Land zu stationieren und nicht NATO-Mitglied zu werden. Ein EU-Beitritt der Ukraine war hingegen möglich. Außerdem erklärte Russland als Zeichen des guten Willens, seine Truppen aus der Region Kiew abzuziehen, was westliche Medien sofort als militärische Niederlage Russlands umdeklarierten, obwohl der russische Rückzug ohne Kampfhandlungen stattgefunden hat.

Am 3. April 2022 erschienen die Meldungen von angeblichen Massakern der russischen Armee in Butscha, die sich jedoch schnell als False-Flag-Operation herausstellten. Dennoch wurde Butscha als russisches „Verbrechen“ bezeichnet und in den Medien breit behandelt, während die mögliche Verhandlungslösung, die nur Tage zuvor erreicht worden war, kein Thema in den Medien war.

Großbritannien ist ebenfalls nicht auf die erreichte Verhandlungslösung eingegangen, sondern hat der Ukraine stattdessen am 8. April 2022 Militärhilfe in Höhe von 100 Millionen Pfund für die Fortsetzung des Kampfes gegen Russland versprochen.

Einen Tag später, am 9. April 2022reiste der britische Premierminister Johnson nach Kiew und sprach mit Selensky, der das ukrainische Angebot im Anschluss an diese Gespräche zurückzog und stattdessen verkündete, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen.

Am 30. September 2022 hat der ukrainische Präsident Selensky Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret unter Strafe gestellt.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 30. Januar 2023 bei anti-spiegel.ru

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Bildquelle: ArtMediaFactory/ shutterstock


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