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Sachbuch „Ausgegendert“ – eine linguistisch fundierte Verteidigung der deutschen Sprache

Sachbuch „Ausgegendert“ – eine linguistisch fundierte Verteidigung der deutschen Sprache

Eine Rezension von Eugen Zentner.

In der deutschen Sprache wird zunehmend gegendert, um sie von ihren angeblichen sexistischen und diskriminierenden Elementen zu befreien. Doch dieses Vorgehen beruht auf einer Fehldeutung, wie der Deutschlehrer und Autor Gerald Ehegartner in seinem neuen Buch belegt.

Sternchen, Doppelpunkte, Unterstriche: Im deutschsprachigen Schriftverkehr wird zunehmend gegendert – in Behörden, in den Schulen und im Internet sowieso. Selbst so manche Redaktionen können nicht anders, als die eigene moralische Haltung über journalistische Standards zu stellen. Besonders Engagierte gendern selbst beim Sprechen. Ihr Ziel: die Sprache gerechter zu machen und möglichst alle Minderheiten einzuschließen.

Das Feindbild ist dabei das sogenannte generische Maskulinum. Dieses stellt Gerald Ehegartner in den Mittelpunkt seines neuen Buchs „Ausgegendert“, um zu zeigen, dass diese linguistische Entität anders als von dessen Gegnern behauptet nicht auf Exklusion und schon gar nicht auf Diskriminierung abzielt.

Ehegartner ist kein Laie, kein Konservativer, der krampfhaft am Hergebrachten festhält, sondern Deutschlehrer, ein Fachmann mit linguistischem Hintergrund. Wenn er in seinem Buch in der indogermanischen Sprachgeschichte zurückgeht, wird es sehr schnell erkennbar, genauso wie seine Liebe zur deutschen Sprache. Um ihr Ausdruck zu verleihen, nimmt er sich viel Zeit. Knapp ein Drittel des Buches beschäftigt sich mit ihren Vorzügen.

Gelobt wird der reichhaltige Wortschatz, die intelligente Struktur, der beflügelnde Klang. Ehegartner versäumt es auch nicht, einflussreiche Personen zu erwähnen, Dichter, Theologen und Gelehrte, die der deutschen Sprache zu ihrer Entwicklung verhalfen. Doch ihre Eleganz ist in Gefahr, lautet die Mahnung. Die «Gender-Linguisten», wie Ehegartner die ideologischen Gegenkräfte nennt, machen die deutsche Sprache ungenießbar. „Der Schreib-, Lese-, Sprech- und Hörfluss ist aufgrund des Genderns massiv beeinträchtigt“, so der Autor.

Investigative Sprachreise von den Indogermanen bis in die Gegenwart

Dabei beruht ihr Kampf für mehr Gerechtigkeit auf einer Fehlinterpretation jenes generischen Maskulinums. Das ist die Hauptthese des Buches, die Ehegartner nach dem ersten Drittel argumentativ untermauert. Dies macht er mit einer „investigativen Sprachreise von den Indogermanen bis in die Gegenwart, von der Geburt des grammatischen Geschlechts bis zur Einführung der vermeintlich gendersensiblen Sprache“.

Auf diesem linguistischen Kurztrip lernen die Leser allerhand. Sie werden vertraut gemacht mit den engsten Familienmitgliedern der deutschen Sprache, sie erfahren, welche Funktionen das grammatisch männliche Geschlecht hat, und sie tauchen ein in das Geschlechterwirrwarr der Gegenwart.

Zu unterscheiden sind das biologische Geschlecht, auch Sexus genannt; das grammatische Geschlecht, als Genus bezeichnet; und das soziale Geschlecht, auch Gender genannt. Für die Anklage gegen die vermeintlich diskriminierende deutsche Sprache, schreibt Ehegartner, würden diese drei Formen «wild durcheinandergeworfen». In seinem Buch bringt er ein bisschen Ordnung in die Debatte – mit lehrreichen wie entlarvenden Aussagen.

Personenbenennung in der Einzahl und in der Mehrzahl

Sein wichtigstes Argument lautet: Das generische Maskulinum, dem Gender-Linguisten Exklusion vorwerfen, ist übergeschlechtlich und benennt allgemein Personen in der Einzahl und in der Mehrzahl. Dabei bestehe kein Interesse an der biologischen Geschlechtlichkeit, so Ehegartner.

Der Gedanke der Diskriminierung sei also fremd:

„Erst die Reduktion des grammatischen Geschlechts auf ein biologisches Niveau, was jedoch als Erweiterung propagiert wird, führt zu jenem Sexismus, der weder durch Gendersternchen, -unterstriche und -doppelpunkte, noch durch ein künstlich geschaffenes generisches Femininum überwunden werden kann.“

Auf dieser Folie demonstriert Ehegartner, dass das generische Maskulinum eben eine inkludierende Funktion hat, so wie andere Wörter, an denen sich die „Gender-Linguisten“ allerdings nicht stören. Der Autor führt es an dem Wort „Tag“ vor. Es kann „zum einen eine Zeiteinheit von 24 Stunden meinen, zum anderen die hellen Tagesstunden, die in Opposition zur Nacht stehen“.

Auch hier inkludiert der Begriff sowohl „Tag“ als auch „Nacht“. Die Funktion ist somit die gleiche, nur dass es hier kein generisches Maskulinum gibt. Doch dieses wurde, wie Ehegartner schreibt, „zum Hauptfeind, zur Persona non grata auserkoren, da man ihm unterstellt, es würde die Macht der Männer festigen, in Wahrheit nur Männer ansprechen und Frauen bloß mitmeinen“.

Pädagogisch geschickt

Um die deutsche Sprache vom angeblichen Sexismus und von Queerfeindlichkeit zu befreien, wird sie von den heutigen Ideologen in eine diskriminierungsfreie Sprachzone transformiert – mit bisweilen akrobatischen Verrenkungen. Wie sie aussehen, veranschaulicht Ehegarnter ebenfalls. Man lernt Pronomen wie „xier, xie, nin, sier, sif, es, per oder dey“ kennen und Satzkonstruktionen, die wie eine Fremdsprache klingen.

Bei solchen Beispielen muss man zwangsläufig schmunzeln, bisweilen sogar lachen, obwohl es der Autor an diesen Stellen nicht beabsichtigt. An anderen jedoch sehr wohl: Viele Passagen sind mit Humor angereichert. Ehegartner baut hier und da einen Witz ein, gelegentlich sogar einen Kalauer.

Er bemüht auch eine einfache, verständliche Sprache, hebt besonders wichtige Aussagen in Fettschrift hervor und gibt Lektüreempfehlungen, beispielsweise das 2023 veröffentlichte Standardwerk „Studien zum genderneutralen Maskulinum“ des Sprachwissenschaftlers Eckhard Meineke.

In dieser Art der Aufbereitung erkennt man den Pädagogen, der es versteht, den Stoff so zu vermitteln, dass er gut verdaubar wird. Sein Buch ist ein linguistisches Kleinod. Wer sich für Sprache interessiert, wer sich für Streitgespräche mit Argumenten munitionieren möchte, muss es lesen.

Quellen und Anmerkungen

„Ausgegendert - eine investigative Reise zu den Quellen der deutschen Sprache” aus Gerald Ehegartner erschien im Massel-Verlag.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 27.01.2025 bei transition-news.org

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Berit Kessler / shutterstock


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