STANDPUNKTE • Mephisto verkehrt (Podcast)

Ein Standpunkt von Dagmar Henn.

Tag und Nacht läuft das Klimadrama durch die Sender, mit oder ohne Sankt Greta, und Forderung wird auf Forderung getürmt, von der als CO2-Steuer getarnten Mehrwertsteuererhöhung über Fleischverteuerung bis hin zur Erwartung, in den Hamburger Hafen sollten nur noch Segelschiffe einlaufen (1). Allerdings wird ungern darauf geblickt, welche Ergebnisse die bisherige Politik unter dem Etikett Klimaschutz wirklich gezeitigt hat.

Dabei ist die Bilanz alles andere als rosig. Werfen wir einmal einen Blick auf die mit großem propagandistischem Aufwand vertretene Energiewende. Neben Windkraftanlagen (von bösen Zungen Vogelschredder genannt) und Solarzellenparks gehört dazu auch die Produktion von Biogas. Wenn ich aus meinem Fenster blicke, kann ich rundherum Felder sehen, die der Biogaserzeugung dienen; großflächige Monokulturen aus Raps, Mais oder Getreide, die unter entsprechendem Einsatz chemischer Hilfsmittel aufgezogen und dann in gigantische Plastiktüten gefüllt werden, um zu Biogas verwertet zu werden. Das, was dabei übrigbleibt, wird anschließend wieder auf die Felder gekippt und sorgt für eine gründliche Steigerung der Nitratwerte im Grundwasser.

Es sind große Agrarfabriken, die die Biogaserzeugung betreiben; sie werden mit minimalem Personaleinsatz betrieben, und selbst die Ernte wird von Dienstleistern erledigt. Das ist kein Problem, weil selbst das Getreide für Biogas nicht genau dann geerntet werden muss, wenn es reif ist. Biogaserzeugung lohnt sich, weil sie hoch subventioniert wird. ‘Energiewende’ eben.

Erinnert ihr euch noch an das, was von den Grünen mal als landwirtschaftliches Ideal verkauft wurde? Regional und mit möglichst wenig Chemie erzeugte Nahrungsmittel, die nicht über hunderte von Kilometern herumgefahren werden, ehe sie auf den Tellern landen? Nun, genau an diesem Punkt ist die Biogasproduktion ein Problem. Auf den dafür verwendeten Flächen werden eben keine Nahrungsmittel mehr angebaut, nicht einmal Futtermittel. Weil aber der Bedarf in Deutschland höher ist als die Produktion, führt der Flächenverbrauch durchs Biogas dazu, dass mehr Nahrungsmittel importiert werden müssen. Sprich, durch die Gegend gefahren.

Beim Biosprit hatte es ein paar Jahre gedauert, bis der Groschen fiel, dass es vielleicht doch nicht ideal ist, in anderen Weltgegenden den Nahrungsmittelanbau durch Palmölproduktion zu verdrängen, damit hier die Autos ein bisschen ökologischer fahren. Aber die simple Tatsache, dass so gut wie jede Form der Energieerzeugung durch Feldfrüchte in unmittelbare Konkurrenz zu Nahrungsmitteln tritt, also die Energie, die daraus erzeugt wird, auf der anderen Seite Transporte auslöst, die wieder Energie verbrauchen, so dass die Gesamtbilanz fraglich wird (und da reden wir noch nicht von Verlusten an Biodiversität durch die Monokulturen), das wird nicht zum Thema gemacht…

Bei pflanzlichen Erzeugnissen zu Ernährungszwecken’ (2) lag der Importanteil 2015 bei 81%. Das ist Getreide, das ist Gemüse; beides wird in ungeheuren Mengen importiert. Das Landwirtschaftsportal, das diesen Punkt thematisierte (was selten geschieht), meinte dazu:

„Der starke Anstieg der Importanteile für den Inlandsverbrauch von Ernährungsgütern, insbesondere bei den Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs, hängt zum Teil mit dem Rückgang der inländischen Flächen zusammen, die für den Inlandsverbrauch für Ernährungszwecke zur Verfügung stehen. Diese haben sich wegen eines hohen Anstiegs der Flächen für den Anbau von Energiepflanzen sowie der Flächen für Exportwaren erheblich verringert.“
Daraus lässt sich erkennen, dass die Produktion von Biogas mit dazu beigetragen hat, die regionale Produktion und Vermarktung von Lebensmitteln zu verringern. Das exakte Gegenteil dessen, was vermeintlich durch ‘grüne’ Landwirtschaft angestrebt wird.

Auf der anderen Seite stehen natürlich die Exporte. Geflügel-Teilexporte nach Afrika, klingelt da irgendwas? Was wird denn passieren, wenn die Mehrwertsteuer auf Fleisch erhöht wird? Wird dann weniger produziert, oder unter tiergemäßeren Bedingungen? Ach was. Fleischproduktion ist, auch dank immer weiter verschärfter EU-Hygiene-Vorgaben, die Kleinbetriebe gar nicht stemmen können, längst Fabrikproduktion. Und diese Fleischfabriken werden schlicht mehr exportieren, wenn im Inland der Konsum zurückgehen sollte, weil ärmere Menschen sich das Fleisch nicht mehr leisten können. Diese Exporte wiederum werden das tun, was sie immer tun – sie werden andernorts lokale Produktionen zerstören und auf dem Weg dahin eine ordentliche Menge Energie verbrauchen.

Die Luxusproduktion von Bio-Gemüse findet ja überwiegend auch nicht auf heimischem Boden statt. Auch dort wird etwa aus den spanischen Agrarfabriken geliefert. Der Unterschied zwischen Bio und nicht Bio besteht dann schlicht darin, dass die Bio-Version etwas mehr Sklavenarbeit benötigt als die konventionelle, also ein paar mehr Bretterverschläge für mit Hungerlöhnen entgoltene illegale Migranten (die nur deshalb so billig sein können, weil sie illegal sind; darum braucht es auch beständigen Nachschub).

Man muss also nicht einmal bis zur Coltan-Förderung im Kongo blicken, um die hässliche Rückseite der vermeintlich sauberen Maßnahmen sehen zu können. Dafür muss man auch nicht über die Ablehnung der chinesischen Bahnverbindung nach Europa im Rahmen der neuen Seidenstraße nachdenken, die ja immerhin deutlich weniger CO2-Ausstoß erzeugt als der Transport per Containerschiff; oder auf den Irrwitz hinweisen, russisches Gas durch amerikanisches Fracking-Produkt ersetzen zu wollen, weil man ja sonst eines Morgens aufwachen könnte, um sich die Zähne mit Wodka zu putzen. Nein, es gibt viele kleine und größere Maßnahmen, bei denen sich immer das selbe Bild wiederholt.

Es ist, als hätte man es mit einem umgekehrten Mephisto zu tun. Bei Goethe stellt sich dieser Unterteufel vor als „ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“ Nun, ehe man sich auf neue grün vorangetriebene Pläne einlässt oder gar ihre hysterische Potenzierung, auch als Fridays for Future bekannt, sollte man endlich eine ehrliche Bilanz dessen ziehen, was in den letzten Jahrzehnten umgesetzt wurde.

Oder vielleicht sogar darüber nachdenken, ob bei jenen, die stets das Gute wollen und eigenartigerweise stets das Böse schaffen, wirklich nur von mangelndem Nachdenken ausgegangen werden kann. Sonst kann nicht nur Hamburg seinen Hafen schließen. Sollte eines Tages tatsächlich, mangels Gegenwehr, die Verbannung fossiler Brennstoffe und damit die Sabotage der gegenwärtigen Versorgungslogistik mit den 81% Importanteil bei pflanzlichen Nahrungsmitteln kollidieren, dann würden noch die fanatischsten Veganer ziemlich schnell feststellen, dass ihr Teller leer bleibt und selbst die Möglichkeit zu Hamsterkäufen im Umland nicht mehr besteht. Es gibt mehr als eine Möglichkeit, mit der Zukunft der Menschen zu spielen.

Quellen:

  1. https://www.zeit.de/hamburg/2019-08/fridays-for-future-aktivismus-hamburg-rathaus-forderungen 
2
  2. https://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Agrarwirtschaft/In-Deutschland-verbrauchte-Lebensmittel-groesstenteils-aus-dem-Ausland_article1516961220.html

Bildquelle: Tupungato/ Shutterstock

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