Buchrezension: “Alternativen in Medien und Recht”

Sachbuch: Über die Entstehung einer neuen Gegenöffentlichkeit

Eine Rezension von Eugen Zentner.

Während der Corona-Krise versagten sämtliche Institutionen fast aller Gesellschaftsbereiche. Seitdem scheint das pluralistisch und freiheitlich-rechtlich verfasste Demokratiemodell abendländischer Prägung nicht zu funktionieren. Egal ob es um Gesundheit, den Ukraine-Krieg oder Klima geht, alle maßgeblichen Institutionen handeln im Einklang. Gegenmeinungen sind unerwünscht und werden bekämpft, wenn nötig mithilfe der Justiz. Aus Verzweiflung, Wut und Unzufriedenheit mit dieser Entwicklung haben sich alternative Strukturen herausgebildet, in denen Akteure emsig und trotz harten Gegenwinds daran arbeiten, so etwas wie Gegenöffentlichkeit hervorzubringen.

Deren Verzweigung ist noch relativ übersichtlich, gewinnt aber zunehmend an Komplexität und durchdringt ein soziales System nach dem anderen. Zwei dieser Gesellschaftsbereiche nimmt sich der Publizist Walter van Rossum in seinem neuen Buch «Alternativen in Medien und Recht» (https://www.masselverlag.de/The-Great-WeSet/Alternativen-in-Medien-und-Recht/) vor. Es handelt von einem Teil der außerparlamentarischen Opposition, „die sich über den Anlass zu verstetigen scheint“, schreibt der Autor. Ihre Entstehung und Weiterentwicklung hat van Rossum hautnah miterlebt. Zuvor arbeitete er als erfolgreicher Journalist und Publizist für zahlreiche Leitmedien, wurde jedoch schnell diffamiert und ausgesondert, sobald er anfing, die Corona-Maßnahmen zu kritisieren.

Wenn er die außerparlamentarische Opposition in den Bereichen Medien und Recht vorstellt, berichtet er aus der Innenperspektive eines Beteiligten. Van Rossum geht auf sein eigenes Schicksal ein, lässt seine Befindlichkeiten einfließen und changiert zwischen Ich und Wir, um dann wieder in den distanzierten Erzählmodus zu wechseln. Sein Buch versteht er als „eine Art Chronik des Ausnahmezustands“. Wie sich dieser anfühlte, schildert van Rossum kursorisch anhand weniger Ereignisse, die verdeutlichen, inwiefern die beiden Bereiche Medien und Recht versagt haben. Es ist eine spitz formulierte Abrechnung, die letztlich erklärt, wieso sich unzufriedene Bürger und Aktivisten aufmachten, alternative Strukturen aufzubauen. „Die Parallelgesellschaft hatten nicht wir gesucht, sie wurde über uns verhängt“, heißt es an einer Stelle.

Manche von ihnen waren bereits vor der Corona-Krise zu kritischen Außenseitern geworden, Menschen wie die Journalisten Dirk Pohlmann und Kayvan Soufi-Siavash (aka Ken Jebsen) oder der Medienwissenschaftler Michael Meyen. Bei diesen Persönlichkeiten verbleibt van Rossum etwas länger und rekapituliert nicht nur ihr Wirken in den letzten Jahren, sondern stellt auch ihre fast schon revolutionär anmutenden Projekte vor. Mit ihnen soll die Berichterstattung wieder zurückkehren zur Vielfalt und Ausgewogenheit. Dirk Pohlmann etwa möchte eine journalistische Vermittlungsplattform gründen. Ihr Sinn und Zweck bestehe darin, die Nachrichtenagenturen zu überspringen. „So könnte es beispielsweise sein, dass ein nigerianischer Journalist glaubt, einen Fall von Regierungskorruption aufgedeckt zu haben“, wird das Konzept erklärt. „Vermutlich wird er bei den nigerianischen Medien keine Abnehmer finden. Jetzt kann er seinen Text auf der Plattform anbieten. Umgekehrt könnte ich auf dieser Plattform einen Text über die Corona-Maßnahmen in Nigeria anfordern.“

Michael Meyen wiederum hat mit seiner Frau eine Freie Akademie für Medien & Journalismus gegründet, wo Menschen, die im alternativen Journalismus tätig werden wollen, das nötige Handwerk lernen können. Kayvan Soufi-Siavash arbeitet hingegen an einer Vernetzung bestehender Alternativmedien und hat eine Plattform im Sinn, die alle Akteure der digitalen Gegenöffentlichkeit zusammenführt. Das Angebot ist mittlerweile tatsächlich sehr reichhaltig. Deshalb präsentiert van Rossum in seinem Buch nur einen Ausschnitt, akzentuiert in diesem Kontext aber, dass es trotz eines gemeinsamen Nenners durchaus eine Differenzierung gibt – von einer wertkonservativen bis hin zur kapitalismuskritischen Ausrichtung.

So wie der Autor einige wenige alternative Medienportale nennt, wirft er im Kapitel zum Recht ein Schlaglicht auf neue Vereine und Bürgerinitiativen, die sich das Ziel gesetzt haben, das zu korrigieren, was im Bereich der Judikative seit der Corona-Politik schiefläuft. Beispielhaft dafür steht das Schicksal eines Arztes, das van Rossum aufgreift, um zu veranschaulichen, dass alle zuvor als rechtsstaatlich geltenden Grundsätze über Bord geworfen wurden. Dieser Entwicklung wollen Fachleute wie Laien entgegenwirken, weshalb sie sich zusammenschließen. Erwähnt werden die Organisation Anwälte für Aufklärung oder das Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA), aber auch die weniger bekannte GemeinWohlLobby, die ein besonders ambitioniertes Projekt verfolgt. Die Bürgerinitiative arbeitet an einer neuen Verfassung: „Jeder, der will, kann seine Vorschläge einbringen. Diese werden von einem Auswertungsteam bearbeitet und juristisch ausformuliert. Dabei entstehen zwei oder drei Varianten, über die dann abgestimmt wird.“ Bislang sollen viele durchdachte Vorschläge eingereicht worden sein.

Um Aufarbeitung, Aufklärung, juristische Verfolgung und Verhinderung des Verbrechens gegen die Menschen aufgrund der Corona-Maßnahmen geht es hingegen dem Förderverein ZAAVV. Dieser habe mittlerweile eine Fallerfassung eingerichtet, die alle Vorgänge jener Art registriert, berichtet van Rossum. Wenn er diese neuen Initiativen und deren Arbeit vorstellt, dann im Kontext des staatlichen Bemühens, die außerparlamentarische Opposition zu kriminalisieren. Zur Unterstreichung werden unter anderem das Demokratieförderungsgesetz oder mehrere Verfassungsberichte zitiert, Texte, denen van Rossum einen atemberaubenden Mix „aus wirren Behauptungen und dem Jargon einer autoritären Gesinnungsüberwachung“ attestiert.

An solchen Stellen ist sein Ärger über die Vorgänge zu spüren, obwohl der Grundton eher optimistisch ist. In van Rossums Zeilen schimmert viel Hoffnung durch. Er glaubt so stark an eine positive Wirkung der neuen Gegenöffentlichkeit, dass seine Zuversicht bisweilen geradezu ansteckend wirkt. Die Lektüre erweist sich aber nicht nur deswegen als großer Gewinn. Sie bietet auch sehr viel Lesevergnügen, das sich vor allem dann steigert, wenn der Autor seine Formulierungskunst demonstriert – mit geistreichen Sprachbildern und ungewöhnlichen Wortkreationen. Dieses Können hat er bereits zuvor in zahlreichen Büchern unter Beweis gestellt, unter anderem in «Meine Pandemie mit Professor Drosten» und «Die Intensiv-Mafia», die beide im Rubikon-Verlag erschienen sind. Dieser gehört genauso zu den beschriebenen Alternativen im Medienbereich wie der Herausgeber des vorliegenden Werks.

Des Massel Verlag besteht nun seit knapp vier Jahren. Nachdem er sich zunächst hauptsächlich auf Kinderbücher und die Zeitschrift «Nachhall» konzentriert hat, startet er jetzt unter dem Titel «The Great WeSet» eine Sachbuch-Reihe. Angelehnt ist er an van Rossums gleichnamige Sendung beim Alternativmedium Manova. „Wir setzen dem Great Reset des Weltwirtschaftsforums ein We, ein Wir, entgegen“, beschreibt der Massel Verlag das neue Projekt. Seine Publikationen versteht er als „Spurensuchen“. Das trifft auf van Rossums Buch zweifellos zu. Es zeichnet kein Gesamtbild der entstehenden Gegenöffentlichkeit, folgt aber dicken Fußabdrücken, die einige Akteure der außerparlamentarischen Opposition hinterlassen haben. Sie weisen den Weg in eine bessere Zukunft und deuten an, dass es in den Bereichen Medien und Recht mehr Alternativen gibt, als allgemein vermutet wird.

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Hier geht es zum Buchkauf: https://www.masselverlag.de/The-Great-WeSet/Alternativen-in-Medien-und-Recht/

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: massel Verlag

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