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Unruhen im Kosovo – eine weitere Front im Dritten Weltkrieg? | Von Hermann Ploppa

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Ein Kommentar von Hermann Ploppa.

Es wird überall eifrig gezündelt, um den zerbrechlichen Noch-Frieden in Europa zu zerstören. Georgien, Berg-Karabach und Transnistrien sind neben dem Balkan buchstäblich ganz heiße Kandidaten für neue Brandherde.

Da gehen wieder Bilder durch die Medien. Derbe serbische Burschen greifen da im Kosovo Ordnungskräfte der internationalen Organisation KFOR wütend an. Es gibt auf beiden Seiten Verletzte <1>. Zum Glück noch keine Toten. Da fragen wir unbedarfte Fernseh-Konsumenten uns doch ganz unwillkürlich: was gibt es denn da wieder für Kloppereien? Können die sich nicht mal endlich vertragen?

Nun ja: die Vorgeschichte dieser Raufereien ist kompliziert und verschachtelt. Das oder der Kosovo ist eine kleine Provinz im Herzen des Balkan. Sie gehörte mal zu der Bundesrepublik Jugoslawien. Die  Bundesrepublik Jugoslawien war dereinst ein Leuchtturm des aufgeklärten Sozialismus. Jugoslawien geriet aber dann in die Verschuldungsfalle westlicher Banken. Um die Schulden abzutragen, mussten erhebliche Einschnitte in der Lebensqualität der Jugoslawen vorgenommen werden. Dann fachten westliche Politiker wie der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher ethnische Konflikte in der vielgestaltigen Bundesrepublik Jugoslawien an. Es kam zu blutigen Kriegen zwischen Serben, Kroaten, Bosniern und Albanern. Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina traten aus dem Bundesstaat Jugoslawien aus. Dass dieser Zerfall von der westlichen Wertegemeinschaft forciert wurde, leugnet niemand mehr. Mit dem völkerrechtswidrigen Überfall des westlichen Waffenbündnisses NATO auf die Reste der Bundesrepublik Jugoslawien im Jahre 1999 wurde das Ende eben dieser Bundesrepublik besiegelt. Es blieb als Rest der Staat Serbien.

Soweit, so schlecht. Der Austritt aus einer Bundesrepublik kann im besten Falle ein ganz normaler Vorgang sein. Auch der Bundesstaat Texas könnte rein theoretisch aus den Vereinigten Staaten von Amerika ganz einfach austreten. Ganz genau so wie der Freistaat Bayern aus der Bundesrepublik Deutschland austreten könnte. Vollkommen legal. Allerdings wurde der völkerrechtswidrige Überfall der NATO auf Jugoslawien dadurch gekrönt, dass sich die NATO zusätzlich die Provinz Kosovo ganz kackfrech aus dem Teilstaat Serbien herausgeschnitten hat. Auf dem neuen quasi-staatlichen Gebilde Kosovo wurde die zweitgrößte US-Militärbasis in Europa nach Ramstein, Bondsteel, errichtet. Als Rechtfertigung für diesen zu hundert Prozent illegalen Landraub diente wieder einmal ein ethnischer Hintergrund. Denn in Kosovo leben mehrheitlich muslimische Albaner.

Mitte der 1990er Jahre wurde eine Terrormiliz mit Namen UCK von Deutschland aus massiv aufgebaut und aufgebläht. Eine extrem gewalttätige und zudem kriminelle Vereinigung, die den Hass und Terror gegen Serben kultivierte. Die UCK-Kämpfer agierten offen als Kollaborateure der NATO und unterstützten die westlichen Bomber bei der Auswahl ihrer Ziele. Nachdem das Kriegsziel der NATO, nämlich die Zerschlagung der Bundesrepublik Jugoslawien und die Installierung einer US-Militärbasis im Herzen des Balkans erreicht waren, wurde die UCK aufgelöst. Mission accomplished. Nun wurden die UCK-Extremisten in die Polizei und Armee des neuen Quasi-Staates Kosovo aufgenommen. Seitdem müssen die im Kosovo verbliebenen Serben verdammt gut aufpassen.

Im letzten Spätherbst wurden Bürgermeisterwahlen im Kosovo verordnet. Im Norden des Kosovo gibt es noch Gemeinden mit serbischer Bevölkerungsmehrheit. Die dort lebenden Serben boykottierten diese Kommunalwahlen. Die Wahlbeteiligung lag in diesen Regionen folglich bei unerheblich über drei Prozent. Die an der Wahl teilnehmenden albanischen Kandidaten wurden von ihren Landsleuten gewählt, sodass nun Bürgermeister mit der lächerlichen „Legitimation“, von drei Prozent der Wahlberechtigten ins Amt gehoben worden zu sein, die Rathäuser besetzen wollen. Dies war nun gerade der Fall. Die Serben in der Region sind nicht bereit, diese absurde Situation zu akzeptieren.

Das sehen auch die meisten Nachbarländer des Kosovo ganz genau so. Nicht nur Serbien lehnt eine völkerrechtliche Anerkennung des Kunstgebildes Kosovo ab. Auch Rumänien, Bosnien-Herzegowina, Slowakei, aber auch globale Schwergewichte wie die Volksrepublik China und Russland wollen mit dem Konstrukt Kosovo nichts zu tun haben. Das veranlasste vor einigen Monaten Bundeskanzler Olaf Scholz und den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, Serbien zu erpressen. Der Macron-Scholz-Plan gewährt Serbien nur den Eintritt in die Europäische Union, wenn Serbien die gleichzeitige Anerkennung und Integration des Kosovo in die Netzwerke des Europa-Rats, von Interpol, UNESCO, Europäische Union, UNO und schließlich NATO akzeptiert. Mit anderen Worten: Serbien soll den Diebstahl seiner Provinz Kosovo durch die westliche Wertegemeinschaft nicht nur akzeptieren, sondern sogar aktiv unterstützen.

Unklar ist allerdings in diesem Zusammenhang umso mehr, wer eigentlich jetzt ein Interesse an Unruhen im Kosovo hat und wer die Unruhen anheizt. Immerhin haben die Unruhen als Ergebnis, dass die westliche Wertegemeinschaft weitere 700 Soldaten ihrer KFOR-Einheiten in den Kosovo entsendet. Damit wird immer noch mal deutlicher, wer im Kosovo eigentlich das Sagen hat. Das wird schon lange unterstrichen durch eine Aufpasser-Organisation der Europäischen Union. Die Rede ist von der Rechtsstaatlichkeitskommission der Europäischen Union, der so genannten EULEX. Über zweitausend Polizisten, Gefängnisaufseher und Zollbeamte aus anderen EU-Staaten führen hier ein Eigenleben. Die kosovarischen Behörden haben kein Einspruchsrecht in das Wirken und Weben der EULEX.

Wie lebt es sich so im Kunstprodukt Kosovo? 

 Das habe ich bereits im Jahre 2019 in meinem Buch „Der Griff nach Eurasien“ beschrieben. Zum Abschluss noch ein paar Auszüge aus meinem Buch, zur weiteren Illustration des völkerrechtlichen Skandals, der den Namen „Kosovo“ trägt:

„Nun muss Serbien auch noch ein Stück des eigenen Territoriums an die NATO abtreten, nämlich das Kosovo-Gebiet, wo sich mittlerweile kriminelle Banden und Faschisten eingenistet hatten. Rechtlich blieb Kosovo bei Serbien, jedoch wurde es sozusagen für nicht absehbare Zeit an die Westmächte kostenlos überlassen. Das Kosovo war jetzt zu annähernd hundert Prozent mit Albanern bewohnt. Die letzten verbliebenen Serben sowie Sinti und Roma wurden unter den Augen der eingerückten mittlerweile 50.000 NATO-Soldaten der KFOR-Mission bestialisch gelyncht. Im neu eroberten Kosovo installierten die US-Streitkräfte dauerhaft ihre Militärbasis Camp Bondsteel. Nun hatten die USA neben ihrer Militärbasis Ramstein in Deutschland eine zweite starke Basis in einem exterritorialen Raum. Sozusagen ein Stück USA in Südosteuropa, ein „Brückenkopf“ (in den Worten Brzezinskis <2>) für die Inbesitznahme Eurasiens.

Wir sprachen ja davon, dass das Organisierte Verbrechen seit der Einführung der Clearing-Systeme zu einem gleichberechtigten Spieler am runden Tisch der Weltbeherrschung aufgestiegen ist. Auch diese ehrenwerte Branche bekommt das Kosovo als Basis für ihre rege und munter expandierenden Geschäftstätigkeiten zugesprochen. Im Schutz des Militärs und der Exterritorialität entwickelt sich das Kosovo zur Drehscheibe des Drogen-, Organ- und Menschenhandels für das restliche Europa:

„Anscheinend war das schnelle Anwachsen der UCK auf eine ‚30.000 Mann starke Streitkraft mit Granatwerfern, Panzerabwehrwaffen und AK47-Kalaschnikows‘ im Jahre 1999 eng mit der wachsenden Beteiligung von Kosovaren am Heroinhandel in der Schweiz, in Deutschland und Skandinavien verknüpft.“ <3>

40 Prozent des heute in Europa konsumierten Heroins ist aus Afghanistan über Kosovo an die Endverbraucher gelangt. Außerdem gilt das Kosovo als Umschlagplatz von Kokain aus Lateinamerika, von hier aus unbehelligt von irgendeiner staatlichen Kontrolle portioniert und verschickt an die Endkunden in Europa. Es ist überhaupt kein Geheimnis, dass vom kleinen Drogenkurier bis zum Präsidenten dieser seltsamen Enklave im Herzen Europas alle von kriminellen Geschäften unterschiedlichster Art profitieren. Und wollen tatsächlich einmal europäische Fahndungsbeamte dieser Connection auf den Grund gehen, sind garantiert Herrschaften aus den USA zur Stelle, die die Fahnder ausbremsen <4>.

Das ist schon erstaunlich. Denn das Kosovo untersteht seit 1999 der Verwaltungshoheit der Vereinten Nationen <5>. Zudem wird seit 2008 die politische Entwicklung in der Enklave durch einen bürokratischen Wasserkopf namens EULEX überwacht. Und die kosovarischen Finanztransaktionen unterstehen seit 1999 der strengen Kontrolle durch den Internationalen Währungsfond und – der deutschen Commerzbank! Seit nunmehr zwanzig Jahren sind sämtliche ehrenwerten Weltorganisationen im Kosovo mit starkem Personal präsent. Und trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, floriert gerade hier das Organisierte Verbrechen so stark wie nirgendwo anders in Europa. Was sind daraus für Schlüsse zu ziehen?

Und obwohl im Kosovo eine beachtliche Anzahl von extrem teuren Nobelkarossen zu bestaunen ist, leben die normalen Menschen, die gerne einer ehrlichen Arbeit nachgehen würden, in einer Armut, die mit Bangladesh konkurrieren kann. Die Arbeitslosigkeit oszilliert um die 50 Prozent-Marke.

Jugendarbeitslosigkeit erreicht in schlechten Zeiten eine Marke von 70 Prozent. Und 34 Prozent aller Menschen in diesem Drogenparadies vegetieren unterhalb der Armutsgrenze vor sich hin. Wer kann, wandert aus nach Deutschland oder in andere Regionen dieser Welt. Nicht nur das Kosovo – der gesamte Balkan blutet aus. Junge Frauen aus dem Südosten Europas werden mit interessanten Jobangeboten nach Deutschland gelockt, um sodann in die Zwangsprostitution verkauft zu werden. Sklaverei in unserer Mitte ist an der Tagesordnung. Die Männer müssen ihr Leben vergeuden als LKW-Fahrer in Mitteleuropa, einsam und trostlos gepfercht in die Fahrerkabinen ihrer Gigaliner, von A nach B fahrend, ohne Sozialkontakte. In deutschen Trucker-Bordellen treffen sie dann womöglich Frauen aus ihrer Heimat wieder. Während gleichzeitig zuhause auf dem Balkan junge Männer und Frauen dringend benötigt werden, um die Trümmerlandschaften wieder aufzubauen.“

Verstehen Sie nun, warum es jetzt auch im Kosovo so ungemütlich brodelt?

Quellen und Anmerkungen

Hermann Ploppa: Der Griff nach Eurasien - Die Hintergründe des ewigen Krieges gegen Russland. Marburg 2019. <1> https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-05/kosovo-ausschreitungen-serben-usa-frankreich <2> Zbigniew Brzezinski: Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft. Rottenburg 2015. <3> Adam Jones et al.: Völkermord, Kriegsverbrechen und der Westen. Berlin 2005. S.338 <4> Die Welt 29.11.2008, Der BND in den Untiefen des Kosovo, https://www.welt.de/politik/article2803781/Der-BND-in-den-Untiefen-des-Kosovo.html 9.1.2008, Kosovo: UN-Mission impossible, NATO hilflos, Rolle der USA kontraproduktiv, http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Serbien/kosovo37.html <5> Stern, 21.2.2008 Kosovo: Mafia-Staat von UN-Gnaden, https://www.stern.de/politik/ausland/kosovo-mafia-staat-von-un-gnaden-3082322.html +++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Bumble Dee/ shutterstock


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