Eine Rezension zu Wolfgang Bittners „Niemand soll hungern, ohne zu frieren" von Johannes Menath.
In der schnelllebigen Medienwelt wechseln sich fast täglich neue Groß- und Kleinereignisse ab und die Meldungen der letzten Monate geraten leicht in Vergessenheit. Emotional aufgebaute Bilder werden oft unbedarft als neue Meinungen durch die Masse akzeptiert, ohne dass tiefgreifendes Hintergrundwissen oder kontrastierende Standpunkte zu Rate gezogen würden. Wolfgang Bittner versucht der de-kontextualisierten und oft einheitlichen Berichterstattung durch seine Bücher etwas entgegenzusetzen und hat mit insgesamt fünf Büchern zur geopolitischen Situation in Europa eine persönliche Chronik des letzten Jahrzehnts geschaffen, die seinesgleichen sucht. In seinem neuen Buch „Niemand soll hungern, ohne zu frieren" schildert Bittner facettenreich seine Sicht auf die innen- und außenpolitischen Verhältnisse, wobei er das Zeitgeschehen nicht nur dokumentiert und analysiert, sondern auch seine persönlichen Erfahrungen mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in Deutschland und Russland einfließen lässt. Er beginnt das Buch mit einer Mahnung an die verhängnisvollen Ereignisse des Zweiten Weltkrieges, den er, als aus Schlesien Vertriebener, selbst miterlebte. Sein bleibendes Motiv, das sich durch alle seine politischen Bücher zieht, ist die Verhinderung eines neuen Krieges zwischen Deutschland und Russland und das Abwenden gesellschaftlich totalitärer Zustände, deren drohender Schatten über Deutschland liegt.
Die Gefahr im Inneren
In seinem Buch beschreibt Wolfgang Bittner akribisch, wie die Machtausweitung der Regierung gegenüber den Bürgern und der Opposition voranschreitet. So steigerte sich die Mitarbeiterzahl des Bundesamts für Verfassungsschutz in den fünf Jahren von 2017 bis 2023 um ein Drittel auf über 4200. Zudem richtet sich dieser Inlandsgeheimdienst nun gegen alle Bürger, deren Meinung angeblich unter die 2021 eingeführte Kategorie der „Delegitimierung des Staates" fällt, wobei keineswegs klar ist, wo die Kritik endet und die Delegitimierung beginnt. Durch diese Unschärfe gewinnt der Verfassungsschutz das Potential, sich in ein politisches Instrument zu verwandeln, das mit geheimdienstlichen Mitteln gegen oppositionelle Medien und Parteien vorgeht.
Parallel zur Ausweitung geheimdienstlicher Kompetenzen findet eine Erosion des Rechtsstaats statt. Laut Bittner ist
„... kaum noch zu vertuschen, dass sich Deutschland während der Corona-Krise zu einem rechtsfreien Raum entwickelt hatte. Die Gewaltenteilung war quasi aufgehoben, denn Regierung und Behörden setzten auf dem Verordnungswege Grundrechte außer Kraft, während das Parlament zuschaute und die Gerichte weitgehend regierungskonform urteilten. Legislative, Exekutive und Judikative, die sich in einer intakten Demokratie gegenseitig kontrollieren, nehmen ihre genuinen verfassungsgemäßen Aufgaben nicht wahr"1,
was sich an Beschlüssen zur Coronamaßnahmenpolitik, den Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der Asylpolitik zeige und durch Richter wie Stephan Harbarth betrieben werde, welcher als Bundestagsabgeordneter der Regierungspartei CDU bei seiner eigenen Wahl zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts durch den Bundestag mitwirkte.
Während all dies wie unbemerkt vonstattengeht, werden Gesetze wie das orwellsch klingende „Demokratiefördergesetz" auf den Weg gebracht, welche im „Kampf gegen rechts" regierungsnahe Nichtregierungsorganisationen wie das Recherchezentrum „Correctiv“ oder das Zentrum Liberale Moderne mit Millionenbeträgen ausstatten, um eine künstlich von oben erzeugte „Zivilgesellschaft" gegen oppositionelle Kräfte in Stellung zu bringen, was bei der Kampagne um ein sogenanntes Geheimtreffen in Potsdam anschaulich zu beobachten war.
Neben den Geheimdiensten, NGOs, Gerichten und den Parteien, die gern das Wort von „unserer Demokratie" im Munde führen, die verteidigt werden müsse, und mit „uns" mutmaßlich nur eine kleine Bürokartenschicht meinen, reihen sich die Medien als Instanz ein, die in weiten Teilen nicht mehr die Kritik dieser Institutionen im Sinn zu haben scheint, sondern sich, wie Bittner konstatiert, zu nicht mehr unabhängigen „Manipulations- und Desinformationsinstrumenten entwickelt"2 haben. Exemplarisch beschreibt Bittner hier eine Sendung der ZDF-Kindernachrichten, bei der sich die anthropomorphisierten Marschflugkörper „Storm Shadow" und „Scalp" mit „Taurus" unterhalten, der gern in die Ukraine geliefert werden möchte.
Bittner zeigt im Großen und Ganzen eine Kontinuität der Verfolgung Andersdenkender in Deutschland vom KPD-Verbot 1956 bis zur Inhaftierung von Michael Ballweg und Rainer Füllmich sowie dem Verbot des Compact-Magazins auf.
Der lachende Dritte
Ein zentrales Problem sieht Bittner in der mangelten Souveränität Deutschlands und dem Einfluss US-amerikanischer Eliten auf die deutsche Politik. Die 35.000 in Deutschland stationierten US-Soldaten, die im Fliegerhorst Büchel gelagerten Atomwaffen, die im Rahmen der NSA-Affäre ans Licht gekommen flächendeckende Überwachung, die selbstzerstörerischen Sanktionen gegen Russland und die omnipräsente amerikanische Kulturhegemonie zeichnen ein deutliches Bild. Die auf dem Cover des Buches abgebildeten, aus der zerstörten Nord Stream 2 Pipeline aufsteigenden Gasblasen, haben sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt und die fadenscheinigen Erklärungen und das Schweigen, mit denen dieses monumentale Ereignis bedeckt wurde, sowie die Konsequenz, mit der der Bericht des Journalisten Seymour Hersh ignoriert wurde, sind Indizien für die eigentlichen Loyalitäten der herrschenden Klasse.
„Jetzt wird Deutschland als Speerspitze gegen Russland eingesetzt, Japan und Südkorea gegen China. Das 'unverzichtbare exzeptionelle' Imperium spielt mit dem Feuer und droht seine Vasallen in ein Inferno hineinzuziehen."3
so Bittner. Diejenigen, welche vor fünf Jahren aus Angst vor einem heute fast vergessenen Virus Impfpflicht, Abstand und FFP2-Masken forderten, schwören die Bevölkerung heute auf eine kriegerische Eskalation mit der Atommacht Russland ein. Bittner weist hier besonders auf die großen strategischen Ziele hin, welche schon seit Jahrzehnten von zentralen Politberatern wie Zbigniew Brzeziński und George Friedman verkündet werden und die Etablierung eines Spaltkeils in Europa und letztendlich eines Regime Change in Russland zum Ziel haben.
„Das Geschäft der Kriegstreiber, die das nukleare Ende der Menschheit heraufbeschwören, nimmt immer wahnsinnigere Formen an. Was in dieser Lage noch bleibt, ist Widerstand. Die Weltuntergangsuhr zeigt 90 Sekunden vor Mitternacht, aber wir können Aufklären, Koalitionen schmieden, demonstrieren...".4
Mit diesem eindringlichen Fazit ruft Wolfgang Bittner den Leser zum Handeln auf, ohne das eine Änderung des eingeschlagenen Weges unmöglich ist.
Ein Weg in die Zukunft
Die Szenarien, welche Wolfgang Bittner hier beschreibt, zeigen eine bedrohliche Zukunft, doch ich denke, dass die offener sichtbar werdenden Auswüchse der Repression auch eine Chance darstellen und eine Form der Hilflosigkeit eines politisch-medialen Komplexes sein könnten, dem die Kontrolle mittels Propaganda, Ablenkung und Soft-Power-Techniken entgleitet und deshalb auf härtere Maßnahmen zurückgreifen muss. Die zentrale Aufgabe in diesem Freiheitskampf wird es sein, eine konkrete alternative Massenkommunikation sicherzustellen, welche die gesamte Bevölkerung millionenfach mit abweichenden Informationen in Kontakt bringen kann. Dies ist meiner Ansicht nach nur durch die Etablierung einer lagerübergreifenden Kampagnenfähigkeit der Alternativmedien zu erreichen, welche das Ziel hat, die Zuschauer aus ihrer passiven Rolle zu reißen, durch die massenhafte Verbreitung von Flugblättern und Schriftstücken in der realen Welt die Filterblasen des Internets zu durchbrechen und so alle, die bisher noch den Mainstream-Medien vertrauten, auf die vielseitigen digitalen Informationsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Wolfgang Bittners Bücher sind hierbei ein wichtiges argumentatives Werkzeug und sein Aufruf zur Aufklärung und zum Schmieden von Koalitionen sollte ernst genommen werden und in der Gründung professioneller Think-Tanks und Aufklärungskampagnen münden.
Quellen und Anmerkungen
1 Bittner, Wolfgang: Niemand soll hungern, ohne zu frieren. So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben. zeitgeist 2024, S. 124
2 Ebd. S. 28
3 Ebd. S. 77
4 Ebd. S. 201
Wolfgang Bittner, „Niemand soll hungern, ohne zu frieren. So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben.“, Verlag zeitgeist, Höhr-Grenzhausen 2024, Broschur, 280 Seiten, mit 25 Abb., 19,90 Euro
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: Vector things / shutterstock
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