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Rutte fordert ein Ende der Diskussionen über Friedenslösungen für die Ukraine | Von Thomas Röper

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Tagesdosis 19122024
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NATO-Generalsekretär Rutte hat erklärt, die öffentlichen Diskussionen über eine mögliche Friedenslösung müssten "unter Kontrolle" gebracht werden und man müsse sich stattdessen darauf konzentrieren, wie man der Ukraine mehr Waffen liefert, um "den Sieg der Ukraine zu sichern".

Ein Kommentar von Thomas Röper.

In Europa läuft hinter den Kulissen ein Streit, über den ich in den nächsten Tagen detaillierter berichten will. Es ist ein Streit zwischen den europäischen Regierungen, die den Krieg gegen Russland in der Ukraine um jeden Preis fortsetzen wollen, auch wenn die USA unter Präsident Trump die Unterstützung der Ukraine einstellen, und den europäischen Regierungen, die sich mehr oder weniger offen über die Aussicht freuen, dank Trump eine Ausrede zu haben, um die ruinöse Unterstützung der Ukraine zu beenden.

Um die Unterstützung der Ukraine auch unter Trump fortsetzen zu können, haben die Staaten des Westens das Ramstein-Format, das unter Leitung der USA die Waffenlieferungen an die Ukraine koordiniert hat, beendet und die NATO zur für die Waffenlieferungen an Kiew verantwortlichen Stelle gemacht. Entsprechend ist die NATO eine der treibenden Kräfte, die eine weitere Verlängerung des für die Ukraine längst verlorenen Krieges fordern.

Der neue NATO-Generalsekretär Rutte ist dafür eine perfekte Besetzung, wie er erst vor wenigen Tagen bewiesen hat, als er offen sagte, dass er nicht wisse, ob es in der Ukraine noch genug Menschen gibt, die man an die Front schicken kann, aber hinzufügte, die NATO brauche „mehr Menschen, die an die Frontlinie geschickt werden“, um den sinnlosen und schon verlorenen Krieg zu verlängern.

Letzteres sagte er natürlich nicht, stattdessen erklärte er, das diene dazu, die Ukraine für künftige Verhandlungen mit Russland in eine „Position der Stärke“ zu versetzen.

Nun hat Rutte aus Anlass der Eröffnung des neuen NATO-Kommandos für die Ukraine in Wiesbaden eine Pressekonferenz abgehalten und nachgelegt. Er fabulierte wieder davon, die Ukraine müsse in eine Position der Stärke versetzt werden, dazu habe er gerade einen Minigipfel mit einigen EU-Staats- und Regierungschefs zur Ukraine abgehalten. Auf der Pressekonferenz sagte Rutte:

„Zu Ihrer anderen Frage zu all diesen Gerüchten, wie ein Friedensabkommen aussehen könnte, zu Sicherheitsgarantien und all dem – Sie kennen meine Position. Ich glaube, wir sollten uns jetzt darauf konzentrieren, dafür zu sorgen, dass die Ukraine diese Position der Stärke erreicht. Und dass die Diskussion über all das, die nach dem Moment kommt, in dem Selensky, Putin und andere an einem Tisch sitzen, deren Sache ist. Und wenn wir jetzt untereinander darüber diskutieren, wie ein Friedensabkommen aussehen könnte, machen wir es den Russen so einfach. Denn sie sitzen da in ihren Liegestühlen und hören unseren Diskussionen zu, rauchen eine schöne Zigarre und schauen sich all diese Fernsehaufnahmen an, und ich glaube nicht, dass das hilfreich ist. Und natürlich ist es in Demokratien unvermeidlich, dass wir all diese Dinge offen diskutieren, aber ich denke, wir wären sehr klug, dies etwas unter Kontrolle zu bringen und uns auf die anstehende Aufgabe zu fokussieren. Und die anstehende Aufgabe ist, sicherzustellen, dass die Ukraine alles hat, was sie braucht, um Putins Sieg zu verhindern und den Sieg der Ukraine zu sichern. Das ist unser Ehrgeiz. Das ist es, was erreicht werden muss, denn unsere Werte stehen auf dem Spiel, aber es steht auch in direktem Zusammenhang mit unserer eigenen Sicherheit und der Sicherheit in der Zukunft.“

Wir fassen zusammen

Erstens: Die NATO behauptet, sie wäre in der Ukraine keine Kriegspartei im Krieg gegen Russland, sie sieht ihre Aufgabe aber darin, „sicherzustellen, dass die Ukraine alles hat, was sie braucht, um Putins Sieg zu verhindern und den Sieg der Ukraine zu sichern“. Wie kann man nach so einer Aussage noch behaupten, die NATO sei keine Kriegspartei?

Zweitens: Rutte will die öffentlichen Diskussionen über eine Friedenslösung für die Ukraine „unter Kontrolle bringen“. Aber wie soll ein Frieden erreicht werden, wenn man nicht darüber reden darf, wie er aussehen und dauerhaft gesichert werden soll? Rutte stellt sich mit dieser Aussage explizit gegen Friedensverhandlungen und für eine Verlängerung des Krieges und des sinnlosen Sterbens, was ein weiteres Mal bestätigt, dass die NATO eben kein Verteidigungsbündnis ist, dessen Aufgabe es ist, seine Mitglieder zu schützen, sondern ein aggressives Bündnis, das sein Ziel darin sieht, die geopolitischen Gegner der USA, in diesem Falle Russland, zu bekämpfen.

Drittens: Rutte begründet seinen Kriegskurs, indem er behauptet, „unsere Werte stehen auf dem Spiel“, wobei mich interessieren würde, welche „Werte“ er denn genau meint. Demokratie kann es nicht sein, denn in der Ukraine wurden die 2024 anstehenden Präsidentschaftswahlen abgesagt. Meinungs- und Pressefreiheit kann es auch nicht sein, denn in der Ukraine begann die Gleichschaltung der Presse schon im Februar 2021, also ein Jahr vor der Eskalation. Auch LGBT und Gender können es nicht sein, denn die UNHCR hat beispielsweise noch 2021 eine Vielzahl von Angriffen gegen LGBT-Anhänger in vielen Städten der Kiewer Ukraine gemeldet. Demnach drohte Beamten oder Universitätsprofessoren in der Ukraine der Jobverlust, wenn sie sich für LGBT-Rechte einsetzen.

„Westliche Werte“

Von welchen „Werten“ könnte Rutte also reden? Könnte es dabei um die ukrainischen Schwarzerdeböden gehen, auf die die westlichen Lebensmittelkonzerne so scharf sind? Oder um die reichen Bodenschätze im Donbass, wo es neben Kohle auch sehr viel Lithium gibt, auf das der Westen ein Auge geworfen hat?

Oder geht es ganz banal um Geopolitik und den Wunsch der USA, ihre Weltmachtstellung zu behalten, weshalb die Konkurrenten Russland und China um jeden Preis bekämpft, geschwächt und besiegt werden müssen? Wenn dazu die Ukraine zerstört und geopfert wird, ist das für die US-geführte NATO kein Problem, wie Ruttes Aussage, man brauche „mehr Menschen, die an die Frontlinie geschickt werden“, ein weiteres Mal bestätigt hat. Und dass die EU-Staaten dabei wirtschaftlich unter die Räder kommen, kann den USA nur recht sein, schließlich schwächt das einen wirtschaftlichen Konkurrenten.

Wenn man auf all das schaut, ist es wirklich beeindruckend, was die westlichen Medien leisten, denn eigentlich müssten die Menschen in Europa und vor allem der Ukraine längst aufstehen und gegen diese für sie vernichtende Politik ankämpfen. Dass das nicht passiert, zeigt, wie mächtig der westliche Propaganda-Apparat ist.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. 

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Dieser Beitrag erschien am 19. Dezember 2024 auf dem Blog anti-spiegel. 

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Bildquelle: Alexandros Michailidis / shutterstock


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