Bye Bye YouTube | Von Mathias Bröckers (Podcast)

Ein Kommentar von Mathias Bröckers.

Großes Aufatmen  bei den Freunden des systemkonformen Diskurses, der totalen Desinfektion und allen “Zeugen Coronas”, reichlich Sektkorken bei den Presstitutes der Konzernmedien, Nato-Pressestellen und Konsensfabriken und echte Partystimmung bei  ihren kompatiblen Mitläufern in den “social media”: der alternative Stachel im Fleisch der deutschen Medienlandschaft ist verschwunden, das erfolgreichste crowdfinanzierte Medienportal im deutschsprachigen Raum ist nicht mehr auf YouTube, KenFM hat sämtliche Videos unsichtbar gemacht. Zwar sind die 2500 Interviews, Berichte, Reportagen und Kommentare, die KenFM seit 8 Jahren produziert hat, nach wie vor über KenFM.de und andere Kanäle erreichbar, für die über 500.000 Abonnenten auf YouTube aber gibt es derzeit nur eine Erklärung von Ken Jebsen, warum er von der youtube- Zensur genauso die Schnauze genauso voll hat wie von der Cancel-Kultur, die es immer schwieriger macht, Studios oder Säle anzumieten. Und warum er mit seinem Team Berlin verläßt und ins Exil geht, auf’s Land, wo ein Studio und  ein “Campus” gebaut werden sollen und auch analoge Kommunikation wieder stattfinden kann.

Aktueller Auslöser für diesen Schritt war der zweite  “strike” von YouTube – die Löschung eines KenFM-Interviews mit Rechtsanwalt Markus Haintz, der auf der Querdenken-Demo am 25.10. festgenommen worden war – verbunden mit einer einwöchigen Sperre weitere Videos hochzuladen. Sowie der Drohung, dass beim dritten Mal eine grundsätzliche Sperrung des Kanals erfolgt. Das übliche Procedere also, mit dem bei Youtube Urheberrechtsverstöße, pornografische Inhalte und andere Rechtsbrüche verhindert werden sollen – mit dem Unterschied freilich, dass es sich hier um presserechtlich völlig einwandfreies Material handelt,  das auch nicht unter irgendwelche dubiosen “Hate Speach” oder “Fake News”-Regularien fällt, sondern allein aufgrund seiner  inhaltlichen Aussagen gesperrt wurde. Da von Zensur zu sprechen ist sicher berechtigt, auch wenn es sich nicht um eine staatliche Maßnahme handelt,  sondern Alphabet/Google/Youtube als privater Konzern selbst entscheiden kann, was auf seinen Plattformen stattfindet und was nicht. In Deutschland hingegen findet Zensur dank Auslagerung der Information der Öffentlichkeit an internationale Medienmonopole weiterhin natürlich nicht statt.

An der Schmierenkampagne gegen Ken Jebsen – losgetreten durch den notorischen Denunzianten Henryk Broder –  die zu seinem Abgang aus dem öffentlich-rechtlichen rbb geführt hatte, war ich indirekt nicht ganz unschuldig.  Im Sommer 2011 war mein Buch zum zehnten Jahrestag von 9/11 erschienen und Ken Jebsen wollte ein Interview für seine Sendung “KenFM” darüber führen. Ihn kannte ich genausowenig wie dieses Format, das im Berliner Raum Kultstatus hatte, und wunderte mich, dass er mit einem ganzen Katalog Fragen angerückt war, denn Radiomoderatoren haben oft nicht mal den Klappentext gesehen. Er aber hatte nicht nur  das ganze Buch gelesen, sondern stellte auch richtige und wichtige Fragen. Ich ging dann davon aus, dass von den 90 Minuten unseres Gesprächs nur drei oder fünf über den Äther gehen würden, wie es bei solchen Sendungen ja oft vorkommt – und fiel dann vom Hocker, als jedes Wort ungeschnitten und nur unterbrochen von Musik in drei Stunden gesendet wurde. Wow! War auf meinem alten “Heimatsender”, wo ich 2001 als Autor das Handtuch geworfen hatte, weil mein Kommentar über Mohamed Attas Koffer und die lachhaften Elefantenspuren von 9/11 nicht möglich war, etwa die neue journalistische Freiheit ausgebrochen ? Leider nicht, denn  Ken Jebsen stand fortan unter Beschuß – das 9/11-Tabu bricht niemand ungestraft. Als KenFM nach seinem Abgang dann sehr schnell im Netz reüssierte und sich im Zuge der Ukrainekrise lautstark auf die Seite der Friedensbewegung schlug, nahmen die Vorwürfe  (“antisemitisch, “neurechts”, “rechtsoffen”) weiter an Fahrt auf, obwohl sich im Programm des Kanals keinerlei Beispiele dafür finden liessen. Um diesem Widerspruch auf den Grund zu gehen führte ich ein langes Gespräch mit ihm, das 2016 als Buch erschienen ist: “Der Fall Ken Jebsen oder Wie der Journalismus im Netz seine Unabhängigkeit zurückgewinnen kann”.

Dass journalistische Unabhängigkeit von GEZ-Beamten und Konzernbossen via Crowdfunding machbar ist, hat KenFM seitdem nicht nur überzeugend unter Beweis gestellt – die Gespräche und Talkrunden hatten auch von der inhaltlichen und technischen Qualität  allemal das Niveau öffentlich-rechtlicher Kanäle. Dort laufen konnten sie freilich nicht, denn KenFM nahm sich die Pressefreiheit, nicht staatstragend, nicht stiefelleckend, nicht konsenskonform zu sein und der Chefredakteur die Freiheit, sein anti-militaristisches, anti-imperialistisches und anti-neoliberalistisches Herz auf der Zunge zu tragen. Weil der Mann ein Schnellsprecher sondergleichen ist konnte es nicht ausbleiben, dass er bei vielen aneckt,  zumal er die (ohnehin fiktive) Grenze zwischen Journalismus und Aktivismus nicht akzeptiert. Dass wirkliche journalistische Unabhängigkeit aber künftig auch bedeutet, sich von den Gatekeepern der “Sozialen Medien” – von Konzernen wie Google, Facebook, Twitter & Co. – zu befreien, macht der aktuelle Fall sehr klar. Und weil auch ein scheinbar sicherer Server im Irgendwo für eine Redaktion kein Garant ist, dass ihre Nachrichten auch verbreitet werden, visioniert der digitale Pionier Ken Jebsen im Gespräch jetzt einen Schritt zurück:  ins Analoge, auf einen Campus in dem man in Ruhe reden und senden kann. Ich kann das nachvollziehen, denn ich kenne kaum einen Journalisten, der übler diffamiert wurde als er – und keinen, der derart souverän damit umgegangen ist

Unterdessen ist ein weiterer Kollege der verborgenen Zensur zum Opfer gefallen, die der ehemalige Botschafter Craig Murray als Beobachter und Protokollant der Assange-Anhörungen feststellen konnte und jetzt wieder anhand der Unterdrückung der emails von Hunter Biden kritisiert hat. Der Pulitzer-Preisträger Glenn Greenwald – einst der Mann der Wahl als unabhängiger Journalist für Edward Snowden – konnte  einen Artikel über den Korruptionsverdacht von Hunter und Joe Biden auf dem von ihm selbst gegründeten  (und vom eBay-Gründer Omidyar finanzierte)  Portal “The Intercept” nicht veröffentlichen und hat gekündigt. Und was Craig Murray sagt, stimmt für die Zukunft nicht gerade optimistisch: “Vor zehn Jahren hätte ich es nicht als eine Gefahr erachtet, dass das Internet zu einer Methode der politischen Kontrolle statt der politischen Freiheit wird. Jetzt befürchte ich, dass es zu spät ist, die Gefahr abzuwenden.”

Unlängst wunderte sich mein Bruder, der in den 90er Jahren in einer großen Werbeagentur arbeitete, über den mittlerweile zum Schimpfwort geronnenen Begriff “Querdenker”: “Damals haben wir doch dauernd “Querdenker gesucht!” – Anzeigen konzipiert!” Dass jetzt schon ein journalistisches Interview mit dem Anwalt einer Querdenker-Demo ein Fall für Zensur wird zeigt deutlich, wie weit der totalitäre Konformitätswahn mittlerweile gediehen ist. Und dank Corona als Brandbeschleuniger für ein “Great Reset” (deutsch hier), wie ihn sich Klaus Schwab und die Davos-Elite ausgedacht haben,  geht derlei Flurbereinigung im Medienbetrieb weitgehend widerspruchslos vonstatten und auch für Liberale und Linke, die sonst so gern von “divers” reden und “Vielfalt” und “Freiheit” loben, hört beim Querdenken der Spaß auf. Weshalb sich Querdenker wie Ken Jebsen nicht wundern müssen – über den Tellerrand von Mutti und Dr.Drosten hinauszuschauen ist jetzt genauso verboten wie nach 9/11 Zweifel an dem Höhlenmärchen von Osama und den 19 Teppichmessern. Und wer sich in den USA jetzt nicht entscheiden kann zwischen Donald Putin-Hitler und dem semi-dementen aber einzigen Erlöser Sleepy Joe – und über den validen Korruptionsverdacht gegenüber Letzterem berichten will,  wie Journalist Greenwald – hat einfach Pech gehabt. Zensur findet natürlich weiterhin keine statt, aber vorsicht: Wer bei Demos ein Grundgesetz hoch hält macht sich verdächtig und kann verhaftet werden – als Querdenker.

Mathias Bröckers veröffentlichte zuletzt „Don’t Kill The Messenger – Freiheit für Julian Assange“ im Westendverlag. Er bloggt auf broeckers.com

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Bildquelle: AngieYeoh / shutterstock

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