Wir können nicht nicht!

Ein Meinungsbeitrag von Mike Ahrend.

Der rosa Elefant

Denke jetzt nicht an einen rosa Elefanten! Jeder kennt das so oder so ähnlich. Und jeder weiß, es ist unmöglich. Das Lesen der Worte erzeugt die Bilder im Kopf, das „nicht“ in dem Satz wird ausgeblendet, das Gehirn kann damit nichts anfangen. Um die Aufgabe doch lösen zu können, kann man eigentlich nur an ein rosa Nashorn denken. Zumindest mir geht das so.

Ich bin jetzt Teil der Bewegung, seit ich Kayvan Souvi-Siavash (allen hier sicherlich bestens als Ken Jebsen bekannt) etwa im Herbst 2018 auf Youtube in einem Gespräch mit dem Autotuner J.P. Krämer entdeckte. Dann sah ich, krankheitsbedingt mit viel Zeit ausgestattet, alle Folgen KenFM im Gespräch (inklusive der jeweils vorgestellten Bücher), MMM, Positionen usw. Das bedeutet also, ich habe diesen Aufklärungsprozess, von dem in den alternativen Medien immer die Rede ist, durchlaufen.

Wie so viele von euch auch bin ich dann mit meinen Erkenntnissen im Bekanntenkreis hausieren gegangen. Der Erfolg blieb aus. Da draußen gibt es eine große Menge Menschen, denen die richtige Frisur und die richtigen Schuhe deutlich wichtiger sind, als ob woanders ein paar Millionen Menschen in einem Krieg sterben, der hätte vermieden werden können. Das ist natürlich nur ein Beispiel, die Menschen, die so oder ähnlich denken sind auch eher erfolgreiche „Produkte“ von Manipulationen, als dass sie durch eigenes Denken zu diesen Ansichten gekommen wären. Fakt ist aber, dass Aufklärung bei diesen Menschen nicht funktioniert. Und ohne einen großen Teil dieser Gruppe bekommen wir keine Massenbewegung hin, die wirklich etwas verändern kann. Hier ist meine Sicht auf die verschiedenen Probleme und eine mögliche Lösung.

Alternative Medien ohne wirkliche Alternative

Als großes Problem sehe ich, dass 99% der Nachrichten, Berichte und Analysen auch in den alternativen Medien NEGATIV sind. Alles dreht sich um die Ampel, Bill Gates, den WEF usw. Tag für Tag richtet sich alle Energie und Aufmerksamkeit auf diese Spieler. Die alle nichts zu einer Lösung beitragen werden. Nun erfüllen die Journalisten natürlich nur ihre Chronistenpflicht, sie würden auch sicher lieber über andere Themen schreiben. Sie sind gewissermaßen unschuldig, da sie ja die „Bösen“ nicht gemacht haben, sondern nur darüber berichten. Für mich stimmt das nur zum Teil. Vermutlich ist es der Ehrgeiz eines jeden Medienschaffenden, dass er Leser oder heute eher Klicks generieren möchte. So sind die neuesten Erkenntnisse über die Pipeline-Sprengungen interessant für 10.000 Leser. Einen Bericht über eine Solawi am Stadtrand von Hamburg lesen vielleicht nur 300. Die 10.000 sind nach dem Lesen informierter als vorher und tun in der Regel nichts. Wenn das anders wäre, hätten wir längst die Massenbewegung auf der Straße. Von den 300 hingegen wollen vielleicht 10 selbst eine Solawi gründen oder bei einer mitarbeiten. Das verändert was. Als kleines Fazit möchte ich also alle alternativen Medien auffordern, regelmäßig einen Teil ihrer Artikel Menschen und Projekten zu widmen, die direkt an Lösungen arbeiten.

Empörung ist nur eine kurzlebige Emotion

Ich komme natürlich trotzdem nicht von den alternativen Medien weg, ohne sie würde ich hier nicht schreiben und sie sind die einzigen mit Reichweite. Bei „Tacheles mit Röper und Stein“ sagt Robert Stein immer mal wieder, dass er sich nur die Aufklärung als einzige Möglichkeit vorstellen kann. Es sei eine Einbahnstraße, wer einmal aufgeweckt wurde, geht nie mehr zurück. Das sehe ich auch so, nur wird die Zahl der „neu Aufgeweckten“ immer kleiner. Und wie viele von Ihnen suchen sofort nach Möglichkeiten, sich einzubringen? Jeder der hört, wie wir hier alle jeden Tag mit voller Absicht belogen und betrogen werden, ist natürlich stinksauer. Am Anfang zweifelt man noch, misstraut den Quellen, will es nicht wahr haben. Spätestens wenn einem keine Ausrede mehr einfällt, ist man dann wirklich empört und stinksauer. Mein Freund D aus H sagt immer, wir brauchen noch viel mehr Empörte, nur so kann es eine Massenbewegung werden. Ich freue mich da auf die Kommentare, aber wenn ich bei mir selbst stehen bleibe: Empörung geht genau so schnell wieder, wie sie gekommen ist. Andere Dinge werden wichtiger, man will sich auch mal wieder mit positiven Dingen beschäftigen, der Alltag fordert Aufmerksamkeit usw. Außer in Hollywood Filmen kenne ich niemanden, der über Jahre auf hohem Niveau empört ist. Meist sinnen die Leute in den Filmen dann auf Rache, verschwenden ihr ganzes Leben…Hollywood halt. In der Praxis kommt es einfach dazu, dass zwar ständig eine immer geringer werdende Anzahl neuer „Empörter“ dazu kommt, viele „Altempörte“ aber schon nicht mehr dabei sind. Das bildet ziemlich genau das ab, was wir auf den Montagsdemos, Autokorsos etc. sehen. Die Leute, die über Jahre dabei bleiben, tun das meist, weil sie sich dort wohl fühlen.

Ausschluss durch hohe Hürden

Es gibt jede Menge Richtungen in der Bewegung, die alle was bewegen wollen und zum Teil auch können. Selbsterkenntnis, Spiritualität, Rechtsexperten, Dreigliederungsexperten u.v.m. haben alle für sich Ursache und Lösung des ganzen Dilemmas gefunden. Nur leider sind sie alle durch jahrelanges Studium und Arbeit an sich selbst sehr weit oben in ihrer Pyramide angekommen. Ich sehe sehr oft, dass diese „Elite“ keinerlei Anstrengungen unternimmt, ihr Wissen der Basis zugänglich zu machen. Dies kann geschehen, in dem man entweder die Komplexität des Ganzen einfacher zugänglich macht oder dass es genügt, wenn nur Teilaspekte verstanden werden. Wenn beides unmöglich ist, ist es für mich mit Sicherheit nicht der ideale Weg, um eine große Menge von Menschen zu erreichen.

Glaube und Perspektive

Wenn man sich über eine lange Zeit, egal mit welchem Gedankengut, gemein macht, entwickelt man einen Glauben daran. Je tiefer und intensiver dieser Glaube wird, um so weniger ist man in der Lage, auch nur halbwegs objektiv von außen darauf zu schauen. Eigentlich sind immer nur Menschen außerhalb der eigenen Pyramide in der Lage, die Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns einzuschätzen. Was überhaupt nicht bedeutet, dass diese Menschen in jedem Fall recht haben, aber ohne einen kritischen Blick von außen geht es eigentlich kaum. Gerald Hüther hat es mal, wie so oft, schön auf den Punkt gebracht:

„Wenn ich jemandem das nehmen will, woran er ganz fest glaubt, ist das für denjenigen genauso, also ob ich ihm einen Arm oder ein Bein abschneiden will. Und genauso wehrt er sich auch!“

Ideen folgen statt Menschen

Wir alle kennen das Schamgefühl. Und mögen es nicht. Ich vermute, es wurde sehr früh als eine Art „gelbe Karte“ in unser Denken integriert. Wenn man sich gemeinschaftsschädlich verhalten hat, sollte man sich schämen. Der nächste Schritt wäre dann der Ausschluss aus der Gemeinschaft gewesen, was damals fast immer den sicheren Tod bedeutet hat. Heute muss zwar keiner mehr deshalb sterben, aber wir schämen uns immer noch nicht gern. Es kann immer dann dazu kommen, wenn wir für etwas verantwortlich sind, es dann aber nicht hinbekommen. Vielleicht liegt es daran, dass wir die Verantwortung so gern abgeben und dann blind denen hinterher laufen, die sie übernommen haben? Die wenigsten „Anführer“ kommen psychisch damit zurecht, narzisstischen Störungen sind Tür und Tor geöffnet. Mir fallen da selbst in der Bewegung so ein, zwei Namen ein.

Auch hat kein Mensch nur gute und richtige Gedanken. Ich persönlich hoffe ja, dass in diesen, wieder viel zu vielen, Zeilen einige gute Ideen stecken. Einschätzen kann es nur der Leser. Sollten einige, denen vielleicht der Halt im Leben fehlt, mir folgen wollen, lehne ich das ab! Zu meinem Glück habe ich Familie und die WIRKRAFT Gemeinschaft. Einige würden mir sofort den Kopf waschen, falls ich die Bodenhaftung verlieren sollte. Falls also jemand einen Schrein mit einem Bild von mir baut: Ich komme persönlich vorbei und reiße ihn ein!

Der Nichtfußballverein

Nun haben wir diese vielen Menschen in der total zersplitterten Bewegung. Teilweise laufen sie blind einem Narzissten hinterher, teilweise glauben sie sehr fest an etwas, dass für alle, die es von außen betrachten, keinen Sinn ergibt. Zu allem Überfluss kommt jetzt noch immer wieder der Ruf nach Vernetzung auf. Damit wir mehr werden und was bewegen können. Wer ist wir?

Früher hatte ich ein Bild dazu, dass Menschen eine Fahrgemeinschaft bilden wollen, ohne zu wissen, wo es denn hin gehen und welches Verkehrsmittel genutzt werden soll. Das trifft es noch nicht ganz. Man stelle sich Menschen vor, die gern Sport machen. Es gibt Boxen, Handball, Leichtathletik, Tischtennis, Reitsport. Keiner von ihnen mag Fußball. Gründen die jetzt einen Nichtfußballverein? Um dann gemeinsam zu trainieren? Der Boxer streckt den Handballer mit einer Geraden nieder, der andere Handballer knallt dem Leichtathleten einen Ball an den Kopf und die Pferde zertrampeln die Tartanbahn. Natürlich können die zusammen arbeiten um zum Beispiel den Bau einer Sporthalle zu organisieren. Nur dann vernetzen sie sich, um eine Sporthalle zu bekommen. Nicht, weil sie keinen Fußball mögen oder den anderen davon überzeugen wollen, dass nur ihr Sport der einzig wahre ist.

Vision und Realität

Leser meiner früheren Artikel ahnen es sicher schon, jetzt komme ich wieder mit der Vision um die Ecke. Dirk Pohlmann hat mal im 3. Jahrtausend gesagt, dass wir uns irgendwann um den Sollzustand kümmern sollten. Ja, lieber Dirk, wann denn? Sicherlich an dem Tag, an dem die alternativen Journalisten erklären, dass es trotz bester Aufklärung nicht gelungen ist, eine Massenbewegung zu initiieren. Bis dahin machen wir weiterhin immer den gleichen Fehler: Es gibt massenhaft visionäre Gedanken, die SOFORT in die Realität umgesetzt werden sollen. Der bedauernswerte Julian Assange sitzt sehr sicher verwahrt in Belmarsh. Roger Waters und viele, viele andere Menschen haben die Vision, dass er frei kommt. Das System setzt sich mit dem Ar… drauf und behält ihn in Haft. Alle Zeit und Energie dieser Menschen ist verbraucht und man hat leider(!) nichts erreicht. Selbst wenn wir, rein hypothetisch, mit einer Million Menschen nach Belmarsh gehen würden, und sie müssten ihn wirklich freilassen – sie würden 10 andere einsperren. So eine Million bekommt man beim besten Willen nicht jede Woche auf die Straße, die Menschen müssen alle für sich selbst sorgen, arbeiten gehen usw. Sinnvoll wäre doch wohl viel eher, die Hoheit über das Gefängnis, die Gerichte, den Staatsapparat, ja die ganze Welt zu holen. Sich auf Eckpunkte zu einigen, einen Rahmen zu ziehen. Genau zu definieren, wie man die Welt haben möchte. Dann ist endlich die Richtung klar, man kann in ganz kleinen Schritten losgehen. Und nein, man muss nicht warten, bis alles zusammen gebrochen ist, weil sonst die Umsetzung verhindert wird. Es ist ein alter Hut, aber vielleicht hat es wirklich der oder die eine oder andere noch nicht gehört: DIE GEDANKEN SIND FREI! Im Gegensatz zur Befreiung des armen Julian, dessen Zellenschlüssel wir leider nicht haben, können wir uns völlig frei Gedanken um unsere Zukunft machen. Uns ein Wirtschaftssystem ausdenken, Bildung, Gesundheit, Finanzen, Politik, Verwaltung. Ja, ich weiß, es gibt schon viele gute Ideen, aber alle in einzelnen Bereichen! Die Verknüpfung fehlt. Wie viel Geld muss in der Wirtschaft verdient werden, damit Bildung und Gesundheit bezahlt werden können? Soll es ein Steuersystem geben? Falls es jemandem noch nicht aufgefallen sein sollte, das Ganze könnte ein wenig komplex werden und ist nicht mit drei Leuten an einem Wochenende fertig. Und es werden keine Journalisten sein, die sich das für uns ausdenken. Aber darüber berichten!

Langfristig kurzfristig

Jetzt werden viele von euch denken: Das dauert ja Jahre. Oder gar Generationen. Stimmt. Oder auch nicht. Während bei „Freiheit für Julian Assange“ oben die gesamte Energie quasi verpufft, bleibt sie im „Visionsprojekt“ erhalten. Da die Vision mit jeder Zeile, mit jedem Meeting, mit jedem neuen Aktiven, der dazu kommt, wächst, entsteht positive Energie. Menschen aus einem ganz anderen Umfeld, die sich im Leben nicht als Querdenker oder Schwurbler bezeichnen würden, haben großes Interesse an einem besseren Geldsystem oder an einer Schule, die die Würde des Kindes ganz nach oben stellt. Wenn wir das gut, nein das reicht nicht, wenn wir das perfekt organisieren, ständig neue Aktive dazu kommen können, die in Arbeitsgruppen eingegliedert werden können, ein effektives Arbeitsumfeld vorfinden, dann kann das ganz schnell sehr groß werden. Millionen von Menschen, die etwas wollen, erzeugen eine riesige Energiewelle. Die fegt alles hinweg. Möglich ist es, weil alle Menschen in letzter Instanz Menschen sind. Sie wollen frei sein. Ein Minimum an Regeln, damit die Gemeinschaft funktioniert. Ein Maximum an persönlicher Freiheit. Minimaler Ressourcenverbrauch. Das Glück als oberstes Lebensziel. Frieden mit den Nachbarn. Ein gesundes Maß an Mobilität. Zugang zu Kunst und Kultur. Was habe ich vergessen?

Ja, das ist Träumerei. Aber, dass müssen mir, denke ich, auch die sicher zahlreichen Kritiker unter den Lesern zugestehen: Es ist möglich! Wenn dann die Vision steht und die Welle alles weg gespült hat, vielleicht lebt ja Julian noch und kann wieder frei sein.

Mein Fazit

Unsere Aufgabe ist es, die Bewegung zu verändern. Wir brauchen sehr dringend ein Ziel, dass außerhalb von allen Gruppierungen liegt. So dass jeder Mensch seinen Glauben behalten kann, seinem Anführer folgen, auf seinem Wissens- oder Selbsterkenntnisstand bleiben kann. Alle sind willkommen, an der Zukunft mitzuarbeiten. Alle Energie fließt in den Aufbau der Zukunft. Je mehr Menschen und Energie eingesetzt wird, um so früher hat es positive Auswirkungen auf die Gegenwart.

Das Projekt wird klug organisiert, es schützt sich selbst vor Störern und Zerstörern. Vollkommen klar ist, dass einige Menschen nur eine Stunde pro Woche aufbringen können. Andere können „nur“ Bilder malen oder Rechtschreibung Korrektur lesen. Noch andere sind wenig kreativ, können aber organisieren und Strukturen erschaffen. Ich habe da die Gemeinschaft der Entwickler von freier Software vor Augen. Bei Linux, Firefox, Libreoffice und so weiter funktioniert das schon einige Dekaden.

Der Prozess ist dynamisch. Die Ziele sind grob umrissen, werden aber ständig angepasst. Es wird nicht nur Anpassungen geben, weil die Zahl der Menschen, die mitmachen, sich verändert, sondern die Menschen selbst werden sich verändern. Das ist unausweichlich. Ich erlebe das selbst beim Aufbau der WIRKRAFT an jedem Tag.

Die Zukunft kann kommen.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: oatawa / shutterstock

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Kommentare (11)

11 Kommentare zu: “Wir können nicht nicht!

  1. Nevyn sagt:

    „Wir können nicht nicht kommunizieren.“ (Paul Watzlawick)

    Ich bin dem alten Kärntener leider nie begegnet, mag aber besonders seinen verschmitzten Humor, z. B. in seiner Anleitung zum Unglücklichsein.
    Es wird jede Begegnung mit einem Menschen, sei sie nun virtuell oder real, zu einem Erlebnis, wenn man versucht, durch seine Art der Kommunikation zu seinem Wesen vorzudringen, also das Ziel seiner Wahrnehmung danach ausrichtet, ihn wesentlich zu erkennen und damit in echten Kontakt zu treten.

    Viele Äußerungen von Menschen sind gar keine Kontaktversuche, obwohl sie so aussehen. Zwei Menschen reden häufig zur gleichen Zeit aufeinander ein. Wenn sie etwas besser erzogen sind, warten sie, bis der andere fertig ist oder sich eine Lücke ergibt, z. B. beim Luftholen, in die man springen kann. Ist das auch Kommunikation? Der Begriff meint ja „gemeinschaftlich machen“, also etwas von sich selbst in den Anderen fließen zu lassen und umgekehrt.

    Die meisten Versuche, andere von der eigenen Weltsicht zu überzeugen, erlebe ich im Grunde als Selbstversicherungsversuch, als Versuch, in seinem So Sein angenommen zu werden. Je aggressiver und häufiger sie vorgetragen werden, desto größere Unsicherheit lässt sich dahinter vermuten. Das Wahrnehmen des Wesentlichen gelingt allerdings nur, wenn man als Gegenüber oder Beobachter selbst ganz bei sich ist und nicht mehr den Drang verspürt, sich in das Thema zu verwickeln. Erst dann beginnt überhaupt Verstehen, denn nun arbeiten beide Hälften des Gehirns nicht nur gleichzeitig sondern auch miteinander, sie kommunizieren im ursprünglichen Sinn des Wortes und eröffnen damit den Raum, in dem echte Kommunikation stattfinden kann, deren höchste Form die Kommunion darstellt, die Gemeinschaft zweier oder mehrerer Gehirne und Herzen, die im gleichen Takt schwingen.

    Eines der deutlichsten Zeichen für einen Fortschritt auf diesem Weg besteht darin, dass man aufhört, andere von seinen Ansichten überzeugen zu wollen. In gewisser Weise kehrt sich die Motivation um. Man versucht zu ergründen, wie der Andere wirklich ist, wenn er seine Ansichten vorträgt, was sich hinter seiner Maske, hinter seinem Präsentationsschema verbirgt. Schafft man das, wird echte Kommunikation überhaupt erst möglich und man gelangt jenseits der Inszenierung von Dramen. Unbewusstes wird bewusst.

    Immer wird der Mensch auf sich selbst zurück geworfen, meist durch Krankheit oder Schicksal, und immer wieder flieht er vor genau diesem Punkt, den er am wenigsten auszuhalten im Stande zu sein glaubt. Kämen wir doch einmal ganz bei uns an, die Welt erschiene uns in völlig anderem Licht.

    • Mike Ahrend sagt:

      Hallo Nevyn,
      Danke für den Kommentar. Was Du schreibst ist vollkommen richtig, ich sehe es genau so.
      Du, Ich und die meisten Leser hier bei apolut.net können damit etwas anfangen. Es braucht halt ein gewisses intellektuelles Niveau und ein Maß an Selbsterkenntnis. Wenn wir mit den Leuten, die das verstanden haben, etwas verändern wollen, haben wir weniger als 1% der Menschen auf unserer Seite.
      Daher mache ich mir viele Gedanken über etwas "massentauglicheres", ohne dass das dann plump und primitiv ist. Nicht ganz einfach.
      Aber ich lebe das, ich missioniere schon lange nicht mehr. Danke.

  2. Mike Ahrend sagt:

    Danke für die kritischen Worte. „Die Bewegung“ ist für mich die Gesamtheit von Gruppen und Einzelpersonen, die mit dem bestehenden System unzufrieden sind. Sie ist ganz sicher nicht homogen und schwer zu beschreiben…welchen Ausdruck würdest Du benutzen für Menschen, die nicht (mehr) glauben, was die Tagesschau sagt?
    Zur Gruppierung hast Du vollkommen recht, es entsteht eine neue. Was ich zum Ausdruck bringen wollte war, dass die Menschen ihre „alte“ Gruppe nicht verlassen müssen. Sehr gern können zwei Menschen mit guten Ideen zum Bildungssystem zusammen arbeiten. Auch wenn der eine glaubt, die Erde ist rund und der andere, sie wäre eine Scheibe. Für das neue Bildungssystem ist das unerheblich.
    Mit der Vielzahl der Ideen hast Du auch recht. Wenn wir beim Beispiel Bildung bleiben, suchen wir nicht die eine Schule, in die alle gehen müssen. Ein Rahmen, der ganz viele Bildungsformen ermöglicht, aber eines, in dem Schüler mit dem Rohrstock geschlagen werden, ausschließt. Im Kern sind wir alle Menschen und haben grundsätzlich die gleichen Bedürfnisse. Das MUSS einen Konsens ermöglichen. Das WEF hat einen Konsens, wie wir alle leben und arbeiten sollen. Was haben wir?
    Der Konsensierungsprozess ist nicht einfach, macht Arbeit und dauert schier ewig. Was ist die Alternative?
    Ich schätze, dass 90% der Uneinigkeit aus Streitereien über die Ursachen des ganzen Dilemmas besteht. Ob es das Kaiserreich rein rechtlich noch gibt und wenn ja, ob die Gesetze von 1914 oder die von 1871 noch gelten. Da hauen sich alle die Köpfe ein, verweigern jede Zusammenarbeit und, selbst wenn es mal abschließend geklärt werden würde, bringt es uns einer Lösung keinen Schritt näher. Das herrschende Recht ist das Recht der Herrschenden. Sie halten sich nicht mal ans aktuelle Grundgesetz oder an das BGB…in dem Bereich werden wir noch lange auf eine Lösung warten müssen.

    • Quin Igitur sagt:

      Danke meinerseits, Herr Ahrend, dass Sie sich Zeit genommen haben für die Auseinandersetzung mit meinen Anmerkungen.

      Welchen Ausdruck ich für Menschen verwenden würde, die „nicht (mehr) glauben, was die Tagesschau sagt“? Nun, nur einen: Menschen, die nicht (mehr) glauben, was die Tagesschau sagt. Was für einen Sinn soll eine darüber hinaus gehende Kategorisierung denn haben?

      Spielen wir mal ein kleines Gedankenspiel und übertragen die Frage auf einen anderen Bereich: welchen Ausdruck kann man für Menschen verwenden, die nicht an die Lehren der Evangelien glauben?

      Atheisten?
      Agnostiker?
      Juden?
      Muslime?
      Buddhisten?
      Rastafaris?

      Natürlich können Sie statt der Evangelien auch den Koran, das Kommunistische Manifest, die Urknalltheorie und sonst noch was als Beispiel nehmen. Das Prinzip ist gleich – wir greifen ein Merkmal der Wirklichkeit, das wir aus irgendwelchen Gründen für relevant halten, heraus – etwa die skeptische Haltung gegenüber den deutschen Mainstreammedien – und bilden unsere Kategorisierungen ausgehend von diesem herausgegriffenen Merkmal.

      Als Gedankenstürze kann das für den Analyseprozess bisweilen hilfreich sein. Doch sollte man den konstruierten Charakter einer so herausgegriffenen Gruppe nicht vergessen. Auch halte ich es für einen Irrtum, davon auszugehen, dass Menschen, deren einziger gemeinsamer Nenner darin besteht, nicht an die Tagesschau zu glauben, deshalb irgendwie ähnliche Ziele oder Interessen haben müssen. Mir sind auch Personen begegnet, die die Tagesschau deshalb kritisieren, weile diese ihrer Ansicht nach viel zu nachsichtig mit „rechts“ umgehe, Ausländerkriminalität weit überdramitisiere (!) und “Putinverstehern“ zu viel Platz einräume. Ja. Das ist wirklich kein Scherz.

      „Gesamtheit von Gruppen und Einzelpersonen, die mit dem bestehenden System unzufrieden sind.“ erscheint mir noch problematischer.

      Es gibt Menschen, die mit bestehenden System nicht zufrieden sind, weil sie es für zu kapitalistisch halten.
      Es gibt Menschen, die mit bestehenden System nicht zufrieden sind, weil sie es für zu wenig kapitalistisch halten.
      Es gibt Menschen, die halten das bestehende System für zu links.
      Es gibt Menschen, die halten das bestehende System für zu rechts.

      Und überhaupt: was ist eigentlich „das bestehende System“?

      Verstehen Sie mich nicht falsch: Es geht mir nicht darum, herumzumeckern und unbedingt ein Haar in der Suppe zu finden – Ihre Grundideen, etwa im Bereich Bildung, scheinen mir durchaus sympathisch. Eher bin ich neugierig darauf, auf was für Vorannahmen und impliziten Voraussetzungen Ihre Vision einer „Bewegung“ fußt.

      Denn aus meiner Sicht sind es genau sie, die unseren ganzen Blick auf die sog. „Wirklichkeit“ – und somit auch die Sachen, die in ihr von unserer Perspektive aus (!) „zu verbessern“ oder „zu ändern“ sind, bestimmen.

    • Quin Igitur sagt:

      Ups, freudscher Verschreiber.

      Am Anfang des sechsten Absatzes soll es natürlich "Gedankenstütze" heißen.

      Doch "Gedankenstürze" sind auch nicht schlecht. Und manchmal können auch die hilfreich sein.

    • Mike Ahrend sagt:

      Ich bleibe mal beim Du, es soll aber nicht respektlos sein. Zum Gedankenspiel:
      Nicht an das Evangelium glauben alle, außer die, die dran glauben.
      Du hast meinen Punkt noch nicht erfasst…es ist auch wirklich nicht einfach, es ganz präzise auszudrücken. Ich vermeide gern alles aufzuzählen, was ich nicht möchte, weil ich diesen Dingen genau keine Aufmerksamkeit und Energie schenken möchte. Aber in dem Fall mache ich jetzt mal eine Ausnahme. Die Bewegung sind für mich alle, außer denen, die sich sofort wieder brav impfen lassen würden, hungern und frieren für die freiheitliche demokratische Ukraine und die der Meinung sind, dass wir im besten Deutschland aller Zeiten leben. Und der Wertewesten sowieso allen anderen Systemen weit überlegen ist. Alle anderen sind, mehr oder weniger intensiv, auf verschiedene Art und Weise, im Widerstand…oder wollen halt was anderes, das ist dann kein Widerstand. Daher benutze ich das Wort Bewegung, was ich auch schon oft dafür gehört habe. Wenn Du jetzt immer noch nicht weißt, was ich sagen will, dann belassen wir es einfach dabei.
      "Eher bin ich neugierig darauf, auf was für Vorannahmen und impliziten Voraussetzungen Ihre Vision einer „Bewegung“ fußt." Die Annahme ist, dass alle Menschen sind. Das alle glücklich sein wollen, gesund, geliebt usw. Ich habe das im Artikel
      geschrieben. Voraussetzungen gibt es keine. Das ist der Kern des Artikels, den ich wohl noch deutlicher herausarbeiten sollen. Die Menschen sind alle verschieden, haben unterschiedliche Bildung, Glauben, Erziehung, Erfahrung, Traumata, Selbsterkenntnis usw. usf. Mein Kern ist, dass alle Versuche, die auf gleichen oder auch nur ähnlichen Voraussetzungen basieren, zum scheitern verurteilt sind. Meine Lösung ist, alle in ihrem Glauben zu belassen und außerhalb ihrer Blase an einem reinen Sachthema eine Zusammenarbeit zu ermöglichen. Bisher fließt 99% der Energie in die Suche nach Schuldigen, in die Analyse, in Sackgassen. Ob wir "kleinen Leute" nun seit 100, 1000 oder 10000 Jahren ausgenutzt, belogen und betrogen werden ist sicher von akademischem Interesse. Es sollten sich auch ein paar Leute damit beschäftigen. Aber was immer dabei herauskommt wird an unserer Situation nichts verändern. Ob nun Scholz schuld ist, v.d. Leyen, Biden, Gates, Blackrock, Rockefeller oder wer noch dahinter steht- gleiche Aussage. Es ändert nichts. Ich möchte aber gern, dass sich was ändert und die Energie in die Vision fließt.
      Ich wollte schon früher schreiben, aber die Seite von apolut scheint unter schwerem Beschuss zu liegen, es war den ganzen Tag unbenutzbar…

    • Quin Igitur sagt:

      Erneut vielen Dank, Herr Ahrend, für Ihre weiteren Erläuterungen.

      Nun, das sind schon recht viele Vorannahmen (Menschen wollen a, b, c; zur Bewegung gehören alle, außer jenen, die x, ,y z). Und auch bezüglich der praktischen Umsetzbarkeit so einer gemeinsamen Veränderungsarbeit angesichts der beschriebenen Heterogenität an „Systemunzufriedenheitsformen“, von denen sich viele auch noch wechselseitig ausschließen, hätte ich ein paar Zweifel…

      Doch die sind hier nicht weiter relevant. Es ist nämlich auf keinen Fall mein Anliegen, Ihnen den Wind aus den Segeln nehmen zu wollen. Wenn Sie für sich einen Weg gefunden haben, bei dem Sie mit sich selbst im Reinen sind, und diesen Weg – wie oben bei der Antwort an Nevyn unterstrichen – einfach l e b e n ohne zu missionieren, ist das ein sehr angenehmer Ansatz, für den ich Ihnen nur alles Gute wünschen kann!

  3. Toller Artikel resoniere weitgehend mit deinen Ausführungen. Hätte einige weiterführende Ideen… kann hier am Handy jetzt nicht viel texten. Darum die Kurzfassung:
    1. statt faschistoid aktiv Andersdenkende auszugrenzen, kann man ein gemeinsames Vorhaben per Konsens erfinden. Das hat Kraft, schliesslich hat man aus Vorschlägen eventuell sogar systemisch konsensiert.
    2. zur Gemeinschaftsbildung wurden schon "Räder" erfunden, da muss man nicht bei 0 anfangen.
    3. Verbinden geht mit Vision. Und Vision ist das Verbindende darüber (Meta), der beiden ("gegnerischen") politischen Münz-Seiten. Dafür haben wir Kreativität und Schöpferkraft und den Schöpfungsauftrag.
    4. Aus der Endzeit in das Goldene Zeitalter – das können wir uns jetzt schon ausdenken und dann praktizieren..
    5.Wo legen wir den neuen Garten an?

    • Mike Ahrend sagt:

      Hallo CoEvolutioner,
      Dankeschön, ich bin auf die Langfassung gespannt. Ich gehe mit allen Punkten mit, nur bei 5…der Garten ist quasi überall, es ist schließlich unsere Welt. Wir sind er einzige Teil, der willentlich und mit Vorsatz alles zerstören oder auch alles erhalten kann. In dem Sinne meine ich es, nicht dass alles uns gehört oder so…

  4. Es gibt eine natürliche Ordnung, die für Tiere, Pflanzen, Bäume, Sonne, Mond und Sterne gilt, gibt es auch ein natürliches Menschsein. Damit sollten wir uns beschäftigen. Alles andere ist nur ein Beschäftigen mit den Symptomen eines kranken Menschseins. Wir sind Teil der Natur und werden es auch immer bleiben. Ohne eine gesunde Natur können wir nicht leben, jedenfalls nicht lange.

  5. Quin Igitur sagt:

    Das Bild des Nichtfußballvereins ist sehr aussagekräftig und gefällt mir überaus. Problematisch erscheint mir hingegen, dass die Absätze, die darauf als „Vision“ folgen, im Prinzip genau so einen Nichtfußballverein beschreiben.

    „Uns ein Wirtschaftssystem ausdenken, Bildung, Gesundheit, Finanzen, Politik, Verwaltung.“

    Ja, sehr schön.

    Nur wird es vermutlich bei einer Versammlung von tausend Menschen, die sich als Teile einer „alternativen Bewegung“ (was auch immer das sein soll) betrachten, dreitausend Ideen dazu geben, wie genau dies zu bewerkstelligen sei. Die Kommentarsektion auf apolut stellt sicher nur einen kleinen Ausschnitt des (deutschsprachigen) „alternativen“ Debattenraumes dar – doch selbst hier wird man bereits nach einer flüchtigen Durchsicht rasch eine Reihe verschiedener Erklärungs- und damit verbunden Lösungsansätze entdecken, worin denn genau das eigentliche Problem liege und wie damit verfahren werden sollte:

    Das kapitalistische System ist das Problem.
    Ami go home.
    Es gibt keine Viren.
    Love is the key.
    Googelt Freichristlicher Schamanismus.

    Wenn es überhaupt einen gemeinsamen Nenner gibt, dann den, dass bei allen diesen Ansätzen der gesellschaftliche Status Quo – oder zumindest dessen weite Teile – kritisiert werden. Doch kann ein Nicht-Status-Quo-Verein irgendetwas erreichen, außer mal vielleicht eine Veranstaltungshalle bauen?

    Wichtiger noch: b r a u c h t es überhaupt Vereine?

    „Unsere Aufgabe ist es, die Bewegung zu verändern.“

    Was bitteschön ist denn „die Bewegung“?

    „Wir brauchen sehr dringend ein Ziel, dass außerhalb von allen Gruppierungen liegt.“

    Aus meiner Sicht ein logischer Widerspruch – denn ein sich hinter einem wie auch immer gearteten Ziel versammelndes WIR ist ja schon eine Gruppierung.

    Was wäre eine tatsächliche Alternative dazu?
    Was könnten also Ziele sein, die w i r k l i c h außerhalb aller Gruppierungen liegen?

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