Ein Meinungsbeitrag von Eugen Zentner.
Wir erinnern uns: In der Hochphase der Impfkampagne wurden Menschen, die sich gegen das Corona-Vakzin aussprachen, übel beleidigt und diffamiert. Sie seien „bekloppt“, sagte zum Beispiel der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck. Die Grünen-Politikerin Lamya Kaddor bezeichnete sie als „unvernünftig, unsozial und egoistisch“. Kabarettistin Sarah Bosetti sprach sogar vom „Blinddarm der Gesellschaft“, der entfernt werden müsse. Die Prominenz in Politik und Medien verstieg sich im Ton, musste aber keine Konsequenzen befürchten. Eine Strafverfolgung wegen Volksverhetzung blieb aus. Anders sieht es bei Regierungskritikern und Aktivisten aus, die mit der gegenwärtigen woken Identitätspolitik nicht einverstanden sind. Ein gutes Beispiel für diese Asymmetrie ist der Musiker Björn Banane.
Der 42-Jährige aus Brandenburg hat in den letzten Wochen drei Anzeigen wegen Volksverhetzung bekommen. Die letzten beiden kamen innerhalb von 24 Stunden. Aber nur eine enthält den Tatvorwurf: Banane soll über seinen Telegramkanal „volksverhetzende Inhalte verbreitet haben“. Konkret geht es um einen Post, in dem der Musiker und Aktivist auf eine Stellenanzeige Bezug nahm. Zu sehen ist eine halbnackte Person in Lederstiefeln mit hohen Absätzen. „Queer UND ein*e gute*r Erzieher*in“, steht da im geschliffenen Gender-Deutsch. Banane hielt diese Annonce für unpassend und rief per Telegram zum Protest auf:
„Wenn das für dich kein geeigneter Kindererzieher für dein Kind ist, bist du am 5 (sic) August 2023 um 13.00 Uhr vor dem Brandenburger Tor in Berlin!“
Nicht erscheinen, bedeute Einverständnis, heißt es weiter im Post.
„Berlin ist die deutsche Hauptstadt und nur von hier können wir diesen ekelhaften Psychopathen zeigen (sic) wann unsere rote Linie erreicht ist.“
Banane, ebenfalls Vater eines kleinen Sohnes, lehnt diese Art von Erziehung ab und will sein Kind nicht in die Obhut queerer Erzieher übergeben. „Ich spreche mich dagegen aus, dass eine Minderheit die Mehrheit bestimmt und die Standards setzt“, sagt er. In einer Demokratie müsste es genau umgekehrt sein. Der Musiker und Aktivist empfindet die LGBTQ-Ideologie als eine autoritäre Agenda, die mit Zwang einhergeht. Wenn er sie öffentlich kritisiert, sieht er das von der Meinungsfreiheit gedeckt – selbst den Wortlaut „ekelhafte Psychopathen“. Darin liegt wohl der eigentliche Grund für die Anzeige wegen Volksverhetzung. Er habe sich mit diesem Ausdruck auf das „Establishment in Berlin“ bezogen, sagt Banane. „Ich habe keine konkrete Person beleidigt, sondern eine undefinierte Gruppe.“ Sein Anwalt gibt ihm Recht und ist der Meinung, dass der Post den Tatvorwurf der Volksverhetzung nicht erfüllt. „Weil es offenbleibt, wer damit gemeint ist“, ergänzt Banane. „Eine Demokratie muss das aushalten“, ist seine Überzeugung.
Tatsächlich ist „ekelhafte Psychopathen“ von Ausdrücken wie „Blinddarm der Gesellschaft“, „Tyrannei der Ungeimpften“ oder „Bekloppten“ nicht weit entfernt. Und wenn es von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, dann sind es die Diffamierungen jener Prominenz aus Politik und Medien ebenfalls. Gleichzeitig müssen auch sie als Volksverhetzung gewertet werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen Banane wegen seiner verbalen Entgleisung vorgeht. Doch das bleibt bis heute aus. Ein weiteres Mal wird offensichtlich, dass nicht nur in der medialen Diskussion, sondern auch in der Justiz mit zweierlei Maß gemessen werden. Wer dem Regierungskurs folgt oder nach dem Mund des Establishments redet, bekommt Applaus, selbst wenn er verbal über die Stränge schlägt. Politischen Gegnern lässt man es nicht durchgehen. Sie werden strafrechtlich verfolgt.
Besonders absurd wirkt es, wenn nicht einmal der genaue Tatvorwurf genannt wird. Dieser fehlt in den beiden vorherigen Schreiben, die Banane erhalten hatte. „Dort steht nur lapidar, in welchen Zeitraum die Volksverhetzung stattfand“, sagt er. In der zweiten Anzeige, vermutet der Musiker und Aktivist, könnte es um einen Vergleich der wirtschaftlichen Situation mit der Nazi-Zeit gehen. Dafür sei einer seiner Admins verantwortlich. „Ich muss daher in Beweisaufnahme gehen“, so Banane. Mittlerweile betreibe er seinen Telegramkanal ohne Admins und poste exklusiv. Was die erste Anzeige betrifft, herrsche völlige Unwissenheit. „Mein Anwalt hat Akteneinsicht verlangt“, sagt er. Das sei jetzt sechs Wochen her. Eine Reaktion habe es noch nicht gegeben.
Bei einer Volksverhetzung handelt es sich um eine mittelschwere Straftat, für die sogar Gefängnis droht. Sollten weitere reinflattern, wird es brenzlig. Björn Banane wehrt sich mit rechtsstaatlichen Mitteln. „Ich habe Anzeige erstattet wegen Verfolgung Unschuldiger.“ Seiner Meinung nach habe die zuständige Polizistin bereits das Urteil gefällt. „Im Schreiben steht ‚wegen Volksverhetzung', nicht ‚wegen Verdachts auf Volksverhetzung‘. Das heißt, eine Polizeiinstanz hat sich bereits als Richterin aufgespielt.“ Wo endet Meinungsfreiheit, und wo beginnt Volksverhetzung? Am Ende muss das im Gerichtssaal entschieden werden. Besser wäre es, wenn beide Seiten verbal abrüsten. Eine zivilisierte Diskussion in der Öffentlichkeit kann aber nur dann stattfinden, wenn es keinen Druck zum Meinungskonformismus gibt – und keine moralischen Vorgaben von oben. Im Jahr 2023 liegt in unserer Gesellschaft einiges im Argen, so viel hat der Fall Björn Banane zutage gefördert. Es gibt noch viel zu tun. Aber jeder sollte zunächst bei sich selbst anfangen.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: EingeSCHENKt.tv
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