
Umfrage unter Jugendlichen
Ein Kommentar von Paul Clemente.
Wie reanimiert man die Bundeswehr? Oder: Wie weckt man Verteidigungslust in einem Land, das seine Solidarstrukturen zerschneidet und jeden Bürger zum ökonomischen Einzelkämpfer erzieht? Rentenkürzung, eingeschränkte Krankenversicherung und Miethorror zeigen: Existenzielle Sorgen finden keine Vertretung mehr. Trotzdem soll der Bürger wieder Gewehr bei Fuß stehen. In den Tod ziehen für jene, die ihn verachten.
Dabei raffen selbst Gutgläubige: Alle offiziellen Kriegsgründe waren, sind und bleiben Märchendichtung. Menschenrechte? Sehr witzig. Es ging und geht um Wirtschafts- und Machtinteressen. Und sonst nichts. Schon in der Antike phantasierte man: Der Krieg um Troja wurde wegen Helena geführt. Bullshit. Es ging um Kontrollen über Handelsrouten. Die schöne Helena? Ein Alibi, sonst nichts.
Wer erinnert sich noch an den Ex-Bundespräsidenten Horst Köhler? Nach dem Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan, verriet er in einem Anfall von Wahrheitsliebe.
„Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege.“
In Kurzform: Das Wohl des Marktes verlangt manchmal a bisserl Krieg. Diese Aussage war vor 15 Jahren ein Skandal! Köhler trat deswegen zurück.
Auch gegenwärtig ist Köhlers Bekenntnis keinesfalls gesellschaftsfähig. Lieber verkauft man geopolitisch motivierte Kriegspolitik als Notwehr. Etwa so: Der russische Bär ist wieder erwacht und der Ukraine-Zwist nur ein Vorspiel. Denn der Kreml will ganz Mitteleuropa einsacken. Und um das zu verhindern, reicht ein Söldnertrupp nicht aus. Also fordert man ein Comeback der Wehrpflicht. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius glaubt sogar: Ein neuer deutscher Kriegsdienst würde in Moskau Panik auslösen. O-Ton:
„Wenn wir wieder alle Männer eines Jahrgangs mustern und die Daten aller Wehrfähigen erheben, wird das auch in Russland wahrgenommen. Anders ausgedrückt: Auch das ist Abschreckung!“
Sehr tröstlich: Wehrpflichtige enden nicht zwingend als Kanonenfutter. Schon ihre pure Präsenz halte Putin davon ab, Mitteleuropa zu unterwerfen.
Dass die Kreiswehrersatzämter vor Jahren geschlossen wurden, kann einen Pistorius nicht stoppen:
„Wir bauen jetzt neue, moderne Strukturen auf. Ab Mitte 2027 sind wir so weit. Dann können wir wieder flächendeckend mustern.“ Die Zeit drängt, denn: „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein.“
Und was sagen die Betroffenen? Laut einer Umfrage für Greenpeace wollen 16- bis 25jährige sich nicht durch den Fleischwolf drehen lassen. Weder für Mr. BlackRock noch für Rheinmetall. Eine Mehrheit von 57 Prozent lehnt die neue Wehrpflicht völlig ab, 61 Prozent deutet sie gar als Eingriff in ihre Grundrechte.
Auch Eltern geraten zunehmend in Sorge. Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerer haben Hochkonjunktur. So erklärte Dieter Junker, Sprecher der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) gegenüber dem RND:
„Was in diesem Jahr auffällt, ist, dass es eine spürbare und deutliche Zunahme an Beratungsanfragen durch Eltern gibt, die sich wegen ihrer minderjährigen Söhne und Töchter besorgt zeigen bezüglich einer möglichen Wiedereinführung einer Wehrpflicht oder eines neuen Wehrdienstes.“
Auch die Deutsche Friedensgesellschaft wird nach eigener Aussage von Anfragen „überflutet“.
Dann plötzlich: Ein Strategiewechsel: Vielleicht müssen gar nicht alle jungen Männer zum Militär. Sondern nur, wer das falsche Los zieht. Diese Kriegsdienst-Lotterie ist der neueste Vorschlag der Regierungskoalition. Es klingt wie ein Witz, ist aber keiner: Wenn es an Freiwilligen mangelt, entscheidet das Los, wer zur Musterung antreten muss. Linken-Chef Jan van Aken kommentierte:
„Es ist makaber, über Losverfahren zu entscheiden, wer zur Armee muss. Wer Pech hat, muss in den Krieg, muss sterben."
So wird die Kriegsdienst-Lotterie zu einer Art russischem Roulette.
Sogar Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, hält den Lotterie-Vorschlag für verfehlt. Aber aus anderen Gründen. Gegenüber Welt-TV kritisiert sie:
„Es kann nicht sein, dass gelost wird darüber, wer letztendlich bei der Bundeswehr landet. Das ist völlig absurd. Wir brauchen Soldaten, die motiviert sind.“
Ja, man stelle sich vor: Irgendein demotiviertes Weichei in Uniform: Wie soll der Kreml sich da gruseln?
Auch in der Bevölkerung löst das Kriegsdienst-Lotto keine Jubelstürme aus. Laut Insa-Umfrage für Bild am Sonntag lehnen 60 Prozent die Glücksspiel-Variante ab. Im Gegenzug stimmten ihr nur 21 Prozent zu.
Übrigens, was kaum zur Debatte gelangt: Die Einberufung soll mit einem Fragebogen beginnen. Jungens müssen ihn ausfüllen. Bei Personen anderen Geschlechts ist das freiwillig. Daraus ergäbe sich die Frage: Könnte ein 18jähriger nicht schnell zum Amt sprinten, und sich dort als Frau eintragen lassen? Nach dem Selbstbestimmungsgesetz steht ihm das zu. Wäre er dann vom Kriegsdienst befreit? - Leider nein. Transfrauen gelten bei der Bundeswehr plötzlich wieder als Männer und können im Kriegsfalle sogar eingezogen werden. Das hatte bereits die Ampel-Koalition beschlossen. Tja, die Gender-Ideologie ist halt nur ein Spiel. Ein Ablenkungsmanöver. Aber nur in Friedenszeiten.
Egal, wie die Bundeswehr künftig auftritt, ob als Freiwilligen- oder als Pflichtheer: Ihre Reanimierung verlangt jede Menge Propaganda. Eine, die sie zum unverzichtbaren Schutz verklärt, und den Feind bis zur Karikatur verzerrt. Davon hat der WDR kürzlich eine Kostprobe geliefert. Ein älterer Kolumnist, ehemals Zivildienstleistender, versichert auf der Website des Senders: Heutzutage würde er den Kriegsdienst nicht mehr verweigern: „Denn ich finde die Bundesrepublik verteidigungswert. Gegen Völkermörder und Großmacht-Psychopathen wie Putin müssen wir Entschlossenheit zeigen: Mit mehr Soldaten, Drohnen und Panzern.“ Noch kann man über solchen Furor schmunzeln, aber wie lange?
Der künftige Chef des Verfassungsschutzes, Sinan Selen, will Kritiker des Zwangsgebühren-TV nämlich unter Beobachtung stellen. Im Gespräch mit dem RBB assoziierte er Kritik an den GEZ-Medien mit „Desinformation“. Fazit: Wenn die „Nachrichtenvermittlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zweifel gezogen“ würden, gefährde dies die Demokratie… Klartext: Der Bürger muss den Info-Trash der Staatsmedien nicht nur finanzieren, sondern auch noch gut finden. Sonst kommen die Schlapphüte.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: Filmbildfabrik / shutterstock
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