Ein Standpunkt von Wolfgang Effenberger.
US-Präsident Trump hat am 23. Oktober 2025 überraschend das geplante Treffen mit Russlands Präsident Putin abgesagt und gleichzeitig umfassende neue Sanktionen gegen die zwei größten russischen Ölkonzerne verhängt: Ein klassisches Beispiel für wirtschaftlichen Hebelgebrauch, um russische staats- und militärpolitische Spielräume zu begrenzen und ein geopolitisches Signal für erhöhte Konfrontationsbereitschaft zu setzen – ein Versuch, den diplomatischen Druck auf Moskau zu maximieren – insbesondere vor dem Hintergrund der fortdauernden Kämpfe in der Ukraine und Russlands Forderung nach tragfähigen Sicherheitsbedingungen bei gleichzeitiger Verweigerung eines schnellen, unvorbereiteten Waffenstillstand, so wie ihn die USA fordern.
Laut westlichen Medien spielt die Absage des Treffens die US-Strategie wider, nicht um jeden Preis Gesprächsbereitschaft zu signalisieren, sondern Zugeständnisse und echte Verhandlungsbereitschaft zur Bedingung zu machen.
Das UN-Dokument (UNSC 2022/2015) - besser bekannt als "Minsk II" oder Minsker Friedensabkommen scheint im Westen wohl völlig in Vergessenheit geraten zu sein. Es sah einen Maßnahmenkomplex zur friedlichen Lösung des seit Mai 2014 herrschenden Ukraine-Kriegs vor. Mit der deutsch-amerikanischen Erklärung vom 21. Juli 2021 keimte Hoffnung auf. Denn darin versicherten die USA und Deutschland Frieden in der Ukraine im Rahmen des von Deutschland und Frankreich geschaffenen so genannten Normandie-Formats "Minsk II" zu erreichen. (1) Doch weder die Merkel- noch die Scholz-Regierung machte Anstalten, diesen Staatsvertrag zu erfüllen. Im Interview mit der Zeit vom 7. Dezember 2022 gab Altkanzlerin Angelika Merkel sogar preis:
„Und das Minsker Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben. Sie hat diese Zeit auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht“ (2).
Einen Tag später bezeichnete der russische Präsident Wladimir Putin Merkels Worte als überraschend und enttäuschend.
„Ich hatte trotzdem damit gerechnet, die anderen Teilnehmer [ Ukraine, Frankreich, W.E.] seien aufrichtig. Aber sie haben uns auch betrogen, sie bezweckten, die Ukraine mit Waffen aufzupumpen und für Kriegshandlungen vorzubereiten.“ (3)
Später erklärte der ehemalige französische Präsident Hollande gegenüber dem Kyiv Independent, dass Merkel recht hatte: „Die Minsker Vereinbarungen stoppten die russische Offensive für eine Weile.“ (4) Putin reagierte darauf in seiner Neujahrsansprache 2023 mit deutlichen Worten:
„Der Westen log vom Frieden, bereitete aber Aggression vor und gibt das heute offen und schamlos zu.“ (5)
Am 15. Dezember 2021 hatte die Russische Föderation einen Entwurf für eine mögliche Vereinbarung zwischen Russland und den USA über Sicherheitsgarantien sowie über ein Abkommen zwischen Russland und der NATO übergeben (6). Beide Vertragsentwürfe, die nach offizieller Sichtweise die Interessen Russlands und die Interessen der russischen staatlichen Souveränität schützen sollten, wurden zwei Tage später auf der Website des russischen Außenministeriums für die russische Bevölkerung veröffentlicht. Das ist in der Anfangsphase von Vertragsverhandlungen ungewöhnlich. Damit konnten die russischen Staatsorgane nicht mehr zurückrudern. Was wurde zum Schutz russischer Interessen und russischer Souveränität gefordert? (7)
Die NATO sollte zum Stand vom 17. Mai 1997 zurückkehren, als die NATO-Russland-Grundakte unterzeichnet wurde. Darin wurden militärischen Aktivitäten der NATO in Ländern des ehemaligen Warschauer Paktes ausgeschlossen. Weiter hatte sich die NATO in der Grundakte dazu verpflichtet, keine größeren Kampfverbände dauerhaft in den neuen Mitgliedstaaten zu stationieren. Die Aufstellung von Atomraketen dort sollte komplett tabu sein. Nach dem Referendum auf der Krim 2014 entsandte die Allianz multinationale Gefechtsverbände in die baltischen Staaten und nach Polen. Das Stationierungsverbot wird durch ein Rotationsprinzip umgangen. (8) Weiter verlangte Russland, dass keine neuen Staaten in die NATO aufgenommen werden. Die folgenden Verhandlungen gingen dann aus wie das "Hornberger Schießen".
Putins wiederholte Forderung nach einem langfristigen Sicherheitsabkommen im Dezember 2021 wurde von den USA und der NATO nicht ernsthaft verhandelt, vielmehr als Versuch Moskaus interpretiert, Einflusszonen festzulegen und die eigene Expansion zu legitimieren. Die Gespräche ließ man bewusst im Sand verlaufen, weil die westlichen Hardliner keinen Verhandlungsspielraum akzeptieren wollen.
Dafür wurde dann am 19. Januar 2022 der "Ukrainian Land Lease Act" in den US-Kongress eingebracht. Damit institutionalisierten die USA militärische, logistische und ökonomische Unterstützung für die Ukraine auf lange Sicht – eine gezielte Provokation und die Vorbereitung auf einen langanhaltenden Stellvertreterkrieg.
Die Weichen für diesen "proxy war" wurden zwischen November 2013 und Februar 2014 mit dem vom Westen orchestrierten Putsch in der Ukraine gestellt. Die Langzeitstrategie "Win in a Complex World 2020-2040" wurde in Kraft gesetzt. In diesem Dokument wird unter Punkt 2.4 "Künftige Konflikte" den US-Streitkräften die Anweisung erteilt, in diesen beiden Dekaden vor allem die von Russland und China ausgehende Bedrohung abzubauen (es folgen Nordkorea und der Iran). Es geht in diesem Weltkonflikt um den Sieg der unipolaren Welt über die multipolare. (9)
TRADOC-Dokument 525-3-1 (Sept. ) und Kongress-Resolution 578 (Dez. 2014)
Das US-Strategiepapier "Win in a Complex World 2020-2040" ist zwar elf Jahre alt, aber immer noch hochaktuell und bildet das Rückgrat der US-Militär- und Sicherheitspolitik. Es beschreibt die Herausforderungen und strategischen Anforderungen an die USA in einer Ära der Großmachtkonkurrenz, insbesondere gegen Russland und China. Das Papier legt dar, wie die US-Streitkräfte multidomänenübergreifend (Land, Luft, See, Cyber, Weltraum) operieren müssen, um den komplexen Bedrohungen und Anti-Zugangs-Gebietssperrsystemen der Gegner zu begegnen. Es unterstreicht, dass die USA ihre Strategie auf die multidimensionale Führung in hybriden Konflikten ausrichten und gezielt geopolitische Machtzentren wie Russland herausfordern wollen.
Die US-Resolutionen – darunter die "Resolution 578" und der "Ukrainian Land Lease Act" von 2022 – sind legislativer Ausdruck dieser Doktrin. Sie machen die Unterstützung der Ukraine im Konflikt mit Russland zum integralen Bestandteil der US-Strategie und signalisieren: das Ziel ist nicht ein Kompromiss, sondern eine dauerhafte Schwächung der russischen Position zur Sicherung der westlichen Dominanz. Im Oktober 2025 gibt die KI auf die Frage "Welche Relevanz hat heute das US-Langzeitstrategie-Papier „Win in a Complex World?" nachfolgende Antwort:
„…hat heute große Relevanz für die Ausrichtung und Entwicklung der US-Armee und ihrer operationellen Konzepte. Nach Punkt 2.4 und Kernabschnitten des US-Strategiepapiers „Win in a Complex World 2020–2040“ ist das explizite Ziel der US-Streitkräfte, im Verbund mit Alliierten und multinationalen Kräften den von Russland und China ausgehenden Bedrohungen aktiv zu begegnen, sie abzubauen und im Ernstfall militärisch zu siegen.“ (10)
Das Dokument nimmt dabei eine klare sicherheitspolitische Ausrichtung auf die Möglichkeit auch großangelegter Konflikte und Kriege gegen technologisch und militärisch Gleiche oder annähernd Gleichwertige wie eben Russland und China.
Geopolitische Einordnung von Trumps Absage im Kontext des Strategiepapiers
Das US-Dokument "Win in a Complex World 2020–2040" beschreibt einen strategischen Ansatz, der die Fähigkeit der USA hervorhebt, in einem komplexen und hybriden Konflikt handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben. Zentral ist die Strategie, durch die Kombination aus wirtschaftlichem Druck, technologischer Überlegenheit, Partnerschaften und flexibler Reaktionsfähigkeit gegnerische Handlungsoptionen einzuschränken und Eskalationsdominanz zu erlangen.
Damit wird verdeutlicht, dass die USA bereit sind, gegen ihre strategischen Hauptkonkurrenten diplomatischen, wirtschaftlichen, technologischen und militärischen Druck aufzubauen.
Das Vorgehen Trumps ist somit eine klassische Anwendung der Prinzipien aus "Win in a Complex World": flexible Eskalationsstufen, Schwerpunktsetzung auf die Schwachstellen des Gegners (Ölexporteinnahmen), Kombination aus Druck und Gesprächsverweigerung – alles in der Absicht, strategische Handlungsräume zu wahren und Russland zur Veränderung seines Kurses zu bewegen. (11)
In der Summe zeigen die Ereignisse, dass die USA ihre langfristige Strategie ausbauen und sich auf komplexe, multidimensionale Konflikte mit Russland einstellen – und dass wirtschaftliche sowie diplomatische Instrumente zentraler Bestandteil ihrer geopolitischen Handlungsfähigkeit bleiben.
Die kurzfristige Absage des Treffens zwischen Präsident Trump und Präsident Putin verschärft scheinbar die Spannungen im transatlantischen Verhältnis. Da sich seit 2014 die Randbedingung von "TRADOC 525-3-1" verändert haben – Russland und China sind weitaus stärker als 2014 prognostiziert – wurde die geplante Vorgehensweise gegen die beiden Mächte modifiziert. Die USA sind nicht mehr in der Lage, Russland und China gleichzeitig anzugreifen. Nun sollen die Europäer alleine Russland weiter schwächen, während sich die USA auf China konzentrieren.
Die geopolitische Einordnung der US-Maßnahmen gegenüber Russland – Absage des Treffens zwischen US-Präsident Trump und Präsident Putin sowie die verhängten Sanktionen gegen russische Ölkonzerne – lässt sich im Kontext eines zunehmend komplexen und vielschichtigen globalen Konfliktumfelds beschreiben.
„Win in a Complex World“ spiegelt hier den Versuch wider, in einem volatilen internationalen System durch harte Maßnahmen und strategisches Kalkül Einfluss zu gewinnen. Die Entwicklung zeigt das Wechselspiel von militärischer Stärke, wirtschaftlicher Sanktion und diplomatischem Manövrieren in einem hochkomplexen multilateralen Umfeld. Letztlich steht die Frage im Raum, ob die Strategie zu einer Stabilisierung oder zu einer weiteren Eskalation führt – mit erheblichen Risiken für die globale Sicherheit.
Damit prägt die Strategie bis heute maßgeblich die Spielräume und Handlungsoptionen der US-Präsidenten, einschließlich Donald Trump, gerade im Umgang mit Russland. Sie stellt den Rahmen dar, in dem konventionelle, hybride und technologische Kriegsführung zusammenwirken, und betont die Notwendigkeit, flexibel und mit Verbündeten zu agieren, um in einem komplexen globalen Umfeld zu bestehen.
Parallel dazu zeigen neuere Ansätze wie die Multi-Domain Operations (MDO)-Konzepte, wie das Papier praktisch umgesetzt und weiterentwickelt wird, um aktuellen Konflikten wie dem Ukraine-Krieg Rechnung zu tragen und die dauerhafte Großmachtkonkurrenz zu bewältigen. (12) Das Trump'sche Vorgehen in Bezug auf Russland – Absage des Putin-Treffens und Sanktionen – ist also eingebettet in diese strategische Gesamtkonzeption, die präzise auf die komplexe Weltlage zugeschnitten ist und keineswegs "altmodern" oder überholt.
Im Kern steht bei "Win in a Complex World" die Erkenntnis, dass zukünftige Konflikte in einem vielschichtigen Umfeld mit dynamischen Akteuren, schnellen Anpassungen und mehreren simultanen Operationsdomänen gewonnen werden müssen. Die US-Strategie legt daher auch großen Wert auf technologische Innovation, verbesserte Partnerschaften und vor allem auf die Integration verschiedenster Ressourcen und Fähigkeiten.
Damit ist das Dokument ein vitaler Leitfaden für die Gestaltung moderner geopolitischer Operationen und Fundament für das Verständnis, warum die US-Handlungen gegenüber Russland aktuell so hart und komplex sind – als Bestandteil eines vielschichtigen, langfristigen globalen Machtkampfs. (13) Die Weltmachtphantasien gehen zurück auf Halford Mackinders Kernthese von 1904:
Die politische Macht, welche Osteuropa ergreift, hält den Schlüssel zur Kontrolle über das strategische Herzland Eurasiens und damit zur globalen Macht.
Dieses Konzept hat großen Einfluss auf die geopolitische Theorie und Praxis der USA bis heute. (14)
2004/2014: US-Strategie und Regime-Change in der Ukraine
Am 11. September 1990 – wenige Monate vor der Auflösung der Sowjetunion und damit dem Ende einer bipolaren Welt – verkündete US-Präsident George H. Bush seinen Schlachtruf „Toward a new Worldorder“. Und schon im Januar 1991 begannen die USA mit der Operation Desert Storm massive Luftangriffe gegen den Irak, der noch von 1980 bis 1988 mit Hilfe der USA den Krieg gegen den Iran geführt hatte. Das UN-Mandat für den Irak-Krieg hatte sich die US-Administration mit der sogenannten „Brutkastenlüge“ erschlichen: Die Tochter des kuwaitischen UN-Botschafters behauptete tränenreich vor dem US-Kongress, irakische Soldaten hätten bei ihrem Einmarsch in Kuwait Babies aus Brutkästen gerissen und auf den Boden geworfen, was weltweit großes Entsetzen auslöste. Später stellte sich diese Geschichte als eine von der kuwaitischen Regierung und PR-Agenturen inszenierte Lüge heraus, um Unterstützung für den Krieg gegen den Irak zu gewinnen. (15)
2004 wurde die "Orange Revolution" entscheidend von US-gestützten NGOs, Demokratieprogrammen und Wahlbeobachtern unterstützt, mit dem Ziel, eine pro-westliche Regierung zu etablieren. Auch die Ereignisse von 2014 – der Sturz von Präsident Janukowytsch durch den Maidan-Protest – sind vielfach als gezielte Einflussnahme westlicher Staaten und als bewusste Schwächung russischen Einflusses in der Ukraine interpretiert worden. Viele Kritiker und unabhängige Analysten bezeichnen die Geschehnisse als Putsch, nicht als Revolution. Es gibt US-Finanzierungsnachweise von NGOs und Demokratie-Förderprogrammen wie dem "National Endowment for Democracy" (NED): Laut Jahresberichten der NED und der "US Agency for International Development" (USAID) gingen zwischen 2002 und 2004 Millionenbeträge an ukrainische Oppositionsgruppen, unabhängige Medien und Wahlbeobachtungsinitiativen. Diese Originaldokumente sind in den Archiven der jeweiligen Organisationen einsehbar.
Presseberichte und "Freedom of Information-Act"-Dokumente: (z.B. Washington Post, The Guardian) erhielten via US-Informationsfreiheitsgesetz Einblick in Regierungsinterna und Finanzierungsstrukturen, die eine gezielte Einflussnahme belegen.
Berichte internationaler Wahlbeobachtungsmissionen (OSZE, EU), dokumentieren massive Präsenz westlicher Experten und Organisationen zugehörig zum demokratischen Lager.
Auch das geleakte "Fuck the EU"-Telefonat vom Februar 2014 zwischen
Victoria Nuland (damals US-Vizeaußenministerin) mit Geoffrey Pyatt (US-Botschafter Kiew) gibt Einblick in die detaillierte Einflussnahme der USA auf die Zusammenstellung der künftigen ukrainischen Regierung. Das Transkript ist öffentlich zugänglich; es wurde in diversen Zeitungen abgedruckt und von offiziellen US-Stellen bestätigt. (16)
Übergeordnetes Ziel der USA: Durchsetzung einer Unipolaren Weltordnung gegen den Widerstand des „globalen Südens“
Die Großstrategie der USA und der NATO ist nach wie vor die Sicherung einer von westlichen Normen und Macht-Interessen dominierten Weltordnung, wobei Russland systematisch aus dem europäischen Sicherheitsraum herausgedrängt werden soll.
Diese Politik bringt den Westen zunehmend in Konflikt mit „dem Rest der Welt“, vor allem mit BRICS, China und zahlreichen Staaten des globalen Südens, die eine multipolare Ordnung und alternative Sicherheitsarchitekturen fordern.
Vor diesem Hintergrund steht die Absage des Trump-Putin-Treffens in Budapest samt den neuen Sanktionen beispielhaft für eine konfrontative, auf Eskalationsdominanz ausgelegte US-Strategie. Ziel ist nicht Dialog oder Kompromiss, sondern eine systematische Schwächung Russlands und die Absicherung einer westlich dominierten Ordnung, gegen die sich immer mehr Staaten zur Wehr setzen. Das TRADOC-Papier von 2014 wurde in seiner Systematik in Konzepten wie „The U.S. Army in Multi-Domain Operations 2028“ und in den Planungsrichtlinien der gesamten Joint Force weiterentwickelt. Das Ziel ist, Gegner durch integrierte Effekte in allen Domänen zu überfordern und präventive Handlungsfähigkeit zu sichern.
"TP 525-3-1" wurde zum Ausgangspunkt für die Anpassung aller Teilbereiche der Streitkräfte (Ausbildung, Strukturen, Technikentwicklung, Führung), weil es erstmals einen verbindlichen Rahmen zur ganzheitlichen Operationsführung bot und die Grundlage für die Weiterentwicklung operativer und strategischer Prozesse schuf. Kein US-Operationskonzept der letzten Dekade kam ohne Bezug oder Weiterentwicklung der in "TP 525-3-1" definierten Prinzipien aus – das Pamphlet ist die Grundarchitektur für modernes US-Militärdenken
Viele Schlüsselpunkte, Formulierungen und Begriffsprägungen aus "TP 525-3-1"(2014) sind nahezu unverändert oder leicht modifiziert in die späteren, detaillierten MDO-Dokumente und verwandte TRADOC-Konzepte eingeflossen. Die zentralen Ideen zu globaler Integration, Multi-Domain-Einsatz (Land, Luft, See, Cyber, Weltraum) und Fähigkeitsentwicklung sind verbindende Leitmotive geblieben.
Erste praktische Demonstrationen und validierte Übungen von MDO-Konzepten (Multi-Domain Operations), wie sie in"TP 525-3-1" beschrieben wurden, fanden ab etwa 2017/18 in Form großangelegter US- und NATO-Manöver statt. Besonders relevante Beispiele:
Joint Warfighting Assessment (JWA) 18 und 19.
Die JWA-Übungen (2018/19) testeten erstmals das „Multi-Domain Command and Control“-Konzept mit NATO-Partnern und validierten die Fähigkeit, gleichzeitig auf mehreren Wirkungsfeldern, inklusive Cyber und elektronischer Kriegsführung, zu operieren. (17)
DEFENDER-Europe (seit 2020)
Als multinationale Großübung nach MDO-Prinzipien trainierte DEFENDER-Europe die gleichzeitige Verlegung von Kräften, die Integration von Cyber-Komponenten und Echtzeitdaten sowie die flexible Kontrolle in „contested environments“. (18)
Weitere Manöver:
In Fachpublikationen werden auch Elemente von „Unified Challenge“ und „Joint Multinational Readiness Center“-Manövern ab 2017 bis heute als MDO-Praxistests genannt, oft mit Fokus auf Cyber-Spaces, elektronische Wirkung und die Echtzeitintegration multinationaler Einheiten.
Die TRADOC-Strategie bestimmt bis heute maßgeblich die Spielräume und Handlungsoptionen der US-Präsidenten, einschließlich Donald Trump, gerade im Umgang mit Russland. Sie stellt den Rahmen dar, in dem konventionelle, hybride und technologische Kriegsführung zusammenwirken, und betont die Notwendigkeit, flexibel und mit Verbündeten zu agieren, um den Sieg in einem komplexen globalen Umfeld zu sichern.
30. Oktober 2025 in Minsk: 3. Internationalen Konferenz zur eurasischen Sicherheit (19)
Auf dieser Konferenz betonte der russische Außenminister Sergej Lawrow in seiner Rede vehement die Notwendigkeit einer „Großeurasischen Partnerschaft“ und kritisierte dabei scharf die NATO-Osterweiterung. Er machte deutlich, dass Russland und seine Verbündeten nicht an der Verschlechterung der Sicherheitslage in Europa schuld seien und warnte vor den Vorbereitungen westlicher Länder auf einen neuen großen europäischen Krieg.
Lawrow stellte Russland als bereiten Akteur dar, der eine Nichtangriffsgarantie für EU- und NATO-Staaten anbiete, kritisierte jedoch, dass westliche Länder Russland und Belarus bei neuen europäischen Sicherheitsinitiativen ausschließen, wie beispielsweise bei der von Frankreich initiierten Europäischen Politischen Gemeinschaft. (20) Weiter hob Lawrow hervor, dass die von Putin favorisierte „Großeurasische Partnerschaft“ für eine strategische Vision Russlands stehe. Angestrebt wurde eine Sicherheitsarchitektur und Zusammenarbeit auf eurasischer Ebene, die im Gegensatz zu westlichen Militärbündnissen eine multipolare und integrative Ordnung anstrebe.
Zusammengefasst forderte Lawrow auf der Minsk-Konferenz eine neue Sicherheitsordnung für Eurasien, die Russland und seine Verbündeten einbinde.
Am gleichen Tag kündigte Trump die Reaktivierung des US-Atomwaffentest-Programm an – ein bedrohlicher Rückschritt (zudem läuft am 5. Februar 2026 das NEW START-ABKOMMEN aus) in die Zeit des Kalten Kriegs. (21)
Laut dem US-Analysten Alastair W. Crooke wurde Trumps Versuch, ein Putin-Trump-Gipfeltreffen auf Grundlage des früheren «Alaska-Abkommens», von den USA unter bitteren Umständen einseitig abgesagt. Putin hatte das zweieinhalbstündige Telefonat am 27. Oktober 2025 initiiert. Berichten zufolge soll sich Putin kritisch über die mangelnde Vorbereitung der USA auf einen politischen Rahmen für das Gespräch – sowohl in Bezug auf die Ukraine als auch, was entscheidend ist, in Bezug auf die umfassenderen Sicherheitsbedürfnisse Russlands geäußert haben. Mit der Absage kehrte Donald Trump wieder einmal zur Doktrin des ehemaligen Drei-Sterne-Generals Keith Kellogg – des US-Sonderbeauftragten für die Ukraine – zurück, die einen «eingefrorenen Konflikt» an der bestehenden Kontaktlinie vor jeglichen Friedensverhandlungen vorsieht –nicht umgekehrt.
Trump muss schon lange bevor die Budapester Gespräche angeregt wurden gewusst haben, dass diese Kellogg-Doktrin von Moskau immer wieder abgelehnt worden war. Warum hat er diese Forderung dann erneut aufgestellt? Auf jeden Fall musste das Budapester Gipfeltreffen abgesagt werden, nachdem das vorab vereinbarte „Vorbereitungsgespräch" zwischen Außenminister Sergej Lawrow und Außenminister Marco Rubio an eine Mauer geprallt war. Lawrow bestand erneut darauf, dass ein Waffenstillstand nach Kellogg-Art nicht funktionieren würde.
Crooke interpretiert den Verlauf der Ereignisse dahin, dass Trump diese russische "Realität" (tragfähige und langfristige Sicherheitsbedingungen) nicht verstanden hat –„Oder aber", so Crooke, „dass die "Dark Money"-Interessen Trump hart angegangen sind und ihm gesagt haben, dass ein echter Friedensprozess mit Russland nicht erlaubt sei." (22)
Das macht ja auch Sinn, denn in TRADOC 525-3-1 wird ja deutlich ein Sieg gefordert: „Win in a Complex World 2020-2040“.
Anmerkungen und Quellen
Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete "atomare Gefechtsfeld" in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie "Die unterschätzte Macht" (2022)


1) https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/gemeinsame-erklaerung-usa-und-deutschland/2472074
3) https://www.fr.de/politik/von-putins-luegen-und-merkels-unwahrheiten-92037711.html
4) Ebda.
5) Ebda.
6) Am 16. Dezember 2021 veröffentlichte die NATO ihr Credo: „Die Beziehungen der NATO zur Ukraine sind eine Angelegenheit, die nur die Ukraine und die 30 NATO-Bündnispartner betrifft. Wir weisen alle Versuche, die Sicherheit der Alliierten zu spalten, entschieden zurück“ (NATO’s relationship with Ukraine is a matter only for Ukraine and the 30 NATO Allies. We firmly reject any attempts to divide Allied security), unter https://www.nato.int/cps/en/natohq/news_190373.htm?selectedLocale=en
8) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-nato-sicherheitsgarantien-101.html
9) https://apolut.net/macht-der-ohnmacht-von-wolfgang-effenberger/
10) Perplexity vom 10. Oktober 2025
11) https://www.nomos-elibrary.de/document/download/pdf/uuid/8d7d4e48-145d-32f2-b2c4-ecd460d02219
12) https://api.army.mil/e2/c/downloads/470400.pdf
13) https://europeanstrategicinstitute.com/language/de/referenzen/
14) https://cato-magazin.de/vom-herzland-und-vom-rimland/
16) https://www.lpb-bw.de/chronik-ukrainekonflikt; https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/info-aktuell/209820/die-majdan-revolution-und-das-bewaffnete-eingreifen-russlands/
US-Senatsanhörungen und CIA-Briefings: Im Kongress wurden 2014 Berichte von Nachrichtendienstexperten und Regierungsmitgliedern veröffentlicht, die die strategische Unterstützung der Maidan-Opposition und Koordination mit westlichen Staaten thematisieren – diese Protokolle gelten als Primärdokumente.
Finanzierungsberichte von NED, USAID, Open Society Foundation etc. listen Fördermittel für "Demokratiebewegung" und oppositionelle Medien bis 2013/14 in der Ukraine. Die Originalberichte sind als Download verfügbar.
17) Quelle: Small Wars Journal, „Exploring the Foundation of Multi-Domain Operations“.
18) Quelle: US Army Public Affairs-Fact Sheets und NATO Exercise Publications, zitiert in [The U.S. Army in Multi-Domain Operations 2028]
20) https://www.zeit.de/news/2025-10/28/lawrow-bringt-nichtangriffsgarantie-fuer-europa-ins-spiel
21) Zwischen 1945 und 1992 haben die USA über eintausend Atomtests durchgeführt, viele davon oberirdisch. Mit fatalen Auswirkungen: Der radioaktive Fallout hat sich nicht nur über das gesamte Gebiet der USA und des Pazifiks, sondern weltweit ausgebreitet. Bis heute leiden Menschen an Krebserkrankungen, die durch die kumulative Strahlendosis verursacht wurden. Allein die von den Atomwaffenstaaten zwischen 1945 bis 1980 durchgeführten oberirdischen Nuklearwaffentests sind Studien zufolge für etwa 2,4 Millionen Krebstote weltweit verantwortlich
22) https://conflictsforum.substack.com/p/the-world-financial-and-geo-political?utm_source=publication-search vom 23. Oktober 2025
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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