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Donald Trump in Großbritannien | Von Daniel Becker

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Royale Pracht, Proteste und geopolitisches Kalkül

Donald Trump ist zu seinem zweiten offiziellen Aufenthalt in Großbritannien eingetroffen. Anders als 2019 begleitet ihn diesmal eine explosive Mischung aus Protokoll, politischen Spannungen und internationalen Machtspielen. Während Trump königlich empfangen wurde, zeigen die Straßen von London und Windsor, wie tief die britische Gesellschaft gespalten ist – und wie eng innenpolitische und internationale Interessen mittlerweile miteinander verwoben sind.

Ein Kommentar von Daniel Becker.

Proteste gegen Trump und rechte Mobilisierung

Am Tag von Trumps Ankunft versammelte sich die Stop Trump Coalition in Windsor. Mit Bannern, Slogans wie „Donald Trump ist hier nicht willkommen“ und vor allem Projektionen auf Schlosswände machten die Demonstrierenden deutlich, dass sie den Auftritt des US-Präsidenten ablehnen. Besonders brisant war die Aktion, bei der Bilder von Trump, Jeffrey Epstein und Prinz Andrew auf die Mauern von Windsor Castle projiziert wurden. Die Darstellung erinnerte an die engen Verbindungen: Epstein, der 2019 unter dubiosen Umständen in Haft starb, pflegte Kontakte zu Trump und zum britischen Königshaus. Opfer wie Virginia Giuffre, die gemeinsam mit der verurteilten Kinderhändlerin Ghislaine Maxwell und Andrew fotografiert wurde, werfen letzterem Missbrauch als Minderjährige vor. Andrew bestritt die Vorwürfe, der Rechtsstreit endete in einem Vergleich. Die Projektionen griffen dieses dunkle Kapitel auf und stellten eine direkte Verbindung zwischen Trump, Epstein und dem britischen Establishment her.

Die Polizei nahm vier Personen fest, die Aktion ging jedoch längst viral. Beobachter werteten sie als symbolischen Schlag gegen die Imagepolitik des Palasts – und als Erinnerung daran, dass royale Pracht die Vergangenheit nicht tilgt. Die Proteste verliefen zwar friedlich, spielten sich aber in einem hochgeladenen gesellschaftlichen Spannungsfeld ab, in dem politische Unzufriedenheit, mediale Polarisierung und transatlantische Einflussnahme zusammentreffen. Laut BBC Live riefen Demonstrierende lautstark „Trump raus“ und hielten Schilder mit Parolen wie „Nein zum Faschismus, nein zu Trump“ hoch.

Besondere Aufmerksamkeit erhielt die digitale Einbindung von Elon Musk: Der US-Techmilliardär schaltete sich bei einem der großen vorangegangenen Protestaufzüge zu, um die britische Regierung scharf zu kritisieren und politische Veränderungen bis hin zu Neuwahlen zu fordern. Musk warnte drastisch: „Entweder ihr wehrt euch oder ihr werdet sterben.“ Die Übertragung an Bildschirmen entlang der Regierungsstraße und in sozialen Medien unterstrich die transatlantische Dimension der Mobilisierung. Musk tauchte neben Tommy Robinson auf – der in Großbritannien für seine umstrittenen Netzwerke bekannt ist. Diese gemeinsame Bühne verdeutlichte, wie externe Akteure die britische Protestbewegung beeinflussen.

Premierminister Keir Starmer reagierte scharf und nannte Musks Äußerungen „gefährlich und aufhetzend“. Friedlicher Protest sei legitim, aber mit solcher Sprache werde „Gewalt und Einschüchterung auf unseren Straßen provoziert“. Auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan warf Trump vor, er habe in den letzten Jahren „die Flammen spaltender, rechtsextremer Politik weltweit angefacht“. Damit wurde deutlich, wie sehr Trumps Besuch nicht nur ein diplomatisches, sondern auch ein innenpolitisches Ereignis war.

Die britische Kommentatorin Katie Hopkins beschrieb die Motivation der Protestierenden bei RT: „Wir sind nicht hier, um anderen Böses zu wünschen. Wir sind hier, weil wir mit Freiheiten aufgewachsen sind und diese für unsere Kinder und Enkelkinder zurückhaben wollen.“ Wie das Medium weiter meldete, wandelte sich die Londoner „Vereint das Königreich“-Demonstration, organisiert von Tommy Robinson, von einem „Festival der freien Rede“ zu einer Demonstration gegen illegale Einwanderung. Schätzungen der Metropolitan Police und Medien wie BBC und The Guardian zufolge nahmen 110.000 bis 150.000 Menschen teil.

Die zentrale Figur Tommy Robinson, ehemaliges Mitglied der British National Party (BNP), Hooligan, Journalist und Berater der Brexit-Partei UKIP, hat eine lange Geschichte in der Mobilisierung gegen Migration, insbesondere islamische. Sein Aufstieg wurde dabei auch durch transnationale Netzwerke unterstützt: Laut The Grayzone spielte die israelische Lobby eine Rolle, indem sie Robinson als Teil ihrer Strategie gegen den „Islamischen Terrorismus“ finanzierte. Diese Verbindungen ermöglichten es ihm, von einem lokalen Aktivisten zu einer international wahrgenommenen Figur zu werden, die politische Unruhen schüren und öffentliche Debatten beeinflussen kann. Trotz seiner zwielichtigen Vergangenheit ziehen ihn solche Proteste an, die die Schnittmenge von britischem Rechtspopulismus und internationalen Einflüssen sichtbar machen. Seine Loyalität gegenüber den Geldgebern unterstrich er öffentlich, indem er erklärte: „Wenn es einen Krieg gäbe, würde ich an der Frontlinie für Israel kämpfen.“

Starmer und die Koalition der Willigen

Während die Straßen protestieren, verfolgt Premierminister Keir Starmer eine außenpolitische Strategie, die stark auf symbolische Präsenz und politische Inszenierung setzt. Laut Thomas Röper und Roberto J. de Lapuente demonstriert Starmer souveränes Verantwortungsbewusstsein, während die eigentliche Last der Ukraine-Politik – Entscheidungen über Waffenlieferungen, Sanktionen und wirtschaftliche Maßnahmen – faktisch bei den USA liegt.

Trumps Staatsbesuch macht diese Dynamik besonders sichtbar: Starmer empfängt den US-Präsidenten, signalisiert Loyalität gegenüber der NATO und formelle Beteiligung innerhalb der „Koalition der Willigen“, während die riskanten Entscheidungen selbst nicht von ihm getroffen werden. Apolut-Analysen zeigen zudem, dass Großbritannien unter Starmer weiterhin neue Militärbündnisse in Europa schmiedet und außenpolitisch Druck ausübt, ohne die innenpolitische Belastung der Bevölkerung – etwa durch Aufrüstung, soziale Einschnitte oder geopolitische Spannungen – voll zu tragen. Zusammengenommen entsteht ein Bild von Verantwortung und Inszenierung, das die faktische Machtverlagerung auf die USA und die komplexe Balance zwischen geopolitischem Kalkül und innenpolitischer Absicherung verdeutlicht.

Trumps Taktik in der Ukraine-Krise

Laut RT unterstreicht die aktuelle Strategie Trumps den geopolitischen Druck hinter seinem Besuch. Er setzt die europäischen Staaten unter Zugzwang: Massive Sanktionen, Zölle und militärische Unterstützung für die Ukraine sind nach seiner Logik nur dann verpflichtend, wenn Europa ebenfalls bereit ist, die „Lasten“ zu tragen. Mit diesem Vorgehen bringt er die EU in eine Zwickmühle: Handeln und wirtschaftliche Risiken eingehen – oder abwarten und die Verantwortung den USA überlassen.
Trumps Botschaft ist klar: Jede direkte militärische Konfrontation mit Russland wird vermieden, solange die „Koalition der Willigen“ nicht die volle Last schultern will. Gleichzeitig testet er die Handlungsbereitschaft Europas und stärkt seine eigene Verhandlungsposition. Parallel dazu verfolgt Starmer eine außenpolitische Strategie, die auf symbolische Präsenz und politische Inszenierung setzt.

Pomp, Zeremonien und geopolitisches Kalkül

Trotz der politischen Brisanz blieb die royale Inszenierung nicht aus: König Charles begrüßte Trump und Melania mit einem formellen Handschlag, Kanonensalven donnerten über Windsor und London, während die Ehrenformationen der britischen Armee aufmarschierten und die Sonne tief über den Mauern stand. Die militärische Zeremonie Beating Retreat wurde erstmals bei einem Staatsbesuch aufgeführt, und das Staatsbankett verband royale Pracht mit politischem Kalkül. Beobachter wiesen darauf hin, dass Charles sogar einen leichten Klopfer auf die Schulter erhielt – ein symbolisches, für Trump durchaus typisches Detail.

Doch der pompöse Rahmen hatte auch eine praktische Seite: Laut britischen Medien wurde der Besuch gezielt genutzt, um Handels- und Technologieabkommen vorzubereiten. So wurde ein neues Tech-Deal-Paket angekündigt, das „Wachstum, Sicherheit und Chancen im ganzen Land“ bringen soll. Die Royals selbst wurden damit zu einer Art diplomatischer Wunderwaffe: Mit prunkvollen Inszenierungen und symbolischer Nähe zu Charles und Camilla sollte Trump nicht nur geehrt, sondern auch an Großbritannien gebunden werden – politisch wie wirtschaftlich.
Reuters formulierte es treffend: „Das Vereinigte Königreich rollte für Trump den roten Teppich aus – in der Hoffnung, rote Gesichter zu vermeiden.“ 

Politische Spannungen und transatlantische Netzwerke

Die Proteste auf der Straße, die rechten Aufmärsche unter Robinson und die mediale Einflussnahme durch Musk zeigten, dass die politischen Spannungen in Großbritannien tief sitzen. Zugleich verdeutlichten sie, wie transatlantische Netzwerke auf innenpolitische Bewegungen einwirken und die öffentliche Wahrnehmung steuern. Robinsons Auftritte, kombiniert mit der internationalen Aufmerksamkeit durch Musk, machten die enge Verknüpfung zwischen britischem Rechtspopulismus und externen Akteuren sichtbar, die gezielt politische Destabilisierung und Mobilisierung vorantreiben.

Politische Inszenierung und internationale Verantwortung

Trumps Besuch offenbarte, wie eng nationale Politik, Protestbewegungen und internationale Krisen verwoben sind. Auf den ersten Blick prunkvoll und zeremoniell, entpuppte sich der Staatsbesuch bei näherem Hinsehen als komplexes geopolitisches Spiel: Trump nutzte die Bühne, um seine Strategie in der Ukraine zu festigen und Druck auf Europa auszuüben; Starmer inszenierte sich als verantwortungsvoller Akteur, der handlungsfähig bleibt, zugleich aber die eigentliche Last den USA überlässt.

Die Demonstrationen, die rechten Aufmärsche, die digitalen Interventionen und die symbolischen Projektionen auf Schloss Windsor verdeutlichten, dass die öffentliche Wahrnehmung ebenso strategisch geformt wird wie die offiziellen diplomatischen Begegnungen – ein Lehrstück moderner Politik zwischen Inszenierung, Verantwortung und geopolitischem Kalkül.

Heute trifft Premierminister Starmer auf Donald Trump – und damit rücken wirtschaftliche und technologische Fragen ins Zentrum: US-Firmen wie Nvidia und OpenAI planen Investitionen von rund 36 Milliarden Euro – für Superrechner, Datenzentren und KI-Anwendungen im Gesundheitswesen. Starmer sieht darin eine Chance für Wachstum im Vereinigten Königreich, doch Kritiker warnen vor zunehmender Abhängigkeit von US-Konzernen und einer technokratischen Entwicklung, die einen weiteren Schritt in Richtung totalitärer Kontrolle durch Milliardäre darstellt und echte Demokratie weiter in die Ferne rückt.

Quellen und Anmerkungen

http://dert.online/kurzclips/video/256123-wir-lassen-uns-nicht-laenger/

http://dert.online/meinung/256020-demonstration-gegen-migration-in-london/

http://dert.online/meinung/256230-ukraine-trump-setzt-mit-starkem/https://apolut.net/starmers-unbezahlbares-aufrustungsprogramm-von-thomas-roper/

http://apolut.net/kriegstuechtig-und-verhaltensgestoert-von-roberto-j-de-lapuente/

http://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/rechter-protest-in-london-zehntausende-folgen-tommy-robinson-49264634

http://www.tagesschau.de/ausland/europa/trump-charles-treffen-london-100.html

http://www.tagesspiegel.de/internationales/koenig-charles-bekam-einen-klopfer-auf-die-schulter-trumps-staatsbesuch-bei-den-britischen-royals-in-bildern-14341061.html

http://www.nbcnews.com/world/united-kingdom/trump-uk-state-visit-royal-windsor-king-charles-rcna231863

http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/staatsbesuch-trump-in-london-mit-prinz-pomp-und-protesten-110820189

http://www.spiegel.de/ausland/donald-trump-auf-staatsbesuch-in-london-aktivisten-projizieren-epstein-bilder-auf-schloss-windsor-a-b60c554d-6ab6-4f88-91c5-1c9492bae918

http://www.reuters.com/world/us/four-arrested-after-trump-epstein-images-projected-onto-britains-windsor-castle-2025-09-16/

http://www.reuters.com/world/uk/over-100000-anti-immigration-protesters-march-london-2025-09-13/

http://www.reuters.com/world/uk/police-protesters-scuffle-110000-join-anti-migrant-london-protest-2025-09-13/

http://www.reuters.com/world/uk/trump-begins-historic-state-visit-uk-amid-pomp-protests-2025-09-17/

http://www.reuters.com/world/uk/uk-rolls-out-red-carpet-trump-hopes-avoid-red-faces-2025-09-17/

http://www.theguardian.com/politics/live/2025/sep/17/donald-trump-uk-state-visit-king-charles-windsor-politics-latest-news-updates-labour-keir-starmer

http://www.theguardian.com/us-news/2025/sep/16/trump-has-fanned-the-flames-of-divisive-politics-around-the-world-says-sadiq-khan

http://apnews.com/article/b1f272511ff0c5bc6a8d7bf308063343

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bild: London, Großbritannien. 3. Juni 2019. US-Präsident Donald Trump fährt in seiner Wagenkolonne zurück zum Buckingham Palace. Am ersten Tag des dreitägigen Staatsbesuchs des US-Präsidenten und seiner First Lady in Großbritannien

Bildquelle: Michael Tubi / shutterstock


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