NATO – Struktur und Aufgaben

von Josef Mühlbauer.

Hier finden Sie eine Einführung in die Geschichte, Gründungsidee sowie in die politische und militärische Aufbaustruktur der NATO (North Atlantic Treaty Organization). Dieser Beitrag soll einen Einblick verschaffen, in die rechtswissenschaftliche Problematik der NATO Militäroperationen. Warum dies so wichtig ist wird sofort klar, wenn man versteht, dass die NATO die mit Abstand größte Militärorganisation der Menschheitsgeschichte ist. Sich als Europäer mit der NATO auseinanderzusetzen, ist von enormer Bedeutung, da fast alle Länder Europas darin integriert wurden und da deutsche, britische und u.a. französische Soldaten jahrelang in Afghanistan (2001), Nordafrika und im Nahen Osten kämpften.

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Die Deutschland-Einsätze (siehe Bild) bringen Zweifel auf, über die Fortbestehung der deutschen Neutralität, welche in der Verfassung seit dem Zweiten Weltkrieg verankert wurde. Folgende Fragen werden beantwortet:

  • Welcher Staat dominiert das politisch-militärische Paradigma der NATO?
  • Kann anhand der Kriegsgeschichte dieser Organisation überhaupt noch von einem Friedensprojekt gesprochen werden?

Angesichts der Tatsache, dass die NATO rund 300.000 Soldaten an die russische Grenze bringen will, ist es besonders wichtig diese Organisation genau zu analysieren.

Zur Entstehungsgeschichte:
Die NATO wurde von ursprünglich 12 Staaten am 4. April 1949 in Washington D.C. (USA) gegründet, während sie ihren Sitz in Brüssel (Belgien) hat. Nach offiziellen Angaben ist es ein „Friedens- und Bündnisprojekt“ – daran glauben auch 89% der Deutschen (Umfrage, 2015). In den ersten vierzig Jahren, also nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und während des Kalten Krieges, war das erklärte Ziel, die Länder des Warschauer Paktes mit militärischer Stärke abzuschrecken. Man betrachtete die Sowjetunion (bzw. den Kommunismus) als die Hauptgefahr für die Freiheit und Unabhängigkeit Westeuropas – so ein offizieller NATO-Bericht. Als Reaktion darauf trat 1955 der Warschauer-Pakt in Kraft. Diese zwei Bündnisverträge bzw. Machtblöcke kämpften um Einflussgebiete in Europa.

Legitimation:
Fragen zur Legitimationsbasis des NATO-Fortbestandes treten nicht nur aufgrund der Verbrechen des Kalten Krieges auf, sondern aufgrund von folgender Inkonsistenz der offiziellen Argumentationskette:

  • Wie konnte der Warschauer Pakt als Feind und Aggressor gelten, wenn doch die NATO sechs Jahre zuvor gegründet wurde?
  • Wie belegt man, dass der Kommunismus/Sozialismus der Feind ist, wenn dieser ein Hauptakteur war, im Kampf gegen Faschismus und dem Nationalsozialismus?
  • Spielen eigennützige, geostrategische Interessen der USA eine Rolle oder waren die „Linken“ (Kommunisten) undemokratisch?
  • Wie erklärt man sich aber, dass die Sozialisten und Kommunisten in einigen westeuropäischen Staaten legitim und demokratisch an die politische Führung gerieten bzw. fast die Mehrheit hatten? Dieser Linke-Flügel hatte zwischen 1945 – 1965, die Mehrheit in Norwegen (50,9%) und Schweden (51,1%), fast-Mehrheit in Österreich (47,3%), Dänemark (46%), Finnland (47,5%) und in Großbritannien (46,4%). In Italien (40,8%) und Frankreich (42,8%) war der sozialistische linke Flügel auch sehr stark vertreten (Prof. Bartolini S. 60-61).
    • Nicht zu vergessen, dass die USA die demokratisch gewählte Regierung im Iran 1953 und in Chile 1972 stürtzte. Im übrigen ist ein „Regime-Change“ Völkerrechtsbruch laut UN-Charta Art. 2 (7), welcher dem Staat den Grundsatz der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten garantiert. Wer wollte Gaddafi, Saddam und Assad stürtzen?
  • Mal ganz abgesehen von den bisher erwähnten Fakten gibt es mittlerweile den „Kommunismus“ gar nicht. Russland und sogar China sind zu kapitalistischen Systemen transformiert. Russland wird zwar als „gelenkte Demokratie“ angesehen, ist aber bei weitem nicht so diktatorisch (Saudi-Arabien) und menschenrechtsverletzend (Israel) wie die größten Bündnispartner der USA.
  • Die USA, als die größte Armee und Gründungsnation der NATO ist keine echte Demokratie, sondern eine Oligarchie – wie es die Princeton Studie beweist.

Problematik in der Zielsetzung:
Im NATO-Staatenvertrag wird die ursprüngliche Aufgabe dieser Organisation schon in der Päambel erwähnt:

„Sie sind bestrebt, die innere Festigkeit und das Wohlergehen im Nordatlantischen Gebiet zu fördern“.

(BGBl. 1955 II S. 289, i.d.F. des Protokolls v. 17. 10. 1951; Download auf engl. – Hier)

Die NATO steht auch heute noch zu diesem Manifest: Zweck des Nordatlantischen Büdnisses besteht darin (…) die Stabilität des gesamten Euro-atlantischen Raumes gegen neue Gefahren (Terrorismus) zu schützen“.

Die Frage wird laut, ob diese Doktrin nicht Länder wie Russland und China exkludiert? Ist ein Weltfrieden dann überhaupt möglich, wenn man nicht alle Länder inkludiert? Schafft man somit nicht nur Feindbilder und Abgrenzung? Diese Abgrenzung steht nicht nur indirekt im Staatsvertrag der NATO, sondern wurde in einer klaren Aussprache des NATO-Generalsekretärs Lord Ismay folgendermaßen formuliert: Die Allianz bestehe,

„um die Russen draußen zu halten, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten.“

(Ziemer, S.65; Vawick S.34; Winkler)

Diese Art der Ausgrenzung (und Unterdrückung) und die Völkerrechtsbrüche der NATO, wie ich im Verlauf noch zeigen werde, sind Faktoren, welche der Aufklärung (Kant), als auch dem Humanismus komplett widersprechen. Das Buch des vielleicht größten Deutschen Philosophen: „Zum Ewigen Frieden“ hat maßgeblich die UN-Charta beeinflusst. Die darin enthaltenen Kriterien für den Weltfrieden stehen im kompletten Widerspruch zur Handlungsweise der NATO:

  • Entmilitarisierung: „Stehende Heere (miles perpetuus) sollen mit der Zeit aufhören“
  • Keine Intervention und präventive Kriegsführung: „Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines anderen Staates gewalttätig einmischen“
  • Keine Expansion aufgrund von „käufliches Erwerben“: „Es soll kein Staat von einem anderen Staat durch Erbschaft, Tausch, Kauf oder Schenkung erworben werden“

387856 01: This File Photo Dated April 22, 1986 Shows An Aerial View From Over Arlington, Va Of The Pentagon, Headquarters Of The Us Department Of Defense. The 29-Acre Building Was Dedicated On January 15, 1943, Nearly 16 Months To The Day After The Groundbreaking. (Photo By USAf/Getty Images)

Pentagon, Getty Images

 

Neues Wettrüsten?
Bevor ich auf die Statistik und die Rüstungsindustrie eingehe, möchte ich die US-Rechtswissenschaftlerin Rosa Brooks erwähnen: In ihrem Buch „How Everything Became War and the Military Became Everything“ beschreibt sie, wie ein großer Teil des US-Militärs (Pentagon) sich seit den 9/11-Anschlägen in verdeckten Operationen involviert und wie die Grenze zwischen Krieg und Frieden förmlich aufgelöst wurde. Das Pentagon erweiterte nicht nur das Militärbudget in astronomisch hohe Summen, sondern erweiterte auch das Militär in fast alle gesellschaftlichen Bereiche („How the Pentagon Became Walmart“).

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Stern = bekannte Stützpunkte; Rote Punkte = „Lily-Pads-Basen“
Investigative Workshop – American University

Die Militärausgaben der USA betrugen 2015 rund $ 596 Mrd. – somit mehr als die von China, Russland, Nordkorea, Iran, Irak, Syrien, Kuba, Libyen, Libanon, Jordanien, Afghanistan, Pakistan und Somalia zusammen! Laut der Studie der „American University“ (Washington) und laut Aussagen des US-General Dempsey, werden unter den Code-Namen „Lily Pads“, werden rund um die Uhr weltweit neue Militärbasen errichtet, mit einem Netz aus Kampfdrohnen (weltweit größte Terroraktion“ – Prof. Chomsky) und Kommandoeinheiten. Seit 1945 waren 17 Millionen amerikanische Militärs in den unzähligen (über 200) US-Basen in Deutschland stationiert (aktuell mindestens 9 Basen aktiv) – zum Download des Berichts der Deutschen Botschaft.

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Während Israels Nuklearwaffen ein Tabuthema sind und weiter ausgebaut werden, rüsteten die ehemaligen Sowjet-Staaten Weißrussland, Kasachstan und die Ukraine ihre Atomwaffen ab. Während Israel in strenger Geheimhaltung Nuklearwaffen baute wird der Iran fast schon gezwungen (durch Sanktionen) sein Nuklearprogramm zu stoppen – Borger, 2014. Da Israel der Hauptverbündete der USA und ein Kooperationsmitglied der NATO (MD) ist, wäre ein Blick auf deren Kriegsverbrechen, Expansionismus und Geschichte wichtig – alleine schon damit man die Frage eines Beitrittes in die NATO beurteilen kann – hier zum Beitrag.

Die Achse des Bösen“, also die von G. W. Bush definierten „Schurkenstaaten“ erscheinen im Verhältnis zur USA, der NATO und ihren Verbündeten wie ein kleines Kind im Ring gegen Klitschko. Allein der Begriff „Achse des Bösen“, den die Bush-Administration in die Welt setzte, wurde tausende Male durch die Medien wiedergegeben und ist im Grunde genommen als „kultureller Fundamentalismus“ anzusehen – wie es die Schweizer Juristin Gret Haller analysiert. Diese Polarisierung und diese Freund-Feind-Dichotomie führte mit Sicherheit dazu, dass sich Angst und Schrecken verbreitete und damit verbunden auch das Sicherheitsbedürfnis anstieg – die logische Folge: Militarisierung und Polizeistaat.

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Statistik und Design von Ashley Lane

Während sich der „Hauptfeind“ (Sowjetunion – 1989) und sein Militärbündnis (1991) auflösten, wuchs die Expansion der NATO stetig weiter, trotz der angeblichen Versprechen dies nicht zu tun – hier zur „Genscher-Lüge“. Welche Legitimationsbasis hat die NATO eigentlich nach dem Fall des Gegners? „Die Ukraine-Krise erinnert die NATO an ihr Gründungsmotiv“ so der ehmalige Verteidigungsminister der USA Chuck Hagel. Zuerst muss man sich jedoch die Frage beantworten, wer denn wirklich der Aggressor im Ukraine-Krieg war? – hier ein Antwortversuch. Und was war eigentlich mit den zwanzig Jahren vor der  Ukraine-Krise? 1971 deklarierte Richard Nixon „the war on drugs“ (Stanford Uni). Seit dem 11.9.2001 schaffte man sich das Problem mit dem „verschundenen Feinbild“ endgültig vom Hals mit dem sogenannten „War on Terror“. Das Konzept des Terrorismus als eine undefinierbare und überall mögliche Präsenz schafft somit eine immerwährende Legitimation für einen „Präventivschlag“ und Krieg (NSS-Doktrin). Im „Neusprech“ (G. Orwell: „Krieg ist Frieden“) wird somit die Militarisierung und Expansion im offiziellen Strategie-Bericht (S. 9) der NATO, als „Stärkung der Verteidigungsfähigkeiten“ artikuliert, während das Pentagon im Klartext vom „Full Spectrum Dominance“ (Joint Vision 2020) redet.

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Aus völkerrechtlicher Perspektive sind jedoch diese „vorbeugenden Selbstverteidigungsmaßnahmen“ der US/ NATO nicht gerechtfertigt, da die realen Bedrohungen a) nie bewiesen wurden und meist auf Lügen basieren (Tonkin, 935 Lügen vor dem Irak-Krieg (PCI), Brutkasten-Lüge …) und b) ein Regimechange aufgrund der UN-Charta Art 2 (7) gesetzeswidrig ist. Des weiteren ist es gesetzeswidrig, was die USA-NATO Operationen im Namen der Selbstverteidigung machen, weil das „Verhältnismäßigkeitsprinzip“ nicht stimmt, wie es die folgende Grafik zeigt:

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Die Abbildung zeigt, dass im Zeitraum von 2001-2015 rund 3.380 US-Bürger aufgrund von Terroranschlägen gestorben sind, während in den Jahren danach allein 15.444 US-Soldaten ihr Leben gelassen haben — im Kampf gegen den Terrorismus. Schon allein diese Zahlen stehen nicht im Verhältnis, jedoch wird es auch noch völkerrechtswidrig, sobald wir uns den militärischen „Gegenschlag“ der USA im Nahen Osten anschauen: Um genau zu sein starben in nur drei Ländern (Irak, Pakistan, Afghanistan) rund 1.3 Mio. Menschen. Außerhalb von diesem direkten „9/11- Gegenschlag“ beziehe ich auch noch die 400.000 Todesopfer Syriens in die Rechnung, da es ebenfalls eine Kampagne des „War on Terror“ ist (auch wenn indirekt durch das Bewaffnen der „gemäßigten“ Rebellen).

Kriegsgeschichte:
Die Frage wird versucht zu beantworten ob die NATO und deren Mitgliedsländer, aktiv daran beteiligt waren sich kriegerisch in die Politik der anderen Länder einzumischen. Das schweizer Friedensforschungsinstitut SIPER zeigt anhand der nachfolgenden Infographiken die Kriegsgeschichte der NATO:

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USA: Das Buch „The Pentagons New Map“ vom US-Geostrategen T. Barnett zeigt voller stolz diese Karte und sagt gleichzeitig schon vieles über den geopolitischen Hegemon aus. Die Karte zeigt, dass allein im Zeitraum von 1990 bis 2003 die USA und somit das Pentagon an mehr als 40 Interventionen weltweit beteiligt waren.

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Zur verdeckten Kriegsführung der USA/CIA und deren Verbrechen gegen die Demokratie und Menschlichtkeit, habe ich ausführlich berichtet. Darin wird empirisch belegt, dass die USA wesentlich das politische Paradigma in über 30 fremden Ländern (mit-)bestimmt hat: hier zum Beitrag. Halten Sie sich vor Augen, dass ein Imperium die NATO anführt und eigentlich auch gegründet hat. Ein Imperium? „Amerika ist ein Imperium (gewöhnt euch daran)“ betitelte die NY-Times ihren Beitrag; während uns der US-Think Tank Stratfor davon erzählt, wieviel Verantwortung die USA als Imperium trägt. Über 1.000 Mal wurde in US-Zeitschriften die USA als Imperium bezeichnet und selbst Vize-Präsident Dick Cheney sprach 2003 davon – so die Princeton University Studie. Diese terminologische Genauigkeit ist deshalb so wichtig, weil man sich die Frage stellen muss, ob die einzige Weltmacht und das stärkste Imperium der Menschheitsgeschichte auch den Diskurs in NATO-Politik dominiert? Diese Frage beantworte ich noch im Verlauf des Beitrages.

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Deutschland liefert Waffen an Diktaturen (Saudi Arabien361 Mio. €) und an Länder, welche das Menschen- und Völkerrecht missachten (Israel267 Mio €; Türkei – 84 Mio. €). Man sät Waffen und will Frieden ernten? Was die westliche Politik nicht nur durch Waffenexporte angerichtet, erklärt der Journalist und Nah-Ost Experte Michael Lüders ausführlich. Man will Demokratie verbreiten und die Werte der Aufklärung hochhalten, während man Waffen an Diktaturen liefert? Indirekt schafft man Krieg und baut danach Mauern, um die Kriegsflüchtlinge nicht aufzunehmen?

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Der Krieg in Afghanistan 2001, war gegen das geltende Völkerrecht und ein Bundeswehreinsatz hätte abgelehnt werden müssen – so die rechtswissenschaftliche Analyse des Deutschen Rechtsprofessors Norman Paech. Trotzdem waren dort über ein Jahrzehnt NATO-Basen und Deutsche Soldaten stationiert. Müssen die Deutschen wirklich in einem völkerrechtswidrigen Krieg das Töten lernen? Macht die NATO den Krieg wieder salonfähig in Deutschland, trotz der bitteren Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges?

Frankreich: Der Ressourcenkampf in Mali (Gold; Uran/ Areva Konzern) ausgehend vom NATO-Mitbegründerstaat Frankreich erinnert mich an die alte Zeit des Kolonialismus und verwickelte die USA und die NATO in Interventions-Gespräche. Seit Jahren operieren französische Militärs in Afrika mit dem Ziel, diesen Kontinent zu „befrieden“. Mali, als eines der reichsten Länder an Bodenschätzen, steht heute noch im völligem Chaos. Es herrscht dort Korruption, Krieg und Hunger. Frankreichs Kolonialisierung Nordafrikas (Tunesien, Marokko, Algerien) schien auch während des Kalten Krieges kein Ende zu nehmen: Die „Ereignisse von Algerien“ (Neusprech für Algerienkrieg) aus den Jahren 1954 bis 1962 waren durch Unterdrückung, Informationskampagnen (Zensur-Spitzelsysteme) und Menschenrechtsverletzungen geprägt. Frankreich hat die Souveränitätsansprüche militärisch niedergeschlagen, während man die Ausbeutung und ungleiche Wohlstandsverteilung aufrecht erhielt. Wurde Frankreich aus der NATO ausgeschlossen, weil es in fremden Staaten die Demokratie verhinderte? Ein Hauptargument gegen die Sowjetunion war es immer, dass sie undemokratisch gewesen ist. Wenn dies also die Legitimationsbasis der NATO ist und wenn die NATO so viel Wert auf Demokratien legt, frage ich mich, warum sie das faschistische Portugal (Estado Novo v. 1933 – 1974) als Gründungsmitglied überhaupt akzeptiert hat und warum die Militärdiktatur Griechenland (1967-1974), nicht aus diesem „Friedensbund“ ausgeschlossen wurde?

NATO: Schon die Angriffsdrohung der NATO vor 1999 gegen Serbien war ein Verstoß gegen die UN-Charta, geschweige denn die Tatsache, dass zum ersten mal in der Menschheitsgeschichte eine „Institution“ einem Staat den Krieg erklärte (Hipp). Dies geschah darüber hinaus ohne die Zustimmung aller UN-Mitglieder. Ein völkerrechtswidriger Krieg also?

Die schon im Vorfeld des Irakkrieges durch die USA und Teile der US-Medien betriebene Kriegspropaganda stellt eine Verletzung von Art. 20 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte dar – so das österreichische Institut für Menschenrechte ETC-Graz. Unzählige Rechtswissenschaftler und Professoren erklärten auch den Irak-Krieg 2003 für völkerrechtswidrig (Holger P Hestermeyer; Hans Arnold, Baumann 2008). Darüber hinaus stellte die absichtliche Manipulation (Falschmeldung über Iraks Massenvernichtungswaffen), die Kooperation mit den USA prinzipiell in Frage. Denn dabei wird die Frage gestellt, ob es sich bei der Intervention im Irak, um eine Selbstverteidigung gehandelt hat (Kriegs-Prävention) oder ob Erdöl-Interessen das Kriegsmotiv war? Das „UPI-Institut“ für Umwelt und Prognose belegte die Theorie, dass „Erdöl-Interessen“ der Hauptgrund der Intervention war. Ist die NATO etwa an Ressourcenkriegen beteiligt gewesen? Die NATO attackierte 2011 den achtgrößten Erdölproduzenten der Welt, nämlich Libyen, im Namen „der Rettung der zivilen Bevölkerung“ vor dem Diktator Gaddafi. Heute, fünf Jahre später, ist Libyen im völligen Chaos versunken, erneut in einer Kriegssituation und voll mit islamistischen Terror-Organisationen. Darüber hinaus löste diese humanitäre Krise enorme Flüchtlingsströme aus – Hier zum Thema Flüchtlingskrisen.

Italien und Türkei: Die Möglichkeit der totalen und atomaren Selbstvernichtung der Welt, also die berühmte „Kubakrise“ begann damit, dass die USA Atomwaffen in Italien und in der Türkei (April 1962) stationierte, wobei als Antwort darauf die Sowjetunion ihrerseits Atomraketen in Kuba (Oktober 1962) aufstellte. Die NATO-Mitglieder Italien und vor allem die Türkei spielten in dieser menschlichen Tragödie die „unbemerkte Nebenrolle“. PS: weil der Sieger die Geschichte schreibt, heißt es nicht „Türkei-Krise“.

Transparenz: Des Weiteren muss kritisiert werden, dass wenig demokratische Einsehbarkeit herrscht, was einerseits verständlich ist, da es sich um eine militärische Organisation handelt und man nicht den Gegner geheime Information zukommen lassen will. Aber andererseits werden somit die demokratischen Kontroll- und Mitentscheidungsprozesse außer Kraft gesetzt. Die zivile Kontrolle über dem Militär ging in den Baltischen Staaten sowie in Bulgarien und Rumänien komplett verloren, da diese Länder nach dem Vorbild der NATO, nach dem „Top-to-Bottom“ Prinzip ausgerichtet wurden – so der US- Prof. und Politikwissenschaftler Wade Jacoby (S.116).

Politisch-militärische Struktur und Hierarchie:

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Die öffentlichen Gesichter der NATO, also die Generalsekretäre, waren in der gesamten Geschichte der NATO alle ausschließlich Europäer wie links in der Grafik zu sehen ist. Dies gibt den Europäern wahrscheinlich das Gefühl, dass Europa die dominierende Rolle in der NATO spielt, was jedoch völlig falsch ist angesichts folgender Tatsache:

Die operative Führung, welche alle militärischen Einsätze der NATO leitet, also der Posten des „Surpreme Allied Commander Europe (SACEUR)“, war bisher in der gesamten Geschichte der NATO stets ein US-Admiral.

Der SACEUR ist ein Teil des „SHAPE“ (Supreme Headquarters Allied Powers Europe), während er gleichzeitig der Kommandeur des „USEUCOM“ (US. European Command) ist. Das USEUCOM ist hingegen ein Teil der sechs US-Regionalkommandos:

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Das USEUCOM ist also die oberste Instanz der operativen Militärstruktur der NATO. Die USEUCOM ist wiederum dem Pentagon untergeordnet, welches wie die Abbildung zeigt, die Welt in sechs US-Bereiche eingeteilt hat. Ob Russland oder China auch Militärstützpunkte weltweit haben bzw. die Welt auch so nach Kommandos aufteilen?

„Die NATO ist fest in der amerikanischen Händen und ein Teil der US-Geostrategie“ – so die Konklusion des Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser. Ein weiterer Hinweis für diese Aussage gibt uns die Personalie der NATO, names James J. Jones. Er war nicht nur der oberste Kommandeur der NATO (SACEUR), sondern auch der Kommandeur der USEUCOM.

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Er wurde unter Präsident Obama als Nationaler Sicherheitsberater nominiert. Diese Position war in der Geschichte der USA stets von großen Geostrategen, wie u.a. Henry Kissinger („World Order) und Zbigniew Brzezinski („The Grand Chess Board“: American Primacy) besetzt. War Jones nicht Teil des NATO-Friedenprojektes? Warum setzt er sich für die Obama-Administration ein, die in Pakistan einen völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg führt?

Einen weiteren Hinweis, wer das Kommando über die NATO hat und welche Rolle dabei die europäischen Länder spielen, gibt uns der ehem. US-Präsident Richard Nixon:

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Die norwegische Politikwissenschaftlerin Janne Haaland beschreibt ausführlich, dass die europäischen Mitgliedsstaaten der NATO sich oftmals gegen koordinierte militärische Einsätze aussprachen und somit die operative Führungsrolle der USA überliesen (Janne, S. 1-3).

Der britische Politikwissenschaftler Jolyon Howorth betitelte sogar sein Buch mit „Defending Europe. Darin drückt er die Gefahr aus, dass die Europäischen Staaten aufgrund der US-Hegemonie im NATO-Bündnis ihre Interessen nicht mehr wahren könnten.

Spannungsfeld: Besteht ein Konsens über die NATO oder spaltet diese Organisation die Gemüter? Haben sich alle Staaten „freiwillig“ zur NATO angeschlossen? Die viel wichtigere Frage ist, haben sich die Bevölkerungen der einzelnen Staaten freiwllig dazu entschlossen, dass ihr Staat ein NATO-Mitglied wird?

Schon 1955 gab es in der BRD (Bundesrepublik Deutschland) heftige Proteste:

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1983 gingen rund 1,3 Mio. Menschen auf die Straßen, um gegen den NATO (Doppelbeschluss) zu protestieren:

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In Polen, Deutschland und Großbritannien fanden 2016 heftige NATO-Proteste statt. Aus der Deutschen US-Basis Ramstein werden Drohneneinsätze ausgeführt und in drei NATO-Ländern wurden US-Atomwaffen stationiert (Türkei, Italien und Deutschland) – auch diesbezüglich gab es keine Volksabstimmung, sondern nur heftige Protestbewegungen. VORLAGE NEU

Eine Friedensbewegung bemüht sich doch, dass eine weltweite Entmilitarisierung erfolgt, folglich dass auch die Nuklearsprengköpfe abmontiert werden, oder? Stattdessen wandert ein „Raketen-Schirm-System“ kontinuierlich nach Osten – steht heute schon in Polen und morgen schon in der Ukraine?

Zwischen helfen und erkaufen
Die Gründungsländer der NATO (1949) also u.a. Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Portugal und Großbritannien bekamen mit dem „ERP“ (Europaen Recovery Program) des Marshallplanes im Zeitraum von 1948 (vor der NATO-Gründung) bis 1952 Rohstoffe, Gelder, Lebensmittel und Technik in Wert von fast 130 Mrd. US-Dollar (damals fast $ 13 Mrd.). Damit wollte die USA sicherlich ein Gleichgewicht zum Einfluss Moskaus schaffen, zumal in Frankreich und Italien kommunistische Parteien vor Wahlsiegen standen! Eigennützige Mechanismen wurden von den USA eingebaut („EU Cooporation Act“), mit dem Ziel, die europäischen Märkte zum Vorteil der US-Konzerne zu öffnen und den Kommunismus einzudämmen. Auf dieses Angebot reagierte Moskau mit dem „Molotow-Plan“ und verbot seinen Sowjetstaaten Hilfsgelder der USA anzunehmen. Hat der Sowjetunion diese philantropische Spende etwa nach Ideologie und Eigennutz gestunken oder warum nahm man diese „Geschenke“ nicht an? Der Marshall-Plan war sicherlich ein Meilenstein in der US-Europäischen Zusammenarbeit und Annäherung und somit war dieses Hilfspaket auch ein Fundament der NATO-Entstehungsgeschichte.

NATO Geheimarmeen: Das paramilitärische Projekt von MI6/CIA namens stay-behind-Netzwerk (u.a. „Gladio“ in Italien, oder „P26“ in der Schweiz), beeinflusste durch false Flag Operationen (mittels Terror) das politische Paradigma Westeuropas. Die politische Fahrrichtung gezielt zu lenken geschah durch die systematische Angst-Erzeugung (Bombenanschläge in Zügen und öffentlichen Marktplätzen in Italien) und u.a. durch die Unterstützung von rechtsorientierten coup d’etats (Griechenland und Türkei). Der italienische Richter Felice Casson konnte den Fall rund um den Terroranschlag 1972 in Peteano (Italien) als eine „False Flag Operation“ der italienischen Geheimdienste in Zusammenarbeit mit rechtsorientierten Terroristen und dem stay-behind Netz namens Gladio aufdecken (Ganser, S.3). Allein in Italien wurden 491 Menschen durch rechtsradikale Terroranschläge der Gladio getötet – so die Konklusion des italienischen Abgeordneten Giovanni Pellegrino (Ganser S.5). Eine italienische Untersuchungskommission vom Jahr 2000 kam zum Schluss: „Diese Massaker, diese Bomben und militärischen Aktionen wurden von Männern innerhalb italienischer staatlicher Einrichtungen organisiert oder gefördert und auch von Männern, die mit den Strukturen der Geheimdienste der USA in Verbindung standen“ (Ganser, S.39). Wollte man nicht den Euro-atlantischen Raum befrieden und sichern? Wollte die NATO nicht den Terrorismus eigentlich bekämpfen?

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Ein ehemaliges Geheimdokument namens SIFAR (oben links) vom Jahr 1959 plante Westeuropa präventive Maßnahmen gegen eine eventuelle sowjetische Invasion. Deswegen wurde eine geheime „anti-kommunistische“ Armee installiert. Hier zum Download dieses wichtigen historischen Dokuments. Als erster entlarvte der italienische Premierminister Giulio Andreotti die Existenz dieser Geheimarmee (Gladio). Am 22. Nov. 1990 wurde die „Gladio-Affäre“ auch im Europa-Parlament offen diskutiert (Nr. C 324/ 201). Es gab diesbezüglich parlamentarische Untersuchungen in Belgien, Italien und in der Schweiz.

Verdeckte Kriegsführung? Der US-Professor für Anthropologie David H. Price verweist darauf, dass die Strategien („NSA Security Act 1949“; „NSC-68’s“; „Policy Planning Study 23“) der CIA bzw. des Pentagons im Kalten Krieg mit folgenden Mittel arbeiteten: geheime Auftragsmorde, Entführungen, Unterdrückung von demokratischen Bewegungen (usw.), die in der breiten Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wurden aufgrund der „Militarisierung der Anthropologie“. Diese Transformierung des Bewusstseins gelang durch die Finanzierung von Forschungsarbeiten und über 100 NGOs und Institute (Price, S.172). Also doch nichts Neues?

Damit ich den Beitrag mit einem positiven Schwung abschließe werde ich darauf hinweisen, dass es viele Dinge gibt, die jeder einzelne tun kann:

  • Überprüfen Sie alle Quellen in diesem Beitrag und prüfen Sie den Wahrheitsgehalt.
  • Sobald Sie danach zu einer Konklusion gekommen sind, reden Sie mit Freunden und Bekannten über dieses spannende Thema und tauschen Sie sich aus. Informieren Sie Personen in Ihrem Umfeld.
  • Schließen Sie sich Anti-Kriegs-Demonstrationen an und lernen Sie dort neue Menschen kennen, von welchen Sie an neue Informationen herankommen. Dies ist auch wichtig damit Sie nicht das Gefühl haben, alleine mit dieser negativen Info dazustehen.
  • Denken Sie kritisch über Zeitungsartikel und Kriegsmeldungen in den Medien nach.
  • Beteiligen Sie sich an Petitionen und an Volksabstimmungen bezüglich des NATO-Austrittes.

Literatur:

Vernoica Ziemer – Zwischen Europa und Amerika: Polens Außen- und Sicherheitspolitik nach 1989, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009.
Johannes Varwick – Die NATO: Vom Verteidigungsbüdnis zur Weltpolizei?, C.H. Beck, 2008.
Heinrich August Winkler – Geschichte des Westens: Vom Kalten Krieg zum Mauerfall, C.H. Beck, 2015.
Immanuel Kant – Zum Ewigen Frieden: Ein philosophischer Entwurf, Holzinger, 2013.
Joachim Baumann – Die Legalität des Irak-Krieges 2003 aus völkerrechtlicher Sicht, Grin, 2008.
Daniele Ganser – Natos Secret Armies: Operation Gladio and Terrorism in Western Europe, Routledge, 2004.
David Price – Cold War Anthropology: The CIA, The Pentagon, and the Growth of Dual Use Anthropology, Duke University Press, 2016.
Wade Jacoby – The Enlargement of the European Union and NATO: Ordering from the Menu in Central Europe, Cambridge University Press, 2006.
The North Atlantic Treaty (1949) – Washington D.C. – 4. April 1949.
Dietrich Murswiek – Organstreitverfahren, 9.3.2007.
German Embassy Washington – Fact Sheet: American Bases in Germany, 2003.
Immanuel Kant, Otfried Höffe (Hrsg.) – Zum Ewigen Frieden, Akademie Verlag, 2004.
Annie Jacobsen – The Pentagons Brain, Little Brown and Co., 2015.
Janne Haaland Matlary, Magnus Petersson – NATO’s European Allies: Military Capability and Political Will, Palgrave MacMillian, 2013.
Jolyon Howorth, John T.S. Keeler – Defending Europe: The EU, NATO and the Quest for European Autonomy, Palgrave MacMillian, 2003.
Rosa Brooks – How Everything Became War and the Military Became Everything: Tales from the Pentagon, Simon & Schuster, 2016.
Stefano Bartolini – The Political Mobilization of the European Left, 1860-1980, Cambridge studies in Comparative Politics, New York, 2000.

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Dieser Beitrag erschien am 30.9.2016 bei www.josefmuehlbauer.com

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