Ein Standpunkt von Wolfgang Effenberger
In der für den 23. Februar 2025 angesetzten Bundestagswahl wird ein essentielles Thema von allen Parteien weitgehend ausgespart: Das Überleben in einem Weltkonflikt zwischen der unipolaren Welt (USA) und einer multipolaren Welt (Globaler Süden). In Deutschland müssten alle Parteien jetzt eigentlich gemeinsam versuchen, das Abdriften in einen dritten Dreißigjährigen Krieg mit aller Kraft zu verhindern. Der erste Dreißigjährige Krieg tobte von 1618-1648 und nach Ansicht von Charles de Gaulle und Winston Churchill der zweite Dreißigjährige Krieg von 1914-1945. Aktuell befinden sich die USA gem. dem operativen Konzept TRADOC 525-3-1 „Win in a Complex World 2020-2040", das bereits im September 2014 veröffentlicht wurde, real im Krieg gegen Russland und China (an 2. Stelle dann gegen Nord-korea und den Iran). Die militärischen und infrastrukturellen Vorbereitungen werden seit 2015 in gigantischen Dimensionen vorangetrieben.
Mitte Januar 2024 hatte die NATO das Manöver "Steadfast Defender" als die seit Jahrzehnten größte Übung seit Ende des Kalten Krieges angekündigt, und mit etwa 90.000 Soldaten im Mai 2024 durchgeführt. Aktuell läuft bereits unter dem Kommando der britischen Streitkräfte die erste Übung der neuen "Allied Reaction Force" (ARF) im Rahmen von "Steadfast Dart 25" (STDT25). Über 10.000 Soldaten von neun NATO-Verbündeten führen bis Ende Februar Manöver in Rumänien, Bulgarien und Griechenland durch.(1) Für diese neugeschaffenen „Reaktionskräfte“ stellt Deutschland rund 35.000 Soldaten sowie mehr als 200 Flugzeuge und Schiffe. Diese Kräfte sind ausgelegt, um Operationen in allen klimatischen Zonen an der Peripherie des Bündnisses durchführen zu können.(2) Die deutlich wahrnehmbaren Kriegsvorbereitungen sind aber im Bundestags-wahlkampf kein Thema. Im Parlament werden dramatische Scheingefechte geführt, und die Wahlplakate sind auf einem so niedrigen Niveau, wie es der Verfasser des Artikels in den letzten 60 Jahren nicht erlebt hat; da gibt es z. B. ein Porträt von Außenministerin Baerbock, unter dem nur in großen Lettern das Wort "Zusammen" zu lesen ist. Was soll das bedeuten? "Zusammen" mit den Kriegsbefürwortern oder "Zusammen" mit denen, die nach einer diplomatischen Lösung rufen?
Deutschland kann und darf aus der Erfahrung des letzten Jahrhunderts keine Kriege führen, sonst könnte das eintreten, was Berthold Brecht 1951 warnend schrieb:
„Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten“.(3)
Dieses hochtechnisierte Deutschland kann nicht kriegstauglich gemacht werden. Die modernen Waffen würden Deutschland noch weiter zurückwerfen als im „Ersten“ Dreißigjährigen Krieg. Deshalb muss der Frieden höchste Priorität haben. Zudem leben in Deutschland Millionen von Menschen, die aus Kriegs- oder Bürgerkriegsregionen kommen und eine andere Weltsicht mitbringen als die der westlichen Wertegemeinschaft. Auch leben in Deutschland an die 3 Millionen Menschen aus Russland oder mit Verbindung zu Russland. Deutschland braucht daher als Erstes den Frieden im Innern, denn ein Deutschland im Kriegszustand dürfte auch von innen zerrissen werden.
Die großen Kriege der letzten 2.200 Jahre
A Punischen Kriege
118 Jahre lang - von 264 bis 146 v. Chr. - kämpfte die See- und Handelsmacht Karthago gegen das junge Römische Reich in den drei punischen Kriegen um die Vorherrschaft im Mittelmeer, aus denen das Römische Reich siegreich hervorging. Karthago war anschließend nicht mehr auffindbar.
B Erster Dreißigjähriger Krieg (1618-1648)
Im Westfälischen Frieden wurden Frankreich die ehemals habsburgischen deutschsprachigen Gebiete im Elsass zugesprochen. Kardinal Richelieu unterzeichnete im Namen Ludwigs XIII. mit dem schwedischen König Gustav Adolf am 23. Januar 1631 in Bärwalde einen Bündnisvertrag gegen das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Richelieu war ein Machtpolitiker mit geo-strategischen Visionen. 1627 hatte er im Lande der Huronen und Irokesen eine Monopolgesellschaft ins Leben gerufen und dazu ermächtigt, große Landgüter an geeignete Personen zu verteilen, was 150 Jahre später mit zum "French and Indian War" beitragen sollte.
1631 verpflichtete sich Frankreich, die schwedische Armee bis zum Ende des Konflikts unter der Bedingung zu finanzieren, dass die elsässischen Bistümer nach dem Krieg an Frankreich fallen. Schweden schickte 6.000 Ritter und 30.000 Infanteristen in die deutschen Lande. Bis dahin waren Elsass und Lothringen vom Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) verschont geblieben.(5) Der größte Teil des späteren Reichslandes wurde durch Frankreich unter Ludwig XIV. in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mittels Waffengewalt nach und nach annektiert. Straßburg wurde 1681 von Truppen Ludwigs XIV. besetzt. 1650 musste sich das verwüstete Elsass, das auf der Seite der Besiegten stand, an der Rückzahlung der französischen Kriegsschulden an die Schweden beteiligen, die sich auf fünf Millionen Rixdales beliefen.(6)
Die Ergebnisse des dreißigjährigen Krieges sagen viel über die Motive derjenigen aus, die ihn geführt haben. Der Krieg endete mit Gebietsgewinnen von Frankreich im Elsass und Schweden in Norddeutschland. Die Niederlande und die Schweiz bekamen ihre Unabhängigkeit. Die Position des habsburgischen Kaisers im Reich wurde geschwächt.
Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) beschädigte nachhaltig das Heilige Römische Reich deutscher Nation und zerstörte endgültig den Handelsraum der Hansekaufleute - alle Seehäfen in Norddeutschland waren danach entweder in niederländischer, dänischer oder schwedischer Hand. Die Ostsee konnte von da an von Schweden beherrscht werden. An einen geordneten Warenverkehr war nicht mehr zu denken. Im Jahr 1669 fand in Lübeck mit lediglich sechs anwesenden Städten der letzte Hansetag der historischen Hanse statt. Der Niedergang der Hanse veränderte die Wirtschaftsstruktur der Nord- und Ostseeregionen grundlegend und damit auch die Machtverhältnisse Europas. Dreißig Jahre später wurde in London die älteste Aktienbörse der Welt gegründet.
"French and Indian War" (1754–1763) Weltkrieg, "Siebenjähriger Krieg" (1756-1763) Krieg in Europa
"Der French and Indian War" war ein globaler Konflikt, in dem sich Auseinandersetzun-gen in Europa, Nordamerika und Indien miteinander verflochten. In deutschen Schulbüchern werden die Kriegsjahre 1756-1763 als der „Siebenjährige Krieg“ behandelt und die Welt-dimension weitgehend vernachlässigt. Diesen wirklichen ersten Weltkrieg führten Groß-britannien und Frankreich mit ihren lokalen Verbündeten in Nordamerika, der Karibik, in Afrika, Indien und kurz vor Kriegsende sogar auf den Philippinen, um die koloniale Vorherr-schaft in der Welt zu erlangen.
Preußen war nur das „Schwert“ Englands auf dem europäischen Kontinent und wurde von London in einen Krieg gegen Österreich, Russland, Schweden, Sachsen, einige deutsche Reichsstände und Frankreich gezogen - als Lohn lockte die habsburgische Provinz Schlesien.
1754 hatten die mit den Indianern verbündeten Franzosen die rotröckigen Grenadiere des Generalmajors Edward Braddock aus den tiefen Wäldern am Monongahela River (westlich der 13 britischen Kolonien) vertrieben. Für England bahnte sich eine Katastrophe an. Unverzüglich wurden kriegerische Handlungen im Mittelmeerraum und in Indien eingeleitet, die sich auf Asien und Afrika ausdehnen sollten - der Beginn eines ersten tatsächlich weltweiten Eroberungskrieges der modernen Geschichte. In Europa sah sich England nun nach geeigneten Verbündeten um.
Diesen Verbündeten war die Aufgabe zugedacht, das französische Kontinentalheer so zu binden, dass sich England im Schutz seiner starken Flotte auf den Kolonialkrieg konzentrieren konnte. Da die Kernfrage („Wo sind die Feinde meiner Feinde?“) nicht klar beantwortet werden konnte, musste eben gekauft werden. Obwohl Friedrich II. von Preußen befürchtete,
„…dass ein europäischer Brand aus der Kriegsflamme entstehen konnte, die sich im amerikanischen Wald entzündet hatte“(8),
wurde mit England ein Subsidien-Vertrag (also eine Vereinbarung über Unterstützungsleistungen) geschlossen, der die Zahlung jährlicher Hilfsgelder vorsah. Der Griff nach Schlesien war letztlich für Friedrich II. zu verlockend. Dagegen verbündete sich Frankreich mit Österreich, Russland und bald auch mit Spanien. In Europa wurden die österreichisch-preußischen Gegensätze ausgetragen, die in der Eroberungspolitik Preußens während des Österreichischen Erbfolgekrieges begründet waren. In erster Linie jedoch ging es um den französisch-englischen Gegensatz, um die Vormacht zur See und um die Vorherrschaft in den indischen Kolonien. Auch standen Handelsinteressen von ungeheurem Ausmaß auf dem Spiel. Es war ein Kampf um Märkte und billige Rohstoffquellen sowie um einen Besitz, der hundertmal kostbarer erschien als Europa und zehntausendmal größer war als Schlesien - einschließlich der Grafschaft Glatz.
Nachdem die preußische Armee die französischen Truppen am europäischen Kriegsschauplatz band und William Pitt 1757 für England die Kriegsführung übernommen hatte, gelang es den Briten, 1758 Louisbourg und 1759/60 Kanada zu erobern. Der letzte bedeutende französische Stützpunkt Pondichery (in Indien) wurde im Oktober 1760 von den Engländern eingeschlossen. Im Gegensatz zu Pitt sahen der König und das englische Bürgertum die Kriegsziele im Wesentlichen verwirklicht. Folgerichtig wurde im Dezember 1761 die Zahlung der Hilfsgelder an Preußen eingestellt. Aus Sicht der Engländer hatte Preußen seine Aufgabe vortrefflich erfüllt. Nun lag es, wie Friedrich selbst eingestehen musste, in der Agonie und erwartete die letzte Ölung.(9) Die Russen hatten die Festung Kolberg erobert. Halb Schlesien, ganz Hinterpommern und Teile Sachsens mussten aufgegeben werden. Mit dem Tod von Zarin Elisabeth, der Tochter Peters des Großen, veränderte sich für Preußen die Lage dann allerdings unverhofft. Ihr Nachfolger, Peter III., Verehrer des Preußenkönigs, ließ sofort die Kampfhandlungen einstellen und am 5. Mai 1763 Frieden schließen. Russland gab ohne Entschädigungsforderungen all seine in Preußen gemachten Eroberungen auf. Im letzten Gefecht bei Burkersdorf (Landkreis Mittelsachsen) konnte Friedrich II. die Österreicher schlagen und zum Abzug nötigen. Nun war auch für Preußen der Sieg vollständig. Auch der französische Philosoph Voltaire hatte die Folgen erkannt:
„A cannon shot fired in America would give the signal that sets Europe in blaze“.
(10) Nun wird eine in den USA abgeschossene Kanone die ganze Welt in Brand setzen. Eine ähnliche Wendung wie damals für Preußen ist diesmal allerdings für Deutschland in diesem US-Krieg „Win in a Complex World 2020 - 2040“ nicht zu erwarten.
Zweiter Dreißigjähriger Krieg (1914 – 1945)
Am 28. Juni 1919 unterzeichnete Deutschland nach dem Ende des Ersten Weltkriegs den Friedensvertrag von Versailles. Auf der Rückseite des Buches "Europas Verhängnis - Die Herren des Geldes greifen zur Weltmacht" ist zu lesen:
„Der Erste Weltkrieg kannte letztlich nur Verlierer: Deutschland sowieso, aber auch Russland, Frankreich, Österreich-Ungarn, ja selbst England. Einzig die USA blieben außen vor. Die Profiteure aber waren wie immer die Herren des Geldes - die 'Händler des Todes'. Durch diplomatische Intrigen wurde Europa in die 'Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts' getrieben. Ziel war u.a., die herrschenden Dynastien abzuschaffen, was ja auch gelang. Heute befinden sich die Nationalstaaten im Visier, denn als Garanten der Rechtstaatlichkeit stehen sie der gewollten unipolaren Weltordnung im Wege. Nur vor diesem Hintergrund ist das geopolitische Geschehen der vergangenen Jahrzehnte wirklich zu begreifen“.
Im - exakt am fünften Jahrestag des Attentats von Sarajewo - unterzeichneten Friedensdiktat wurde von Deutschland im Artikel 231 (Teil VIII. Wiedergutmachungen) die Anerkennung der Alleinschuld verlangt: „Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, dass Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben“.(11) Die Forderung war kaum geeignet, eine stabile Friedensphase einzuleiten: 20 Jahre später wurde Europa in einen noch unmenschlicheren Krieg gestürzt. Schon 1941 sprach denn auch General de Gaulle in einer Radioansprache von einem zweiten 30-jährigen Krieg, Churchill äußerte sich 1944 ähnlich. Die beiden Weltkriege waren nötig, um der Seemacht USA gemäß dem Trieb aller Seemächte Brückenköpfe auf den gegenüberliegenden Küsten zu verschaffen, in diesem Fall der atlantischen und der pazifischen Küsten. So blieben nach 1945 die US-amerikanischen Befehlsstrukturen der Atlantik- und der Pazifikfront aktiv - siehe die Regionalkommandos EUCOM und PACOM. Während der Kubakrise kamen noch Nord- und Südamerika hinzu, und nach der Revolution im Iran wurde sogar der Persische Golf als ein Gebiet angesehen, das die amerikanischen Sicherheits-interessen direkt berührt (Carter-Doktrin). Carters Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski schuf 1982 dafür die Architektur: das von Ägypten bis nach Kasachstan reichende Zentrale US-Kommando.
Ohne Zweifel ging es in beiden Kriegen, ja geht es bis heute letztlich um Weltherrschaft. Winston Churchill hatte durchaus die amerikanischen Interessen im Blick, als er im April 1947 unverblümt die "Vereinigten Staaten von Europa" als notwendige Voraussetzung für eine autoritative Weltordnung propagierte: „Wir geben uns natürlich nicht der Täuschung hin, dass die Vereinigten Staaten von Europa die letzte und vollständige Lösung aller Probleme der internationalen Beziehungen darstellen. Die Schaffung einer autoritativen, allmächtigen Weltordnung ist das Endziel, das wir anzustreben haben. Wenn nicht eine wirksame Welt-Superregierung errichtet und rasch handlungsfähig werden kann, bleiben die Aussichten auf Frieden und menschlichen Fortschritt düster und zweifelhaft... Ohne ein Vereinigtes Europa keine sichere Aussicht auf eine Weltregierung“.(12) Eine US-Weltregierung mit einer "Special Relationship" zum Vereinigten Königreich Großbritannien - [der britische Bergbaumagnat und Millionär] Cecil Rhodes lässt grüßen!
Nach dem Zweiten Weltkrieg galt es dann, Europa für den Krieg gegen die Sowjetunion fit zu machen. Am 15. Mai 1947 verkündete US-Präsident Harry S. Truman seine Doktrin zur Eindämmung der weiteren Ausdehnung der Sowjetunion.
Am 6. Juni 1947 folgte der Marshallplan. Er hatte das Ziel, Westeuropa gegen den Ostblock zu stärken und der noch vom Krieg überhitzten amerikanischen Wirtschaft Absatzmärkte zu öffnen. Mit der Annahme der Hilfe mussten die Länder ihre finanzpolitische Souveränität an Washington abtreten - das war der Beginn der ökonomischen Kolonisierung Europas, die gar nicht viel kostete (zwischen 1948 und 1952 flossen nur ca. 15 Mrd. US-Dollar).
Am 26. Juli 1947 wurde der "National Security Act" für die militärische Durchdringung der Welt verabschiedet, eines der wichtigsten Gesetze der US-amerikanischen Nachkriegs-geschichte. Er ist bis heute die Grundlage weltweiter amerikanischer Militärmacht.
Am 4. April 1949 wurde die NATO gegründet, offiziell als Verteidigungsbündnis gegen die Sowjetunion - die erst 1955 als Reaktion darauf den Warschauer Pakt ins Leben rief -, eigentlich aber, wie es der erste NATO-Generalsekretär Lord Ismay salopp formulierte, „…um die Russen draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten zu halten“.(13) Im Bündnisvertrag wurde festgehalten, dass wirtschaftlicher Wiederaufbau und wirtschaftliche Stabilität wichtige Elemente der Sicherheit seien - daher auch der Marshallplan. Alle drei Ereignisse stehen in einem direkten Zusammenhang.
Bereits im Dezember 1949 verabschiedete die NATO den Kriegsplan "Dropshot", mit dem 1957 die Sowjetunion angegriffen werden sollte. Es sollte wie immer so aussehen, als sei der Gegner der Aggressor. Die "Grundannahme", so heißt es in dem streng geheimen Papier wörtlich, sei:
"Am oder um den 1. Januar 1957 ist den Vereinigten Staaten durch einen Aggressionsakt der UdSSR und/oder ihrer Satelliten ein Krieg aufgezwungen worden“.
Daraufhin sollten 300 Atombomben und 29.000 hochexplosive Bomben auf 200 Ziele in einhundert Städten abgeworfen werden, um 85 Prozent der industriellen Kapazität der Sowjetunion mit einem einzigen Schlag zu vernichten. Der Zeitpunkt war zweifellos auf den ursprünglich geplanten Abschlusstermin der Remilitarisierung Westdeutschlands abgestimmt.
Aufgrund der Ablehnung der Verträge über die sogenannte "Europäische Verteidigungsgemeinschaft" durch die französische Nationalversammlung 1954, aber auch wegen der Gegner einer Wiederbewaffnung in der Bundesrepublik, verzögerte sich der Aufbau der Bundeswehr um einige Jahre. Als dann 1957 auch noch der fiepsende Satellit Sputnik seine Kreise um die Erde zog, mussten die Kriegsplanungen überarbeitet werden, und der Zeitpunkt für Dropshot wurde vertagt. In Moskau aber ist der Kriegsplan unvergessen.
Die drei genannten Ereignisse müssen als Schritte in Richtung einer NATO-orientierten Europäischen Union verstanden werden, die unter absoluter Geheimhaltung entstanden ist. Erst später lancierten interessierte Kreise Propagandakampagnen, die das Projekt Europa als Friedenswerk darstellen sollten. Und diese wirken bis heute fort. In Anlehnung an die berühmte Maxime Immanuel Kants bilanziert John Laughland:
„Die Freiheit für Deutschland ist der Ausgang aus einer 70-jährigen Vormundschaft durch die Amerikaner“.(14)
Mit Halford Mackinder auf dem Weg zur Weltherrschaft
An der Schwelle zum 20. Jahrhundert, das ein Jahrhundert der Weltkriege und des Kalten Kriegs werden sollte, entstand vom britischen Geografen Halford Mackinder (1861-1947) die angelsächsisch geprägte geopolitische Theorie über den Weg zu Weltmacht.
Wer Weltpolitik von heute verstehen will, muss sich vorher mit der Theorie von Mackinder vertraut machen. Sie ist der Schlüssel zum Verständnis der heutigen Globalpolitik vor dem Hintergrund der US-Langzeitstrategien, vor allem der vom September 2014 "Win in a Complex World 2020 -2040".
Für Mackinder werden politische und wirtschaftliche Beziehungen letztlich von der Macht bestimmt. Die Macht wolle sich ausdehnen und strebe nach der Eroberung strategischer Gebiete (wegen ihrer geographischen Lage oder ihrer Ressourcen). Den Isolationismus hält er für nicht lebensfähig.(15) Die Verteidigung des Empire hat nach Mackinder zwei Ziele:
„Erstens die Vorherrschaft (über den Raum und die Macht) der angelsächsischen Rasse zu gewährleisten, nicht nur in Großbritannien, sondern auch in der Gesamtheit der Dominions sowie der Vereinigten Staaten; zweitens, die anderen Völker zu zivilisieren und ihnen die überlegenen Werte der Angelsachsen beizubringen“.(16)
Auch besteht für ihn kein Zweifel, dass diese Werte direkt mit dem englischen Blut zusammenhängen. Er sieht für die Zukunft einen Gipfel-Kampf zwischen den drei männlichen und daher überlegenen Völkern, den Angelsachsen, den Deutschen und den Russen. Im zweiten Dreißigjährigen Krieg wurden die Deutschen vom Spielfeld genommen, und nun soll den Russen das Gleiche blühen. Vor diesem Hintergrund engagierte sich Mackinder in der Strömung der liberalen Imperialisten, zusammen mit dem führenden Vertreter der Hochfinanz und der rechten Hand des Diamantenkönigs Cecil Rhodes, Alfred Milner, der 1899 den 2. Burenkrieg vom Zaun brach und in dem der britische Historiker John P. Cafferky den Drahtzieher des 1. Weltkriegs sieht.(17) Mackinder prägte die Vorstellung von Eurasien als ein zusammenhängendes Land, das im Norden von Eis und ansonsten von Wasser umgeben ist. Ein Land, dessen Fläche von 54 Millionen Quadratkilometern dem Dreifachen der Fläche Nordamerikas und dem Doppelten der Fläche Europas entspricht.
Ein Land, das keine Wasserwege zum Ozean hat, andererseits aber, außer in den subarktischen Wäldern, im Allgemeinen für die Mobilität von Reitern und Kameltreibern günstig ist. Inzwischen, so Mackinder, würden die russischen Eisenbahnen zwischen Wir ballen im Westen und Wladiwostok im Osten eine Strecke von 9.000 km überwinden. Östlich, südlich und westlich des von Mackinder im Zentrum der Weltinsel (Eurasien) lokalisierte Heart- oder Kernland, welches sich von der Wolga bis zum Jangtsekiang und vom Himalaya zur Arktis erstreckt; die Randregionen erstrecken sich in einem weiten Halbmond und sind für Schifffahrt zugänglich (US-Militärkommando CENTCOM).
Der ideelle Hintergrund der Weltherrschaftsobsession ist nicht zu unterschätzen.
Mackinder 1919 – damals Zweimeeres- heute Dreimeeres-Initiative
1919 hatte Mackinder sein geopolitisches Meisterstück "Democratic Ideals and Reality" als Handreichung für die britischen Vertreter in Versailles für den Umgang mit Deutschland geschrieben. Als dauerhafte Vorkehrung gegen ungebrochene deutsche Machtambitionen empfahl er einen "cordon sanitaire" zwischen Deutschland und Russland - Jozef Pilsudski (1867-1935) nannte es Intermarum - zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer. Bald erstreckte sich tatsächlich von Finnland über die Baltischen Staaten und Polen bis hin nach Rumänien ein Staatengürtel, der die Sowjetunion vom übrigen Europa trennen sollte - angeblich zum Schutz vor der "bolschewistischen Weltrevolution".
Die Geopolitik der USA von vor 100 Jahren findet heute eine Neuauflage. Nach wie vor wird danach getrachtet, Deutschland und Russland zu trennen, wie es im Versailler Vertrag durch die Stärkung Polens erreicht wurde. Die "Gemeinsame Erklärung der USA und Deutschlands zur Unterstützung der Ukraine, der europäischen Energiesicherheit und unserer Klimaziele", unterzeichnet am 21. Juli 2021 von US-Präsident Joe Biden und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, hört sich harmlos an. Doch darin muss Deutschland zusagen,
„seine Zusammenarbeit mit der Initiative auch im Hinblick auf die finanzielle Unterstützung von Vorhaben der Drei-Meere-Initiative [Ostsee - Schwarzes Meer - Adria, W.E.] in den Bereichen regionale Energiesicherheit und erneuerbare Energien auszuweiten. Ferner wird Deutschland es unterstützen, dass über den EU-Haushalt im Zeitraum 2021-2027 Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Energiesektor mit Beiträgen im Umfang von bis zu 1,77 Milliarden US-Dollar gefördert werden. Die Vereinigten Staaten sind weiterhin gewillt, in die Drei-Meere-Initiative zu investieren, und werden weiterhin um konkrete Investitionen durch ihre Mitglieder und von anderer Seite werben“.(18)
Mackinder, der sich ernsthaft mit den Eigentümlichkeiten von Land- und Seemächten auseinandergesetzt hatte, wollte nach Ansicht des deutschen Geographen Hanno Beck als Patriot vor allem seinem Land die Seeherrschaft erhalten. Klar hatte Mackinder erkannt, dass das englische Weltreich nur so lange Bestand haben konnte, wie die überseeischen Verbindungen kontrolliert werden konnten. So galten alle Befürchtungen einer fernen Unterbrechung dieser Verbindungslinien und einer sich verstärkenden Gefahr von der nahen europäischen Gegen-küste. Mackinder hielt Deutschland, Russland und Japan zusammen für unschlagbar und sah „…die Unruhe in der politischen Erdbebenzone des inneren Halbmonds Baltikum-Polen-Balkan-Türkei-Persien-China-Korea“ voraus“.(19) Seit über 100 Jahren versuchen Briten und US-Amerikaner, diese "politische Erdbebenzone des inneren Halbmonds" mit ihren militärischen Mitteln in den Griff zu bekommen. Das hat der wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses Mitte November 2022 unumwunden zugegeben. Im Oktober 2022 bekräftigte US-Präsident Biden im neuen Strategiepapier die Hauptziele: Abbau der wachsenden multi-disziplinären Bedrohung durch China und Abschreckung der von Russland ausgehenden Herausforderung in Europa (steht so auch schon in „Win in Complex World vom September 2014).
Keine vier Wochen später gab der wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses für die Mitglieder des Kongresses Handreichungen heraus, in denen zu lesen ist:
„Um regionale Hegemonie in Eurasien zu verhindern, sind anscheinend viele militärische Operationen der USA im 1. und 2. Weltkrieg, sowie zahlreiche militärische Kriegseinsätze und alltägliche Operationen der USA seit dem 2. Weltkrieg zu einem nicht geringen Teil zur Unterstützung dieses Ziels durchgeführt worden“.(20)
Dazu gehört unter anderem der am 26. Juli 1947 verabschiedete "National Security Act", eines der wichtigsten Gesetze der US-amerikanischen Nachkriegsgeschichte. Dieses Gesetz ist bis heute die Grundlage weltweiter amerikanischer Militärmacht.
Mackinder meinte, dass die Angelsachsen die Europäer spalten sollten, vor allem die Russen und die Deutschen. Überall sollten Pufferstaaten zwischen ihnen und um sie herum (Polen, Kaukasus, Baltische Staaten, Zentralasien) geschaffen werden, die so die Ausdehnung Russlands in Richtung der warmen Meere und den Drang der Deutschen nach Osten bremsen sollen. Frankreich betrachtete er als eine Halbinsel, die seit dem Sturz Napoleons nicht mehr über die Mittel verfügt, allein die Herausbildung eines mächtigen Herzlandes zu verhindern. Alle Halbinseln (Frankreich, Italien, Ägypten, Indien, Korea) seien berufen, Brückenköpfe der Inselmächte (Großbritannien, USA) auf dem eurasischen Kontinent zu werden und sich mit diesen zu verbünden, um das kontinentale Imperium zu schwächen. In einem seiner letzten Artikel, "The Round World and the Winning of the Peace", erschienen im schicksalhaften Jahr 1943 in Foreign Affairs, der Zeitschrift des sehr einflussreichen Council on Foreign Relations, präzisierte Mackinder sein geopolitisches Projekt für die Nachkriegswelt: Er verlagerte das Zentrum des angelsächsischen Imperiums von Großbritannien zu den Vereinigten Staaten. Die Nachfolge war also angetreten, Mackinder vertraute die Verteidigung der Angelsächsischen Rasse dem entstehenden Nordamerikanischen Imperium an. Er starb 1947, in dem Jahr, in dem Indien aus dem britischen Empire austrat und die USA in den Kampf gegen das neue dominante Herzland eintraten.(21)
Angesichts des heutigen Kampfes um die unipolare Weltordnung darf das Herzland-Konzept als "…die wohl bedeutsamste Idee in der Geschichte der Geopolitik" gesehen werden.(22)
Am 4. April 1949 wurde die NATO offiziell als Verteidigungsbündnis gegen die Sowjetunion gegründet. Es galt, Europa für den Krieg gegen die Sowjetunion tauglich zu machen.
An der physischen Kriegstauglichkeit muss noch gefeilt werden, die mentale scheint nach dem Lesen von Leo Ensels erhellendem Artikel "Wie man die Linke in den Krieg lockt …- oder: „Antiimperialismus“ und „Decolonize Russia“ erstaunlich erfolgreich gelungen".(23)
Erfolgreiche mentale Kriegführung
Nicht wenige stramme Linke (oder sich als solche Definierende) plädieren plötzlich, in trauter Einheit mit konservativen Scharfmachern, für den Einsatz westlicher Waffensysteme gegen Ziele in Russland, inklusive Taurus-Marschflugkörpern!
"Die Linke", wenn man das mal so unstatthaft verallgemeinern darf, war in ihrer Gesamtheit nie pazifistisch. Im Gegenteil: Dezidiert pazifistische Positionen wurden nicht selten mit Hohn und Spott übergossen. Am 4. August 1914 ließ Kaiser Wilhelm II die Parteien im Reichstag über die Kriegskredite abstimmen. Zusammen mit den anderen Reichstagsfraktionen stimmte die SPD einstimmig für die Aufnahme von Kriegskrediten. Damals wurde noch nicht vernebelt. Am 27. Februar 2022 zauberte Kanzler Olaf Scholz ein 100 Milliarden "Sondervermögen" (eine Umschreibung für die heutigen Kriegskredite) aus dem Hut. Hier musste 2022 im gleichen Haus nicht mehr abgestimmt werden. Diese "Ordre du mufti" (Befehl des Mufti)(24) brachte dem Kanzler sogar stehenden Applaus!
Ende Mai 2022 schrieb der US-amerikanische Autor Casey Michel in der angesehenen Zeit-schrift "The Atlantik":
„Der Westen muss das 1991 begonnene Projekt zu Ende führen. Er muss versuchen, Russland vollständig zu entkolonialisieren. Sobald die Ukraine Russlands Versuch einer neuen Kolonisierung abwehrt, muss der Westen die vollständige Freiheit der russischen imperialen Untertanen unterstützen“.(25)
Ein im Mai 2022 gegründetes "Free Nations of Post Russia Forum" - es tagte u. a. am 31. Januar 2023 im Europäischen Parlament in Brüssel - listet ganze 41 Regionen der Russischen Föderation auf, die es in selbständige Staaten zu verwandeln gilt! Unter anderem finden sich dort, bereits mit den passenden Nationalflaggen, eine "Schwarzerde-Republik", eine "Wolga-Republik", die "Vereinigten Staaten von Sibirien" und eine "Pazifische Föderation". In Westeuropa sprangen neben den bekannten Hardlinern auch Linke auf diesen Zug auf, allen voran die "taz" und die "Heinrich-Böll-Stiftung", die im November 2023 prompt ein "11.Europäisches Geschichtsforum: Dekolonisiert Euch!" veranstaltete. Kurz: Europäische Linke und stramm neokonservative Kreise der "Einzigen Weltmacht" wittern in trauter Einheit dekolonialistische Morgenluft!(26)
Der Proxy-Krieg der USA gegen Russland begann mit dem vom Westen orchestrierten völkerrechtswidrigen Putsch gegen den 2010 rechtmäßig gewählten Staatspräsidenten Janukowitsch. Mit großen Schritten schreiten die USA in der Vorbereitung des Proxy-Kriegs in Asien gegen China voran. Auf den Philippinen werden die nuklearfähigen Mittelstreckenraketen aufgebaut und Japan wird massiv mit amerikanischen Waffen aufgerüstet. Nur Südkorea scheint nach anfänglichen "pro USA Schritten" auszuscheren. Die Koreaner haben die zwischen 1911 und 1945 begangenen Verbrechen der Japaner in Korea noch nicht vergessen. Eine Allianz mit Japan ist ausgesprochen unpopulär in Korea. Ein Proxy-Krieg in Asien wird Deutschland noch tiefer in die Krise stürzen.
Hitzige Migrationsdebatten im Deutschen Bundestag in den letzten Januartagen 2025
Am 29. Januar hatte die Union bereits als Reaktion auf die Messerattacke von Aschaffenburg ihren Fünf-Punkte-Plan zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Hilfe der AfD im Bundestag durchgesetzt.(27) Das brachte anscheinend bei einigen Abgeordneten das Blut zum Kochen. Mit lautem Geschrei machten sie sich Luft. Eine unbeaufsichtigte Kindergartengruppe - die Bundestagspräsidentin hielt sich vornehm zurück - dürfte sich kaum undisziplinierter verhalten. Aus Protest gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im deutschen Bundestag gingen Zehntausende Menschen auf die Straße, Extremisten stürmten die Parteizentrale der CDU.(28)
Am Freitag, dem 31. Januar 2025, erhielt das „Zustrombegrenzungsgesetz“ im Bundestag in zweiter Lesung keine Mehrheit, obwohl sich auch die Abgeordneten der AfD bis auf eine nicht abgegebene Stimme geschlossen dafür aussprachen.(29)
2024 wurden dagegen für das Überleben Deutschlands maßgebliche Vorhaben weder in den Medien noch im Bundestag behandelt: Hier reichte wieder die "Ordre du mufti".
Am 16. Februar 2024 - zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz - unterschrieben Selenskyj und Scholz ein zunächst auf 10 Jahre befristetes Sicherheitsabkommen, in dem Deutschland der Ukraine allumfassende Unterstützung zusichert, einschließlich der Wiederherstellung der Souveränität von 1991. Damit kettete Scholz Deutschlands Schicksal an das Schicksal der Ukraine - am Bundestag vorbei! Am 10. Juli 2025 legte Scholz nur noch die Hände an die Hosennaht, als US-Präsident Biden die Zustimmung für die Aufstellung der US-Hyperschallwaffen in Deutschland für 2026 forderte.
Diese Aufstellung wird Russland kaum Reaktionszeit lassen. Der US-Atomwissenschaftler Theodore Postal hält es für zwingend, dass sich Russland dagegen nur mit einem präventiven umfassenden Nuklearschlag schützen kann. Das alles wird im Wahlkampf von allen Parteien ausgeklammert! Die Steigerung der Rüstungsausgaben wird von vielen sogar als notwendig angesehen.
Zeitenwende in Görlitz: Panzer statt Waggons
Am 5. Februar 2025 kam Bundeskanzler Scholz zu einem Begräbnis erster Klasse nach Görlitz. Seit 175 Jahren werden in Görlitz Bahnwaggons hergestellt. Im März 2026 soll damit Schluss sein. Der aktuelle Besitzer, der französische Zugbauer Alstom, will das Werk in Ostsachen mit derzeit 700 Beschäftigten schließen. Als Grund nannte Alstom eine strategische Verlagerung von Rohbauarbeiten nach Osteuropa.(30) An der Infrastruktur der Waggonfabrik zeigt der Rüstungskonzern KNDS Interesse. Nur die Infrastruktur? Die Fertigungshallen liegen zudem passend zur NATO Bahn-Trasse Bremerhaven - Görlitz/ Horka Güterbahnhof - Breslau – Kiew, die mit EU-Hilfe seit 2017 (PESKO-Abkommen) vorangetrieben wurde.
Vom Bahnhof Horka aus in Richtung Polen (32)Eine derartige Trasse wird nicht für einen deutsch-osteuropäischen Personen- und Güterverkehr gebaut.
KNDS N.V., vormals KMW+NEXTER Defense Systems N.V. ist ein niederländischer Rüstungskonzern mit Sitz in Amsterdam. Er entstand aus einer Fusion von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter und ist hälftig im Besitz der französischen "Agence des participations de l’État" und der Wegmann-Gruppe. Das Produktportfolio von KNDS Deutschland beinhaltet Kampfpanzer und Artilleriesysteme, Schützenpanzer, Flugabwehr-, Aufklärungs- und Brückenlegesysteme. In Görlitz sollen Baugruppen für den Kampfpanzer Leopard 2 und den Schützenpanzer Puma hergestellt werden sowie Module für den Radpanzer Boxer. Schon in diesem Jahr soll mit der Produktion begonnen werden.
Der "Zeitenwende- und Friedens"-Kanzler fand an diesem denkwürdigen Tag die richtigen Worte und hob hervor, dass er sich persönlich gemeinsam mit der sächsischen Landesregierung für die Zukunft des Standortes eingesetzt habe:
„Diese Produktion in Görlitz sorgt für mehr Sicherheit in Deutschland“, behauptete Scholz fest. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach von einem guten Tag und einer großen Chance für Görlitz:
„Die Grundlage für unsere Freiheit und unseren Wohlstand. ist Sicherheit und Frieden. Diese Technik dient dazu, dass wir in Deutschland und in der Europäischen Union in Frieden leben können.“ (32a)
Tödliche Floskeln! Die Geschichte weist schonungslos auf das Kommende hin: Als Mitte der dreißiger Jahre im Görlitzer Waggonbau Schützen-Panzerwagen, MG-Wagen, Aufbauten für Krankenkraftwagen, Panzeraufbauten uvm. hergestellt wurden, war der große Krieg nicht mehr weit.
Als einzige Partei hatte das Bündnis Sarah Wagenknecht zur Kundgebung aufgerufen: Eine Nation geht freiwillig auf die Schlachtbank! War das Schmierentheater im Bundestag nur von allen als Ablenkung inszeniert?
Eine beachtenswerte Analyse von Willy Wimmer
Für Willy Wimmer tobt seit Jahren erneut ein Kampf um Deutschland; er hält den Atem an und fragt: „Wer und wann wird erneut auf dem wiedererstandenen Reichstag seine Flagge als Zeichen des Sieges über Deutschland hissen?“.(33) Der Kampf, der sich auch innenpolitisch zeigt, werde global ausgetragen. Wimmer sieht seit der Wiedervereinigung von 1990 drei herauskristallisierte Fronten, wobei die Ursprünge für die Herausforderungen, denen Deutsch-land ausgesetzt ist, gut 150 Jahre zurückgehen.
1990 ging es darum, Deutschland nach der Wiedervereinigung auf die neue Linie zu bringen:
„Als probates Zuchtmittel diente dabei die jüngere deutsche Geschichte,
die mit dem Ersten Weltkrieg, der Beendigung desselben und der angelsächsischen Einflussnahme auf das deutsche Verhängnis auf die gewünschte Spur gebracht wurde.
Mit der neuen Linie waren drei Schwerpunkte deutscher Politik unvereinbar:
1. Der Bürger als Souverän und die daraus sich herleitende demokratische Staatsordnung. Stattdessen wurde die Fremdsteuerung durch eine neue Ebene der NGOs bestimmend und verdrängte den Bürger als Souverän.
2. Eine leistungsstarke Wirtschafts-und Sozialordnung mittels der Sozialen Marktwirtschaft. Es folgte der Ersatz derselben über das angelsächsische System des Shareholder Value und die Vernichtung des deutschen Erfolgsmodells.
3. Die grundgesetzliche Friedensordnung, die nach der Wolfowitz-Doktrin des Jahres 1992 zur Beseitigung der Charta von Paris und der europäischen Friedensordnung führte“.(34)
Insgesamt habe, so Willy Wimmer, die innenpolitische Entwicklung und der wechselnde globale Anspruch in den USA zu einer permanenten, bürgerkriegsähnlichen Situation geführt, die noch nicht mit Waffen ausgetragen wird. Diese Entwicklung wird vollumfänglich auch im Bündnisgebiet ausgetragen, um einen innenpolitischen "leverage" (Hebelwirkung, Einfluss, Druckmittel) für die Kampflage in Washington zu erzielen. Das sei nur möglich, wenn in den Bündnisstaaten souveränitätsferne Politik bestimmend gestaltet werden kann:
„Die in Deutschland tobende Auseinandersetzung um die drohende Begrenzung der repräsentativen Demokratie durch Wähler-Ausschluss ist ein fremdbestimmtes Gestaltungsmerkmal der anstehenden Veränderung. Welche Farben hat morgen die Flagge auf dem Dach des Reichstages in Berlin. Eine Frage, die sich mit ‚Schwarz-Rot-Gold‘ in Bonn nie stellte.“(35)
Wo sind heute die Friedensfreunde?
Angesichts der akuten Kriegsgefahr sollte sich Europa an den französischen Friedensfreund und Sozialistenführer Jean Jaurés erinnern. Ihm war es am Vorabend des Ersten Weltkriegs (1912) zusammen mit der deutschen Sozialistin Rosa Luxemburg in Paris gelungen, die europäischen Arbeiterparteien im Falle eines Krieges auf einen Generalstreik zu verpflichten (der dann aber, als es ernst wurde, doch nicht stattfand). Das wäre auch heute notwendiger denn je!
Am 29. Juli 1914, einen Tag nach der Österreichischen Kriegserklärung an Serbien, schrieb Jaurés an den Belgier E. van der Velde seine Einschätzung der Lage: Es liege „…in der Macht der französischen Regierung, Russland am Krieg zu hindern. Aber man sucht den Krieg, den man schon lange geschürt hat. Hier treiben alle schädlichen Kräfte zum Kriege, den man zur Erfüllung eines krankhaften Ehrgeizes führen will, und weil die Börse in London und Paris auf Petersburg spekulieren“.(36)
Wenige Tage vor Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Jean Jaurès am 31. Juli 1914 im Pariser Café du Croissant bei einem Attentat von dem französischen Nationalisten Raoul Villain ermordet. Nach dem siegreichen Krieg und entsprechend langer Untersuchungshaft wurde der Mörder des Kriegsgegners am 29. März 1919 von einem Cour d'assises (Geschworenengericht) freigesprochen. Zudem wurden die Kosten der Witwe Jaurès' aufgebürdet.
Während des Zweiten Weltkriegs lebte der deutsche Literaturnobelpreisträger Thomas Mann in den USA. Nach der Rückkehr aus seinem Exil wandte er sich an die europäische Öffentlichkeit. Er hatte im US-Exil die Neigung der Amerikaner erkannt,
„Europa als ökonomische Kolonie, militärische Basis, Glacis im zukünftigen Atom-Kreuzzug gegen Russland zu behandeln, als ein zwar antiquarisch interessantes und bereisenswertes Stück Erde, um dessen vollständigen Ruin man sich aber den Teufel scheren wird, wenn es den Kampf um die Weltherrschaft gilt“.(37)
Jaurès hat ein bemerkenswertes Zitat hinterlassen:
„Nicht der Krieg ist revolutionär, der Friede ist revolutionär“.(38)
So lasst uns im Sinne von Jaurès Friedens-Revolutionäre sein!
Anmerkungen und Quellen
Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete "atomare Gefechtsfeld" in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie "Die unterschätzte Macht" (2022)
2) https://www.bmvg.de/de/aktuelles/nato-force-model-wie-deutschland-sich-ab-2025-engagiert-5465714
3) https://www.deutschlandfunk.de/vor-70-jahren-als-bertolt-brecht-den-offenen-brief-an-die-100.html
4) https://de.wikipedia.org/wiki/Punische_Kriege#/media/Datei:Punic_wars-fr.svg Bourrichon - Travail personnel à partir de File:Carthaginianempire.PNG (by Javierfv1212) et sur les indications de fr: Utilisateur:Zivax.
5) https://alsaciae.org/2024/01/17/1631-franzosisch-schwedischer-vertrag-von-barwalde/
6) Ebda.
7) Von Straty_ludnościowe_po_wojnie_30letniej.PNG: Mix321derivative work: Schoolinf3456 - Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet: Straty ludnościowe po wojnie 30letniej.PNG:, GFDL, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18755096
8) Groehler 1990, S. 66 (zitiert Wolfgang Effenberger: Pfeiler der US-Macht Seefahrermentalität und Puritanismus, Gauting 2005, S. 38)
9) Wolfgang Effenberger: Pfeiler der US-Macht Seefahrermentalität und Puritanismus, Gauting 2005, S. 38
10) Johnson 1997, S. 126 (zitiert Wolfgang Effenberger: Pfeiler der US-Macht Seefahrermentalität und Puritanismus, Gauting 2005, S. 38)
11) Wolfgang Effenberger: Aus "Europas Verhängnis – Die Herren des Geldes greifen zur Weltmacht"unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24996
12) Ebda.
13) Ebda.
14) Ebda.
15) Aymeric Chauprade: Halford Mackinder und das Heartland unter
16) Ebda.
17) John P. Cafferky: The Rhodes-Milner Secret Society; The Origin of World War I; and the Start of the New World Order Published by CreateSpace Independent Publishing Platform, 2013 ISBN 10: 1481940325 / ISBN 13: 9781481940320
18)https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/gemeinsame-erklaerung-usa-und-deutschland/2472074
19) Hanno Beck: Große Geographen. Pionier – Außenseiter – Gelerhte, Berlin 198, S. 236
20) Congressional Research Service Informing the legislative debate 1914
Defense Primer: Geography, Strategy, and U.S.Force Design, Updated November 15, 2022
21) http://theheartlandblog.wordpress.com/2012/07/01/halford-mackinder-und-das-heartland/
22) Hoffmann, 2012, S. 35
24) "Par ordre du mufti" ist eine ironische Umschreibung einer nicht auf fachlichen Gründen, sondern auf Autorität beruhenden Anweisung eines Dienstvorgesetzten,
26) Ebda.
28) https://www.focus.de/politik/deutschland/polizeieinsatz-laeuft-noch-aktivisten-steigen-auf-balkon-von-cdu-kreisverband-hannover_id_260684065.html; https://www.bild.de/news/inland/polizei-dynamische-lage-linker-mob-stuermt-cdu-zentrale-in-hannover-679ce819147f4c675163eb30
29) Aus der Unionsfraktion gab es nach Angaben des Bundestags keine Gegenstimmen. Allerdings gaben 12 CDU-Abgeordnete ihre Stimme nicht ab. Aus der FDP-Fraktion gab es zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen. 16 FDP-Abgeordnete gaben keine Stimme ab.
Die Abgeordneten der SPD, der Grünen und der Linken stimmten nahezu geschlossen gegen das Gesetz. .
31) Vgl Ingrid Szagunn in Aufgewacht, Krieg & Frieden, Erstausgabe 2022, S. 34, Bildquelle DB Netz AG, Grafik Aufgewacht
32) Ebda.
33) Willy Wimmer, persönliche mail vom 2. Februar 2025
34) Ebda.
35) Ebda.
36) Zitiert wie Wolfgang Effenberger/Willy Wimmer in Wiederkehr der Hasardeure, Höhr-Grenzhausen 2014, S. 192
37) Quelle: Thomas Mann: Deutsche Hörer!
Europäische Hörer! Darmstadt 1986, Rückseite
38) https://gutezitate.com/autor/jean-jaur%C3%A8s
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: alexkich / shutterstock
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