Demokrit – ein Internetforum für Demokratie und Kritik (Teil 1)

Das Internet ist ein demokratisches Medium, von seiner ganzen Struktur her: Globale Verbreitung, leichter Zugang, geringe Kosten. Warum wurde bisher auf dem Feld der Politik trotzdem so wenig damit erreicht?

Es fehlt uns ein unabhängiges Forum zur Meinungsbildung, das alle Vorzüge des Internets vereinigt mit dem einen Ziel, Demokratie herzustellen.

Ein solches Forum soll hier skizziert werden; es soll Demokrit heißen und völlig andere Prioritäten setzen als Facebook.

Im zweiten Teil, der in Kürze erscheint, wird dann das Format Demokrit genauer beschrieben. Welche Regeln bei der Teilnahme, den Eingaben und Abstimmungen notwendig sind, damit Meinungen zu Entscheidungen und nicht nur zu kontroversen Disputen führen.

Ein Essay von Rob Kenius.

1. Teil: Jenseits von Facebook und Twitter

Der Unmut über Facebook und die Skepsis gegenüber Google kann sich zu einer Aversion gegen das Netz ausweiten. Das wäre im Sinne konservativer Politik, die durch das Internet überrollt wurde. Verloren ginge die Erkenntnis, dass das Internet der größte Fortschritt in der schriftlichen Kommunikation seit der Erfindung des Buchdrucks ist. Revolutionär wird das Internet dann, wenn die Interaktivität als neue technische Möglichkeit für Demokratie genutzt wird.

Demokratie kommt nicht von selbst und ohne Mühe aus dem Online-Shop. Im Gegenteil, wir müssen uns zuerst ein Forum schaffen, das frei ist von kommerziellen Interessen, frei von Ideologie und politischem Einfluss durch Parteien oder durch eine Regierung. Dann wird das Internet die Basis für mehr Demokratie, genauer gesagt: direkte, digitale Demokratie.

Umgekehrt gedacht: Wenn wir direkte Demokratie fordern, brauchen wir ein ganz spezielles Medium zur Meinungsbildung in der Hand unabhängiger Bürger.

Das ist etwas, das es auch in der Schweiz bisher noch nicht gibt.

Wir suchen ein Konzept zur Meinungsbildung, das nicht auf Besitz, Reklame und Datenhandel aus ist, sondern die interaktive Kommunikation zwischen allen Bürgern als Selbstzweck ansieht. Ein Medium, das unser Allgemeingut ist, wie die Sprache, die Schrift und die Technik des Internets.

Jeder hat die Möglichkeit, nicht nur zu lesen, sondern selber im Netz zu agieren. Das geht vom Meinungsklick und Kommentar über das Einstellen von Selfies, Tondateien und Videos bis hin zum selbst produzierten E-Book. Und das alles gibt es auch zum Null-Tarif.

Das kommerzielle Internet

In den Anfängen gab es viel Optimismus. Man glaubte, das Netz würde allein wegen seiner Struktur Demokratie beflügeln. Dieser Glaube hat sich als naiv herausgestellt. Es ist so ähnlich wie die Erwartung, ein freier globale Markt würde automatisch für gerechte Verteilung von Konsumgütern und Steigerung aller Einkommen sorgen.

Wir mussten erfahren, Demokratie und Gerechtigkeit stellen sich nicht automatisch ein, sondern nur dann, wenn wir gezielt daran mitwirken, das heißt, wenn wir die Regeln selber aufstellen und eine besondere Infrastruktur dafür schaffen.

In knapp zwanzig Jahren hat sich im weltweiten Netz die kommerzielle Nutzung durchgesetzt; sie dominiert Zahl und Volumen der angebotenen Seiten und das erscheint uns als selbstverständlich. Die Internet-Riesen betreiben aber Geldbeschaffung, hauptsächlich für Manager und Anteilseigner.

Dabei werden bestimmte Zahlen als Index für den Erfolg soweit wie möglich maximiert:

  • so viele Teilnehmer wie möglich
  • so viele Personendaten wie möglich
  • so viele Klicks wie möglich
  • so viel Verweilzeit wie möglich
  • so viele Werbekunden wie möglich
  • so viel Umsatz wie möglich
  • so viel Gewinn wie möglich
  • so hohe Börsenkurse wie möglich

Die Bewertung dieser Indices erfolgt in umgekehrter Reihenfolge. Das höchste Ziel ist der Börsenkurs, dann kommt der Gewinn, danach der Umsatz, die Zahl der Klicks und die Statistik der Entscheidungen und schließlich, ganz am Ende, die Masse der Teilnehmer.

Was verbirgt sich hinter dem Zuckerberg?

Die marktbeherrschende Kontaktmaschine ist Facebook. Als Soziales Medium unter Studenten gestartet, hat es heute bei etwa 2.000.000.000 (2 Milliarden) Nutzern zwei primäre Ziele: Steigerung des Börsenwerts und Gewinnmaximierung. Persönliche Meinungen und politische Diskussionen sind nur das Futter für Prozessoren und Datenspeicher.

Die Kritik an Facebook richtet sich gegen die Art und Weise, wie dort Daten erhoben und verkauft werden. Für die Betreiber, namentlich Mark Zuckerberg, ergibt sich die Vermarktung der Daten ganz natürlich aus den Möglichkeiten, die durch das enorme Wachstum von Facebook entstanden sind, und durch die Begehrlichkeiten der Wirtschaft, namentlich der Werbebranche. Daran ist nichts genial oder innovativ.

Alle Teilnehmer haben die Möglichkeit, sich in ihrem Profil vorteilhaft darzustellen und mit anderen Usern Kontakt aufzunehmen. Sie nutzen Facebook als Medium, das anscheinend umsonst für sie arbeitet. Dabei entgeht ihnen, dass sie sich gegenüber dem System entblößen, während sie streng darauf achten, dass gegenüber den Bekanntschaften die eigene Selbstdarstellung maßgeblich bleibt.

Die kommerzielle Ausnutzung der User durch Facebook ist eine Kombination gut programmierter Statistiken von den Eingaben, Bewegungen und zustimmenden Klicks, ein Algorithmus, der für die User undurchschaubar und unverständlich bleibt.

Diese Programme müssen auch nicht verstanden werden, um ihre Funktion zu beurteilen.

Tatsache ist, dass Facebook große Teile der Persönlichkeit und des Verhaltens seiner Teilnehmer mit oder ohne deren Wissen, mit oder ohne deren Einwilligung, statistisch aufbereitet und an zahlende Kunden verkauft. Die Teilnehmer präsentieren sich nach ihren eigenen Vorstellungen und fühlen sich dabei als einmalige Personen. Facebook aber nimmt ihnen die Einmaligkeit wieder und benutzt die Eigenschaften und Reflexe von Millionen Menschen als statistische Masse, deren Erhebung durch verborgene Algorithmen automatisch erfolgt.

Den Usern entgeht, wie das Geschäft mit der Werbebranche läuft und wie ihre Persönlichkeit zerlegt, gegliedert, verknüpft und verwertet wird. Das Geschäft meidet die Öffentlichkeit, doch inzwischen ist es heraus:

Zu denen, welche die Möglichkeiten von Facebook für ihre Ziele nutzen, gehören nicht nur die Hersteller von Süßwaren und Softdrinks, sondern auch Wahlstrategen, egomanische Politiker und vielleicht sogar die verteufelten Russen! Das hat die politische Kaste in Washington, Brüssel und Berlin aufgescheucht.

Ein anderes Forum muss her!

Für Meinungsbildung und Demokratie sind die Unternehmensziele und die Algorithmen der sogenannten Sozialen Medien kontraproduktiv. Wer nicht ganz dem blinden Konsum und dem Fernsehen im Mainstream verfallen ist, ahnte es schon lange: Wir dürfen uns im Internet nicht den kommerziellen Datensammlern überlassen, die unser Bewusstsein spiegeln, analysieren und durch verborgene Algorithmen über statistische Auswertungen auf ihre Geldmühlen lenken.

Trotz der offengelegten Ausbeutung der User wurde und wird Facebook (und selbst Twitter) weltweit für ernstgemeinte Kommunikation und sogar für politische Bewegungen eingesetzt. Dies führt in die Verwirrung und in die Irre, aber es zeigt uns auch ganz deutlich etwas Positives:

Bei unzähligen Menschen besteht ein Bedarf nach interaktiver Meinungsbildung im Internet und nicht nur nach Information.

Dazu benötigen wir ein besonderes Forum, frei von Werbung und Propaganda, das die Eingaben der Teilnehmer nicht für fremde Zwecke auswertet. Ein solches demokratisches Forum existiert noch nicht (in deutscher Sprache und in der nötigen Dimension). Es muss so bald wie möglich geschaffen werden, es soll neben Diskussionen auch sichere, geheime Abstimmungen über Meinungen, Schlüsselfragen und politische Richtungen ermöglichen.

Das neue Format für Meinungsbildung würde die bestehenden Möglichkeiten im Internet für Demokratie voll nutzen:

  • Eigenständige Themenwahl der Teilnehmer
  • Darstellung der eigenen Meinung
  • Meinungsbildung durch Diskussion
  • interne Abstimmungen
  • konkrete Vorschläge für die Politik

All das ist jetzt schon realisierbar. In Italien existiert es bereits und es werden dort im Online-Medium Rousseau Kandidaten für politische Wahlen aufgestellt. Der M5S ist auf diese Weise die stärkste Gruppe im italienischen Parlament geworden.

Das Forum Demokrit

Was sich bereits gut entwickelt hat, sind unabhängige Informationskanäle wie KenFM, Rubikon, Nachdenkseiten, Telepolis und ähnliche Medien. Wir brauchen etwas Neues, ein unabhängiges Forum der Demokratie, das Informationen diskutiert und bewertet, das auch Diskussionsbeiträge bewertet und gezielt durch interne Abstimmungen Meinungen von Mehrheiten und Minderheiten herausstellt.

Das alles ist kein gutgemeintes Postulat, sondern es sind konkrete Anforderungen an die Programme und die Spielregeln, die von Algorithmen realisiert werden sollen und nicht durch den guten Willen der Nutzer oder Betreiber, genau wie auch Facebook seine kommerziellen Ziele durch Programme realisiert. Es ist selbstverständlich, dass der Code für Interessenten einsehbar sein soll und dass alle Zuordnungen transparent bleiben.

Wir beginnen mit einem Namensvorschlag: Unser Forum soll Demokrit heißen – nach dem griechischen Naturphilosophen Demokrit, der den Begriff der Atome erfunden hat. Die Silben des Namens erinnern an Demokratie und Kritik. Beides soll im Forum Demokrit groß geschrieben werden.

Das Forum braucht Spielregeln, die darauf zielen, dass eine demokratische Diskussion zustande kommt und dass zweitens, ohne größeren Aufwand, über strittige Fragen abgestimmt werden kann. Man kann dann die Diskussion durch Abstimmungen zwischendurch steuern und auf eine Fragestellung fokussieren, die aber nicht von oben oder von außen vorgegeben wird.

Facebook dagegen lenkt durch seine Algorithmen die Diskussionen hin und her und im Kreis, vonehmlich zwischen Teilnehmern ähnlicher Einstellung, wobei es der Firma auf Nebeneffekte ankommt: Lange Verweildauer, viele Klicks und das Ablenken von Aufmerksamkeit auf die Werbung. All das führt nicht zur demokratischen Meinungsbildung.

Um Demokratie walten zu lassen und mit Demokrit Politik zu machen, gilt es zunächst eine Grundsatzfrage zu klären:

Wer kann teilnehmen?

Teilnehmen können alle, die sich in die Diskussion einbringen wollen und die nach Recht des Landes wahlberechtigt sind. Alles andere würde verhindern, dass Demokrit ein politisches Gewicht bekommt.

Umgekehrt ausgedrückt: Nicht teilnehmen können Regierungen, Parteien, Organisationen, Vereine, Kinder, nicht Wahlberechtigte und Personen, die anonym bleiben wollen.

Es handelt sich also um natürliche Personen, deren Identität erfasst wird. Es muss unbedingt verhindert werden, dass jemand mehrere oder falsche Identitäten annimmt. Die Teilnahme bedeutet nicht, dass jeder Name gleich auf einer Liste der Mitglieder erscheint. Wer aber öffentlich diskutieren will, kann dies nur unter seinem vollen Namen tun, am besten mit einem Profilfoto.

Die Spielregeln sind vergleichbar mit denen in einer politischen Versammlung: Auch dort kann niemand das Wort ergreifen, der nicht gesehen werden will, der sich nicht öffentlich vorstellt oder vorgestellt wird. Diese Schwelle muss jeder überwinden, der sich irgendwo auf der Welt politisch betätigen will.

Politische Diskussion und Anonymität schließen einander aus.

Egal, welche trefflichen Argumente für anonyme Diskussionen sprechen, Demokrit soll politisch sein. Anonyme Diskussionen gibt es für Anhänger dieser Form des Zeitvertreibs in genügender Zahl. Gegen anonyme Dispute mit Unbekannten spricht die langjährige Erfahrung im Internet. Meinungen werden zugespitzt, Streitereien schaukeln sich hoch, Debatten entgleiten, Trolle und Provokateure geben den Ton an, es kommt zu Hassparolen und Volksverhetzung. Mühselig muss dann das Geschmiere an den digitalen Toilettenwänden durch Moderatoren und Schimpfwort-Such-Algorithmen wieder entfernt werden. Die Meinungslawinen werden bei Facebook noch gefördert durch Filter, die Personen ähnlicher Einstellung zusammenführen. Wer nur mit Gleichgesinnten diskutieren und sich gegenseitig an Emotionen übertreffen will, sollte in die größte politische Partei eintreten. Dort muss er aber seine Identität genau so offenlegen und ebenfalls seine Bankverbindung.

Facebook am Anfang und heute

In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass Facebook seine Attraktivität ursprünglich der Tatsache verdankte, dass alle Teilnehmer (im Gegensatz zu anderen Kontaktbörsen) dort mit ihrer echten Identität aufgetreten sind. Das hat sich auf dem Campus einer Universität ganz natürlich so entwickelt, jede und jeder musste damit rechnen, dass persönlich Bekannte sie oder ihn erkennen. So wurde verhindert, dass man falsche oder beliebige Angaben über die Person macht.

Die soziale Kontrolle verschwindet mit Sicherheit, wenn die Teilnehmerzahl über 100.000 steigt. Bei Millionen und Milliarden Facebook-Gesichtern geht sie völlig unter. Die Bezeichnung Soziales Medium für eine global operierende Kontaktmaschine ist deshalb unsinnig. Hinzu kommt, dass (aus kommerziellen Gründen) nicht nur natürliche Personen, sondern auch Firmen, Vereine, Parteien, Fanclubs, Rundfunkanstalten und sogar die Regierung aufwändige Facebook-Seiten betreiben.

Damit ist die Grundidee, soziale Kontakte zwischen Gleichgestellten zu fördern, schon ad absurdum geführt. Die Facebook-Struktur kann weder sozial noch demokratisch sein. Die Möglichkeiten, sein eigenes Profil zu gestalten, sind das Verlockende daran und sie sind deshalb fast unbegrenzt. Um das zu gewährleisten, werden die Rechen- und Speicher-Kapazitäten ständig erweitert. Die sich schnell entwickelnde digitale Technik macht es möglich, immer größere Datenmengen zu verwalten.

Hier ist längst schon Gigantomanie am Werk, was die beliebte Maßeinheit Gigabyte im Namen widerspiegelt. Die Rechenleistung der firmeneigenen Server steht in direktem Zusammenhang zu den finanziellen Erfolgen und der Bewertung an der Börse. Die Gigantomanie hat auch Politiker beeindruckt, aber sie ist ein Irrweg. Jede Extrapolation ins Unendliche ist in der Realität ein Irrweg, auch, was nicht oft genug gesagt werden kann, das prozentuale Wachstum der Wirtschaft, das eine Exponentialfunktion generiert, die unweigerlich ins Unendliche führt.

Vom privaten zum gemeinschaftlichen Medium

Für ein Meinungs-Medium mit demokratischen Strukturen müssen Grenzen für die Selbstdarstellung und die Menge der Eingaben gelten. Jeder, der eine Persönlichkeit hat, kann diese in einem Text von einer DIN A4 Seite darstellen. Ein Foto in Passqualität reicht völlig aus. Wer will, kann dann zusätzlich auf die eigene Webseite oder auf seine Selbstdarstellung und auf die vielen Freunde im Facebook verweisen.

Demokratie und damit das Format von Demokrit ist für Millionen Teilnehmer gedacht. Deshalb können Diskussionsthemen nur von den Moderatoren eröffnet werden. Vorschläge aller Teilnehmer, über die dann abgestimmt wird, sind erwünscht. Das Moderatoren-Team kann die besten Vorschläge aufgreifen.

Wie das Team der Moderatoren sich zusammensetzt, ob, wie und von wem es bezahlt wird, hängt davon ab, wer das Forum Demokrit startet und wer es finanziert. Eine einfache und sehr vernünftige Lösung wäre die, dass eine neutrale und gemeinschaftliche Institution (der Staat) das Forum organisiert.

Die Schaffung neutraler Medien hat sich in Europa bestens bewährt. Nachdem die schriftliche Kommunikation durch die neue Technik des Buchdrucks und durch Martin Luther aus der Hand der Katholischen Kirche genommen wurde, hat sich in Europa eine vielseitige Medienlandschaft entwickelt: Buch- und Zeitschriftenverlage mit zahlreichen Autoren und unterschiedlichen Meinungen. (Die Konzentration der Medien in Händen einzelner Personen und Familien ist ein dazu gegenläufiger Prozess.)

Die elektronische Technik der Radiowellen mit permanent operierenden Sendern und überall verstreuten Empfängern führte Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer ganz neuen Struktur. Ein aufwändiger Sendebetrieb steht im Mittelpunkt, der seine Empfänger erreichen aber nicht kontrollieren kann. Die Finanzierung wird zum Problem.

Hier in Europa haben sich als beste Lösung die Anstalten des Öffentlichen Rechts heraus gebildet.

Die Gefahren für Radio und TV sind staatliche Kontrolle (totalitärer Regierungen) und die völlige Kommerzialisierung durch Privatsender. Diese Gefahren bestehen ganz einfach deshalb, weil Technik und Produktion von Rundfunk und Fernsehen einen hohen finanziellen Aufwand erfordern. Wer von sich aus ein Programm anbietet, will oder muss einen hohen Gewinn erzielen, entweder in Form von Geld oder in Form von politischer Macht.

Der demokratische Charakter des Internets

Das Internet ist technisch wieder etwas völlig Neues. Es ist strukturiert als ein schriftliches Medium mit sehr flexiblen Formaten und es ist so revolutionär wie der Buchdruck es war. Das Internet ist interaktiv, es bietet von sich aus eine demokratische Struktur für alle, die sich beteiligen. Und dann kommen noch zwei Effekte hinzu, die in die gleiche Richtung gehen, also prinzipiell der Demokratie dienen.

1. Der Übertragungsweg für die Daten ist fast beliebig.

Die Signale können per Telefon, per Funk und über Glasfaserkabel geleitet werden und sind durch die Digitalisierung unempfindlich gegen Störungen. Auch die notwendigen Server sind einer durch den anderen ersetzbar, weil das Protokoll, das die Datenpakete lenkt, sich selber seinen Weg sucht. Fällt ein Server zufällig oder gewollt aus, wird automatisch ein anderer genutzt. Das Netz ist also nicht von der Verfügbarkeit eines einzelnen Servers oder vom guten Willen eines bestimmten Betreibers abhängig.

2. Der zweite Effekt, welcher die Demokratisierung im Internet leichter macht, sind die geringen Kosten.

Die schriftliche Nachrichtenübertragung im Internet kostet um Größenordnungen weniger als Programmübertragung in Rundfunk und Fernsehen und auch deutlich weniger als bedrucktes Papier.

Ein Fernsehsender kostet, sagen wir, hunderttausend Euro pro Tag. Eine Internetseite kostet weniger als hundert Euro pro Jahr, wenn man sie selber gestaltet, und ist doch auf der ganzen Welt zu sehen!

Kein Wunder, dass es im Internet so vieles umsonst gibt.

Das sind die positiven Aspekte:
Interaktivität, schwer kontrollierbare, fast unzerstörbare Struktur und extrem geringe Kosten. Dieser letzte Aspekt hebelt sogar den Kapitalismus aus und widerspricht den Prognosen von Karl Marx. Die Macht des Kapitals und des Geldes über die Medien wird durch diese technische Entwicklung enorm verringert. Doch Euphorie ist nicht angebracht.

Obwohl jeder, der einen Computer besitzt und ein Telefon oder ein Gerät wie Smartphone, das beides vereint, obwohl jeder am Internet aktiv teilnehmen kann, wurde das Netz in zwanzig Jahren weitgehend kommerzialisiert. Hauptsächlich von einigen marktbeherrschenden Firmen, zuerst in den USA: Google, Facebook, Amazon und Ebay. In der Volksrepublik China gibt es ähnliche Strukturen.

Das Forum, das wir Demokrit genannt haben, muss unter ganz anderen Prämissen und von anderen Akteuren betrieben werden als die sogenannten “Sozialen Medien”. Es geht uns nur um freie, interaktive Kommunikation ohne Gewinnabsicht, um ein neues Format interaktiver Meinungsbildung, das in den bestehenden Strukturen des Internet sofort möglich ist.

Es existiert aber noch nicht, und wenn es irgendwo existiert, hat es nicht die erforderliche Popularität, um demokratietauglich zu sein. Also muss es nach einem vernünftigen Plan so bald wie möglich geschaffen werden.

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Rob Kenius ist freier Journalist und Autor des Buches: „Neustart mit Direkter Digitaler Demokratie”, Solibro-Verlag Münster 2017

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung. Das Essay erschien zuerst bei: kritlit.de/

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