Netanjahus Luftschlag in Doha – ein Schock für Israel, die Welt und jüdisches Leben
Ein Meinungsbeitrag von Günther Burbach.
Es war nicht bloß ein Luftschlag. Israels Regierung unter Benjamin Netanjahu ließ in Doha zuschlagen, mitten in dem Land, das seit Jahren als wichtigster Vermittler zwischen Israel, Hamas und internationalen Partnern gilt. Katar, US-Verbündeter, Gastgeber von Geiselverhandlungen, diplomatische Plattform, wurde zur Zielzone. Was als militärische Operation deklariert wurde, entpuppte sich als politischer Erdrutsch.
Der Moment, in dem Doha zerbrach
Doha galt bislang als Ruhepol inmitten der Eskalationen. Hier liefen die Fäden zusammen, wenn es um Geiselfreilassungen oder Waffenstillstandsentwürfe ging. Mit dem Angriff verwandelte sich dieser Raum der Hoffnung in ein Schlachtfeld. Katar reagierte empört, sprach von einer „fahrlässigen Verletzung der Souveränität“ und einer „feigen Attacke“.
Internationale Reaktionen folgten umgehend. Die UNO verurteilte den Schlag als Bruch des Völkerrechts. Washington nannte ihn „unglücklich“, eine ungewöhnlich deutliche Distanzierung von Israels wichtigstem Verbündeten. Arabische Staaten von Iran bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten sprachen von einer „Gefahr für die Stabilität der gesamten Region“. Europa äußerte tiefe Besorgnis. Der Tenor: Ein Tabubruch, der den diplomatischen Boden unter allen Beteiligten wegreißt.
Geiseln in tödlicher Unsicherheit
Besonders dramatisch sind die Folgen für die Geiseln, über deren Schicksal in Doha gerade beraten wurde. Für sie war Katar der letzte Ort, an dem es noch einen Hoffnungsschimmer gab. Mit der Bombardierung des Verhandlungsorts sendete die israelische Regierung ein fatales Signal: Gespräche haben keinen Schutz mehr. Beobachter warnen, dass dies die Chancen auf einen Deal de facto zunichtemacht. Angehörige der Geiseln äußerten öffentlich ihre Verzweiflung.
Netanjahu – ein Premier außer Kontrolle?
Die Aktion wirft Fragen nach der politischen Rationalität der Regierung auf. Kritiker sehen Netanjahu nicht mehr als kalkulierenden Staatsmann, sondern als Getriebenen, der bereit ist, jedes diplomatische Risiko einzugehen, um innenpolitisch zu überleben. Selbst enge Verbündete fragen sich, ob Israel noch ein verlässlicher Partner sein kann, wenn selbst neutrale Vermittlerländer zur Zielscheibe werden.
Für Israel bedeutet das einen hohen Preis. Das Land war immer auf internationale Unterstützung angewiesen, auf die diplomatische Rückendeckung seiner Partner ebenso wie auf das Vertrauen jüdischer Gemeinden weltweit. Aktionen wie der Angriff in Doha gefährden dieses Vertrauen und erhöhen die Gefahr antisemitischer Reaktionen in anderen Ländern. Beobachter warnen: Wenn Israel international als unberechenbar wahrgenommen wird, könnte das jüdische Leben außerhalb Israels zusätzlich unter Druck geraten.
Globale Folgen: Energie, Sicherheit, Diplomatie
Der Schlag in Doha bleibt nicht auf die Region begrenzt.
- Energiepreise: Katar ist einer der größten LNG-Exporteure der Welt. Jede Destabilisierung dort könnte die Märkte erschüttern – mit direkten Folgen für Europa, das stark auf Flüssiggaslieferungen angewiesen ist.
- Regionale Eskalation: Iran, Hisbollah und die Huthi-Rebellen nutzen den Angriff propagandistisch. Die Gefahr neuer Fronten steigt.
- US-Präsenz in Katar: Mit der Al-Udeid Air Base liegt die wichtigste US-Militärbasis der Region im Emirat. Eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen Doha und Jerusalem könnte unmittelbare Konsequenzen für Washington haben.
- Diplomatie im Kollaps: Ohne Katar als Mittler bleibt kaum ein glaubwürdiger Raum für Verhandlungen übrig. Damit schwinden die Chancen auf eine Beendigung des Krieges rapide.
Eine Gefahr für Israel selbst
Das eigentlich Tragische: Der Angriff stärkt Israel nicht, er schwächt es. Statt Sicherheit zu gewinnen, verspielt die Regierung Netanjahu Vertrauen und Unterstützung. Statt militärisch Stärke zu demonstrieren, legt sie die diplomatische Isolation des Landes offen. Für jüdische Gemeinden weltweit bedeutet das zusätzliche Unsicherheit. Sie müssen befürchten, dass politische Eskalationen in Israel antisemitische Ressentiments andernorts verstärken.
Kritiker betonen: Es ist nicht Israel, das hier verurteilt werden muss, sondern das Handeln einer Regierung, die das Land und sein Ansehen gefährdet. Die Sorge gilt dem jüdischen Leben weltweit und der Tatsache, dass es durch Entscheidungen in Jerusalem zusätzlich unter Druck geraten könnte.
Fazit: Verantwortung statt Eskalation
Der Luftschlag in Doha war kein militärischer Triumph. Er war ein diplomatischer Selbstmordversuch. Israel braucht Sicherheit, aber Sicherheit entsteht nicht durch die Zerstörung der letzten diplomatischen Brücken.
Die Welt muss jetzt klar machen: Kritik an Netanjahu und seiner Regierung ist kein Angriff auf Israel, sondern Ausdruck von Verantwortung gegenüber dem Land und den Menschen, die dort und weltweit vom Schutz Israels abhängen. Wer in die Diplomatie schießt, trifft nicht nur seine Gegner, er gefährdet sein eigenes Fundament.
Quellen und Anmerkungen
(1) AP News: „Israeli strike targets Hamas leadership in Doha“, 9. September 2025.
(2) Reuters: „Reaction to Israel’s attack on Hamas leaders in Qatar“, 9. September 2025.
(3) Al Jazeera: „World reacts to Israel’s attack against Hamas leaders in Qatar’s Doha“, 9. September 2025.
(4) The Guardian (Liveblog): „Israel-Gaza crisis live: Trump spokesperson calls strike on Qatar ‘unfortunate’“, 9. September 2025.
(5) CBS News: „Israel attack in Doha – Hamas leadership hit“, 9. September 2025.
(6) ABC News: „Israel’s precise strike on Hamas leadership in Doha“, 9. September 2025.
(7) Financial Times: „Israel launches attack on Hamas in Qatar“, 9. September 2025.
(8) Omni.se: „UN chief, EU condemn Israeli strike in Qatar“, 9. September 2025.
+++
Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
+++
Bild: Karte von Katar
Bildquelle: AustralianCamera / shutterstock
+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit der:
Spenden-Kryptowährung „Nackte Mark“: https://apolut.net/unterstuetzen/#nacktemark
oder mit
Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoin
Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/
+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.
+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/
+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut