Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Scott Ritter braucht nicht erst vorgestellt zu werden. Es sollte aber an dieser Stelle daran erinnert werden, dass er seit Jahren gute und vielfach enge Beziehungen zu den Leuten hat, mit denen Trump in seiner zweiten Amtszeit den rüstungs-industriellen Lobbyismus und die ihm zuarbeitenden neokonservativen Kriegsdienstleiter in den Think-Tanks entmachten will. Ihnen wirft er vor, gegen die Interessen der Bevölkerung aus den USA einen Staat in permanentem Kriegszustand gemacht zu haben, denn solange Krieg geführt wird, können diese Kreise gut verdienen nach dem Motto, eine Hand wäscht die andere.
Diesen Aspekt in Trumps Plänen hat Scott Ritter jüngst in einem Artikel auf Substack dargelegt. Dabei hat er unterstrichen, dass Donald Trump das neue Jahr mit einem starken Wählermandat für Veränderung begonnen hat, und zwar auf der Basis seiner weithin verkündeten Doktrin: "Frieden durch Stärke". Im Gegensatz zu der Interpretation europäischer Trump-Hasser bedeutet diese Doktrin laut Ritter jedoch nicht noch mehr US-Kriege rund um die Welt, sondern das Gegenteil. Denn Trump strebe eine der größten Veränderungen der Neuzeit an: Die Trennung der Vereinigten Staaten von der Militärallianz NATO, die – so Ritter – heute keinen anderen Zweck mehr erfüllt, als eine Atmosphäre der endlosen Konfrontation mit Russland zu fördern, was weder in Trumps Interesse noch in dem der US-Bevölkerung sei.
Die Frage für Außenstehende ist jedoch, ob Trumps politisches Mandat stark genug ist, um diese Trennung zwischen USA und NATO-Europa tatsächlich durchzusetzen, und ob in Trumps Mantra "Frieden durch Stärke" letztlich das Element "Frieden" das der "Stärke" überwiegen wird.
Laut Ritter plant Trump, mittelfristig die USA von globalen, weit entfernten Krisenherden zu entkoppeln, selbst wenn diese, wie z.B. Ukraine oder Südchinesisches Meer, auf der sicherheitspolitischen Prioritätenliste des US-Establishments ganz oben stehen. Stattdessen habe Trump vor, eine neue Außen- und Sicherheitspolitik durchsetzen, die darauf abzielt, in den geografisch nahen Regionen die Dominanz der USA unangreifbar zu machen.
Denn im nahen Ausland sind die wahren strategischen Interessen der USA direkt und hautnah betroffen. Genau diese Überlegungen steckten hinter Trumps Plan der territorialen Erweiterung der USA um Grönland, Kanada, um den Panamakanal und für eine neue „Monroe Doktrin“ Südamerika betreffend. Um dieses umfassende Ziel zu erreichen, so Ritter, müssten Trump und sein Team die seit Jahrzehnten etablierte Außen- und Sicherheitspolitik der Vereinigten Staaten total umkrempeln.
Das heißt, dass unter Trump die nationalen Sicherheitsinteressen der USA neu definiert werden müssten. Das würde zur Folge haben, dass die enormen Mengen an Geld und Ressourcen, die bisher für die militärische Zielsetzung verschwendet wurden, egal wo auf dem Globus, gleichzeitig zwei große und einen kleinen Krieg führen und gewinnen zu können, den Kriegsprofiteuren größtenteils entzogen würden. Seit Beginn des Kalten Krieges Ende der 1940er Jahre blieb diese strategische Zielsetzung Washingtons unverändert, zum Nutzen des „Rüstungs- und Sicherheitsindustriellen Komplexes“.
Alle profitierten sie davon, die Geldhäuser, die Aktienbesitzer, die Rüstungs-Lobbyisten, die Berater, die neokonservativen Think Tanks bis hin zu den Politikern, für die üppige Wahlspenden heraussprangen. Sie alle genossen hohes gesellschaftliches Prestige und mehrten ihre Reichtümer. Dieser eng verfilzte, zutiefst korrupte und mächtige Block stellt zweifelsfrei die größte politischer Hürde für Trump dar, wenn er sich aus dem verbrecherischen Ukraine-Abenteuer der Biden-Regierung zurückziehen will.
Nun hat Trump aber – wie bereits bemerkt, von der breiten amerikanischen Öffentlichkeit ein starkes Mandat für den Frieden bekommen. Ob er das gegen die Kriegstreiber im Kongress durchsetzen kann, ist jedoch eine andere Frage. Denn im Senat und im Repräsentantenhaus hat Trumps eigene Partei zwar eine Mehrheit, aber unter den republikanischen Abgeordneten gibt es viele, die tief in den Taschen der Kriegsgewinnler stecken und folglich die Pläne Trumps nicht unterstützen. Allerdings hat Elon Musk die republikanischen Abgeordneten bereits wissen lassen, dass er jeden politisch „fertig“ machen wird, der in wichtigen Angelegenheiten gegen Trump stimmt, was aktuell vor allem für Trumps Personalvorschläge für sein Kabinett gilt.
Bei den Anhörungen am vergangenen Dienstag von Frau Tulsi Gabbard im US-Kongress scheint das Kalkül von Musk bereits Wirkung gezeigt zu haben. Trump hat Frau Gabbard zur Oberaufseherin über die 17 US-Geheimdienste nominiert, obwohl, oder gerade weil sie ebenso wie Musk eine entschiedene Gegnerin dieser Dienste ist. Musk und Gabbard haben z.B. keinen Hehl daraus gemacht, dass sie am liebsten früher als später die CIA auf der Müllhalde der Geschichte entsorgen wollen. Das hatte auch innerhalb republikanischer Kongressabgeordneten zu starken Unmutsbezeugungen geführt.
Bei der Anhörung von Gabbard am Dienstag dieser Woche gab es jedoch – außer einiger leicht-kritischen Bemerkungen – niemand unter den Republikanern, der sich gegen die Nominierung von Frau Gabbard ausgesprochen hat. Die Warnung des reichsten Mannes der Welt, der nicht nur 400 Milliarden Dollar sein Eigen nennt, sondern auch den mächtigsten Mann der westlichen Welt, den neuen US-Präsidenten Trump hinter sich hat, scheint ihre disziplinierende Wirkung auf die Kongressabgeordneten nicht zu verfehlen.
Das könnte ein günstiges Zeichen sein, dass es Trump gelingen könnte, den Konflikt in der Ukraine zu beenden, ohne dass die „Kriegspartei“ ausreichende Kräfte mobilisiert, um ihn zu stoppen. Zugunsten Trumps Vorhaben spricht, dass die US-Kriegspartei und ihre Verbündeten in der EU ihr Ziel in der Ukraine nicht erreicht haben, nämlich Russland eine strategische Niederlage beizubringen. Davon sind die US/NATO-Kriegstreiber heute weiter entfernt, denn je. Für die Ukraine ist die Lage auf dem Schlachtfeld und in der zivilen Gesellschaft katastrophal. Und wenn man schon von strategischer Niederlage spricht, dann sind es die westlichen Kriegstreiber, denen Russland eine strategische Niederlage erteilt.
Ein „Weiter So“ wie bisher ist für die US/NATO aufgrund materieller und finanzieller Engpässe nicht mehr möglich, zumal die Wirtschaftsaussichten im Westen alles andere als gut sind. Das verengt die Argumentationsbasis der US/NATO-Kriegstreiber, dass mit noch etwas mehr Militärhilfe der Sieg der Ukraine ganz nah ist, praktisch um die Ecke wartet. Das könnte für Trump die Tür für eine mögliche Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Russland öffnen und der neuen Trump-Regierung erlauben, sich ohne Gesichtsverlust aus dem desaströsen Ukraine-Abenteuer seines Vorgängers zurückzuziehen. Dafür hätte Trump starke Argumente, z.B.
„Das ist nicht mein Krieg, ich war von Anfang an dagegen. Was in der Ukraine mit den Menschen passiert, ist eine Katastrophe. Die Ukraine hat den Krieg bereits verloren und jede weitere Hilfe für Selenskij bedeutet nur, dass noch mehr seiner Soldaten sinnlos in den Tod getrieben werden. Das ist kriminell und wir werden es mit keinem einzigen US-Dollar Steuergeld unterstützen.“
Trump könnte eine Vereinbarung mit Russland, die die Realität auf dem Schlachtfeld anerkennt, zu Hause als einen großen persönlichen Sieg darstellen. Denn durch seine Positionierung hat er überhaupt erst die guten Bedingungen für den Frieden geschaffen. Die Kriegspartei in Washington hätte derweil kaum Gegenargumente und ihre Aufmerksamkeit wäre ohnehin auf die Aktivitäten von Musk und Gabbard gerichtet, die den Tiefen Staat versenken wollen. Von sowas wird man ja noch träumen dürfen!
Anmerkungen
Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: Drop of Light / shutterstock
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