Ein Meinungsbeitrag von Eugen Zentner.
Der in der Protestbewegung bekannte Rapper SchwrzVyce hat einen neuen Song veröffentlicht und mit ihm den Puls der Zeit getroffen, wenn auch auf äußerst provokative Weise. Die Aufregung ist groß. Das woke Establishment tobt. Kritik kommt aber auch aus den eigenen Reihen, von Weggefährten, die mit dem Rapper aus Frankfurt am Main einst gemeinsam auf sämtlichen Bühnen standen. Grund dafür sind einige deftige Zeilen, in denen SchwrzVyce sich beleidigend gegenüber prominenten Politikern äußert. „Irgendetwas stinkt hier, das ist ja wohl ein Fakt“, beginnt der Song. „Diese Hurensöhne ham das Land kaputt gemacht.“ Gemeint sind unter anderem Ricarda Lang, im Track als „grüne Fette“ bezeichnet, Robert Habeck, „dieser Stricher“, und Annalena Baerbock – „Die Fotze lügt im Lebenslauf, finde mal den Fehler!“, so die derbe Punchline.
Diese Ausdrucksweise geht unter die Gürtellinie, gar keine Frage. So sieht es zum Beispiel auch Markus Haintz, ein in der Protestbewegung bekannter wie engagierter Anwalt. In einem Telegram-Post schreibt er: „Das Video strotzt vor Wut, Hass und Beleidigungen“ und verweist auf § 188 Strafgesetzbuch, der in diesem Fall gilt. Nicht weniger kritisch äußert sich der Künstler Philip Schnurr. Er selber ist eigentlich ebenfalls für provokative Aktionen bekannt und musste sich schon vor Gericht dafür verantworten. Auf Telegram moniert er unter dem Musikvideo die vielen Jubelkommentare und entgegnet: „Also weiter so heißt den Feind aufs übelste Beleidigen (sic)? Ihn erniedrigen um damit möglichst viel ……ja was eigentlich….was hat das für einen Sinn???“
So berechtigt diese Kritik ist, sie verkennt, dass der uncharmante Song einen Subkontext enthält, dessen Kunstcharakter gerade in der Frage liegt, was die Kunst darf? Wo liegen ihre Grenzen? SchwrzVyce wirft sie auf, indem er das Stilmittel eines bekannten gegenwärtigen Satirikers aufgreift, es jedoch in die entgegengesetzte Richtung verwendet und damit die Doppelmoral nicht nur in unserer ganzen Gesellschaft zu entlarvt, sondern auch in der Debatte um die Kunstfreiheit? Die Rede ist von keinem Geringeren als Jan Böhmermann. Der ZDF-Satiriker und Liebling der rot-grünen Woke-Bewegung schrieb vor geraumer Zeit einen ebenfalls unappetitlichen Text, in dem er dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan die widerlichsten Dinge an den Kopf warf. Für dieses „Schmähgedicht“ musste er sich über Jahre vor Gedicht verteidigen, unterlag aber, obwohl die Verteidigungsstrategie auf der Kunst- und Meinungsfreiheit basierte. Angeblich soll Böhmermann damit lediglich demonstrieren wollen, dass genau so etwas nicht erlaubt sei.
Besonders überzeugend klingt das nicht, zumal er erst kürzlich wieder zu diesem Stilmittel griff, um eine RAF-Fahndungsliste mit liberalen Journalisten, Virologen und Politikern zu veröffentlichen, die ihm politisch nicht passen. Kurze Zeit später bezeichnete er Frauen als „Scheißhaufen“, allerdings nur solche, die sich gegen die dogmatischen Ideen von Transaktivisten aussprechen. Wollte er etwa wieder demonstrieren, dass genau so etwas nicht erlaubt ist? Oder hat das Beleidigen und Verunglimpfen Methode? Wer Böhmermanns Satire unter die Lupe nimmt, merkt schnell, dass sie sich innerhalb sicherer Grenzen bewegt und auf Menschen abzielt, die nicht den Rückhalt des rot-grünen Establishments genießen. Er tritt immer häufiger nach unten, anders als für Satiriker typisch, die sich seit jeher an Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur abarbeiten.
Der einzige Gegner von Format war Erdogan. Doch auch er steht geopolitisch auf der anderen Seite und wird medial gerne mal geframt. Ein großes Risiko ging Böhmermann also nicht ein, was nicht nur sein Aufstieg beim ZDF unterstreicht, sondern auch die Unterstützung des rot-grünen Establishments, das ihn damals genauso beklatschte wie heute, wenn er gegen Andersdenkende schießt. Die woken Meinungswächter mit angeblicher Deutungshoheit lassen ihm alles durchgehen, solange er ihrer Ideologie frönt. Wer diesen Rahmen verlässt, wird öffentlich zersetzt und vernichtet. Auf diese Heuchelei macht SchwrzVyce mit seinem neuen Song aufmerksam. Indem der die Sprache Böhmermanns übernimmt, hält er unserer vermeintlich offenen Gesellschaft den Spiegel vor. Sind Beleidigungen von der Kunstfreiheit gedeckt, lautet die Frage. Oder sind sie es nur dann, wenn sie von Personen geäußert werden, die den Rückhalt des Establishments genießen?
In unserer ach so offenen Gesellschaft gelten Doppelstandards. Hinsichtlich Kunst- und Meinungsfreiheit, das hat SchwrzVyce’ Song ein weiteres Mal zum Vorschein gebracht, bestehen asymmetrische Machtverhältnisse, die ein gewaltiges Aggressionspotential bergen. Darauf macht auch der erwähnte Künstler Philip Schnurr aufmerksam. Er vertritt zwar die Meinung, dass der Song von der Kunstfreiheit gedeckt ist, befürchtet jedoch eine Eskalation, wenn er Kommentare liest, in denen dieser Stil forciert wird: „Weiter so heißt: noch mehr Beleidigungen noch aggressiver werden und ggf. noch mehr Provokation durch noch mehr Aggressionen. Was wenn diese Leute so aufgestachelt werden, dass sie vor lauter Wut jemanden ein Messer in die Brust stecken“, schreibt er und legt wenige Zeilen später nach: „Er programmiert Menschen mit Hass. Gedanken werden zu Worten und Worte werden zu Taten.“
Die Reaktionen nach Veröffentlichung von SchwrzVyce’ Musikvideo geben Philip Schnurr Recht. T-Online etwa sah sich sofort veranlasst, einen Schmähartikel zu schreiben. Dass dieser genau das tut, was der Autor dem Rapper vorwirft, scheint der Redaktion kaum aufzufallen. Er hetzt und beleidigt. In der ersten Version behauptete der Autor sogar, SchwrzVyce vertrete „verschwörungsideologische Thesen“ und drohe „linken Aktivisten mit einer Waffe“. Als der Rapper das öffentlich als glatte Lüge anprangerte, strich t-online den zweiten Teil. Doch der Schaden ist bereits angerichtet. Auf Twitter übernehmen woke Moralisten die Behauptungen und gehen sogar weiter, indem sie SchwrzVyce’ bürgerlichen Namen und dessen Arbeitgeber nennen. Mit anderen Worten: Sie stellen ihn öffentlich an den Pranger, begehen Rufmord und üben zugleich Druck auf dessen Brotgeber aus, damit er sich von ihm distanziert. Laut t-online soll er das prompt gemacht haben.
SchwrzVyce wurde in der Vergangenheit wegen seiner kritischen Musik von der sogenannten Antifa angepöbelt und bedroht, was schließlich dazu führte, dass er zu brachialen Mitteln griff, um ihnen den Spiegel vorzuhalten und sich Gehör zu verschaffen. Und die woke Blase samt ihrem medialen Arm reagiert auf dessen Beleidigungen, indem sie ihn ebenfalls beleidigt und zu zersetzen versucht. So dreht sich die Eskalationsspirale munter weiter, ohne dass ein Ende abzusehen ist. Beide Seiten täten gut daran, verbal abzurüsten. Das gilt vor allem für die woken Moralisten an den Schaltstellen des Kultur- und Medienbetriebs, die Andersdenkende gerne als „Rechtsextreme“ oder „Antisemiten“ bezeichnen und sie schließlich in eine Position drängen, in der sie sich genötigt sehen, zurückzuschlagen und maximal zu provozieren.
SchwrzVyce hat das nicht nur über Beleidigungen der genannten Politiker getan, sondern auch mit der Wahl des Songtitels, in dem die Hauptmessage mitschwingt: «AfD – Offizieller Werbespot». Natürlich handelt es sich auch hierbei um einen künstlerischen Kniff, mit dem die Doppelmoral des rot-grünen Establishments entlarvt wird. Um die AfD geht es peripher, auch wenn Teile der Partei laut Markus Haintz den Song „widerlich“ finden. Das Einstehen für eine Partei und die Verunglimpfung aller anderen lässt sich ebenfalls als Kommentar auf die Methode Böhmermann verstehen. Es ist noch nicht so lange her, dass der ZDF-Satiriker medienwirksam für den SPD-Vorsitz kandidieren wollte. In seine RAF-Fahndungsliste nahm er kürzlich mehrere Mitglieder der FDP auf. Seine links-grünen Unterstützer, die jetzt auf SchwrzVyce eintreten, feierten das, ohne darin ein Vergehen zu sehen.
Mit seinem unkonventionellen und provokanten Song hat der Rapper aus Frankfurt eine weitere wichtige Frage aufgeworfen: Darf Kunst für eine Partei werben und andere niedermachen? Jan Böhmermann durfte das – mit dem Segen des rot-linken Establishments, das ihm das durchgehen lässt, wofür es politisch Andersdenkende rügt, ja medial vernichtet. Das Werben für eine oder mehrere Parteien, so lässt sich daraus schließen, ist durchaus zulässig, wenn sie die Ideologie des kultur-medialen Establishments vertreten. Wenn es sich aber um eine Partei handelt, die von ihm abgelehnt wird, ist es ein irreversibles Vergehen. Diesen Doppelstandard hat SchwrzVyce mit seinem natürlich nicht offiziellen Werbespot demonstriert, indem er das rot-grüne Establishment dazu provozierte, sich in Widersprüche zu verstricken. Das darf Kunst allemal. Den Gebrauch von Kraftausdrücken sollte sie aber nicht zum Dauerzustand machen.
+++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags. +++ Bildquelle: Fair Talk / YouTube
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