Standpunkte

Sanktionen können Kriegsverbrechen sein! | Von Jochen Mitschka

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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Der Menschenrechtsrat der UNO hat Sanktionen, welche nicht durch den Sicherheitsrat der UN erlassen wurden, für illegal erklärt. Das hindert aber westliche Länder nicht, weiter ihre Macht über internationale Organisationen und die Wirtschaft einzusetzen, um mit Sanktionen unliebsame Länder auf die Knie zu zwingen. Das ist nun zum ersten Mal deutlich schief gegangen. Während Russland sich schnell erholt und ein höheres Wachstum als die Sanktionierer erwartet, drohen insbesondere den Vasallenländern der USA schwere wirtschaftliche Turbulenzen. Während die USA sich auf eine Turbo-Inflation vorbereitet, ausgelöst durch den zunehmenden Verzicht des Dollars im internationalen Handel. Aber dieser PodCast handelt von den Auswirkungen der Sanktionen auf schwache Länder.

Jeder dürfte den verheerenden Einfluss von Sanktionen auf die ärmsten und gefährdetsten Menschen der betroffenen Länder kennen. Spätestens seit Bekanntwerden des Todes von über 500.000 Kinder(1) im Irak durch USA Sanktionen zur Vorbereitung eines Krieges gegen das Land. Sanktionen sind deshalb eindeutig eine Form des Krieges, und können Kriegsverbrechen sein. Auch wenn sie wegen allen möglichen humanitären Gründen verhängt werden, und diese Art der Kriegsführung durch westliche Länder immer stärker zunimmt. Wie die letzte Drohung der USA zeigt, alle Länder sanktionieren zu wollen, welche mit Syrien normale Beziehungen aufnehmen wollen(2). Wobei explizit auch rein humanitäre Projekte der Frau des Präsidenten als zu sanktionieren noch einmal bestärkt wird.

Das Center for Economic and Policy Research hat am 4. Mai eine Arbeit(3) über die Folgen von einseitigen, in der Regel westlichen Sanktionen veröffentlicht, aus denen ich hier einige Erkenntnisse vorstellen möchte. Der Bericht hält auch der deutschen und der EU-Politik einen Spiegel vor.

Die humanitären Konsequenzen von Wirtschaftssanktionen(3)

Dieses Papier bietet eine umfassende Übersicht und Bewertung der Literatur über die Auswirkungen von Wirtschaftssanktionen auf den Lebensstandard in den Zielländern. Es werden 32 Studien identifiziert, die quantitative ökonometrische und Kalibrierungsmethoden auf länderübergreifende und nationale Daten anwenden, um die Auswirkungen von Wirtschaftssanktionen auf Indikatoren für menschliche und wirtschaftliche Entwicklung und Menschenrechte zu bewerten. 30 dieser Studien kommen der Untersuchung zufolge zu dem Ergebnis, dass Sanktionen negative Auswirkungen auf Ergebnisse haben, wie Pro-Kopf-Einkommen, Armut, Ungleichheit und Sterblichkeit bis hin zu Menschenrechten. Darüber hinaus werden drei Sanktionsfälle - Iran, Afghanistan und Venezuela - eingehend erörtert, um die Kanäle zu veranschaulichen, über welche Sanktionen die Lebensbedingungen in den Zielländern beeinträchtigen. In den Fällen beeinträchtigten Sanktionen, die den Zugang der Regierungen zu Devisen einschränkten, die Fähigkeit der Staaten, wesentliche öffentliche Güter und Dienstleistungen bereitzustellen, und führten zu erheblichen negativen Auswirkungen auf den privaten Sektor und nichtstaatliche Akteure.

Dazu fällt mir ein Fallbesipiel ein. Medizinische Dienste waren vor dem Krieg in Syrien kostenlos, die meisten Medikamente stellte das Land selbst her. Durch den Krieg hat die Qualität drastisch gelitten. So kann die Regierung z.B. keine Materialien importieren, um moderne Prothesen zu produzieren und muss den Opfern des Terrorkrieges mit völlig veralteten Prothesen helfen. Die Unterstützer des Terrors durch Sanktionen haben so die Opfer zwei Mal getroffen.

Zurück zu dem Bericht: Die Anwendung von Wirtschaftssanktionen durch einige der wichtigsten Volkswirtschaften der Welt haben in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Ihr Einsatz stehe fast immer im Zusammenhang mit Versuchen, Regierungen und Einzelpersonen von Handlungen abzuschrecken oder abzubringen, die angeblich die globale Sicherheit, die Demokratie oder die Menschenrechte untergraben würden. Während die Wirksamkeit von Sanktionen im Hinblick auf die Erreichung der angestrebten Ziele Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten sei, wurden die Auswirkungen von Sanktionen auf die in den Zielländern lebenden Menschen bisher weitaus weniger untersucht. Das könnte durchaus einen Zweck haben, sollte man hinzufügen, denn natürlich wird der eigenen Bevölkerung in den sanktionierenden Staaten immer versichert, dass Sanktionen nur gegen die Führung des Landes gerichtet seien.

Die Autoren erklären einen bemerkenswerten Konsens zwischen den Studien gefunden zu haben, dass Sanktionen stark negative und oft lang anhaltende Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der meisten Menschen in den Zielländern haben. Die Autoren haben dann diese Diskussion mit Fallstudien untermauert, Iran seit 1979, Afghanistan seit 1999 und Venezuela seit 2017. Wirtschaftssanktionen steigen, die Not der Ärmsten steigt.

Nachdem der Bericht den Anstieg von Sanktionen ausführlich darlegt, erklärt er, dass im Jahr 2014, der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eine Resolution verabschiedet hatte, in der er sich "zutiefst beunruhigt über die negativen Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen" zeigte und "alarmiert über die unverhältnismäßigen und wahllosen menschlichen Kosten einseitiger Sanktionen und ihre negativen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung" war. Zumindest ein Teil der wirtschaftlichen und humanitären Auswirkungen der Sanktionen auf die Zielbevölkerung sei offensichtlich beabsichtigt.

„In einer Erklärung der britischen Regierung, die nach dem Einfrieren der russischen Zentralbankguthaben im Februar 2022 herausgegeben wurde, hieß es beispielsweise unmissverständlich, dass ‚die Sanktionen Russlands Wirtschaft zerstören werden‘.“

Ähnliches hörte man in den USA zu den Iran-Sanktionen, ebenso zu Venezuela. Der Vorsitzende des Ausschusses für Geschäftsordnung des US-Repräsentantenhauses, der Kongressabgeordnete Jim McGovern, schrieb im Mai 2021 an Präsident Biden und stellte fest:

„...die Auswirkungen der sektoralen und sekundären Sanktionen sind wahllos, und zwar absichtlich. Obwohl US-Beamte regelmäßig behaupten, dass die Sanktionen auf die Regierung und nicht auf das Volk abzielen, besteht der ganze Sinn der Kampagne ‚maximaler Druck‘ darin, die wirtschaftlichen Kosten für Venezuela zu erhöhen... Wirtschaftlicher Schmerz ist das Mittel, mit dem die Sanktionen wirken sollen.“(4)

Schwerwiegende Folgen für die einfachen Menschen

Zu den untersuchten Studien gehören 20, welche länderübergreifende Paneldaten verwenden, und 12 Studien, die Zeitreihen oder Daten auf Unternehmensebene innerhalb eines Landes verwenden. Neunzehn der 20 länderübergreifenden Arbeiten finden durchweg statistisch signifikante negative Auswirkungen von Wirtschaftssanktionen auf Pro-Kopf-Einkommen, Armut, Ungleichheit, internationalen Handel, Kindersterblichkeit, Unterernährung, Lebenserwartung und Menschenrechte. In einer (!) Studie werden uneindeutige Auswirkungen von Sanktionen auf die Menschenrechte festgestellt, wobei Sanktionen in einigen Fällen zu einer Verschlechterung und in anderen Fällen zu einer Verbesserung der Rechte führen.

Der Zweck einiger Fallstudien sei es, ein klareres Verständnis der Mechanismen zu vermitteln, durch die sich Sanktionen auf die Lebensbedingungen in den Zielländern auswirken, und wie sich diese in der jüngsten Vergangenheit entwickelt haben. Aus diesem Grund konzentrierten sich die Autoren auf drei Fälle, in denen die Sanktionen noch in Kraft sind und die helfen können, zu beobachten, wie sich die jüngsten Entwicklungen, die durch länderübergreifende Daten möglicherweise nicht angemessen erfasst werden - wie die Verlagerung auf persönliche Sanktionen oder die Verbreitung humanitärer Ausnahmen - auf gefährdete Gruppen in den Zielländern ausgewirkt haben.

Die Sanktionen gegen den Iran führten zu einer Verknappung lebenswichtiger Güter.

Die Sanktionen der Vereinigten Staaten gegen den Iran wurden erstmals als Reaktion auf die Übernahme der US-Botschaft in Teheran im November 1979 verhängt. Wir erinnern uns: Die USA hatten 1953 einen Putsch (Operation Ajax) gegen die gewählte Regierung unterstützt, um die Verstaatlichung der Ölquellen rückgängig zu machen, worauf bis zur Revolution von 1979 eine Diktatur mit harter Hand das Land als Marionette der USA regiert hatte.

Ab 2006 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Reihe von Resolutionen, mit denen die Vermögenswerte von Einrichtungen und Personen eingefroren wurden, die in das iranische Atomprogramm verwickelt waren, die den Transfer von Nukleargütern in den Iran untersagten und die zur Zurückhaltung und Wachsamkeit bei Finanzierungen mit dem Iran und Transaktionen mit iranischen Banken, einschließlich der Zentralbank, aufriefen. Weitere Beschlüsse basierten übrigens auf Beweisen, welche später von einem investigativen Journalisten als Geheimdienstfälschungen entlarvt worden waren(5).

Die Sanktionen wurden infolge des Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplans (JCPOA) von 2015 aufgehoben, in dem sich der Iran zum schrittweisen Abbau seiner Bestände an angereichertem Uran und seiner Anreicherungsaktivitäten verpflichtete. Im Mai 2018 zog die Trump-Administration jedoch die Vereinigten Staaten aus dem JCPOA zurück und setzte alle Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft. Die Regierung Biden hat zwar an Verhandlungen teilgenommen, um das JCPOA in irgendeiner Form wiederzubeleben, doch waren diese Bemühungen bisher erfolglos.

Zur Klarstellung: Der JCPO war ein völkerrechtlicher Vertrag, welcher vom Sicherheitsrat der UNO bestätigt worden war. Daraus hatten sich die USA ohne Rücksicht auf die Austrittsmechanismen zurückgezogen, und damit den Vertrag gebrochen. Wer es nicht glaubt, mag es selbst nachlesen, wie die Ausstiegsszenarien in dem Vertrag vorgeschrieben waren.(6)

Mit verschiedenen wissenschaftlichen Modellen werden in dem Bericht weiter die negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Lebensstandard der Massen dargelegt. Studien, die Daten aus Haushaltserhebungen verwenden, zeigen, dass ländliche Haushalte, die zu Gruppen mit niedrigem und mittlerem Einkommen gehören oder von alten und arbeitslosen Personen geführt werden, am ehesten in die Armut abrutschten.

Die Untersuchung zeigt auf, dass die Sanktionen nicht nur die Armut fördern, sondern auch negativen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung haben. Während des Sanktionszeitraums waren im Iran 73 Medikamente knapp, erklären die Autoren; 32 davon standen auch auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation. Siebzig der 73 fehlenden Medikamente fielen unter eine OFAC-Generallizenz für den Export von Medikamenten in den Iran, was darauf hindeutet, dass diese Art von Genehmigung kaum praktische Auswirkungen hat. Es gebe zahlreiche anekdotische Hinweise darauf, dass die Einfuhr einiger zugelassener Arzneimittel blockiert wurde. So konnte beispielsweise der Auftrag eines amerikanischen Pharmaunternehmens im Wert von 60 Millionen Dollar für ein Medikament zur Behandlung von Lebertransplantationen trotz aller erforderlichen OFAC-Lizenzen nicht in den Iran gelangen, weil keine Bank die Transaktion durchführen wollte!

Dann wird festgestellt, dass die Verringerung der Kindersterblichkeit und anderer Auswirkungen der Gesundheitspolitik nicht fortgesetzt werden konnten, erst nach Aufhebung der Sanktionen verbesserte sich die Situation in diesen Bereichen weiter.

Die Sanktionen gegen Afghanistan blockierten den Zugang zu internationalen Geldern, die für das Funktionieren der Wirtschaft unerlässlich sind.

Sicher wissen Sie, dass die USA afghanisches Staatsvermögen beschlagnahmt und teilweise an 9/11-Opfer ausgezahlt hat. Der Zugang des Landes zum eigenen Vermögen war ab 1996 sanktioniert worden. Ein Beispiel: Die afghanische Regierung war nicht in der Lage, die Kontrolle über die Goldreserven der Da Afghanistan Bank (DAB), der afghanischen Zentralbank, bei der US-Notenbank einzufordern, die sich auf 254 Millionen Dollar belaufen.

Da die Nichtanerkennung de facto der Verhängung von Sanktionen gegen eine Regierung gleichkommt, macht es wenig Sinn, einen Unterschied zwischen dem Zeitpunkt der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan im Jahr 1996 und der Verhängung von Sanktionen drei Jahre später zu machen. Jegliche sinnvolle wirtschaftliche Interaktion zwischen der Taliban-Regierung und anderer Staaten oder internationalen Organisationen war ab 1996 ausgeschlossen.

Jeder Versuch, die Gesamtleistung der afghanischen Wirtschaft während der Taliban-Herrschaft zu bewerten oder die Auswirkungen der Sanktionen von denen der Taliban-Herrschaft zu trennen, sei mit erheblichen Datenbeschränkungen verbunden. Die Erhebung von Gesamtdaten scheint schon lange vor der Machtübernahme durch die Taliban eingestellt worden zu sein, so dass es nur wenige Statistiken über relevante Ergebnisse der menschlichen Entwicklung gibt. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sank das reale Pro-Kopf-Einkommen zwischen 1986 und 2001 um 76 Prozent, was mit den größten Einbrüchen des Wirtschaftswachstums in der modernen Weltgeschichte vergleichbar wäre.

Nichtregierungsorganisationen und UN-Organisationen, so erklärt der Bericht, äußerten sich damals sehr kritisch zu den Auswirkungen der Sanktionen. Eine im Jahr 2000 vom Büro des UN-Koordinators für Afghanistan in Auftrag gegebene Studie sei zu dem Schluss gekommen, dass die UN-Sanktionen spürbare direkte Auswirkungen auf die afghanische Wirtschaft sowie erhebliche indirekte Auswirkungen auf die humanitäre Lage hatten. Am Vorabend der Verabschiedung neuer Sanktionen durch den UN-Sicherheitsrat im Dezember 2000 warnte Ärzte ohne Grenzen, dass die Sanktionen für ein Land ohne ein funktionierendes Gesundheitssystem verheerend sein würden.

Was nach dem Abzug der US-Truppen passierte, lesen Sie im Anhang(8).

Bedeutende internationale Menschenrechts- und humanitäre Gruppen haben die Beschlagnahmung von mehr als 7 Milliarden Dollar an Vermögenswerten der DAB verurteilt, führt der Bericht aus und nennt Beispiele mit entsprechenden Zitaten, z.B. „Und sie treiben die Bevölkerung in die Hungersnot".

Die Regierung Biden habe zwar eine Reihe von Lizenzen zur Erleichterung humanitärer Transaktionen mit der afghanischen Regierung ausgestellt, aber die Lizenzen berechtigen nicht zur Vergabe von Aufträgen für Dienstleistungen an Regierungseinrichtungen und würden somit eine Interaktion mit der Regierung nur insoweit erlauben, als sie im Zusammenhang mit Transaktionen Dritter steht. Sowohl vor als auch nach der Erteilung dieser Lizenzen gebe es zahlreiche Beispiele dafür, dass Sanktionen Transaktionen, die zur Linderung der afghanischen Krise hätten beitragen können, einschränkten oder verhinderten.

Die Sanktionen gegen Venezuela führten zum größten Konjunktureinbruch in Friedenszeiten in der modernen Geschichte.

Der Bericht beschreibt, wie umfassende Wirtschaftssanktionen, beginnend mit Finanzierungsbeschränkungen, erstmals 2017 gegen Venezuela verhängt wurden, als die Trump-Administration Finanzierungen und Dividendenzahlungen an die venezolanische Regierung und die staatliche Ölgesellschaft Petróleos de Venezuela, S.A. (PDVSA) untersagte. Darüber hinaus wurden auch Sanktionen gegen viele Beamte und Politiker verhängt. Da diese Benennungen den Umgang mit den benannten Personen in ihrer offiziellen Eigenschaft ausschließen, beendeten sie im Wesentlichen alle Interaktionen mit der venezolanischen Regierung, die nicht zuvor von der US-Regierung genehmigt wurden.

Im August 2017 erließ Präsident Trump eine Durchführungsverordnung, die den Kauf neuer, von der venezolanischen Regierung oder von PDVSA begebener Schuldtitel untersagte, wodurch Venezuela gezwungen wurde, seine bestehenden Verpflichtungen nicht zu erfüllen und eine Umstrukturierung der venezolanischen Schulden zu verhindern.

Die Anordnung habe auch Dividendenzahlungen an Venezuela verboten und hinderte die Regierung daran, die Gewinne ihrer Offshore-Tochtergesellschaften zur Finanzierung ihres Haushalts zu verwenden. Im Januar 2019, so der Bericht weiter, untersagten die USA den Handel mit dem staatlichen venezolanischen Ölmonopol und erkannten Juan Guaidó als Interimspräsidenten des Landes an, wobei sie seiner Regierung die Kontrolle über alle Offshore-Vermögenswerte Venezuelas, die der US-Gerichtsbarkeit unterliegen, übertrugen. Man muss sich das vorstellen: Eine fremde Regierung übergibt einer beliebigen, verfassungsmäßig nicht legitimierten Person das Vermögen des Landes. Und so geht die Beschreibung der Sanktionen weiter.

Der Bericht beschreibt dann die Sanktionsrunden, die alle Einfluss auf die Ölproduktion des Landes hatten. Und auch als die Ölpreise 2017 stiegen, sank die Produktion weiter. Der Bericht führt weiter aus, dass die Finanzsanktionen das Wachstum von Unternehmen, die zuvor Zugang zu Finanzmitteln hatten, erheblich beeinträchtigt hatten und etwa 46 Prozent ihres Produktionsausfalls erklärten. Der daraus resultierende Rückgang der Ölexporte schränkte die Fähigkeit einer traditionell von Importen abhängigen Wirtschaft, Lebensmittel sowie Zwischenprodukte und Investitionsgüter für den Agrarsektor zu kaufen, erheblich ein und stürzte die Wirtschaft in eine schwere humanitäre Krise.

Die Gesamteinfuhren gingen um 91 Prozent zurück, die Lebensmittelimporte um 78 Prozent. Der Rückgang der Importkapazitäten der Wirtschaft machte es unmöglich, die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern auf dem bisherigen Niveau zu halten. Selbst wenn Venezuela heute nur noch Lebensmittel importieren würde (d. h. wenn es beschlossen hätte, alle anderen Importe, einschließlich anderer lebenswichtiger Güter sowie Investitions- und Zwischenprodukte für seine Ölindustrie, auf Null zu reduzieren), wäre es nicht in der Lage, mehr als vier fünftel der 2012 importierten Lebensmittel zu bezahlen.

Dann führt der Bericht weiter aus, dass die gravierende Verschlechterung der Gesundheits-, Ernährungs- und Lebensmittelsicherheitsindikatoren in Venezuela einhergingen mit dem größten wirtschaftlichen Zusammenbruch außerhalb von Kriegszeiten seit 1950. Der Einbruch der Öleinnahmen war die Ursache für die wirtschaftliche Kontraktion und damit für die Verschlechterung der sozioökonomischen Indikatoren, schreiben die Autoren. Was nachweist, dass nicht die Misswirtschaft einer Regierung der Grund für die Probleme des Landes sind. Letztlich konnten die verschiedene Studien beleben, dass das Land in eine Gesundheitskrise rutschte, welches die Kinder- und Erwachsenensterblichkeit ansteigen ließ.

Mit anderen Worten: Sanktionen töten Zivilisten. Sanktionen sind Krieg!

Werden in einem Bombenkrieg gezielt Zivilisten getötet, gilt das als Kriegsverbrechen. Wenn Sanktionen dies tun, schweigt die Wertegemeinschaft.

Nur eine Studie widerspreche dieser Schlussfolgerung, stellen die Autoren des Berichtes vor. Ein im Januar 2021 von ANOVA, einer venezolanischen Beratungsfirma mit Verbindungen zur Opposition, veröffentlichtes Kurzdossier argumentiert, dass auf die Sanktionen eine Verbesserung der Importe von lebenswichtigen Gütern folgte, was die positiven Auswirkungen der durch die Sanktionen bewirkten wirtschaftlichen Liberalisierung widerspiegelt. Dies sei auch das einzige Papier in der Untersuchung, in dem behauptet wird, dass Sanktionen mit einer Verbesserung des Lebensstandards verbunden sind. Das Argument stütze sich auf die angebliche Feststellung eines Trendbruchs zum Zeitpunkt der Verhängung der Sanktionen im August 2017 in gewöhnlichen Kleinstquadrat-Zeitreihenregressionen, die Lebensmittel- und Arzneimittelimporte als Funktion der Zeit modellieren. Über die Studie sei in der venezolanischen Presse ausführlich berichtet worden, und sie werde häufig von Oppositionsführern und Einflussnehmern angeführt. Dann wiesen die Autoren nach, dass diese Studie, möglicherweise bewusst, falsche Faktoren berücksichtigte. Siehe Anhang (7).

Wirtschaftssanktionen schaden den Schwächsten am meisten.

Diese Metastudie belegt, dass Wirtschaftssanktionen besonders die sowieso von Armut und Gesundheitsproblemen betroffenen Gruppen der Gesellschaft treffen. Trotzdem nehmen solche Sanktionen zu. Dies, obwohl es kaum Hinweise in der Vergangenheit gab, dass Sanktionen die gewünschten Verhaltensveränderungen der in den Zielländern Herrschenden erreichten.

Die Autoren weisen darauf hin, dass weitgehend unwirksame humanitäre Ausnahmeregelungen oft benutzt werden, um fälschlicherweise zu behaupten, dass Sanktionen die humanitäre Hilfe nicht behindern oder erschweren.

Fazit

Auch im Jahr 2023 hat die Weltgemeinschaft noch einmal ausdrücklich Sanktionen als Mittel des Wirtschaftskrieges definiert und den USA und der EU eine krachende Abstimmungsniederlage in der UNO gebracht(9). Die Resolution besagt eindeutig, dass solche Sanktionen, die nicht vom Sicherheitsrat verhängt werden, einseitige Zwangsmaßnahmen sind, welche gegen die UN-Charta und die Grundsätze für friedliche Beziehungen zwischen Staaten verstoßen.

Eigentlich hätte es diese Resolution gar nicht bedurft. Denn was sie aussagt ist seit Langem außerhalb des Wertewestens bekannt und anerkannt(10). Trotzdem versucht letzterer immer wieder, in Ländern, welche seine Werte-Vorstellungen nicht erfüllen, Verhaltensänderungen durch Sanktionen zu erreichen, welche aber äußerst selten den gewünschten Erfolg eines RegimeChanges oder einer Verhaltensänderung haben, stattdessen humanitäre Katastrophen hervorrufen. Obwohl das bekannt ist, halten sich in Deutschland die staatsnahen Kirchen bedeckt und versuchen Sanktionen schön zu reden(11). Also werden sie trotzdem und sogar zunehmend genutzt, was nur ein Hinweis darauf sein kann, dass die Verhänger von Sanktionen rücksichtslose Kriege gegen die Zivilbevölkerung führen, in denen humanitäre Katastrophen bewusst herbeigeführt werden. Was in einem Bombenkrieg ein Kriegsverbrechen ist.

Das Absurde an diesen Sanktionen ist auch, dass dadurch Fluchtgründe geschaffen werden, die Flüchtlinge in Deutschland gerne aufgenommen werden und als Beispiel für das diktatorische und mörderische Regime z.B. in Syrien genannt werden. Selbst wenn man dafür Umfrageergebnisse interpretieren muss(12). Womit die Qualitätsmedien scheinbar gerne zu Diensten sind.

Für viele Länder gibt es einen Hoffnungsschimmer: Durch die Widerstandsfähigkeit von Staaten wie Russland und China gegenüber Sanktionen bildet sich derzeit eine neue multipolar Welt heraus, welche solche Sanktionen grundsätzlich ablehnt. Diese multipolare Welt wird sich früher oder später vom Wertewesten abtrennen und eigene Wege gehen. Und es ist der Teil der Welt, der die meisten Rohstoffe, Menschen und höchsten Wachstumsraten hat. Leider wird Deutschland weiter unter der Bedrohung von Sanktionen und notfalls der Sprengung von Infrastruktur leiden, denn seine Politiker tun alles, um den Kampf der USA gegen die Multipolarität zu unterstützen. Hoffen wir, dass es keine Nibelungentreue bis zum großen Krieg sein wird.

Quellen und Hinweise:

Zu aktuellen Themen twittert der Autor als @jochen_mitschka

(1) https://www.youtube.com/watch?v=KfxjM3D_vTQ

(2) https://thepressunited.com/updates/us-lawmakers-threaten-sanctions-for-syria-rapprochement/

(3) https://cepr.net/wp-content/uploads/2023/04/FINAL-The-Human-Consequences-of-Economic-Sanctions-Rodriguez-7.pdf

(4) https://cepr.net/report/the-human-consequences-of-economic-sanctions/

(5) http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_10/LP22810_011210.pdf

(6) https://eeas.europa.eu/archives/docs/statements-eeas/docs/iran_agreement/iran_joint-comprehensive-plan-of-action_en.pdf Siehe auch: https://docplayer.org/106599202-Abruestung-ade-us-praesident-trump-laesst-den-atomdeal-mit-dem-iran-platzen-mittwoch-09-mai-2018-08-53-uhr-8-minuten-lesezeit.html Selbst Rubikon wollte das Wort „brechen“ nicht in den Titel aufnehmen.

(7) „Wir wiederholen die ANOVA-Ergebnisse und stellen fest, dass sie auf ein Artefakt mehrerer fragwürdiger Modellierungsentscheidungen und mindestens eines entscheidenden Kodierungsfehlers zurückzuführen sind. Dazu gehören die Wahl einer willkürlichen Bandbreite, die dreimal so groß ist wie die in der Literatur zur Regressionsdiskontinuität übliche, die Spezifikation der abhängigen Variable in absoluten US-Dollar anstelle der in makroökonomischen Zeitreihenstudien üblichen logarithmischen Spezifikation und die Auslassung mehrerer Importkategorien, die etwa vier Fünftel der Lebensmittelimporte der Wirtschaft zum Zeitpunkt der Sanktionen ausmachen. Sobald diese Fehler korrigiert sind, verschwinden alle Hinweise auf eine Verbesserung des Niveaus oder der Veränderungsrate der Nahrungsmittelimporte. Weder eine genaue Prüfung der korrigierten Daten noch eine Reihe statistischer Tests zeigen Hinweise auf eine nachhaltige signifikante Verbesserung der Lebensmittel- oder Arzneimittelimporte nach den Finanzsanktionen 2017.“(4)

(8) „Nach einer Großoffensive, die auf den Abzug der US-Truppen folgte, kamen die Taliban 2021 wieder an die Macht. Da sowohl die UN- als auch die US-Sanktionen gegen die Taliban nie aufgehoben worden waren, traten sie sofort in Kraft und schränkten jegliche Interaktion mit den neuen afghanischen Behörden ein. Ähnlich wie 20 Jahre zuvor imitiert die fehlende formale Anerkennung der Taliban-Regierung die Wirkung von Regierungssanktionen und behindert die Durchführung internationaler Rechts-, Handels- oder Finanztransaktionen mit der afghanischen Regierung. Die Sperrung des Zugangs zu den Vermögenswerten der Zentralbank des Landes spielt dieses Mal eine noch größere Rolle. Die Zentralbank hat nun keinen Zugriff mehr auf wesentlich größere Bestände im Wert von 9,6 Mrd. USD, was fast der Hälfte des BIP des Landes entspricht, und auf etwa 18 Monatsimporte. Diese Guthaben wurden von den Vereinigten Staaten (7 Mrd. USD) und Europa im August 2021 nach der Machtübernahme durch die Taliban effektiv beschlagnahmt.“(4)

(9) https://www.nachdenkseiten.de/?p=96301

(10) https://www.nachdenkseiten.de/?p=52541

(11) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26266

(12) https://jomenschenfreund.blogspot.com/2016/09/in-der-propaganda-zum-syrienkonflikt.html

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

+++ Bildquelle: Bene_A / shutterstock


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