
Obwohl direkt vor unseren Augen ein regelrechter Völkermord an den Palästinensern durchgeführt wird, regt sich bislang kein nennenswerter Widerstand. Doch das könnte sich ändern. Die UNO legt jetzt eine umfassende Dokumentation vor, und in Bogotá beraten 30 Staaten, wie den Völkermördern das Handwerk gelegt werden kann.
Ein Standpunkt von Hermann Ploppa.
Am Anfang der Abschied
Die Panzer stehen vor den Toren des Nasser-Krankenhauses in Khan Yunis. Ein Ort im Süden des Gazastreifens. Dorthin waren aus dem Norden des Gazastreifens anderthalb Millionen Palästinenser seit dem Oktober des Jahres 2023 zusammengetrieben worden. Zusammengepfercht. Obdachlos. Ohne sauberes Trinkwasser. Ohne Strom. Ohne Essen. Alle Krankenhäuser sind von israelischen Truppen zerstört worden. Nur das Nasser-Krankenhaus im Süden des Gazastreifens arbeitet noch ein bisschen. Dialyse-Patienten können schon lange nicht mehr versorgt werden. Sie sterben elend. Die Mitarbeiter und Patienten des Nasser-Krankenhauses in Khan Yunis wissen, dass jetzt ihr Stündlein geschlagen hat. Und sie versenden folgende Abschiedsbotschaft an den Rest der Welt:
"Wir arbeiten immer noch im Krankenhaus, und die Panzer sind nur wenige Meter von uns entfernt. Wir sind dem Tod mittlerweile näher als dem Leben.
Die Soldaten kennen keine Gnade – weder gegenüber einem Kind, noch gegenüber einem alten Mann, noch gegenüber einem Arzt, noch gegenüber einer Krankenschwester. Wir bleiben hier, weil wir Menschen sind und weil unsere Mission eine humanitäre ist. Wenn diese Raben unsere Seelen rauben … vergesst uns nicht und reduziert uns nicht auf eine Zahl. Wir lieben das Leben und haben Träume, genau wie ihr. Wir haben Kinder und Ehepartner, die wir lieben. Aber wahrhaft menschlich zu sein bedeutet, diejenigen, die eure Menschlichkeit brauchen, niemals im Stich zu lassen. Erzählen Sie der Welt von uns. Sagen Sie, dass wir menschlicher waren als diejenigen, die das nur behaupteten. Sagen Sie, dass wir lieber den Tod wählten, als unsere edle Mission aufzugeben.
Sagen Sie nicht nur, wir seien Helden gewesen – sagen Sie, dass wir verstanden haben, was es wirklich bedeutet, ein Mensch zu sein. Und: Entschuldigung! Wir sind keine Nummern.“ <1>
Ehud Olmert und die Konzentrationslager
Der mittlerweile achtzigjährige Ehud Olmert war von 2006 bis 2009 Regierungschef in Israel. Doch jetzt war Olmert gerade bei der Beerdigung von zwei Palästinensern im Westjordanland. Die beiden jungen Männer, einer davon zusätzlich mit der US-amerikanischen Staatsbürgerschaft ausgestattet, waren von israelischen Siedlern ermordet worden. Es gibt bis heute keine Strafverfolgung der Untaten. Illegale Siedler vertreiben in der Westbank Palästinenser aus ihren Häusern. Wer sich wehrt, wird umgebracht. Diese Schlägertruppen werden in Israel als „Hilltop youth“ bezeichnet. Sie genießen absolute Straflosigkeit. „Die Angriffe waren Kriegsverbrechen“, sagte Olmert. „Sie sind unverzeihlich. Inakzeptabel. Es gibt anhaltende Aktionen, die von einer großen Gruppe auf brutalste und kriminellste Weise organisiert und orchestriert werden.“ <2>
Während dessen hat der israelische Verteidigungsminister Israel Katz vorgeschlagen, etwa 600.000 palästinensische Bewohner des Gazastreifens in so genannten „humanitären Städten“ auf den Trümmerfeldern unterzubringen. Die einzige Möglichkeit, sich dieser Einpferchung zu entziehen bestünde dann darin, Palästina in Richtung Ausland zu verlassen. Für den Ex-Premier Ehud Olmert führt kein Weg daran vorbei, dieses Vorgehen als weitere Verschärfung einer bereits stattfindenden ethnischen Säuberung anzusehen:
„Wenn sie ein Lager errichten, wo sie beabsichtigen, mehr als die Hälfte von Gaza zu reinigen, dann ist die unausweichliche Konsequenz dieser Strategie, dass es nicht darum geht, die Palästinenser zu retten. Es geht darum, sie zu deportieren, sie herumzuschieben und dann zu verjagen. Es gibt da zumindest für mich keine andere Schlussfolgerung.“ Und weiter: „Bedaure, aber es handelt sich hier um ein Konzentrationslager.“
Bemerkenswert ist, dass bereits vor Monaten US-Präsident Trump ein KI-animiertes Video veröffentlichte, das einen von Palästinensern „gesäuberten“ Gazastreifen zeigt. Eine „zweite Riviera“ würde hier entstehen, mit Hotels und Freizeitressorts, wo Trump und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Badehose auf Liegestühlen am Gazastrand herumliegen und ihre Cocktails schlürfen. Goldene Statuen von Donald Trump säumen die Boulevards <3>. Welch ein Zufall, dass Trumps Schwiegersohn Jared Kushner diese Vision nicht nur teilt, sondern auch mit seiner Firma Affinity Partners bereitsteht, massiv in das Vorhaben zu investieren. So sagte Kushner im Februar 2024: „Die Küste vom Gazastreifen ist sehr wertvoll. Die Situation dort ist etwas bedauerlich, aber ich denke, aus israelischer Sicht würde ich mein Bestes tun, um die Menschen umzusiedeln und dann aufzuräumen.“ <4>
Dafür müssen die rechtmäßigen Bewohner des Gazastreifens erst einmal fachgerecht vergrämt werden. Dazu haben die Trump-Regierung und die Netanjahu-Regierung eine angebliche Hilfsorganisation im Februar aus der Taufe gehoben, die alle anderen Hilfsorganisationen in Gaza verdrängt, nämlich das Gaza Humanitarian Fund (GHF). Eine private Stiftung, die von US-amerikanischen Sicherheitsunternehmen und dem israelischen Militär initiiert wurde. Die Planung oblag der Boston Consulting Group, einer Unternehmensberatungsfirma, die sich mittlerweile von dem Projekt distanziert. Statt bislang vierzig Verteilstellen für Lebensmittelpakete an die hungernde Bevölkerung gibt es nur noch vier Verteilerstellen. Und die liegen rein zufällig so ungeschützt, dass Menschen, die Lebensmittelpakete abholen wollen, immer wieder von israelischen Heckenschützen erschossen werden wie Hasen im Salatfeld. Die Vereinten Nationen distanzieren sich vom Gaza Humanitarian Fund, und auch die anderen Hilfsorganisationen wollen mit dieser perfiden Veranstaltung nichts zu tun haben.
Die Boston Consulting Group sollte Konzepte erarbeiten, den Wiederaufbau des Gazastreifens ohne Palästinenser zu planen. Jeder Palästinenser, der den Gazastreifen freiwillig verlässt, soll eine Kopfprämie in Höhe von 9.000 Dollar für den Ausstieg erhalten. Doch mittlerweile ist der Boston Consulting Group dieser Auftrag zu heiß. Die BCG hat sich von jenen Subunternehmern getrennt, die diesen Plan ausgeheckt haben <5>.
Netanjahus willige Helfer aus der Wirtschaft
Und damit verbleiben wir noch eine Weile bei den wirtschaftlichen Aspekten des Genozids in Gaza und im Westjordanland. Denn dankenswerterweise liegt jetzt ein Bericht der Vereinten Nationen vor, mit dem Titel: „Von der Ökonomie der Besetzung zur Ökonomie des Völkermords“. Der Bericht handelt davon, wie internationale Konzerne und Finanzinstitute wunderbare Geschäfte machen konnten mit der illegalen Landnahme Israels in den palästinensischen Gebieten. Und wie eben diese internationalen Player auch wunderbar vom Genozid an den Palästinensern profitieren. Die Nachrichten zeigen uns immer wieder die Politiker und Militärs, die für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich zeichnen.
Dabei sind es zum großen Teil globale Konzerne und Banken, die diese Politik konzipieren, ausbeuten und dabei das Investitionsklima für sich selber verbessern. So ist es nur wenigen Menschen bewusst, welche dominante Rolle im Zweiten Weltkrieg die Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich gespielt hat. Oder wie die Wall Street durch gezielte Fusionen den Chemiegiganten IG Farben erschaffen hat und damit Deutschland befähigte, einen Angriffskrieg gegen die Sowjetunion zu starten.
Und heute ist es noch viel schwerer, die Strippenzieher zu erkennen. Denn die großen Konglomerate haben sich durch unzählige internationale Verbindungen getarnt. Nicht nur, um Steuern zu vermeiden, sondern auch, um strafrechtlicher Verfolgung zu entgehen. Das weiß auch die italienische Völkerrechtlerin Francesca Albanese. Albanese ist UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete in Palästina. Zusammen mit ihrem Team hat sie den Bericht über die Kollaboration der internationalen Konzerne mit dem Netanjahu-Regime im Juni veröffentlicht. Ihre Behörde hat Datensätze von 1.000 Konzernen, Stiftungen und Staatsfonds angelegt. Lediglich 45 dieser Unternehmen werden im aktuellen Bericht erwähnt, sozusagen als Spitze des Eisbergs. Im Gegensatz zu territorial gebundenen Justizbehörden können internationale Konglomerate sich geschmeidig weltweit bewegen und sich chamäleonartig immer wieder tarnen. Die internationalen Verfolgungsbehörden dagegen sind schwach und in ihren Befugnissen sehr eingeschränkt. Albanese ist sich der Schwäche der eigenen Position bewusst, wenn sei am Anfang des Berichts feststellt:
„Die Asymmetrie immenser Macht ohne ausreichende gerichtliche Verantwortlichkeit offenbart eine grundlegende Lücke in der globalen Governance.“ <6>
Der Albanese-Bericht ist also eher eine Aufforderung, die Kollaboration der Wirtschaft beim Genozid in Palästina in einer großen Kraftanstrengung erschöpfend auszuleuchten. Im vorliegenden UN-Bericht wird die Situation seit 1967 dargestellt. Damals hatte Israel größere Eroberungen gemacht mit den syrischen Golan-Höhen, dem Westjordanland und dem Gazastreifen. Seit 1967 werden die besetzten Gebiete systematisch dem jüdischen Staat einverleibt. Und seitdem wird auch die palästinensische Bevölkerung zunehmend durch jüdische Siedler verdrängt. Doch seit dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Hamas-Ausbruchs, dringt das israelische Militär in die besetzten Gebiete ein und zerstört systematisch die letzten Reste palästinensischer Infrastruktur. Zurück bleibt eine zerbombte Ruinenlandschaft.
Der Albanese-Bericht
Welche Rolle spielen also internationale Konzerne bei der systematischen Auslöschung der Palästinenser? Der Albanese-Report sagt dazu: „Internationale Partnerschaften mit Waffen und technischer Unterstützung haben Israels Fähigkeit gestärkt, die Apartheid aufrechtzuerhalten und in jüngster Zeit auch seinen Angriff auf Gaza fortzusetzen. Israel profitiert vom größten Rüstungsbeschaffungsprogramm aller Zeiten – für den F-35-Kampfjet, das von der US-Firma Lockheed Martin zusammen mit mindestens 1.650 anderen Unternehmen geleitet wird.“ Denn der Oktober 2023 ließ in Israel alle Hüllen fallen. Der israelische Wehretat stieg bis 2024 um 65 Prozent auf einen Betrag von 46,5 Milliarden Dollar. Für die internationale Rüstungswirtschaft sprichwörtlich ein Bombengeschäft.
Auf dem Territorium der wehrlosen Palästinenser konnten Flugzeuge, Drohnen und Munition problemlos getestet werden. Auf den Rüstungsmessen in aller Welt bekommt dieses Kriegsgerät nun die Auszeichnung „kampferprobt“. Der Militärisch-Industrielle Komplex in Israel hat eine enorme Stärkung zu verzeichnen. Die Rüstungskonzerne Elbit Systems und Israel Aerospace Industries tragen dazu bei, dass Israel zum achtgrößten Waffenexporteur weltweit aufgestiegen ist. Und US-amerikanische Konzerne, aber auch das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) sind mit diesem Komplex eng verzahnt. Ein japanischer Konzern beliefert die israelische Drohnenproduktion mit Robotik. Die Technische Universität München beteiligt sich mit eigener Forschung zum Thema.
Für uns alle bedrohlich sind auch die enormen Fortschritte, die die internationale Überwachungs- und Gefängnisindustrie in Israel gerade machen. Die wehrlosen Palästinenser dienen als unfreiwillige und unbezahlte Testpersonen. Die Innovationssprünge werden über kurz oder lang auch gegen uns eingesetzt. US-Konzerne wie IBM, Microsoft, Hewlett Packard oder auch Palantir haben israelische Start-up-Unternehmen mit aufgebaut und beraten. Die israelische NSO-Gruppe hat international Erfolg mit dem Spionageprogramm Pegasus. Pegasus wird mittlerweile von deutschen Behörden eingesetzt, um die Handys der Bundesbürger auszuhorchen. Im Oktober 2023 drohten die israelischen Datensysteme angesichts der Militäroffensive wegen Überlastung zu kollabieren. Doch die großen Konzerne Google, Alphabet und Meta halfen aus mit ihren Cloud-Speichern.
Resümee Francesca Albanese:
„Angetrieben von US-amerikanischen Technologiegiganten, die Tochtergesellschaften sowie Forschungs- und Entwicklungszentren in Israel gründen, haben die von Israel behaupteten Sicherheitsbedürfnisse zu beispiellosen Entwicklungen im Bereich der Strafvollzugs- und Überwachungsdienste geführt, von Videoüberwachungsnetzen (CCTV), biometrischer Überwachung, hochmodernen Checkpoint-Netzwerken, ‚intelligenten Mauern‘ und Drohnenüberwachung bis hin zu Cloud Computing, künstlicher Intelligenz und Datenanalyse zur Unterstützung des Militärpersonals vor Ort.“
Im Westjordanland müssen die Palästinenser ständig von einem Checkpoint zum nächsten pilgern. Mobilität war gestern. Doch auch was im scheinbar harmlosen zivilen Gewand daherkommt, entpuppt sich im Nachhinein als Waffe. So liefert der US-Baumaschinenkonzern Caterpillar einen gepanzerten Bulldozer, der sogar ferngesteuert in besetzten Gebieten Häuser der Palästinenser einreißt und die Bewohner im Erdreich lebendig begräbt. Die Brunnen der Palästinenser werden von militanten Siedlern zerstört. So müssen die Einwohner minderwertiges Wasser von einem israelischen Versorger trinken.
Die deutsche Firma Heidelberg Materials, ehemals Heidelberg Zement, mischt mächtig mit bei der Ausbeutung des besetzten Landes:
„Die deutsche Heidelberg Materials AG hat über ihre Tochtergesellschaft Hanson Israel dazu beigetragen, Millionen Tonnen von Dolomitgestein aus dem Nahal-Raba-Steinbruch auf Land zu plündern, das palästinensischen Dörfern im Westjordanland weggenommen wurde. Im Jahr 2018 gewann Hanson Israel eine öffentliche Ausschreibung zur Lieferung von Materialien aus diesem Steinbruch für den Bau von Siedlungen und hat seitdem den Steinbruch fast vollständig leergeräumt.“
Kohle kommt aus Kolumbien, geliefert von Glencore und Drummond Company. Kolumbien hat im August 2024 Lieferungen ausgesetzt. Doch jetzt ist Südafrika eingesprungen. Chevron liefert siebzig Prozent des israelischen Bedarfs über die East Mediterranean Gas Pipeline. BP wiederum bohrt in palästinensischem Seegebiet. BP und Chevron sind die Hauptlieferanten an Israel für Rohöl über die aserbaidschanische Baku-Tiflis-Ceyhan Pipeline, das Kazakh Caspian Pipeline Consortium. Aushilfsweise liefert auch Brasilien Öl durch die Staatsfirma Petrobras.
In das Lebensmittelgeschäft in den besetzten Gebieten ist jetzt die französische Supermarktkette Carrefour eingestiegen. Und wer Lust hat, seinen Urlaub in den besetzten Gebieten der Westbank zu verbringen, kann bei Airbnb ein Zimmer oder eine Wohnung bei netten jüdischen Siedlern buchen <7>.
Der israelische Militärapparat wird auf Pump finanziert – ganz genau so wie das Kriegsprogramm der USA. Nämlich durch Staatsanleihen und Pfandbriefe. Das liest sich im Albanese-Papier folgendermaßen:
„Als Hauptfinanzierungsquelle für den israelischen Staatshaushalt spielten Staatsanleihen eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung des anhaltenden Angriffs auf Gaza. Von 2022 bis 2024 stieg der israelische Militärhaushalt von 4,2 Prozent auf 8,3 Prozent des BIP, was den öffentlichen Haushalt in ein Defizit von 6,8 Prozent trieb. Israel finanzierte diesen aufgeblähten Haushalt durch die Ausgabe erhöhter Anleihen, darunter 8 Milliarden Dollar im März 2024 und 5 Milliarden Dollar im Februar 2025, neben Emissionen auf seinem inländischen Markt für neue Schekel.“
Und weiter:
„Paribas und Barclays griffen ein, um das Marktvertrauen zu stärken, indem sie diese internationalen und inländischen Staatsanleihen zeichneten. Dadurch konnte Israel den Zinsaufschlag trotz einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit in Grenzen halten. Vermögensverwaltungsfirmen – darunter BlackRock (68 Millionen US-Dollar), Vanguard (546 Millionen US-Dollar) und die Allianz-Tochtergesellschaft PIMCO (960 Millionen US-Dollar) – gehörten zu den mindestens 400 Investoren aus 36 Ländern, die diese Anleihen kauften.“
Also ganz nackt und brutal: ohne unser Geld wäre der Staat Israel nach nur wenigen Wochen im Oktober 2023 komplett pleite gewesen. Nur dadurch, dass angesehene westliche Bankhäuser Netanjahus Abenteurertum finanziell gestützt haben, ist der Genozid an den Palästinensern überhaupt finanzierbar.
Schließlich vermerkt der UN-Report noch, dass die meisten der kompromittierten Unternehmen Shareholdern gehören. Da finden sich neben den üblichen Verdächtigen BlackRock oder Vanguard auch die Münchner Allianz sowie die norwegische staatliche Rentenkasse. Sie alle spekulieren munter mit dem Genozid. Alle diese Vermögensverwalter und Versicherer verfügen über politische Analyse-Abteilungen, die geopolitische Risiken abklopfen und optimale Spekulationsfelder aufgrund landeskundlicher Daten aufspüren. Sie alle wissen also genau, und zwar bis ins letzte Detail hinein, dass sich in Israel ein Völkermord im großen Stil abspielt. Das ist also die geeignete Begleitmusik zur Profitmaximierung. Das ist zynisch und menschenverachtend zugleich. So etwas ist indes auch gar nicht neu in der Weltgeschichte. Etwa fünf Millionen Menschen fanden bei Völkermord-Aktionen Anfang der 2000er Jahre im Kongo den Tod. Dieser Genozid war als „Bürgerkrieg“ verkleidet. Es ging bei jenem Schlachten letztlich darum, dass wir unsere Handys zu niedrigen Preisen kaufen können <8>.
Wir müssen der mutigen UN-Sonderermittlerin Francesca Albanese und ihren Mitarbeitern für diese klaren Erkenntnisse unendlich dankbar sein.
Wie kann man das Schlachten beenden?
Wir schauen voller Entsetzen, Abscheu, Ekel und Wut auf die unfasslichen Verbrechen der Netanjahu-Clique. Das Schlimmste ist unsere Ohnmacht. Jeder Mensch hat das instinktive Verlangen, seinen Mitmenschen in Not zu Hilfe zu eilen. Auch die Oppositionspartei in der Weltregierung, der BRICS-Block, tut nichts, um das Morden zu beenden. Viele der BRICS-Staaten betreiben ihre lukrativen Geschäftchen mit Israel und sagen in ihren Erklärungen zu Palästina nur milde: „ Du Schlingel!“ Die Modi-Regierung in Indien schlägt sich sogar ganz offen auf die Seite Netanjahus.
Dann gibt es den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Auch dies ist eine höchst dubiose Veranstaltung. Denn meistens werden nur irgendwelche subalternen Totschläger und Folterknechte aus der Dritten Welt verknackt, nach dem Motto: die Kleinen hängt man – die Großen lässt man laufen. Keine einzige Großmacht gehört dem ICC an. Sogar der russische Präsident Wladimir Putin soll laut Wunsch des Internationalen Gerichtshofs in Handschellen abgeführt werden. Und zwar wegen des durchaus strittigen Vorwurfs, Russland habe im großen Stil ukrainische Kinder entführt.
Am 21. November letzten Jahres wurde dann ein Haftbefehl gegen den Völkermörder Benjamin Netanjahu und seinen damaligen Kriegsminister Yoav Gallant vom Internationalen Strafgerichtshof ausgestellt. Um dann auch gleichzeitig einen Hamas-Offizier sowie einen Befehlshaber der Quds-Brigaden zur Verhaftung auszuschreiben. Frei nach dem ironisch-bitteren Bonmot des Liedermachers Franz-Josef Degenhardt: „Maßhalten Ihr Mörder – maßhalten Ihr Opfer!“ Immerhin kam vor kurzem ans Tageslicht, dass der israelische Terror-Geheimdienst Mossad neun Jahre lang die Richter des Internationalen Strafgerichtshofs observiert und bedroht hat <9>.
Jetzt trafen sich vor kurzem Delegierte von 30 Staaten – vornehmlich von der Südhalbkugel, aber auch aus Irland, in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá <10>. Sie nennen sich The Hague Group, womit sie sich auf den Internationalen Strafgerichtshof beziehen. Diese Staatengruppe hat beschlossen, ihre Verkehrsinfrastruktur für israelische Transporte zu sperren und alles zu unternehmen, um israelische Drahtzieher des Terrors festzusetzen. Das hat im Moment noch wenig Hebelwirkung, da die wenigsten dieser wohlmeinenden Staaten etwas zur Aufrechterhaltung des israelischen Völkermords beigetragen haben. Dieses Gruppentreffen wirkte noch linkisch und unfähig, das eigene Anliegen in einer wirksamen Öffentlichkeitsarbeit den Menschen draußen im Lande zu vermitteln. Dabei ist die öffentliche Weltmeinung schon zu einem wichtigen Faktor herangewachsen. Das hat der Vietnamkrieg eindrucksvoll gezeigt. Die USA haben zwar den Vietnamkrieg auch verloren, weil die Vietnamesen die GIs in einen zermürbenden Abnutzungskrieg gezwungen haben. Genauso entscheidend war aber, dass die öffentliche Meinung sich in der westlichen Hemisphäre massiv gegen die Kriegsführung der USA in Vietnam gewandt hat. Präsident Nixon reagierte darauf, indem er die Wehrpflicht abschaffte. Denn auf jeden Zinksarg aus Vietnam reagierten die Angehörigen mit zunehmender Ablehnung des Krieges.
Die öffentliche Meinung hat also eine Hebelwirkung. Das haben wir schon gar nicht mehr so richtig auf dem Schirm. Unser Protest gegen den Völkermord in Palästina hat nichts, aber auch rein gar nichts mit Antisemitismus zu tun. Wir solidarisieren uns nämlich auch mit der überwältigenden Mehrheit aller Juden auf dieser Welt, die den Genozid in Palästina vehement ablehnt. Übrigens sind auch die Palästinenser Semiten.
Über sechzigtausend unschuldige Zivilisten sind allein in Gaza schon ermordet worden. Es liegt auch an uns, das Morden zu beenden. Machen wir Druck auf unsere Banken und Konzerne. Kaufboykotte können weh tun. Wir können Geld abziehen von Banken, die israelische Staatsanleihen halten. Als Kleinaktionäre können wir auf Aktionärsversammlungen gehörig nerven. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wir müssen nur endlich anfangen.
Quellen und Anmerkungen
<2> https://www.theguardian.com/world/2025/jul/13/israel-humanitarian-city-rafah-gaza-camp-ehud-olmert
<3> https://www.youtube.com/watch?v=sqMPMZFqjmg
<5> https://www.ft.com/content/c0e661cc-55db-4e2a-b17b-a656e0cf6c14
„Boston Consulting Group modelled the costs of “relocating” Palestinians from Gaza and entered into a multimillion-dollar contract to help launch an aid scheme for the shattered enclave, a Financial Times investigation has found. The consulting firm helped establish the Israel- and US-backed Gaza Humanitarian Foundation and supported a related security company but then disavowed the project, which has been marred by the deaths of hundreds of Palestinians, and fired two partners last month.“
Für weitere Informationen über den Albanese-Bericht ist der Apolut-Artikel von Jochen Mitschka hilfreich: https://apolut.net/whistleblower-statt-volkermorder-bestrafen-von-jochen-mitschka/
<7> https://www.airbnb.de/s/Westjordanland/... (Link aufgrund der Länge gekürzt)
<8> https://www.manova.news/artikel/toten-fur-handys
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bild: Benjamin Netanjahu (Ministerpräsident Israels)
Bildquelle: noamgalai / shutterstock
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