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Auch nachdem US-Vizepräsident Vance der EU die Leviten gelesen hat und die EU bei der Regelung des Ukraine-Konfliktes außen vor geblieben ist, verweigert man sich weiterhin den Realitäten. Das hat das von Macron für Montag eilig angesetzte Krisentreffen gezeigt.
Ein Kommentar von Thomas Röper.
Die Führung der EU und der meisten ihrer Mitgliedstaaten verweigert sich hartnäckig den Realitäten. Offenbar lebt man in den europäischen Hauptstädten so sehr in der von der eigenen Propaganda geschaffenen Blase, dass man nicht mehr in der Lage ist, selbst einfache Zusammenhänge und Tatsachen zu erkennen.
Die EU hatte in Sachen Ukraine nie ein Mitspracherecht
Eine dieser Tatsachen ist, dass die EU bei allem, was die Ukraine angeht, von Anfang an nur Helfershelfer der Politik des Biden-Clans war. Das begann mit dem Maidan 2014, als die USA mit Jazenjuk ihren Kandidaten als ukrainischen Regierungschef eingesetzt und den Wunsch der EU, Klitschko diesen Posten zu geben, mit dem berühmten „Fuck the EU“ vom Tisch gewischt haben. Und es ging damit weiter, dass die US-Regierung die EU 2014 gegen deren Willen gezwungen hat, Sanktionen gegen Russland einzuführen, die der EU sehr geschadet haben. Es sei daran erinnert, dass Biden das am 3. Oktober 2014 ganz stolz erzählt hat:
„Wir haben Putin vor eine einfache Wahl gestellt: Die Souveränität der Ukraine zu respektieren oder sich wachsenden Konsequenzen aussetzen. Das hat es uns erlaubt, die wichtigsten Industrieländer der Welt dazu zu bewegen, Russland echte Kosten aufzuerlegen. Es ist wahr, dass sie das nicht tun wollten. Aber wieder waren es die amerikanische Führung und der Präsident der Vereinigten Staaten, die darauf bestanden und Europa oft beinahe in Verlegenheit bringen mussten, damit es aufstand und wirtschaftliche Einbußen hinnahm, um Kosten aufzuerlegen.“
Und so war es auch in den Jahren danach, denn die nach dem Maidan bankrotte Ukraine wurde zum größten Teil von der EU, aber nicht von den USA, finanziert. So, wie die Ukraine für die USA nur ein Instrument war, um den geopolitischen Gegner Russland zu schwächen, so war auch die EU nur ein Instrument, das die USA mit dem gleichen Ziel benutzt haben.
Ein Mitspracherecht hatten die EU und ihre Mitgliedstaaten in Sachen Ukraine spätestens seit 2014 nicht mehr.
Die Verzweiflung nach München
Die EU und die meisten ihrer Mitgliedstaaten haben sich dieser offensichtlichen Realität jedoch konsequent verweigert und tun das weiterhin. Das Ergebnis sehen wir heute, denn nachdem die US-Regierung der EU letzte Woche gezeigt hat, dass die EU bei den Verhandlungen mit Russland nicht am Tisch sitzt, war man in Europa ganz überrascht. Von dem Telefonat zwischen Putin und Trump hat man in der EU beispielsweise aus den Medien erfahren.
Nachdem die USA der EU gesagt haben, dass die EU nach einem Waffenstillstand selbst für die Sicherheit der Ukraine zuständig sei und einen Waffenstillstand mit eigenen Friedenstruppen absichern müsse, woran sich die USA auf keinen Fall beteiligen, wurde man in Europa hektisch.
Macron lud für Montag umgehend zu einem Gipfel nach Paris ein, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dabei war schon vielsagend, dass er nicht etwa alle EU-Staats- und Regierungschefs einlud, sondern nur eine handverlesene Runde, denn Realisten, wie beispielsweise den ungarischen Ministerpräsidenten Orban, wollte Macron nicht dabei haben. Stattdessen waren Vertreter aus Deutschland, Italien, Polen, Spanien, den Niederlanden, Dänemark und Großbritannien eingeladen.
Aber auch in dieser kleinen Runde wurde man sich nicht einig. Während Frankreich und Großbritannien sich für die Entsendung von „Friedenstruppen“ in die Ukraine aussprachen, waren Polen und Deutschland dagegen, solange die USA sich nicht daran beteiligen. Dem schloss sich danach auch der britische Premierminister Starmer an.
Kurz und gut, es gab keine Einigung und nach dem Treffen war man offensichtlich genauso schlau, wie vorher.
Die offiziellen Erklärungen
Geradezu lustig ist, was einige Herrschaften danach vor der Presse verkündet haben. Selensky beispielsweise scheint in der Situation eine letzte Chance zu sehen, andere Länder in den Krieg gegen Russland zu ziehen, denn in seiner Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz sagte er am Samstag allen Ernstes, Russland plane zusammen mit Nordkorea, ein NATO-Land anzugreifen. Daher, so Selensky, müssten die Europäer gemeinsame „Streitkräfte Europas“ aufstellen, deren Grundlage die ukrainischen Streitkräfte bilden sollten, die die US-Soldaten, sollten sie Europa verlassen, ersetzen.
Dafür bekam er in München zwar Applaus, aber natürlich wird niemand in Europa darüber auch nur nachdenken.
Da es nach dem Treffen in Paris am Montag keine Einigung, keine gemeinsame Erklärung und auch keine gemeinsamen Auftritte vor der Presse gab, haben die wichtigsten Traumtänzer ihre Weisheiten auf X abgesondert. So schrieb EU-Kommissionschefin von der Leyen nach dem Treffen in Paris beispielsweise:
„Wir haben heute in Paris bekräftigt, dass die Ukraine Frieden durch Stärke verdient.“
„Frieden durch Stärke“ ist eine im Westen beliebte Worthülse, die allerdings angesichts der militärischen Lage der Ukraine schon fast wie Hohn klingt. In den letzten Wochen hat NATO-Generalsekretär Rutte diese Worthülse am häufigsten gebraucht, aber nach dem Treffen von Paris hat er auf sie verzichtet und stattdessen auf X geschrieben:
„Bereit und willens. Das ist mein Eindruck vom heutigen Treffen in Paris. Europa ist bereit und willens, seine Kräfte zu mobilisieren. Es ist bereit, bei der Bereitstellung von Sicherheitsgarantien für die Ukraine eine Führungsrolle zu übernehmen. Es ist bereit und willens, viel mehr in unsere Sicherheit zu investieren. Die Einzelheiten müssen noch entschieden werden, aber die Verpflichtung ist klar.“
Angesichts der Tatsache, dass man sich in Paris auf nichts einigen konnte, was man in eine gemeinsame Erklärung hätte schreiben können, wirkt auch Ruttes Post eher wie Satire.
In Europa hat man die Realitäten immer noch nicht verstanden. Aber je länger man sich den Realitäten verweigert, desto schmerzhafter wird zwangsläufig irgendwann das Erwachen.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 18. Februar 2025 auf anti-spiegel.ru.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: Alexandros Michailidis / shutterstock
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