Artikel

Mit Kanzler Merz von der Wohlstandsgesellschaft zur Militärmacht

Mit Kanzler Merz von der Wohlstandsgesellschaft zur Militärmacht

Ein Meinungsbeitrag von Rob Kenius.

Europa hat seit Jahrzehnten drei Militärmächte: England, Frankreich und Russland. Deutschland war 80 Jahre lang keine Militärmacht. Und obwohl Deutschland den Zweiten Weltkrieg verloren hat und noch kein Friedensvertrag geschlossen wurde, hat die Bundesrepublik Deutschland einen rasanten Aufstieg hingelegt: das sogenannte Wirtschaftswunder. Doch damit ist es jetzt vorbei.

Mehr als 50 Jahre lang ging es den Menschen in Deutschland deutlich besser als denen in den drei militärisch mächtigeren Staaten. Das ist nicht reines Glück und auch kein Zufall. Das Wohlergehen basierte darauf, dass die Wirtschaft nicht mit einem Militärapparat konkurrieren musste, der viel Geld, Fachkräfte und viel Aufmerksamkeit der Regierenden an sich zieht und Prioritäten beansprucht.

Das Militär suggeriert Politikern, dass es wichtiger sei als alles Wohlergehen der Bevölkerung, weil es immer um Sieg oder Niederlage gehe. Diese Argumentation setzt Krieg als Normalzustand voraus, der im Frieden schon beginnt und mit Sicherheit dann auch kommt. Aber unser Wirtschaftswunder hat gezeigt, dass ohne kriegerische Politik der Friede sehr lukrativ ist und nicht von außen bedroht wird. Konzentration auf Wirtschaft und Zusammenleben kommt dem Leben näher als die ständige Abschöpfung von Geld, Material und Intelligenz für die fragwürdige Option, irgendwann oder auch bald wieder einen Krieg führen zu können. Diese seligen Zeiten sind für Deutschland jetzt vorbei.

Vorbei ist auch, Zufall oder nicht, der mit Glück erreichte Konsens im Parlament, dass der Bundeskanzler, einschließlich Angela Merkel, in jeder Legislaturperiode im ersten Wahlgang gewählt wurde. Friedrich Merz leitet auch da eine neue Ära ein: Er ist ins Kanzleramt gestolpert, obwohl oder gerade weil jeder weiß, dass er besonders Großes vor hat: Er will Kanzler und der Chef einer Militärmacht sein.

Die Weichen sind gestellt. Merz hat schon erreicht, dass die größte Schuldenaufnahme in der Geschichte der BRD beschlossen wurde, an erster Stelle um drastisch aufzurüsten. Er will allem Anschein nach mit England und Frankreich gleich ziehen und vielleicht, mit der wirtschaftlichen Stärke im Rücken, England und Frankreich bald übertreffen. Das zeigt sich schon daran, dass Deutschland sich der Friedensbereitschaft der USA großspurig widersetzt.

Wenn Herr Merz nicht bereits 1,98 Meter groß wäre, könnte man von Größenwahn sprechen, aber das Umgekehrte ist der Fall. Er ist für ein starkes Ego groß genug, nicht klein und kompakt wie Napoleon, der als Feldherr unerreicht war, aber dem Größenwahn verfallen ist, sich zum Kaiser hat krönen lassen und wie Hitler Russland angegriffen hat. Bei der enormen Körperlänge von 1,98 Metern, kann es aber sein, dass Merzens Gehirn nicht immer ausreichend mit Nährstoffen versorgt ist, es zeigen sich doch merkliche Denkschwächen. 

Friedrich Merz hat den Schwenk vom Finanzjongleur zum verantwortlichen Politiker und schließlich zum Kanzler, der dem Wohl des Volkes verpflichtet sein soll, intellektuell nicht bewältigt. Da ist zu wenig Flexibilität und keine kreative Leistung. Es häufen sich Fehlschlüsse und und es zeigt sich der Mangel an einem grundlegenden Update.

Das Projekt, von der Wohlstands-Nation auf Militärmacht umzuschalten, benötigt Russland als Feindbild, jedenfalls wird es in allen Narrativen zur deutschen Aufrüstung so dargestellt. Dabei ist Russland nur dann Deutschlands Feind gewesen, wenn es von hier aus angegriffen wurde. Russische Soldaten haben Deutschland schließlich von der Nazidiktatur befreit, sie haben sich unter großen Verlusten bis Berlin durchgekämpft und Adolf Hitler und Joseph Goebbels, samt dessen Familie, in den Selbstmord getrieben. 

Erst als nach der Einkesselung um Stalingrad und der Schlacht von Kursk der Krieg Ende 1943 bereits verloren war, sind US-Soldaten 1944 in der Normandie gelandet. Alle Erzählungen, welche die USA als großen Befreier darstellen, ändern nichts an der historischen Tatsache, dass Nazideutschland (Hitler) den Zweiten Weltkrieg an erster Stelle gegen die Sowjet-Union (Stalin) verloren hat.

Durch den deutschen Überfall sind mehr als 25 Millionen Sowjet-Menschen zu Tode gekommen, die meisten davon russische Soldaten, trotzdem hat Michail Gorbatschow in die Wiedervereinigung Deutschlands eingewilligt. Für eine tiefe Feindschaft Deutschlands gegenüber Russland gibt es absolut keine Gründe. Alle Argumente beziehen sich nur auf den Einmarsch der Russen in die Ukraine, den mag man zwar verurteilen, aber ihn als Angriff auf Deutschland, Europa und die westlichen Werte zu definieren, ist Schwachsinn oder Propaganda oder beides. Und es ist eindeutig die Sicht der USA, insbesondere die des gescheiterten Präsidenten Joe Biden.

Das Feindbild Russland ist ein US-Import, genau wie das vorherrschende Finanzsystem, in dem Friedrich Merz groß und erfolgreich geworden ist. In den USA ist das Feindbild Russland ein Relikt aus dem Konkurrenzkampf der Systeme, der 40 Jahre lang die Gemüter dort erhitzt hat. Mit der Politik von Michail Gorbatschow, der Auflösung der SU und der Abkehr vom der kommunistischen Ideologie war dieser Kampf und die Vision von der drohenden Weltrevolution de facto beendet.

Vielen US-Amerikanern scheint dies entgangen zu sein, kein Wunder bei der Entfernung. Man hat im starren Feindbild einfach SU durch Russland ersetzt und weiter gerüstet, gedroht und die Nato noch 30 Jahre gegen Russland erweitert, bis zum zweitgrößten europäischen Land Ukraine mit seinen undurchsichtigen Machtverhältnissen und einer 2.300 km langen Grenze zu Russland.

Friedrich Merz ist konform mit der US-Finanzwelt und der atlantischen Politik, die Russland als Feindbild hoch gehalten hat. Dazu ist im Milieu der Hochfinanz nicht viel Nachdenken erforderlich, im Gegenteil, es ist der einfachste Konformismus in der vertrauten Umgebung der feudalen Finanzmacht. Doch mit dem Wiedereinstieg in die deutsche Spitzenpolitik, hätte der Kanzlerkandidat Merz umdenken müssen.

Kandidat Merz hätte damit beginnen sollen, sein Fachwissen über das Finanzsystem zu Gunsten der Wählerinnen und Wähler der CDU, einzusetzen. Zum Beispiel mit der Erkenntnis, dass Staatsschulden, zu Gunsten der Geldgeber angelegt sind und die Bevölkerung eines Landes über Generationen benachteiligen, weil die Menschen, besonders die jungen, die Tilgung samt Zinsen über Steuern aufbringen müssen.

Als Kenner der Finanzwelt müsste Friedrich Merz auch wissen, wie man über Steuern und Abgaben an das Geld kommt, das in Händen der Geldbesitzer in solchem Überfluss vorhanden ist, sich das Geld also nicht zu borgen, sondern mit Steuern und Abgaben zu holen. All das hätten wir, als positiv denkende Menschen, von Herrn Merz als Kanzler, mit Recht erwarten können. 

Doch mit der trickreichen Schuldenaufnahme, noch vor der Machtergreifung, hat uns Herr Merz gezeigt, dass er den Übergang vom Finanzjongleur zum Volksvertreter in seinem weit oben sitzenden Kopf nicht vollzogen hat und er sich weiterhin so verhält wie ein leitender Angestellter des Finanzsystems.

Deutsche Staatsschulden sind ein Leckerbissen für das Finanzgeschäft. Rüstung ist eine Finanzspritze für die US-Wirtschaft und für den Aktienmarkt, den bekanntlich Merzens ehemaliger Arbeitgeber Black Rock dominiert. Dabei kommt also nichts Kanzlermäßiges heraus, sondern nur die Fortsetzung atlantischer Denkgewohnheiten mit Schwerpunkt auf das Billionen-Geschäft der Kredite. 

Für Deutschland ist es das Ende des Wirtschaftswunders zu Gunsten einer überflüssigen vierten europäischen Militärmacht. Wenn Herr Merz denkt, Deutschland könne hier die Nr. 1 werden, hat er sich getäuscht, da hilft auch der mit Worten so zackige Verteidigungsminister Pistorius nichts. Frankreich und England werden das nicht zulassen, sie haben Atomwaffen und Deutschland hat nicht mal einen Friedensvertrag mit ihnen. 

Wir werden durch die Politik von Merz, Klingbeil und Pistorius und den devot agierenden Parteien von der europäischen Wirtschafts-Nation Nr. 1 zur Militär-Mittelmacht Nr. 4 in Europa herabgestuft.

Die Wirtschaft kann dann mit der Merz-Methode sogar ein wenig wachsen, weil ja die Militärausgaben in das Bruttosozialprodukt hinein gerechnet werden und dann kommt, rein rechnerisch, ein Wachstum zustande, obwohl die zivile Wirtschaft schrumpft, die Leute ärmer, die Lebensmittel und das Wohnen teurer werden. Aber das merkt offenbar keiner, weil die staatstragenden Medien das merzsche Wirtschaftswachstum pflichtgerecht verkünden.

Aber, verdammt noch mal, nein! Deutschland darf nicht das Land der gehorsamen Mitläufer und leichtgläubigen Dummen sein und bleiben. Was Friedrich Merz sich bisher schon geleistet und weiterhin noch vor hat, geht mehr als zwei Meter zu weit. Es wird sündhaft teuer, besonders für die kommenden Generationen, es ist brandgefährlich und dabei, trotz SPD, völlig unsozial. Das kann auch von den staatstragenden Medien nicht schöngeredet werden.

Lasst uns jetzt konkret überlegen, was außerhalb von Parteien und Parlament dagegen zu tun ist!

Quellen und Anmerkungen

Rob Kenius betreibt die systemkritische Webseite https://kritlit.de sowie den Podcast 9min Denksport auf kritlit.de und auf spotify.

+++

Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

+++

Bild: Silhouette einer militärischen Spezialeinheit
Bildquelle: zieusin / shutterstock


+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoinzahlung

Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/

+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.

+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/

+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut

Rob Kenius Wirtschaftswunder Zweiter Weltkrieg feindbild russland