
Selensky hat die ukrainische Opposition brutal unterdrückt, aber seit Trump Selensky als "nicht gewählten Diktator" bezeichnet und Wahlen gefordert hat, schöpfen Selenskys innenpolitische Gegner Hoffnung. Vor allem Poroschenko versucht, sich mit der Trump-Administration gut zu stellen.
Ein Standpunkt von Thomas Röper.
Der ukrainische Machthaber Selensky hat in der Ukraine eine strenge Diktatur errichtet, in der jede Opposition verboten und die Medien absolut gleichgeschaltet sind. Der Prozess begann unmittelbar, nachdem Joe Biden US-Präsident geworden war im Februar 2021, also ein Jahr vor der Eskalation in der Ukraine.
Selensky hat dabei nicht einmal den Versuch gemacht, seinem Vorgehen einen legalen Anstrich zu geben, denn er hat gegen den Chef der damals größten Oppositionspartei im ukrainischen Parlament kurzerhand Sanktionen verhängt und ebenfalls per Sanktionen die oppositionellen Fernsehsender und Hunderte kritische Websites geschlossen.
Dass Selensky im innenpolitischen Kampf auf Sanktionen setzt, ist totale Willkür, weil für solche Dinge Gerichte zuständig sind. Selensky hingegen bestimmt einfach per Dekret, wem das Vermögen entzogen und die Arbeit verboten wird. So regiert Selensky die Ukraine, die im Krieg gegen Russland angeblich die Demokratie und die europäischen Werte verteidigt, seit Februar 2021, und nach der Eskalation vom Februar 2022 hat Selensky die Daumenschrauben mit Verweis auf das Kriegsrecht noch einmal stark angezogen.
Ein Beispiel dafür fand sich wieder am 12. Februar 2025. An dem Tag hat Selensky vor dem Hintergrund der Forderungen aus dem Team von US-Präsident Trump, in der Ukraine müssten endlich Wahlen abgehalten werden, seine wichtigsten politischen Konkurrenten ebenfalls per Sanktionen kalt gestellt, indem er ihre Vermögen eingefroren und ihre Teilnahme an Wahlen damit de facto unmöglich gemacht hat.
Einer der davon Betroffenen ist Selenskys Vorgänger als ukrainischer Präsident Petro Poroschenko. Der versucht in letzter Zeit, Kontakte zum Team von Trump zu knüpfen, was Selensky zu verhindern versucht. So wurde Poroschenko beispielsweise die Ausreise aus der Ukraine verweigert, als er in die USA reisen wollte.
Wer mein Buch „Das Ukraine-Kartell“ gelesen hat, der weiß, dass Trump auch auf Poroschenko nicht gut zu sprechen ist, aber sein Groll gegen Selensky ist ungleich größer. Poroschenko könnte sich vor Trump also als reumütiger Sünder präsentieren, zumal sein ehemaliger Gönner Joe Biden politisch keine Rolle mehr spielt.
Während deutsche Medien über den innenpolitischen Kampf, der in der Ukraine gerade läuft, praktisch nicht berichten, weil sie blind Selensky unterstützen, hat die New York Times interessanterweise einen Artikel darüber veröffentlicht, den ich übersetzt habe.
BEGINN DER ÜBERSETZUNG:
Während sich die ukrainische Innenpolitik wieder aufheizt, sieht ein ehemaliger Präsident seine Chance kommen
Petro Poroschenko, der die Ukraine vor Wolodymyr Selensky als Präsident regierte, behauptet, dass Friedensgespräche mit Russland erleichtert werden könnten, wenn Protagonisten der Opposition in der Regierung Einsitz nehmen würden.
Am ersten Tag der umfassenden russischen Invasion gaben sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky und sein wichtigster innenpolitischer Gegner die Hand. Sie legten damit ihre erbitterte Rivalität beiseite und konzentrierten sich gemeinsam auf den Feind. Die bis dahin lautstarke Innenpolitik des Landes ruhte in den folgenden drei Jahren weitgehend.
Doch jetzt, nachdem die von der Administration von Donald Trump geführten Friedensgespräche die Aussichten auf einen Waffenstillstand und Neuwahlen wiederbelebt haben, ist in der Ukraine das politische Taktieren erneut aufgeflammt. Ukrainische Politiker haben im Inland ihre Ränkespiele wieder aufgenommen und suchen hinter den Kulissen den Kontakt zum Weißen Haus, das aus seiner Verachtung für Selensky keinen Hehl macht – obwohl dieser auf der Weltbühne für seinen Widerstand gegen Russland gefeiert wird. (Anm. d. Übers.: Dies ist ein schöner Beleg für Propaganda und die politische Einstellung der Autoren, denn Selensky wird ganz objektiv nicht “auf der Weltbühne für seinen Widerstand gegen Russland gefeiert”, weil sich von über 190 Staaten der Welt nur die knapp 50 Staaten des Westens gegen Russland gestellt haben. Selensky wird im Grunde nur noch von den Europäern “für seinen Widerstand gegen Russland gefeiert”. Aber “Weltbühne” klingt für die Leser der New York Times, also das Klientel der US-Demokraten, natürlich überzeugender)
Petro Poroschenko, ehemaliger Präsident der Ukraine und Vorsitzender einer Oppositionspartei, vertritt die Meinung, dass der erste Schritt zur Ermöglichung von Friedensgesprächen die Einbeziehung von Persönlichkeiten aus der Opposition in die Regierung sei. Poroschenko hatte zuvor die Idee einer politischen Umstrukturierung der Ukraine zur Bildung einer nationalen Einheitsregierung ins Spiel gebracht, was seiner Partei zugutekommen könnte. Er griff den Vorschlag erneut auf, nachdem Selensky im vergangenen Februar das missratene Treffen mit Präsident Trump im Oval Office hingelegt hatte und ein republikanischer US-Senator ihn zum Rücktritt aufforderte.
Selensky zeigte keinerlei Interesse an der Bildung einer Koalition unter Beteiligung von Vertretern der Opposition. Stattdessen erhöhte seine Regierung über die Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden den Druck auf die Opposition.
Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, erklärte, Selensky habe seine Machtbefugnisse im Rahmen des Kriegsrechts missbraucht, um den Stadtrat von Kiew zu überstimmen. Im vergangenen Januar ließ der ukrainische Nationale Sicherheitsrat die Bankkonten von Poroschenko einfrieren, ohne jedoch konkrete Vorwürfe gegen ihn zu erheben.
„Wir haben keine andere Wahl als eine Koalition der nationalen Einheit, eine Regierung der nationalen Einheit“, sagte Poroschenko vergangene Woche in einem Interview.
„Wir sollten im Parlament eine Einheit bilden und im Land Einheit demonstrieren. Und als Ergebnis dieser Entscheidung sollte ein Ende des Krieges stehen.“
Die fünfjährige Amtszeit von Wolodymyr Selensky, die im vergangenen Jahr hätte enden sollen, wurde unter dem Vorwand des Kriegsrechts verlängert. Neuwahlen sind unter Kriegsrecht verboten und undurchführbar, solange sich die Ukraine im Krieg befindet.
Vor fast einem Monat bot die Ukraine einen einmonatigen, bedingungslosen Waffenstillstand an, den Russland zurückwies. Steve Witkoff, der Gesandte der Regierung von Donald Trump, reiste kürzlich nach Russland – möglicherweise, um die Verhandlungen wiederzubeleben.
Poroschenko glaubt, die Gespräche mit Russland könnten an Dynamik gewinnen, wenn Selensky seinen politischen Gegnern die Teilhabe an der Regierung gestattete, nachdem dieser von Donald Trump als „nicht gewählter Diktator“ bezeichnet worden war. Trumps Bemerkung spiegelte die Einschätzung des russischen Präsidenten Wladimir Putin wider, der angekündigt hatte, kein Friedensabkommen mit Herrn Selensky zu unterzeichnen. Poroschenko versicherte jedoch, dass er mit Trumps Einschätzung von Selensky als Diktator nicht einverstanden sei.
Doch angesichts der Aussicht auf einen Waffenstillstand und möglicher Neuwahlen kritisiert Poroschenko den Präsidenten nun weit offener als bisher. Die Sanktionen, die der Nationale Sicherheitsrat gegen ihn selbst verhängte, führten zum Einfrieren seiner Bankkonten und könnten ihn dadurch als Kandidat bei zukünftigen Neuwahlen ausschließen.
Poroschenko nannte die Sanktionen gegen ihn „katastrophal, verfassungswidrig und außergerichtlich“. Würde man ihn verhaften, dann würde er behaupten, dass sich die Ukraine auf dem Weg in eine Diktatur befinde.
Die intensive Rivalität zwischen den beiden ukrainischen Spitzenpolitikern reicht Jahre zurück. Poroschenko amtierte von 2014 bis 2019 als Präsident der Ukraine. Nach dem deutlichen Wahlsieg von Selensky ließ dessen neue Regierung den Ex-Präsidenten in einer Reihe von Strafverfahren als Zeugen vorladen, die Poroschenko als politisch motiviert bezeichnete.
Selbst als kurz vor dem russischen Einmarsch im Jahr 2022 Panzer an den Grenzen der Ukraine auffuhren, gingen die Machtkämpfe innerhalb des Landes weiter: Staatsanwälte beantragten einen Haftbefehl gegen Poroschenko, der jedoch von einem Richter abgelehnt wurde. Poroschenko genießt im nationalistischen Flügel der ukrainischen Politik starke Unterstützung, insbesondere in der West- und Zentralukraine, während Selensky im Wahlkampf 2019 landesweit breite Unterstützung fand, auch unter den russischsprachigen Bürgern in der Zentral- und Ostukraine.
Die beiden Männer trafen sich am Morgen des 24. Februar 2022, kurz nachdem Russland seinen Angriff begonnen hatte, um ihre Rivalität beiseitezulegen. Selensky fragte, was er für Poroschenko tun könne. Der ehemalige Präsident antwortete, er habe 5.000 Kalaschnikow-Gewehre angefordert, um seine Anhänger gegen die Russen zu bewaffnen – Selensky hat die Waffen bereitgestellt.
Der 59-jährige Poroschenko hat laut Umfragen kaum Chancen, die Präsidentschaftswahl erneut zu gewinnen. Er belegte bisher stets den dritten oder einen noch schlechteren Platz – stets hinter Selensky und dem ehemaligen Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Waleri Saluschny. Politische Analysten vermuten, dass Poroschenko möglicherweise ein Wahlbündnis mit General Saluschny anstreben wird, der derzeit als Botschafter in Großbritannien dient und in der Ukraine äußerst beliebt ist. Allerdings hat der sich zu politischen Themen bisher weitgehend bedeckt gehalten.
In dem Interview sagte Poroschenko, er habe sich mit Saluschny in London getroffen, wollte jedoch keine Einzelheiten zu den Gesprächen preisgeben. Ein Mitarbeiter von Poroschenko gab freimütig zu, dass dieser ein signiertes Exemplar der Biografie des Generals entgegengenommen habe, das den Titel Der eiserne General trägt. Und während Selensky mit der Regierung von Donald Trump in Verhandlungen stand, habe Poroschenko ihm über Drittpersonen Ratschläge zukommen lassen, sagte Poroschenko.
„Trump kann unerwartete, ja sogar unhöfliche Fragen stellen“, fügte er hinzu.
Bei einem Treffen während der ersten Amtszeit Trumps habe dieser laut Poroschenko gefragt, ob er eine ehrliche Antwort auf eine Frage erhalten könne. Poroschenko bejahte dies. Daraufhin habe Trump sich näher zu ihm gebeugt und gefragt:
„Sagen Sie mir, ist die Krim russisch?“
Er habe geantwortet, so Poroschenko weiter, dass die Krim – die seit 2014 von Russland besetzte Halbinsel – ukrainisch sei, und sich nach dem Grund für die Frage erkundigt. Trump habe daraufhin erklärt, ein russischer Freund habe ihm gesagt, die Halbinsel solle russisch sein, erinnerte sich Poroschenko.
Gegenüber den USA verfolgte Poroschenko eine Außenpolitik, die auf einer Wechselbeziehung beruhte, was sich teilweise auszahlte. Dazu gehörten Käufe von Kohle aus Pennsylvania, wodurch einige Arbeitsplätze in einem Swing State gesichert werden konnten, obwohl die Ukraine selbst mehr als ausreichend Kohle fördert. Vor dem Ende von Trumps erster Amtszeit gab die US-Regierung eine formelle Erklärung ab, bekannt als „Krim-Erklärung“, in der sie als Teil der US-Politik die Zugehörigkeit der Krim zur Ukraine bekräftigte.
„Er ist nicht einfach“, sagte Poroschenko über Trump. „Aber jetzt ist die Zeit der Diplomatie.“
ENDE DER ÜBERSETZUNG
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 16. April 2025 auf anti-spiegel.ru.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: paparazzza / shutterstock
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