Ein Kommentar von Norbert Häring.
Außenministerin Annalena Baerbock von den früher friedensbewegten Grünen (Motto 2021: Keine Waffen in Krisengebiete) hat die von Washington ohne Beteiligung des Bundestags verfügte Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen mit einer eklatanten Falschbehauptung verteidigt. Der wahre Status von Deutschland wird immer offensichtlicher. <1>
Mit ihrer einseitigen Entscheidung hat die US-Regierung dem letzten, der nicht absichtlich die Augen verschließt, den Status Deutschlands als einem abhängigen Protektorat der USA, eines Vasallenstaats, deutlich gemacht. Vor kurzem hat dies der Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner J.D. Vance und vor einem Jahr <2> der European Council on Foreign Relations offen ausgesprochen.
Die Außenministerin eines Vasallenstaates muss so eine Entscheidung dann gut finden und verteidigen, selbst wenn sie dafür zu alternativen Fakten Zuflucht nehmen muss. Baerbock sagte <3> den (vielen) Zeitungen der Funke-Mediengruppe in einem Interview, der russische Präsident Wladimir Putin habe schon vor Jahren mit Abrüstungsverträgen gebrochen. Damit wolle er Europa Angst machen und seine Gesellschaften spalten. Dass dem nicht so war, weiß eigentlich jeder, der sich ein bisschen mit internationaler Politik beschäftigt.
Nachlesen könnte unsere Außenministerin das zum Beispiel bei Oberst a.D. Wolfgang Richter in der Studie <4> von Februar 2022 „Ukraine im Nato-Russland-Spannungsfeld“ der unverdächtigen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). SWP berät den Bundestag und die Bundesregierung in Sicherheitsfragen. Richter hat sehr deutlich herausgearbeitet, dass es die USA waren, die Friedenssicherungs- und Abrüstungsvereinbarungen entweder blockierten oder aufkündigten. Hier einige Schlaglichter aus dem Papier. Mehr Kontext findet man bei Bedarf im Original:
„Das KSE-Anpassungsabkommen ist nicht in Kraft getreten, obwohl Russland es 2004 ratifiziert hat (KSE = Abkommen über konventionelle Streitkräfte in Europa). Im Bündnis blockierten die USA die Ratifizierung des AKSE, nachdem George W. Bush 2001 sein Amt als Präsident angetreten hatte (AKSE = KSE-Anpassungsabkommen). Er wollte den Abzug verbliebener russischer Stationierungstruppen aus Georgien und der Republik Moldau erreichen, um den Nato-Beitritt der Ukraine und Georgiens vorzubereiten.
Obwohl der AKSE wegen der Blockade durch die USA nicht in Kraft getreten war, traten der Nato ab 2004 Staaten bei, die dem KSE-Vertragsregime nicht angehören. So entstanden an Russlands Grenzen, nämlich in den baltischen Staaten, potentielle Stationierungsräume der Allianz, die keinen rechtsgültigen Rüstungskontrollregeln unterliegen.
Ferner verhinderten die USA, dass die Zusage, keine zusätzlichen »substantiellen Kampftruppen« dauerhaft zu stationieren, gemeinsam mit Russland definiert wurde. Dies wäre aber schon deshalb wichtig, weil Russland gleichlautende Verpflichtungen für die Grenzräume zu den baltischen Staaten, Polen und Finnland eingegangen ist. Stattdessen schufen die USA 2007 eine ständige Militärpräsenz am Schwarzen Meer, ohne dies vorher im Bündnis oder im Nato-Russland-Rat zu erörtern. Ihre »rotierenden« Kampftruppen in Rumänien und Bulgarien bezeichneten die USA als »nicht substantiell«. Beide Staaten gehören aber zum »Flankengebiet der östlichen Gruppe« der KSE-Vertragsstaaten, für die besondere Begrenzungen und Konsultationspflichten gelten.
Den Austritt der USA aus dem Vertrag über die Begrenzung strategischer Raketenabwehrsysteme (ABM-Vertrag) 2002 wertete Moskau als Gefahr für die strategische Stabilität. Sie verschärfte sich, als die USA 2007 mit Polen und Tschechien bilateral vereinbarten, dort Raketenabwehrsysteme zu stationieren. Washingtons Begründung, der iranischen Bedrohung begegnen zu müssen, zog Moskau in Zweifel.“
Quellen
<1> https://norberthaering.de/propaganda-zensur/baerbock-us-raketen/
<2> https://norberthaering.de/news/ecfr-vasallen/
<3> https://www.tagesschau.de/inland/baerbock-raketen-stationierung-100.html
<4> https://www.swp-berlin.org/publications/products/aktuell/2022A11_ukraine_russland_nato.pdf
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 23. Juli 2024 bei norberthaering.de
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Bildquelle: photocosmos1 / shutterstock
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