Ein Standpunkt von Hendrik Sodenkamp.
Die Staaten der Welt polen ihre Wirtschaft auf Konfrontation.
Der Krieg in der Ukraine soll weitergehen. Am 4. November 2023 sagte das US-Verteidigungsministerium der Ukraine erneute Waffenhilfe in Höhe von 425 Millionen Dollar zu.
Wie die bundesregierungsnahe Tagesschau meldete, sollen dem osteuropäischen Land Waffen im Wert von 125 Millionen Dollar geliefert und außerdem für weitere 300 Millionen Dollar »lasergesteuerte Munition zur Abwehr von Drohnen« von den USA bei der Rüstungsindustrie bestellt werden. Damit lösen sich gehegte Hoffnungen von Kriegskritikern in Luft auf, dass die Haushaltsstreitigkeiten in den USA zu einem Stopp von Waffenlieferungen an die stagnierende Nato-Ostfront führen und damit die Notwendigkeit von Friedensverhandlungen schaffen würden.
Dies kann auch als »Erfolg« des ukrainischen Präsidenten Selenski gewertet werden. Dieser hatte in einem Interview mit dem US-Magazin Time, das am 30. Oktober 2023 veröffentlicht wurde, geäußert, dass er eine »Welle der Kriegsmüdigkeit« bemerke. »Das Erschreckendste ist, dass sich ein Teil der Welt an den Krieg in der Ukraine gewöhnt hat«, so Selenski. Die Öffentlichkeit sei nicht mehr in dem Maße fasziniert vom Sterben im Osten, sehe den Krieg wie eine Show und wolle sich »diese Wiederholung nicht zum zehnten Mal ansehen«, so Selenskyi gegenüber dem US-Magazin. »Niemand glaubt so sehr an unseren Sieg wie ich. Niemand.«
Das Time-Magazin unterstützt Selenski tatkräftig in seinen Waffenforderungen und zitierte einen »anonym bleibenden Mitarbeiter« des ukrainischen Präsidenten. Selenski fühle sich von seinen westlichen Partnern verraten, so die geheimnisvolle Quelle. Die westlichen Partner – also auch die Bundesregierung – hätten der Ukraine nicht die Mittel für einen Sieg gegeben, sondern nur die Mittel, um den Krieg zu überleben. Bei solchen Einblicken in die Gefühlswelt des Präsidenten muss man einfach schwach werden: Nun kommen sie, die neuen Waffen, auch wenn keine Geländegewinne im Osten mehr zu erwarten sind.
Machen, was wirklich zählt
Russland selber kündigte nun an, im Jahr 2024 den Verteidigungshaushalt auf umgerechnet rund 109 Milliarden Euro zu erhöhen – fast doppelt so hoch wie 2023. Russland würde somit rund ein Drittel seines Haushalts in Waffen stecken. In Deutschland kursiert im Zusammenhang mit dem sogenannten Zwei-Prozent-Ziel der Nato die Vorstellung, dass die Bundesrepublik nur einen kleinen Teil der Steuergelder (zwei Prozent) in Kriegsvorbereitungen stecke. Tatsächlich belaufen sich die Ausgaben für die deutsche Rüstung im Jahr 2024 mit 60 Milliarden Euro auf rund 12,5 Prozent des Staatshaushaltes. Der russische Staat wird mit seinen 109 Milliarden Euro Ausgaben zudem niemals in die Nähe der US-Rüstungsausgaben von derzeit rund 877 Milliarden US-Dollar kommen.
Russland finanziert sich diesen Anstieg des Kriegshaushaltes mit gesteigerten Erlösen aus Rohstoffeinnahmen. Der nun erneut aufgeflammte Nahostkrieg soll laut Experten zu einem weiteren Anstieg der Öl- und Gaspreise führen, was dem russischen Haushalt zugute kommt.
Den Panzer grün anmalen
Deutschland hat es da schwieriger. Die Rezession ist voll da und wird wohl bleiben. Doch wie wir es aus den vergangenen Jahren gewohnt sind, verkündeten die sogenannten Wirtschaftsweisen Erfolgsmeldungen. Das »wissenschaftliche« und »unabhängige« Beratergremium (ähnlich wie der Ethikrat) hatte Anfang des Jahres 2023 noch verlautbart, dass die ökonomische Lage der Bundesrepublik schlecht, aber nicht ernst sei. Nun mussten sie ihre Prognose nach unten korrigieren. Gemeinsam mit Wirtschaftsminister Robert Habeck korrigierten sie, dass die Wirtschaftsleistung Deutschlands um 0,4 Prozent im Jahr 2023 schrumpfe. Aber – wer hätte das gedacht – »2024 soll die Wirtschaft nach übereinstimmender Erwartung der Bundesregierung und der Institute zumindest wieder um 1,3 Prozent wachsen«, meinte die Tagesschau die Durchhalteparole der Bundesregierung zu vermelden. Denn selbstverständlich hat Robert Habeck einen Plan: seine geniale Industriestrategie, über die wir in DW-Ausgabe 153 berichteten.
Selbstverständlich ging diese nicht auf einen Einfall Habecks zurück, sondern auf den Einfluss demokratisch nicht legitimierter Bürokraten in der EU-Kommission. Diese legte bereits im März 2023 ein sogenanntes »Gesetz zu kritischen Rohstoffen für die Zukunft der EU-Lieferketten« vor. Dieses zielt laut Kommissions-Internetseite darauf ab, »die Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen zu verbessern und zu diversifizieren«, die »Kreislauffähigkeit, einschließlich des Recyclings zu stärken« sowie »die Forschung und Innovation in den Bereich Ressourceneffizienz und Entwicklung von Ersatzstoffen zu unterstützen«.
Wegen solch blumiger Worte gelang es der Presseabteilung der Bundesregierung im März 2023 dieses Gesetzespapier als »wichtigen und dringend erforderlichen Beitrag für die Klimaneutralität Europas« zu verkaufen. Dabei geht es diesem Gesetz ausdrücklich darum, »strategische Technologien im Raumfahrt- und Verteidigungssektor« zu befeuern. Die Kriegsvorbereitungen gehen in der EU also weiter. Im Juni 2023 gab der europäische Rat seine Stellungnahme zum Rohstoffbeschaffungsprogramm ab, die Verhandlungen laufen.
Manager stellen sich auf Verhältnisse ein
Kritisch wird das Vorhaben von Wirtschaftsverbänden gesehen. So meldete die Deutsche Industrie- und Handelskammer im Juli 2023: »In der nun vorgelegten Wirtschaftssicherheits- Strategie sowie in aktuell diskutierten EU-Vorhaben – beispielsweise dem Critical Raw Materials Act – sind Vorschläge enthalten, die sich deutlich vom freien Handel und offenen Märkten entfernen.« Kurz: Die Wirtschaftsverbände befürchten den Einbruch der Geschäfte, doch die Regierungen wollen Krieg vorbereiten. Die »Entwicklung von Ersatzstoffen « war in Kriegszeiten immer schon eine wirtschaftliche Priorität, man denke an den schon überaus köstlich klingenden Muckefuck.
Die Welt und im Besonderen die Nato- Zone bereitet sich also auf große militärische Abenteuer vor. Dabei gäbe es im Inland ausreichend zu tun. So ergab nun eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht, dass mehr als jeder zweite Rentner in Deutschland, der 40 Jahre oder mehr gearbeitet hat, weniger als 1.400 Euro Rente monatlich bekommt. 2,5 Millionen Rentner haben laut Angaben des Ministeriums sogar noch weniger als 1.200 Euro monatlich zur Verfügung.
Gebrochene Versprechen
Hochrechnungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe gaben zudem an, dass mehr als 600.000 Menschen in Deutschland ohne Wohnung seien, rund 60 Prozent mehr als noch im Jahr 2022. Dabei kämen die meisten den Angaben zufolge vorübergehend bei Verwandten, Freunden oder Bekannten unter, hätten aber keine eigene Wohnung. Rund 50.000 Menschen lebten auf der Straße. Hauptgrund sei fehlender bezahlbarer Wohnraum und die steigenden Zahlen von Flüchtlingen in Deutschland, so eine Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft. Beide Projekte – Schaffung von mehr Wohnraum und die Reduzierung der Flüchtlingszahlen – waren von der Bundesregierung vollmundig angekündigt worden. Doch statt Rente, sozialen Frieden und Wohnungen gibt es Marschflugkörper, Muckefuck und Flüssiggas vor Rügen. (1)
Quellen
(1) Dieser Text erschien in der Wochenzeitung Demokratischer Widerstand (DW) Ausgabe 154 vom Samstag, 11. November 2023.
+++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Charivni_Spogady / shutterstock
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