Bekenntnis zur allmenschlichen Solidarität hilft gegen negative psychische Auswirkungen von Lüge und Manipulation
Ein Meinungsbeitrag von Rudolf Hänsel.
Einführung in Thematik
Es wird zunehmend schwieriger, sich im Dschungel von Lügen und Halbwahrheiten zurechtzufinden. Immer mehr Zeitgenossen wollen deshalb nichts mehr hören von Politikern. Mich persönlich halten die alternativen Medien „über Wasser“, weil sie wegen ihrer Regierungs-Unabhängigkeit der Wahrheit noch „die Ehre erweisen“.
Da wir aber nicht davon ausgehen können, dass „freie Geister“ uns jeweils lehren, was Wahrheit und was Lüge ist, sollten wir selbst in die Lage kommen, sie voneinander zu unterscheiden. Wir müssen lernen, selbst zu denken (Kant). Deshalb der Versuch einer psychologischen Annäherung an die Thematik. Erwähnenswert ist auch der Artikel von Dr. Garcia „Lügen, verdammte Lügen und Elefanten“ (1).
Der 20. Jahrestag des Beginns des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der USA, Großbritanniens und einer „Koalition der Willigen“ gegen den Irak ist sicherlich ein geeigneter Anlass, um über die zerstörerischen Auswirkungen von politischen Lügen und Manipulation aufzuklären. Doch im Folgenden wird es nicht nur um die Gewalt als ultima ratio der Politik gehen, sondern ganz generell um die zerstörerischen Auswirkungen von Lüge und Manipulation auf die menschliche Seele und die menschlichen Beziehungen sowie um die Wahrheit als „Gegenmittel“.
Für den Aufbau von Vertrauen zum Mitmenschen sind die Informationen und kulturellen Werte, die Eltern und Erzieher täglich an das Kind herantragen, von großer Bedeutung
Das Menschenbild der christlich-abendländischen Kultur besagt, dass der Mensch – auch schon das kleine Kind – schlechte Eigenschaften in sich trägt. Mit dieser Information – sei sie bewusst oder unbewusst – treten die Erzieher an das Kind heran. Immer vermuten sie einen bösen Willen beim Kind und sind deshalb oft unaufrichtig, streng und gewalttätig. Dadurch bekommt das Kind Angst vor dem anderen Menschen.
Wenn das Kind lernt, Angst zu haben, durchzieht dies sein ganzes Tun und Handeln, wie es sich in der Gemeinschaft bewegt und gibt. Die Gefühlsreaktion der Angst wird dann ein Bestandteil seines Charakters, den es bis ins Erwachsenenalter mehr oder weniger bewusst in jede zwischenmenschliche Beziehung hineinträgt.
Auch das Vertrauen zum Mitmenschen – das Fundament einer Persönlichkeit – entsteht in der Beziehung zu den Personen der Kindheit. Da der Mensch das Produkt der Erlebnisse, Erfahrungen und Eindrücke ist, die ihm Eltern, Lehrer und Erzieher von frühester Kindheit an vermitteln, ist entscheidend, welche Art von Informationen und welche kulturell vorherrschenden Werte sie an das Kind herantragen.
Wird das Kind durch unwahre Informationen und/oder verwirrende Lügen verunsichert und getäuscht, wird es sich von den Mitmenschen distanzieren. Das Vertrauen in den anderen kann nur entstehen, wenn es sich auf dessen Redlichkeit verlassen kann. Liebe Leser, gestatten Sie mir, in diesem Zusammenhang auf ungünstige Auswirkungen der religiösen Erziehung auf die Kinder-Seele aufmerksam zu machen: es geht um nicht existente Geister, Teufel und Engel.
Kaum zeigen sich beim Kind die ersten seelischen Regungen und es lernt zu sprechen, wird es von den Eltern und der Kirche „in Obhut genommen“. Bildet sich einige Jahre später das Bewusstsein des „Ichs“, so schalten sich bereits Gott und Teufel der betreffenden Religion ein. Seinen Kristallisationspunkt findet der dem Kind beigebrachte Dämonenglaube in den Vorstellungen von Teufel und Hölle. Angstneurosen und schwere seelische Störungen sind nach Auffassung von Psychiatern bisweilen die Folge.
„Psychologische Operationen“ im gesamtgesellschaftlichen Raum
Die Lüge ist eine Aussage, von der der Lügner weiß oder vermutet, dass sie unwahr ist. Er äußert sie mit der Absicht, dass der Empfänger sie glaubt. Auch die Manipulation eines anderen Menschen ist ein Betrug. Sie dient dazu, einen Vorteil zu erlangen und bedeutet die gezielte und verdeckte Einflussnahme oder Steuerung des Erlebens und Verhaltens von Einzelnen oder Gruppen, die diesen verborgen bleiben soll.
Bereits vor 500 Jahren verfasste Niccolò Machiavelli (1469-1527) mit der Schrift „Der Fürst“ („Il Principe“) eines der ersten Werke der modernen politischen Philosophie. Hierzu schreibt die Schweizer Psychologin Dr. Barben:
„Für Machiavelli bedeuteten Macht und Ruhm alles, Güte und Menschlichkeit nichts. Er lobte diejenigen Despoten als mächtig und erfolgreich, ‚die es mit der Treue nicht genau nahmen und es verstanden, durch List die Menschen zu umgarnen‘. Ein Herrscher müsse, so schrieb er, ‚Milde, Treue, Menschlichkeit, Redlichkeit und Frömmigkeit zur Schau tragen‘, diese Eigenschaften aber wenn nötig brutal ‚in ihr Gegenteil verkehren‘. Auch dürfe er ‚vor dem Schlechten nicht zurückschrecken‘ und müsse fähig sein, ‚sich zu drehen und zu wenden nach dem Winde‘“ (2).
Doch diese uralten und groben Methoden des politischen Manipulators Machiavelli sollten mit der Zeit verschwinden. Deshalb setzten amerikanische „Spin-Doktors“
nach dem deutschen Mauerfall auf sanfte Gewalt („Soft Power“). Ein „Spin-Doktor“ ist ein Kommunikationsexperte, der dafür arbeitet, dass zum Beispiel die Öffentlichkeit eine Aussage oder einen Beschluss so verstehen, wie es für den Auftraggeber oder Politiker vorteilhaft ist (3).
Diese Form der Propaganda war im Vergleich zu den kommunistischen Methoden diskreter, subtiler und „gefälliger“. Joseph S. Ney, US-amerikanischer Regierungsberater und Harvard-Professor bezeichnete sie als „ein ausgezeichnetes Instrument, um die Welt dazu zu bringen, ‚freiwillig‘ das zu tun, was Amerika wolle“ (4). Mit “Soft Power“ war es möglich, die öffentliche Meinung in einer Weise zu formen, wie das bloße Propaganda nie konnte. Doch damit nicht genug!
Um die „Kommunikation“ zu verbessern, das heißt, die Meinung der Weltöffentlichkeit speziell in Kriegszeiten zu „optimieren“, wurde die „Psy-Op“-Gruppe der US-Armee um Zehntausende von Mitarbeitern verstärkt und die Zusammenarbeit mit Hollywood-Studios intensiviert. „Psy-Op“ soll „psychologische Operation“ heißen anstelle des ehemals hässlichen Begriffs „psychologische Kriegsführung“. Larry Dietz, ein hochrangiger, auf psychologische Kriegsführung spezialisierter US-Militär, definierte „PsyOp“ jedoch so:
„Psychologische Operationen sind ein zusätzliches Waffensystem, um eine Mission zu erfüllen, die ein militärischer Kommandant befiehlt. (…). Das Ziel von PsyOp besteht darin, das Verhalten (von Zielpersonen) im Sinne des militärischen Kommandos zu beeinflussen.“ (5)
Siehe hierzu auch den Artikel von Alan Lash: „Psyops sind nicht neu, nur gefährlicher“ (6). Zieht man noch einmal das berühmte Zitat von Leo Tolstoi (1828-1910) über den Charakter von Regierenden heran und erfährt, dass die Politiker „die verlogensten Menschen“ sind, dann fragt man sich, wieso wir Bürger ihnen so leichtfertig die Macht übergeben:
„Man könnte die Unterordnung eines ganzen Volkes unter wenige Leute noch rechtfertigen, wenn die Regierenden die besten Menschen wären; aber das ist nicht der Fall, war niemals der Fall und kann es nie sein. Es herrschen häufig die schlechtesten, unbedeutendsten, grausamsten, sittenlosesten und besonders die verlogensten Menschen. Und daß dem so ist, ist kein Zufall.“ (7)
Auch ist die Frage des Krieges eine allgemeine Kulturfrage, die daran erinnert, dass unsere gesamte Kultur vom Prinzip der Gewalttätigkeit durchdrungen ist und deshalb immer wieder auch auf den Irrtum verfällt, völkische Probleme durch die Methode der Gewalt, das heißt, den Krieg lösen zu können. Überall wird die Macht über die menschliche Solidarität und das Gemeinschaftsgefühl gestellt.
Psychologische Operation „Killerspiele“: harmlose „Unterhaltungsgewalt“?
Eine weitere Zielgruppe von ‚PsyOp‘ sind Kinder und Jugendliche – ein besonders finsteres Kapitel. Hierzu schreibt Dr. Barben:
„Um die Tötungsraten bei militärischen Einsätzen zu erhöhen, setzt das Pentagon Simulatoren ein, an denen das routinemäßige Töten geübt wird. Mit diesen wird den Soldaten die natürliche Tötungshemmung abtrainiert. Sie üben das schnelle und automatische Töten möglichst vieler Menschen. Vor einigen Jahren schloss das Pentagon Verträge mit Hollywood ab. Die Film- und Unterhaltungsindustrie versah die militärischen Mordsimulatoren mit einem ‚attraktiven‘ Design und vermarktete sie als ‚Kinderspiele‘“. (8)
In Wirklichkeit bewirken diese „Spiele“ bei Kindern und Jugendlichen genau das gleiche wie bei den Soldaten. Nach Auffassung des US-amerikanischen Militärpsychologen Dave Grossman gewöhnen sie ans Töten und verrohen das Gefühl (9).
Zur Thematik „Killerspiele“ verfasste der Autor zusammen mit anerkannten Universitätsprofessoren, Militärwissenschaftlern, Jugendpsychiatern, Heimleitern und betroffenen Gymnasiasten zwei Handreichungen für Eltern und Lehrer: „Da spiel ich nicht mit!“ (10) und „Game over!“ (11). Beide befassen sich mit den Auswirkungen dieser sogenannten „Unterhaltungsgewalt“ in Fernsehen, Video- und Computerspielen – und was man dagegen unternehmen kann.
Wann wird sich das Menschheitsgewissen endgültig Gehör verschaffen?
Das wirksamste Gegenmittel gegen Lüge und Manipulation ist die Wahrheit beziehungsweise ihre Verbreitung. Doch noch können wir nicht sagen, wann sich das Menschheitsgewissen, dessen Mahnruf durch die Jahrhunderte gellt, endgültig Gehör verschaffen wird, um den schrecklichen Irrtum der Herrschsucht aufzuzeigen.
Auch wissen wir nicht, wann das Menschheitsgewissen die sogenannte „absolute Wahrheit“ verkünden wird, wonach die Menschen zusammengehören und unter dem Gesetz stehen, zusammenzuwirken und einander die Hände zu reichen. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass der Bestand des Menschengeschlechts davon abhängen wird, dass sich die Menschen in weit höherem Maße als bisher zur allmenschlichen Solidarität bekennen.
Bis zum heutigen Tag wird unter denen, die darauf angewiesen wären, sich gemeinsam gegen die Naturgewalten zu wenden und allen Menschen auf dieser Erde ein erträgliches Dasein zu sichern, Zwietracht gesät und auch werden sie nach „Strich und Faden belogen“.
Somit ermöglicht das Vorrecht der Regierenden und die Verblendung der Regierten immer wieder Rückfälle in die kriegerische Gesinnung, die im Leben des Einzelnen wie der Völker unsägliches Leiden verursacht. Gleichzeitig wird in schamloser Weise vom „Ethos des Krieges“ gesprochen, in dem sich die edelsten Tugenden des Menschen wie Mut und Entsagung, Pflichttreue und Opferwilligkeit entfalten würden.
Aufklärung und Erziehung als wichtigste Maßnahmen gegen Lüge, Manipulation und Krieg
Die Geschichte ist ein Werk des Menschen. Wenn man diese Welt ändern will, muss man den Menschen ändern. Demgemäß sind Aufklärung und Erziehung die erfolgversprechendsten Maßnahmen, die gegen den Krieg, die Manipulation und die Lüge ergriffen werden können.
Natürlich sollten Eltern und Erzieher die Kinder dazu anhalten, stets bei der Wahrheit zu bleiben. Und wenn man sie noch nicht kennt, sollte man den anderen dazu einladen, sie gemeinsam zu ergründen. Auch ist es von zentraler Bedeutung, dass die Erwachsenen den Kindern stets Vorbild an Redlichkeit und Wahrhaftigkeit sind.
Lüge und Manipulation achten weder die Würde noch die Gleichwertigkeit der Menschen. Sie verstoßen gegen das Gewissen und das Gebot der Brüderlichkeit. Indem sie den Mitmenschen zum Manipulationsobjekt herabwürdigen, respektieren sie ihn nicht als gleichwertigen Partner.
Wer die ehrliche Absicht hat zu informieren, kann sich zwar irren, aber er fühlt sich der Wahrheit verpflichtet. Er will dem anderen etwas Wahres mitteilen. Dabei verfolgt er keinen heimlichen Zweck, den er vor dem anderen verbirgt.
Fußnoten:
- https://www.globalresearch.ca/lies-damned-lies-elephants/5811493
- Barben, Judith (2009). Spin doctors im Bundeshaus. CH-5401 Baden
- https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/296497/spin-doctor/
- Barben, Judith (2009). Spin doctors im Bundeshaus. CH-5401 Baden, S. 37
- A. a. O., S. 40
- https://www.globalresearch.ca/psyops-not-new-just-more-dangerous/5812602
- Tolstoi, Leo N. (1968). Rede gegen den Krieg. Frankfurt a. M., S. 74
- Barben, Judith (2009). Spin doctors im Bundeshaus. CH-5401 Baden, S. 41f.
- A. a. O., S. 42
- Hänsel, Rudolf und Renate (Hrsg) (2005). Da spiel ich nicht mit! Auswirkungen von „Unterhaltungsgewalt“ in Fernsehen, Video- und Computerspielen – und was man dagegen tun kann. Donauwörth
- Hänsel, Rudolf (2011). GAME OVER! Wie Killerspiele unsere Jugend manipulieren. Berlin
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Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Schul-Rektor, Erziehungswissenschaftler und Diplom-Psychologe. Nach seinen Universitätsstudien wurde er wissenschaftlicher Lehrer in der Erwachsenenbildung. Als Pensionär arbeitete er als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung sowie eine Erziehung zu Gemeinsinn und Frieden. Für Verdienste um Serbien bekam er 2021 von den Universitäten Belgrad und Novi Sad den Republik-Preis „Kapitän Misa Anastasijevic“ verliehen.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags. +++ Bildquelle: Burdun Iliya / Shutterstock.com
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