Ein Meinungsbeitrag von Uwe Froschauer.
Viele Traditionen sehen Menschen, Tiere, Pflanzen, Wasser, Erde und Himmel als Teil eines großen Beziehungsnetzes. Der Mensch wird nicht als Herr, sondern als Verwandter aller anderen Wesen verstanden. Das Verbundensein aller Wesen wird als natürliche Ordnung angesehen. Jede Gabe der Natur — sei es nun die Jagdbeute, Wasser oder Heilpflanzen — wird als Geschenk betrachtet. Wenn Indianer einen Hirsch erlegt haben, bedanken sie sich beim Bruder Hirsch für sein Fleisch; wenn Indianerfrauen Kräuter und Beeren sammeln, bedanken sie sich bei Mutter Erde.
Rituale wie Dankopfer oder Festessen sollen bei indigenen Stämmen Amerikas das Gleichgewicht von Nehmen und Geben wahren. Zahlreiche nordamerikanische indigene Traditionen betonen:
„Wir sind Teil eines lebendigen Netzes — was wir der Erde antun, tun wir uns selbst an.“
Diese Sichtweise prägt Rituale der Dankbarkeit, respektvollen Umgang mit Ressourcen und ein starkes Gemeinschaftsgefühl bei diesen Völkern.
Dankbar zu sein ist in letzter Zeit ein wenig aus der Mode gekommen, weil Menschen vieles als selbstverständlich hinnehmen. Dass wir schon seit vielen Jahren keinen Krieg mehr in Deutschland hatten — was sich momentan aufgrund verantwortungsloser Kriegstreiber schnell ändern kann, dass die Zahnbehandlung seit einigen Jahrzehnten relativ schmerzfrei vonstattengeht und dergleichen, wird von vielen Menschen als selbstverständlich angesehen — und der Strom kommt sowieso aus der Steckdose.
Mit Dankbarkeit und ihrer positiven Auswirkung auf den dankenden Menschen, seinen Umkreis und letztendlich das Universum haben sich viele Philosophen, Theologen, Psychologen, Soziologen, Schriftsteller und so weiter auseinandergesetzt. Seneca beispielsweise meinte:
„Sei dankbar für das, was du hast; warte auf das Übrige und sei froh, dass du noch nicht alles hast; es ist auch ein Vergnügen, noch auf etwas zu hoffen.“
Gleichgültig, ob wir für bestimmte Umstände, anderen Menschen oder einer höheren Wesenheit dankbar sind — diese positive Haltung, dieses positive Gefühl wirkt sich auf unser Leben ungemein bereichernd aus. Wir werden zufriedener, stellenweise glücklicher, empathischer, altruistischer; wir werden zu einem besseren und höher entwickelten Wesen, und verbessern dadurch auch die Welt.
„Dankbarkeit ist das Gefühl des Staunens, des Dankbar-Seins und der Feier des Lebens.“ (Robert Emmons)
Dieses Staunen, das man so wunderbar in Kinderaugen ablesen kann, haben manche Erwachsene leider schon verlernt.
„Dankbarkeit“ in verschiedenen Religionen, Philosophien und Heilslehren
Die verschiedenen Weltreligionen haben sich mit dem zentralen Thema Dankbarkeit beschäftigt.
Für das Christentum bedeutet Dankbarkeit eine Antwort auf Gottes Gnade. Gläubige sehen ihr Leben als Geschenk Gottes und wollen durch Dankbarkeit, die sie in Gebeten, Psalmen und im Abendmahl zelebrieren, Demut und Vertrauen ausdrücken.
Im Judentum begleiten Segenssprüche (Berachot) Alltag und Feste, beispielsweise das Morgengebet „Mode Ani“ (= Ich danke):
„Ich danke Dir, lebendiger und ewiger König,
dass Du meine Seele gnädig in mir wiederhergestellt hast.
Groß ist Deine Treue.“
Dankbarkeit ist im Judentum eine kontinuierliche, alltägliche Haltung und wird nicht nur bei besonderen Ereignissen zum Ausdruck gebracht. Eine Beracha (Singular von Berachot) ist ein kurzer, fest formulierter Segen, der Gott lobt und dankt. Das fünfmal tägliche Gebet im Islam beinhaltet bewusstes Danken für jede Gnade Allahs (Schukr = „Danksagung“ oder „dankbares Anerkennen“). Das Fasten im Ramadan soll das Bewusstsein für Gaben und das Mitgefühl mit Bedürftigen vertiefen.
Der Buddhismus lehrt Dankbarkeit für die Verbundenheit aller Wesen und für die Gelegenheit, Dharma zu praktizieren — Dharma bedeutet so viel wie das „rechte Prinzip“, die Lehre, die Unterweisungen Buddhas: Vier Edle Wahrheiten, der Edle Achtfache Pfad, Meditation und so weiter. Achtsamkeitsübungen sollen das Verständnis dafür fördern, dass alles wechselseitig entsteht. Dankbarkeit wird als Weg zur Mitfreude und zum Loslassen von Gier gesehen.
„Puja“ im Hinduismus ist eine Verehrungs- und Dankbarkeitszeremonie für eine Gottheit, ein heiliges Objekt oder auch verehrte Gäste. Puja bedeutet wörtlich „Ehrerbietung“ oder „darbringen“. Durch Dank an die Götter und an das Leben — als Ausdruck von Dharma — soll das Gleichgewicht von Geben und Nehmen im Karma gestärkt werden.
Der Daoismus lehrt die dankbare Akzeptanz des natürlichen Dao — der „Pfad“, der „Weg“, auf dem alles entsteht, sich wandelt und wieder vergeht. Wer dem „Weg“ folgt, sieht Geschenke und Herausforderungen als Teil des kosmischen Flusses und übt eine stille, wertschätzende Haltung gegenüber allem Leben.
Philosophen wie die Stoiker, Konfuzius, Aristoteles und so weiter haben sich ebenfalls mit diesem Thema befasst.
Der Stoizismus lehrt Dankbarkeit für das, was sich im Einklang mit der Natur ereignet. Epiktet, einer der bedeutendsten Philosophen der Stoa, rät, das Gegebene zu bejahen und aus allem eine Übung in Tugend zu machen. Tugenden wie Weisheit, Gerechtigkeit, Dankbarkeit, Mut und Selbstbeherrschung sieht er als höchstes Gut an, und betrachtet sie als wahres Glück — unabhängig von Reichtum oder Status. Er lehrte die Menschen Gelassenheit, und empfahl sich auf die Dinge zu konzentrieren, die sie beeinflussen können.
Aristoteles sah Dankbarkeit als soziale Tugend an und betonte, dass das dankbare Erwidern von Wohltaten Freundschaft und gelingendes Leben erhält. Auch Konfuzius sah Dankbarkeit als Fundament sozialer Harmonie: Die Verehrung der Eltern und Ahnen schafft Respekt und stärkt die Ordnung der Gemeinschaft.
Existentialisten wie Jean-Paul Sartre, Martin Heidegger, Albert Camus oder Søren Kierkegaard lehrten eine freie und individuelle Bejahung des Daseins. Der Mensch kann das Leben — trotz seiner Widersprüchlichkeit und Absurdität — dankbar annehmen. Camus spricht von einem „Trotz allem Ja zum Leben“ — also einer aktiven Annahme des Lebens, ohne sich Illusionen über einen ultimativen Sinn hinzugeben.
Humanisten — von den Anfängen des Humanismus mit Erasmus von Rotterdam und Thomas More bis hin zu Albert Schweitzer oder Martha Nussbaum — lehrten Dankbarkeit, ohne an eine übernatürliche Grundlage gebunden zu sein: Die Wertschätzung soll sich auf Mitmenschen, die Natur, das eigene Leben und die Zufälle richten, die das Dasein ermöglichen.
Dankbarkeit für die „kleinen“ Dinge des Lebens
Im April fuhren meine Lebenspartnerin und ich nach Dietramszell bei München in eine Gastwirtschaft. Das Wetter hat so ziemlich alles hergezaubert, was dieser Monat bieten kann. Die Fahrt nach Dietramszell war einzigartig. Sonnenschein, gefolgt von bedrohlichen weißen und schwarzen Wolkenformationen, die Bäume eingedeckt in ein leuchtendes Hellgrün, dann dicke Schneeflocken, die sanft auf die gelben Rapsfelder niedersanken — ein Naturspektakel sondergleichen. Winter und Frühling wechselten sich alle 20 Minuten ab. Ich bin unglaublich dankbar, so etwas erleben zu dürfen. Das ist tobende Lebendigkeit und meines Erachtens wertvoller als alle „toten“ Gegenstände dieser Welt, die ja von vielen so begehrt werden. Schmuckstücke, Kleidung, Einrichtungsgegenstände, elektronische Spielzeuge, Autos … die Liste der Begehrlichkeiten, die viele Menschen — zumindest für kurze Zeit — zufrieden aussehen lässt, scheint unendlich. Glücklich machen werden diese Gegenstände die Menschen wohl kaum.
Viele Menschen hören in ihrem konsumorientierten Dasein die Vögel kaum noch zwitschern — vielleicht, weil sie Kopfhörer tragen. Sie nehmen die gelben, weißen, rosafarbenen Blüten im Meer des hellen Frühlingsgrüns kaum noch wahr — möglicherweise, weil sie mit ihrem Handy beschäftigt sind.
Sie scheinen wenig dankbar für diese Vollendung der Schöpfung zu sein. Gäben sie sich mehr den Wundern der Natur hin, würden sie vermutlich wesentlich öfter Glücksgefühle erfahren, als beim stumpfsinnigen Surfen im Internet, oder beim „Knöpfedrücken“ in einem Computerspiel, dem Sehnen nach einem noch größeren Auto oder einer noch exklusiveren Wohnung.
Ich will mich auch gar nicht darüber auslassen, ob solche Verhaltensweisen gut oder schlecht, richtig oder falsch sind — das steht mir auch nicht zu. Es tut mir nur unendlich leid für diese Menschen, dass sie diese herrlichen Gefühle, diese Bereicherung für die Seele, die uns insbesondere die Natur zu schenken vermag, nur noch selten erleben.
Schönheit erkennen und dafür dankbar sein, ist meines Erachtens ein Zeichen hoher persönlicher Entwicklung. Für die kleinen Dinge, die uns tagtäglich begegnen, dürfen wir wieder mehr Gespür entwickeln — und dafür danken. Diese kleinen Dinge des Lebens — in Wirklichkeit sind sie die großen — schenken uns Zufriedenheit und Momente des Glücks. Nicht die „toten“ Gegenstände, die uns als glücksbringend von der Werbung und Konsumtempeln angepriesen werden.
Nun lassen Sie mich weitererzählen von diesem herrlichen April-Erlebnis. In Dietramszell angekommen sind wir gleich in der Schänke neben dem Kloster eingekehrt, und hatten dort Begegnungen mit sehr freundlichen und natürlich wirkenden Menschen, die scheinbar in sich ruhten, und eine tiefe Zufriedenheit ausstrahlten. Der mit viel Liebe und Energie eingerichtete Saal hatte eine unbeschreibliche Kraft, und egal wo man hinschaute, überall waren kleine Wunderwerke menschlichen Einfallreichtums zu bestaunen. Durch die großen Fenster sah man blühende Obstbäume und Sträucher, über denen leise Schneeflocken tanzten. Meine Lebenspartnerin und ich wurden von einem Gefühl der Dankbarkeit und des Glücks überflutet! Von der Genialität des Schrobenhausener Spargels möchte ich Ihnen nicht weiter berichten, — ich geriete sonst womöglich in unkontrollierte Schwärmerei.
Mögliche Gründe für Undankbarkeit
Warum erkennen so viele Menschen die beeindruckende Schönheit der Schöpfung nicht? Warum sind sie immer weniger zufrieden mit dem, was sie haben? Warum nehmen sie so vieles als selbstverständlich hin?
Für Undankbarkeit gibt es meines Erachtens mehrere Ursachen. davon stechen besonders hervor: Erstens — uns geht es in unseren Gefilden immer noch sehr gut, vielleicht sogar zu gut. Zweitens — der technische Fortschritt, der unser Leben immer bequemer macht. Zum Telefonieren muss man nicht einmal mehr aufstehen, geschweige denn in eine Telefonzelle gehen. Und getrommelt wird schon lange nicht mehr.
Heute lebt ein normaler Arbeitnehmer in beheizten Räumen, mit der „Welt im Internet“ nur einen Klick entfernt — besser als so mancher König vor ein paar Jahrhunderten. Doch anstatt für die besseren Lebensumstände dankbar zu sein, scheint oft das Gegenteil der Fall zu sein: Die Menschen jammern immer mehr. Viele fühlen sich als Opfer von irgendetwas oder irgendjemandem — und merken gar nicht, wie gut es ihnen gerade in unseren Regionen geht.
Also liebe Mitmenschen, weniger jammern und mehr danken! Überlegen Sie sich einmal, wie viele Gründe Sie alleine am heutigen Tag haben, dankbar zu sein. Sie sind gesund (hoffe ich), Sie müssen keinen Hunger leiden, Sie haben vielleicht gute Eltern, eine liebevolle Partnerschaft, treue Freunde. Selbst wenn nicht all diese Punkte erfüllt sind, gibt es unzählige andere Gründe, dankbar zu sein.
Also Schluss mit der Opfermentalität, der Gleichgültigkeit, der Großspurigkeit und der ewigen Jammerei! Fangen wir ein neues, glücklicheres und auch gesünderes Leben an — indem wir wieder mehr Dankbarkeit an den Tag legen. Einverstanden? Dann wird das schon noch mit einem zufriedenen und glücklicheren Dasein!
Das Leben ist so spannend, so reich und so voller Wunder — wenn Sie offen dafür sind.
Marktkommunikationsinstrumente wie Werbung, Verkaufsförderung, Sponsoring oder „Product Placement“ — kurz: der ganze Apparat unseres kapitalistischen Systems —machen uns klar, dass alles noch größer, besser, schöner und schneller sein könnte, und alle unsere erworbenen Produkte und Dienstleistungen uns endlich die ersehnte Zufriedenheit bringen würden.
Hierzu eine kleine Geschichte:
Drei Autos stehen nebeneinander vor der Ampel — links ein Supersportwagen von Ferrari, in der Mitte ein 325er BMW, und rechts ein kleiner Fiat Punto. Rechts neben dem Fiat steht ein Radfahrer und rechts neben ihm, auf dem Gehweg, ein Fußgänger.
Der BMW-Fahrer blickt neidisch auf den Ferrari und denkt sich: „Was für eine Karre, die hätte ich auch gern“.
Der Punto-Pilot schaut auf den BMW und stellt sich vor, wie er damit seine Freundin abholt: „das wäre echt super, wenn der meiner wäre“. Der Radfahrer denkt sich beim Blick auf den Fiat Punto: „Ich hätte auch gerne ein Auto“, und der Fußgänger denkt sich beim Betrachten des Radfahrers: „ein Fahrrad wäre schon toll“. Oben auf dem Balkon sitzt ein Rollstuhlfahrer, der den Fußgänger beobachtet und sich denkt: „Der kann laufen, wo der wohl hin will?“
Ist der Mensch eigentlich irgendwann mit irgendetwas zufrieden?
Ist er irgendwann dankbar für das, was er hat?
Sieht er irgendwann einmal die Sinnlosigkeit seiner Gier?
Lassen Sie sich nicht verführen zu Dingen, die Sie nicht brauchen und die bestenfalls Ihr Ego künstlich aufputschen. Sehen Sie das, was Sie haben! Der Zufriedene sieht, was er hat, der Unzufriedene das, was er nicht hat.
„Der Undank ist immer eine Art Schwäche. Ich habe nie gesehen, dass tüchtige Menschen undankbar gewesen wären.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
Ein Wirt eines leider nicht mehr existierenden, kultigen japanisch-bayrischen Bierstüberls, den ich sehr schätze und ganz gut kenne, teilte mir des Öfteren mit: Alles, was er erlebt, sei so spannend, und er sei einfach nur dankbar, diese Erfahrungen machen zu dürfen. Ferdl (= Ferdinand), ein wohlhabender Mann, der schon sehr früh ein Bein verlor, hat das Leben meines Erachtens verstanden, da er erkannt hat, dass die vermeintlich kleinen Dinge des Lebens die großen sind. Er hat jeden Tag schöne Erlebnisse und interessante Begegnungen, weil er offen für das Leben in seiner ganzen Vielfalt ist.
Die Undankbarkeit anderen Menschen gegenüber bringt die Undankbaren nicht weiter, sondern lässt Sie auf der Stelle treten. Die Ursachen, warum Menschen sich anderen gegenüber undankbar verhalten, liegen wahrscheinlich in ihrer Kindheit und in ihren Familienverhältnissen. Wenn ein Elternteil dem anderen gegenüber nicht dankbar war, wo hätte das Kind Dankbarkeit dann lernen sollen?
Ein weiterer Grund für nicht erlernte Dankbarkeit in der Kindheit oder Jugend könnte sein, wenn Mama alles ihrem Kind, zum Beispiel ihrem Sohn, kommentarlos hinterher räumte, und alles zur Zufriedenheit des Mamasöhnchens — ohne Erwartung von Dank — erledigte. Dann hat das Kind eben nicht gelernt dankbar zu sein. Mamasöhnchen suchen sich später meist Frauen, die ihren Müttern ähneln, und erwarten die gleichen Verhaltensweisen von ihnen. Dank und Anerkennung — wofür? „Ned gschimpft ist globt gnua“ (nicht geschimpft ist genug gelobt) heißt es oftmals in Bayern, und ist womöglich das Motto dieser vermutlich unreifen und undankbaren Personen.
Frauen werden häufig zu sittsamen und gefälligen Wesen erzogen — geboren, um es der Männerwelt recht zu machen und ihrem Umfeld dankbar zu sein. Heute sind Frauen gottlob anders drauf, gehen ihren eigenen Weg, und erziehen ihre Kinder immer weniger nach dem Verständnis der alten Rollenverteilung. Ein wichtiger Bestandteil der Erziehung ist meines Erachtens jedoch, Kindern Dankbarkeit für alle erhaltenen Geschenke der Schöpfung und von anderen Lebewesen vorzuleben, und ihnen bewusst zu machen, dass nichts selbstverständlich ist.
Viele Menschen meinen, sie könnten nicht dankbar sein, wenn sie gerade schlecht drauf sind. Nun, das ist in vielen Fällen wohl richtig, weil eben manche unserer Gefühle schlecht miteinander vereinbar sind. Es wird Ihnen schwerfallen, glücklich zu sein, wenn Sie beispielsweise gerade sauer auf jemanden sind. Wenn aber Dankbarkeit zu Ihrer Grundhaltung wird, und sie sich nicht nur in einem hin und wieder auftauchenden positiven Gefühl zeigt, werden negative Gefühle wie Neid, Hass, Feindseligkeit, Aggression oder Ärger wesentlich seltener aufflammen.
Ich „sollte“ dankbarer sein. Wenn man sich das einredet, impliziert das ja, nicht dankbar zu sein. Je mehr ich diesem „Sollen“ folge, desto stärker bekomme ich das Gefühl, nicht zu sein oder zu tun, was ich sein oder tun sollte. Ich bekomme immer mehr das Gefühl, nicht dankbar zu sein. Je mehr wir uns also einreden, noch dankbarer sein zu müssen, desto undankbarer werden wir. Das ist mit allen Dingen des „Sollens“ so. Ich „sollte“ mehr fühlen und weniger denken, ich „sollte“ mehr Sport treiben, ich „sollte“ mehr auf meine Gesundheit achten, und so weiter. Also „sollten“ wir mal das mit dem Sollen lassen …
Viele Menschen glauben, je dankbarer und zufriedener sie sind mit dem, was sie haben, desto weniger sind sie motiviert, noch besser zu werden. Deshalb glauben sie, mit dem „Guten“ nicht zufrieden sein zu dürfen, um sich weiterzuentwickeln. Diese Denk- und Fühlweise ist jedoch fatal und führt zwangsläufig zum Unglücklichsein. Ein Mensch, der mit dem, was er hat, dankbar und zufrieden ist, besitzt dennoch die Motivation und Energie, noch besser zu werden. Seine Beweggründe, noch besser zu werden, resultieren nicht aus einer Situation der Unzufriedenheit, sondern — ganz im Gegenteil — aus seiner Zufriedenheit und inneren Ruhe.
Wofür können wir dankbar sein?
Auf jeden Fall einmal für alles Gute, das uns widerfährt: Die Wunder der Natur, Menschen, die es gut mit uns meinen, die Lebensverhältnisse in unseren Breitengraden und so weiter — viele positive Faktoren eben, die es uns nicht besonders schwer machen sollten, zu danken, auch wenn dazu viele Menschen scheinbar nicht in der Lage sind.
Sie können das Spektrum an Situationen und Dingen, für die Sie dankbar sein können, noch erweitern. So können Sie beispielsweise dafür danken, noch nicht alles zu haben, was Sie sich wünschen. Das Leben wäre sonst doch recht langweilig, wenn es keine Ziele und Träume gäbe, die sich in der Zukunft erfüllen sollen. Wenn sich Träume nicht immer erfüllen, ist das nicht so dramatisch. Tragisch ist es, wenn man nie geträumt hat, oder aufgehört hat zu träumen.
Auch unsere „Fehler“ können wir positiv sehen, weil wir aus ihnen lernen können. Wir haben noch die Möglichkeit zu wachsen. Großartige Fehler im Leben gibt es meines Erachtens kaum, sondern lediglich Erfahrungen, die uns zu weiterem Wachstum verhelfen.
Krisen geben uns die Möglichkeit, unser Leben zu verändern und es auf ein höheres Level zu bringen. Die meisten Menschen verändern wenig in ihrem Leben, solange es ihnen gut geht. Nutzen Sie Krisen als Chance, Ihr Leben in eine positive Richtung zu lenken!
Wenn man das Gefühl hat, noch nicht genug zu wissen, hat man die Möglichkeit zu lernen und seinen Horizont zu erweitern. Freuen Sie sich auf das ganze unentdeckte Neuland, das noch vor Ihnen liegt. Seien Sie dankbar dafür, dass es so viel gibt, das Sie noch erfahren können.
Sich beruflichen und privaten Herausforderungen zu stellen und sie zu meistern, beflügelt unser Leben, und lässt uns weiter reifen. Mögliche Hindernisse sind da, um überwunden zu werden — nicht um zu kapitulieren.
Auch das Kämpfen für unsere Ziele, für unsere und die Rechte anderer, für unser Leben, bringt uns weiter. Daran wachsen wir. Wer kämpft, kann verlieren; wer nicht kämpft, hat schon verloren. Und auch, wenn man verliert — Niederlagen lassen entwicklungswillige Menschen wachsen, weil sie daraus lernen können. Auch für Hindernisse auf unserem Weg, und für den notwendigen Kampf, sie zu überwinden, können wir dankbar sein, weil sie uns helfen, unsere Fähigkeiten und unser wahres Selbst zu entfalten.
Sie könnten die oben beschriebenen Situationen nicht negativ sehen, sondern dankbar für die Vielfalt an Möglichkeiten sein, weiter zu wachsen. Das Umkehren des scheinbar Negativen ins Positive ist in meinen Augen ein deutliches Zeichen für die Weiterentwicklung eines Menschen. Er ist damit fähig, sich über seine von ihm gesetzten Grenzen hinaus zu entwickeln. Auch die Dankbarkeit für scheinbar negative Dinge bringt uns auf ein höheres Level unserer persönlichen Entwicklung.
Dankbarkeit und Dankesschuld
Verwechseln Sie das positive Gefühl der Dankbarkeit jedoch nicht mit dem eher negativ besetzten Gefühl der Dankesschuld. Während das Gefühl der Dankbarkeit entsteht, wenn Sie eine erhaltene materielle oder immaterielle Zuwendung anerkennen, fühlt sich der Empfänger bei der Dankesschuld verpflichtet, eine Gegenleistung zu erbringen. Wenn der Gebende “richtig“ gibt — mehr hierzu in einem später erscheinenden Artikel — wird der Empfänger sich freuen und dankbar sein, und versuchen, mit dem Geber in Kontakt zu treten, um die Beziehung zu ihm zu verbessern oder zu vertiefen. Fühlt sich der „Beschenkte“ jedoch dazu verpflichtet, die Gabe zu vergüten, wird er den Kontakt zum Geber eher meiden.
„Das Gefühl schuldiger Dankbarkeit ist eine Last, die nur starke Seelen zu ertragen vermögen.“ (Marie von Ebner-Eschenbach)
Idealerweise erwartet der Geber keine Gegenleistung, sondern gibt aus freien Stücken. Der Empfänger kann das Geschenk annehmen, ohne sich gleich zu einer Gegenleistung verpflichtet zu fühlen.
Ich glaube, „…das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.“
Gestern erzählte mir mein sehr guter Freund Martin, der in seiner Haupttätigkeit als Fahrradkurier unterwegs ist und in seiner Nebentätigkeit als Produzent und Regisseur bereits 20 Filme gedreht hat, dass sein Freund und mein Bekannter Karl Wende — ein Musikkomponist und Ausnahmemusiker — für seine Musik zu Martins neuen Film „Frau mit Hund sucht Mann ohne Vogel“ kein Geld von Martin angenommen habe. Er erwartet für seine großartige Musik keine Gegenleistung.
In diesem Film spielen Karl Wende und ich übrigens ebenfalls mit. Alle Schauspieler machen das unentgeltlich, und das gerne. Es ist auch immer ein riesiger Spaß bei den Dreharbeiten. Ich bin dankbar, an diesem Film mitwirken zu können. Das ist Lohn genug.
Wissenschaftliche Erkenntnisse — Wirkungen der Dankbarkeit
Dankbarkeit ist ein Kennzeichen weit entwickelter Personen und wirkt sich zudem positiv auf den Gemütszustand des Menschen aus. Dankbarkeit macht zufrieden, glücklich, empathisch, altruistisch — und sogar gesund. Die Frage ist natürlich, ob Dankbarkeit die Ursache für diese positiven Zustände ist, oder ob Menschen dankbar sind, weil sie glücklich und zufrieden sind — eben die alte Kiste von Ursache und Wirkung, Henne und Ei.
Amerikanische Wissenschaftler kamen durch ein einfaches Experiment zu der Erkenntnis, dass Dankbarkeit tatsächlich die Ursache für diese positiven Gemütszustände ist. Sie ließen eine Gruppe von Testpersonen zehnmal im Wochenrhythmus darüber nachdenken, wofür sie in ihrem Leben dankbar sind. Parallel dazu durften Probanden einer anderen Gruppe nachsinnen, was sie noch wollten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die „Dankbaren“ im Verlauf des Experiments motivierter, optimistischer und gesünder waren, sowie über ein verbessertes Immunsystem verfügten.
Also liebe Leserinnen und Leser, seien Sie ruhig mal ein wenig egoistisch und danken Sie Ihren Mitmenschen und dem Universum aufrichtig für all die Dinge, die zu Ihrer Weiterentwicklung beitragen! Dankbarkeit tut nicht nur Ihnen, sondern auch Ihrem Umfeld gut — sozusagen ein Fall von altruistischem Egoismus, eine Win-Win-Situation!
Bei einer Untersuchung von Erwachsenen mit chronischen Krankheiten zeigte die Einführung von „Dankbarkeits-Tagen“ ähnliche Wirkungen: Die Teilnehmer dieser „Dankes-Gruppe“ waren besser gelaunt und sozialverträglicher, schliefen besser und fühlten sich stärker in die Gemeinschaft eingebunden.
Fraglich ist, ob sich der „Dankeseffekt“ nicht irgendwann abnutzt. Ist es womöglich „inflationär“, wenn man „ständig“ für etwas nur noch oberflächlich dankt?
Bei einer anderen Studie kam heraus — ohne, dass ich hier die Versuchsanordnung detailliert darlegen möchte —, dass bei kontinuierlichem Danken es langsam zu einer Gewohnheit wird, und dieser Prozess des Dankens zu mechanistisch abläuft — so vermuten die Wissenschaftler. Ich denke, dass so ziemlich alles, was zum Ritual verkommt, langsam an Kraft verliert. Dann steckt nicht mehr die nötige Energie und Aufmerksamkeit im Handeln. Denken Sie nur an viele regelmäßige Kirchgänger, die in der Predigt noch etwas über Dankbarkeit und Güte gehört haben, und auf dem Nachhauseweg keine Gabe für den Bettler am Wegesrand übrighaben.
Wie kann man Dankbarkeit praktizieren?
In jeder Situation, in der Sie Grund dazu haben. Sie können sich zusätzlich, zum Beispiel abends, ein wenig Zeit nehmen und den Tag Revue passieren lassen. Was haben Sie alles Schönes oder Weiterbringendes an diesem Tag erlebt? Aha, also strahlender Sonnenschein zur Mittagszeit! Und was haben Sie dazu beigetragen, um dieses Ereignis positiv zu erleben? Ah ja, Sie sind in der Mittagspause auf der Parkbank gesessen und haben dort Ihren mitgebrachten Salat verspeist.
Dieses äußere Ereignis (Sonnenschein) hat auch deshalb zu einem positiven Gefühl geführt, weil Sie etwas daraus gemacht haben. Das macht Sie zufrieden: Zum einen, weil ein schönes Ereignis zu verzeichnen war, und zum anderen, weil Sie Ihren Beitrag geleistet haben, es schön für sich werden zu lassen. Und dafür können Sie auch dankbar sein, nicht wahr?
Wunderbar — dann erleben Sie dieses Ereignis sozusagen gleich zweimal: einmal real und nochmals am Abend in Ihrer Erinnerung.
Auf geht‘s: Legen Sie mal den Artikel zur Seite, und überlegen Sie sich, was Sie heute alles Schönes erlebt haben! Das macht Sie zufriedener, stärkt Ihr Dankbarkeitsgefühl, und bringt Sie immer weiter in Ihrer persönlichen Entwicklung. Nehmen Sie sich die Zeit dafür — es lohnt sich für Sie und Ihr Umfeld.
Natürlich können wir uns auch in größeren Zeitabständen, beispielsweise wöchentlich, nochmals daran erinnern, wem oder wofür wir in dieser Woche dankbar sind. Unsere Gedanken an diese Menschen und Situationen werden unser Befinden auf eine höhere Stufe heben. Durch unsere ausgeprägte, offene oder stille Dankbarkeit werden wir langfristig unser Selbstwertgefühl steigern, unsere sozialen Kontakte stärken — so wie man in den Wald hineinruft, so hallt es heraus — und mit den Alltagsproblemen besser umgehen. Negative Gefühle werden wir durch praktizierte Dankbarkeit nicht komplett eliminieren, aber auf ein wesentlich kleineres Maß reduzieren.
Dankbarkeit in größeren Systemen
Echte Dankbarkeit scheint auch in der Geschäftswelt zu fruchten. In einem Experiment mit den Kunden eines Juweliers fand man heraus, dass Kunden, denen man im Nachhinein telefonisch dankte, zu einem späteren Zeitpunkt ca. 70 Prozent mehr gekauft haben. Dagegen haben Kunden, die ebenfalls angerufen und bedankt, aber gleichzeitig über einen Ausverkauf informiert wurden, später nur ca. 30 Prozent mehr gekauft. Kunden, die nicht angerufen und bedankt wurden, zeigten später keinerlei Erhöhung ihrer Käufe.
Und was sagt uns das? Dankbarkeit verstärkt beim Gebenden (hier den Kunden) dessen wohlwollendes Verhalten, insbesondere dann, wenn keinerlei Gegenleistung (wie z.B. auf dem Ausverkauf zu erscheinen) erwartet wird.
Auch Dankbarkeit anderen Staaten gegenüber würde doch der einen oder anderen Nation gut zu Gesicht stehen. Diverse Länder haben sich beispielsweise durch die Aufnahme in die EU wirtschaftlich recht gut entwickelt. Den neu gewonnenen Wohlstand und ihre Kultur sehen sie jetzt durch diverse geopolitische Veränderungen gefährdet.
Russland hat in der Vergangenheit Europa und insbesondere Deutschland mit kostengünstiger Energie versorgt, was jetzt aufgrund von Dummheit und Unfähigkeit unserer unverantwortlichen europäischen Politmarionetten an der Spitze der meisten europäischen Nationen nicht mehr der Fall ist. Anstatt Russland zu danken, dessen günstige Energie wesentlich dazu beitrug, den Wohlstand in vielen Ländern zu ermöglichen, wird es von unseren Politikversagern bei jeder sich bietenden Gelegenheit in einem unerträglichen Maß beschimpft. Diese Politiker leiden in meinen Augen an chronischer persönlicher Unterentwicklung.
Anstatt dem Steuerzahler für seine Leistungen für das Gemeinwohl dankbar zu sein, und als Dank dafür das Sozialsystem auszubauen, wird es von der Regierung ständig weiter abgebaut. Die Gelder werden meines Erachtens für Kriegswirtschaft veruntreut, die auf Basis hanebüchener, mit keinem einzigen Beweis belegbarer Unterstellungen, Russland könnte ein NATO-Land angreifen, angekurbelt wird. Anstatt dem Volk für seine Steuerleistungen dankbar zu sein, und ihm Frieden zu sichern, wird Kriegstreiberei betrieben. Gegen das eigene Volk wird Krieg geführt — wie in der Coronazeit sehr gut beobachtbar war — es wird angelogen und betrogen, wie Bundeskanzler Friedrich Merz mehrfach unter Beweis gestellt hat.
Obwohl das Verhalten unserer politischen Führung moralisch fragwürdig und schädlich ist, können wir daraus lernen, kritisch zu denken, uns nicht auf Standards zu verlassen und unsere eigene Haltung bewusst zu entwickeln. In diesem Sinne kann selbst Ärgernis oder Ungerechtigkeit zu einem Motor unserer persönlichen Entwicklung werden — doch das ändert nichts daran, dass die Situation an sich ungerecht ist.
Fazit
Ich denke, der Sinn des Lebens besteht darin, sich weiterzuentwickeln, um auf eine höhere Stufe des Bewusstseins zu gelangen. Praktizierte Dankbarkeit ist ein Wegweiser in diese Richtung. Dankbarkeit ist eine Haltung des Erkennens, dass wir nicht isoliert sind — egal, ob man das auf Gott, das Dao, das Schicksal, die Gemeinschaft oder einfach das Leben bezieht. Dankbarkeit stärkt Beziehungen. Durch Dankbarkeit fühlen sich Menschen anerkannt und respektiert. Beziehungen werden durch sie harmonischer, und eine gegenseitige Wertschätzung wird sichtbar. Dankbarkeit darf auch ab und zu ausgesprochen, und nicht nur empfunden werden.
Dankbarkeit darf aber andererseits nicht zur Belastung werden. Sie darf nicht in Schuld oder Zwang umschlagen. Dankbarkeit sollte ein verbindendes Band und keine Fessel sein, die zu einem Gefühl der Verpflichtung oder Unterwürfigkeit führt. Bei aller Dankbarkeit darf man seine Selbstachtung nicht verlieren.
Dankbarkeit ist eine Tugend, die auf Freiwilligkeit und innerer Haltung beruht, und nicht auf äußerem Zwang. Dankbarkeit trägt zu einem harmonischen Miteinander bei und wird idealerweise nicht dazu benutzt, moralische oder soziale Schulden zu erzeugen.
Quellen und Anmerkungen
Ende März und Anfang April 2025 wurden meine beiden Bücher
„Die Friedensuntüchtigen“ und „Im Taumel des Niedergangs“ veröffentlicht. Ende September 2024 erschien das Buch „Gefährliche Nullen – Kriegstreiber und Elitenvertreter“.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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