Tagesdosis 23.2.2019 – Die Waffenbrüder (Podcast)

Der Aachener Vertrag beraubt Deutschland und Frankreich eines Teils ihrer Souveränität, um beide Länder kriegsbereit zu machen.

Von Aaron Rosenbaum.

Wie bei allen internationalen Pakten und Verträgen, die jüngst unterschrieben wurden, so fehlt es auch diesem Vertrag nicht an Diabolik. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte große Probleme mit Protesten im eigenen Land, als der Vertrag vorbereitet wurde. Die „Gelbwesten“ in Frankreich machten international von sich reden.

Wie bei allen Protesten hätte die französische Regierung auch diesen als Bürgerkrieg bezeichnen können. In dem Augenblick, wo der Regierung ein Protest außer Kontrolle gerät, setzt sie das Militär ein. Der Aachener Vertrag würde es erlauben, dass die Bundeswehr Proteste französischer Bürger niederschlägt. Der Einsatz der Bundeswehr zur Unterdrückung von Volksaufständen ist also keine Fiktion.

Letztes Jahr übte die Bundeswehr in Schnöggersburg Häuserkämpfe und Straßenschlachten im Inneren, weil man sich auf Bürgerkriegsszenarien vorbereitet. Im Aachener Vertrag findet sich dazu die harmlose Formulierung: „Zusammenarbeit zwischen ihren Streitkräften mit Blick auf eine gemeinsame Kultur und gemeinsame Einsätze.“ (1)

Es ist erstaunlich, dass zeitgleich mit der Ausarbeitung des Aachener Vertrages die Bundeswehr seit 1955 das erste Mal solch eine Übung durchführt. Die Problematik bei der gewaltsamen Unterdrückung von Protesten im eigenen Land sind die Polizei und die eigenen Soldaten, denn diese sind psychologisch gehemmt. Mit einer fremdstaatlichen Armee lassen sich Aufstände einfacher niederschlagen.

Die Autonomie Deutschlands, selbst zu bestimmen, wo Bundeswehrsoldaten eingesetzt werden, ist durch diesen Vertrag abgeschafft. Die Bundesregierung kann jetzt freundschaftlich dazu genötigt werden, an einem Krieg teilzunehmen, an dem sie nicht teilnehmen will.

Vielleicht in kälteren Regionen, anstatt den behaupteten wärmeren Regionen der Welt. Das ist einer der größten fremdstaatlichen Eingriffe in die Verteidigungs- und Außenpolitik der BRD seit ihrem Bestehen.

Mit diesem Vertrag wird die Beziehung zu Russland geschwächt (2). Umso stärker sich Deutschland an Frankreich bindet, wie es der Vertrag vorsieht, desto eingeschränkter ist Deutschland im Aufbau einer freundschaftlichen Beziehung zu Russland. Dieser Vertrag hätte nur zeitgleich mit einem Freundschaftsvertrag zwischen Deutschland und Russland unterschrieben werden dürfen.

Hauptziel dieses Vertrages soll die Bildung eines französisch-deutschen Superstaates im Herzen Europas sein. Dass zur Vertragsunterzeichnung Aachen ausgewählt wurde, kommt dabei nicht von ungefähr, war diese Stadt doch Residenz Karls des Großen, dessen Frankenreich sich über das heutige Deutschland und Frankreich erstreckte.

Vollkommen offen ist, wer die Regierung in diesem neuen „Nicht-Nationalstaat“ bilden soll, welche Gesetze Anwendung finden, welche Verfassung gelten soll, wie der Ausstieg aus der Atomenergie funktionieren soll und vieles mehr.

In Artikel 20 heißt es: „Beide Staaten vertiefen die Integration ihrer Volkswirtschaften hin zu einem deutsch-französischen Wirtschaftsraum mit gemeinsamen Regeln.“ Diese Erklärung kommt praktisch der Auflösung der europäischen Währungsunion gleich. Es ist nicht mehr von einem vereinten Europa, von einem Zusammenwachsen aller Mitgliedsstaaten oder einer Beteiligung aller Mitglieder die Rede, sondern von einer neuen Wirtschafts- und womöglich Währungsunion in einer noch bestehenden. Diese Wirtschafts- und Militärunion kennt nur zwei europäische Mitgliedsstaaten, Frankreich und Deutschland. An der Börse, die sonst so penibel auf jede politische Veränderung reagiert, hat der Vertrag bislang keine Auswirkung.

Der Aachener Vertrag ist, so konnte man es aus dem Bundestag hören, fast vollständig von Macron verfasst worden. Da durfte Afrika nicht fehlen, die Sicherung der Ex-Kolonien Frankreichs haben höchste Priorität. (3) Unter den Begriffen Freundschaft und Entwicklung steht in Artikel 7:

„Beide Staaten setzen sich dafür ein, eine immer engere Partnerschaft zwischen Europa und Afrika zu errichten, indem sie ihre Zusammenarbeit in den Bereichen der Entwicklung des privaten Sektors… gute Regierungsführung sowie Krisenprävention, Konfliktbewältigung, auch durch friedenserhaltende Maßnahmen, und Konfliktnachsorge verbessern.“

Krisenprävention, Konfliktbewältigung, friedenserhaltende Maßnahmen und Konfliktnachsorge haben sich auch die circa 9.000 französischen Soldaten auf die Fahne geschrieben, die in Afrika stationiert sind. Bald könnten noch 9.000 Bundeswehrsoldaten dazu kommen, um die Interessen französischer Firmen wie der Baufirma Bolloré, des Erdöl-Riesen Total oder des Telekomm-Konzerns Orange gegen den „Terrorismus“ zu sichern. Afrika ist nach wie vor einer der rohstoffreichsten Kontinente, auf denen ein harter Wettbewerb stattfindet. (4) 2015 war Frankreich drittgrößter Kapitalinvestor nach USA, GB aber noch vor China. Das dürfte sich inzwischen geändert haben, so verdrängt China immer mehr französische Unternehmen aus Westafrika, den ehemaligen Kolonien Frankreichs.(5)

Wo aber sind unsere amerikanischen Freunde bei diesem Vertrag oder sollte ich verständlicher sagen, das Imperium, welches jede Machtkonzentration mit Argusaugen beobachtet und notfalls militärisch einschreitet?

In Artikel 4 des Vertrages heißt es: „In Anbetracht ihrer Verpflichtungen nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags vom 4. April 1949 …“ sowie in Artikel 5:

„Beide Staaten weiten die Zusammenarbeit zwischen ihren Außenministerien, einschließlich ihrer diplomatischen Missionen und konsularischen Vertretungen, aus. Sie werden Austausche zwischen ihrem Führungspersonal durchführen. Sie werden Austauschprogramme zwischen ihren Ständigen Vertretungen bei den Vereinten Nationen in New York, insbesondere zwischen den Sicherheitsratsstäben, den Ständigen Vertretungen bei der Nordatlantikvertrags-Organisation und den Ständigen Vertretungen bei der Europäischen Union sowie zwischen den für die Koordinierung der europapolitischen Maßnahmen zuständigen Stellen beider Staaten einrichten.“

Genau genommen ist es ein trilateraler Vertrag, bei dem die USA besonders den militärischen Teil bestimmen. Mit diesem Vertrag ist Deutschland fester denn je an die Kette des US-amerikanischen Imperiums gelegt.

Durch die hohe Anzahl der Akteure bieten sich viele Möglichkeiten der Schuldzuweisung, wenn sich Widerstand im Volk regt, weil es, wie immer, nicht gefragt wurde.

Wie bei allen diesen Traumprojekten, siehe europäische Währungsunion, wird auch dieses Fantasiegebilde scheitern. Verlierer werden die einfachen Bürger beider Nationalstaaten sein. Das Zusammenwachsen zweier oder mehrerer Völker kann man nicht über Gesetze, Verordnungen oder Austauschprogramme verwirklichen. Dazu gibt es historische Beispiele, wie das Ex-Jugoslawien. Der Élysée-Vertrag von 1963 wurde nach einem der schlimmsten Weltkriege unterschrieben, in dem der Frieden im Vordergrund stand. Im Aachener Vertrag steht die militärische Aufrüstung und Zusammenarbeit im Vordergrund. Stehen wir vor einem noch schlimmeren Krieg?


Quellen:

  1. https://deutsch.rt.com/inland/69332-pilotprojekt-bundeswehr-trainiert-burgerkrieg-inland/
  2. https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2178596/7b304525053dde3440395ecef44548d3/190118-download-aachenervertrag-data.pdf
  3. https://www.deutschlandfunk.de/frankreichs-afrikapolitik-warum-die-ex-kolonien-so-wichtig.799.de.html?dram:article_id=384948
  4. https://www.subsahara-afrika-ihk.de/blog/2018/02/05/investment-in-afrika-frankreich-und-grossbritannien-dominieren-europaeische-investitionen/
  5. https://de.sputniknews.com/zeitungen/20180720321638477-china-afrika-investitionen-handel/

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Dieser Beitrag erschien am 22.2.2019 im Rubikon- Magazin für die kritische Masse

Hinweis zum Rubikon-Beitrag: Der nachfolgende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Rainer Mausfeld aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt KenFM diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

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