Wie Maß und Vernunft in der Corona-Pandemie wegzensiert wurden | Von Norbert Häring

Ein Kommentar von Norbert Häring.

Die grünennahe Tageszeitung taz veröffentlichte 2020 einen Debattenbeitrag von Epidemiologen, der nach heutigem Wissensstand sehr hellsichtig war. Sie löschte ihn wenig später kommentarlos, weil er zu stark beachtet wurde. Da der Vorgang so symptomatisch dafür ist, wie besonnene Stimmen ausgegrenzt und zensiert wurden, will ich den gelöschten Beitrag hier noch einmal publizieren. Er zeigt auch, was man damals schon wissen konnte, wenn man wollte.

Die taz agitierte schon vor Beginn der grünen Regierungsbeteiligung sehr stramm auf der harten Corona-Linie der Regierung. Insofern war der Debattenbeitrag „Fehlgerechnet“ der Epidemiologen Angela Spelsberg und Ulrich Keil, der am 10. August 2020 in der Tageszeitung erschien, bemerkenswert.

Spelsberg und Keil hatten sich zehn Jahre vorher schon bei der Aufarbeitung des gezielt aufgebauschten Schweinegrippe-Fehlalarms hervorgetan. Sie gingen daher misstrauischer als die meisten an die veröffentlichten und die fehlenden Daten zur Corona-„Pandemie“ heran. Hier ihr Beitrag von damals, der zeigt, was man schon wissen konnte, und dessen Löschung zeigt, dass man es nicht wissen wollte:

Fehlgerechnet

10.8.2020. Große Teile der Bevölkerung in Deutschland stehen laut Umfragen hinter den Coronamaßnahmen der Regierung. Sie vertrauen den Aussagen, dass drastische Maßnahmen wie die Schließung von Kitas, Schulen und Universitäten oder das zeitweilige Schließen von Geschäften und Gastronomie die Coronapandemie eindämmen und eine sogenannte zweite Welle verhindern können. Von der Mehrheit der Medien und großen Teilen der Bevölkerung wird die Tatsache, dass in Deutschland „nur“ knapp über 9.200 Covid-19-Todesfälle zu beklagen sind, den Lockdownmaßnahmen der Regierung zugutegehalten. Andere Erklärungen, etwa, dass nicht allein ein Virus, sondern auch Faktoren wie die Kapazität und Qualität von Gesundheitssystemen und die sozioökonomischen Bedingungen einer Gesellschaft den Verlauf einer Pandemie bestimmen, werden hingegen kaum diskutiert.

Aus unserer Sicht haben sich Politik und öffentliche Meinung selten so sehr auf den Rat von nur wenigen Fachleuten gestützt wie jetzt in der Coronakrise. Und es stellt sich die Frage, ob die Expertengremien genügend interdisziplinär und ausgewogen zusammengesetzt sind, um die Politik in dieser Krise mit Gelassenheit und Augenmaß und ohne Interessenkonflikte beraten zu können. Es geht ja nicht nur um die Beurteilung der Gefährlichkeit der Pandemie, sondern auch um die Abschätzung des tatsächlichen Nutzens der Maßnahmen für die Eindämmung der Pandemie; und nicht zuletzt geht es auch um die Beurteilung der durch die Maßnahmen möglicherweise verursachten Kollateralschäden – nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für Gesellschaft, Demokratie, Kultur, Bildung und Wirtschaft.

Bis heute sind im Wesentlichen nur zwei Fachrichtungen, Virologen und mathematische Modellierer, in den Medien und von der Politik gehört worden. Die anfänglichen Modellrechnungen insbesondere der Wissenschaftler des Imperial College in London waren maßgeblich für die politischen Entscheidungen zum Lockdown verantwortlich. Sie ergaben, dass es weltweit 40 Millionen Covid-19-Tote geben würde; für Deutschland wurden 1,1 Millionen Intensivpatienten prognostiziert. Viele nun vorliegende Studien zeigen aber, dass die Infection Fatality Rate (IFR), der Anteil der Todesfälle an allen Corona-Infektionen, in einem Bereich von 0,1 bis 0,3 Prozent liegt, also den einer normalen Grippe. In diesen Studien wurden repräsentative Zufallsstichproben von Bevölkerungsgruppen untersucht und die Infizierten durch serologische Antikörpertests identifiziert. Dabei stellte sich heraus, dass die Zahl der mit Sars-CoV-2 Infizierten viel größer ist als die der positiv getesteten Menschen mit Symptomen. Wenn die Covid-19-Todesfälle auf diesen größeren Nenner bezogen werden, errechnen sich deutlich geringere IFR-Zahlen als vom Robert-Koch-Institut (RKI) und der WHO angegeben. Mittlerweile haben wir verlässlichere Daten darüber, dass die Coronapandemie nicht so gefährlich ist wie ursprünglich angenommen.

Die von der Politik als Entscheidungsgrundlage übernommenen Hochrechnungen gingen von der Grundannahme einiger Virologen aus, dass das Virus vollkommen neu sei und sich jeder, ungeachtet anderer Faktoren, infizieren könne, dass es also weltweit keine Immunität gegen das neue Virus gebe. Dem ist aber nicht so. Das Immunsystem vieler Menschen ist offenbar durch frühere Kontakte mit Viren aus der Coronagruppe mit deren und ähnlichen Antigenen vertraut – so bei der saisonalen Grippe, die ja durch einen Virencocktail, dem häufig auch Coronaviren angehören, hervorgerufen wird –, weshalb viele Menschen offenbar eine Immunität oder Teilimmunität gegen Sars-CoV-2 aufweisen. Eine Teilimmunität gegen Sars-CoV-2 erklärt auch die langen Inkubationszeiten – und warum sich nur vergleichsweise wenige Menschen infizieren, viele nicht sehr schwer erkranken oder ganz symptomlos bleiben.

Es ist dringend notwendig, dass die politischen Entscheidungen zur Pandemiebekämpfung unter Einbeziehung eines unabhängigen interdisziplinären Expertengremiums getroffen werden, das nicht nur mit Vertretern der Biomedizin, sondern weiterer relevanter Fachrichtungen wie Public Health, Sozial-, Kultur- und Bildungswissenschaften besetzt ist. Ein interdisziplinärer Austausch zwischen Modellierern, Virologen, Immunologen und bevölkerungsbezogen arbeitenden Epidemiologen hätte aus unserer Sicht Politik und Gesellschaft astronomische Fehlrechnungen – mit ihren noch nicht absehbaren Folgen – ersparen können. Für die Einschätzung einer Pandemie ist es grundsätzlich wichtig, genügend große repräsentative Zufallsstichproben der gesamten Bevölkerung mit validierten serologischen Antikörpertests in regelmäßigen zeitlichen Abständen zu untersuchen, um die Dynamik des viralen Geschehens und den Immunstatus der Bevölkerung richtig beurteilen zu können. Nur so kann die Gefährlichkeit der Infektion für die Menschen, je nach deren Alter und sozialer Gruppe, genauer berechnet werden.

Diese Arbeitsweise der bevölkerungsbezogenen Epidemiologie ist in der Lage, mit empirisch gewonnenen Daten Hochrechnungen, Prognosen und Modellannahmen zu überprüfen. Gleich zu Beginn der Pandemie wurde von Epidemiologen wie John Ioannidis, Professor an der Stanford-Universität in Kalifornien, gefordert, repräsentative Bevölkerungsstichproben zu untersuchen, um zu rea­listischen Todesraten und einer realistischen Einschätzung der Gefährlichkeit der Pandemie zu kommen. Inzwischen hat er eine Übersichtsarbeit über 36 solcher weltweit durchgeführten Zufallsstichprobenuntersuchungen mit serologischen Antikörpertests vorgelegt: Die darin erhaltenen IFR-Zahlen liegen viel niedriger als die zu Beginn der Pandemie gemachten Schätzungen einiger Virologen. Die vom RKI Anfang Mai angekündigte repräsentative Zufallsstichprobenuntersuchung der deutschen Bevölkerung steht bis heute aus.

Angela Spelsberg, Dr. med., hat von der Harvard-Universität einen Abschluss in Epidemiologie. Sie forscht auf den Gebieten Pharmako­vigilanz und Post-Marketing-Studien. Vor zehn Jahren hat sie sich intensiv mit der Schweinegrippe-Pandemie auseinandergesetzt.

Ulrich Keil, Dr. med. und Ph. D., ist ­emeritierter Professor am Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin an der Universität Münster. Er war Berater der WHO und von 1994 bis 2012 Direktor des WHO-Kooperationszentrums für Herz-Kreislauf- und andere chronische Erkrankungen an der Universität Münster.“

Im September 2020 war der Text von der Netzseite der taz verschwunden. Man konnte und wollte es dort nicht mehr ertragen, dass der Debattenbeitrag der beiden Wissenschaftler von Maßnahmenkritikern intensiv zitiert und geteilt wurde. Denn für die taz-Verantwortlichen waren Maßnahmenkritiker gleichzusetzen mit Rechten und Rechtsradikalen.

Die taz vertrat diese diffamierende These nur etwas radikaler als viele andere Medien des Mainstreams. Fast alle machten mit dabei, besonnene Stimmen, und diejenigen, die sich auf sie beriefen, auszugrenzen und abzuwerten. Die Medien haben deshalb noch sehr viel an Aufarbeitung zu leisten. Sie haben noch nicht einmal damit angefangen.

Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf einen Beitrag des bis dahin international sehr hoch angesehenen Epidemiologen John Ioannidis vom 17. März 2020 mit dem Titel: „A fiasco in the making? As the coronavirus pandemic takes hold, we are making decisions without reliable data“ (Bahnt sich ein Fiasko an? Während die Corona-Pandemie sich ausbreitet, treffen wir Entscheidungen ohne verlässliche Daten.) Darin mahnte er eindringlich eine sinnvolle Datenerhebung an, um die Tödlichkeit des Virus frei von den starken Verzerrungen in den offiziellen Schätzungen zu erheben. Dazu wären Untersuchungen von Bevölkerungsstichproben auf Kontakt mit dem Virus nötig gewesen. Diese wurden jedoch von offizieller Seite nur in wenigen kleinen Ländern und ansonsten auf private Initiative durchgeführt. Ergebnis war jeweils, dass viel mehr Menschen als gedacht Kontakt mit dem Virus gehabt hatten. Das bedeutete, dass die Rate der Todesfälle und schweren Erkrankungen bezogen auf die Anzahl der Infizierten sehr viel niedriger war als offiziell angegeben.

Obwohl Ioannidis einer der renommiertesten und meistzitierten Fachleute war, wurde er ab Veröffentlichung dieses wichtigen und richtigen Beitrags in den etablierten Medien fast einhellig als irrlichternder Quertreiber dargestellt.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 18. März 2024 bei norberthaering.de

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Bildquelle:  Cryptographer / shutterstock

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Kommentare (6)

6 Kommentare zu: “Wie Maß und Vernunft in der Corona-Pandemie wegzensiert wurden | Von Norbert Häring

  1. Wir wissen das alles schon von Anfang an. Die Täter/ Mitläufer interessiert es nicht. Das Alles, ist nurnoch relevant für zukünftige Historiker. Und dann werden die Menschen wieder sagen:
    "Wie konnten die da alle nur mitmachen? Wieso haben die nicht gemerkt, dass alles nur ein Fake ist … ?"

  2. 5vor12 sagt:

    Es wird immer deutlicher, mit welch bornierter Ignoranz und Scharlatanerie die Agenda der Pharmalobby versucht, die nicht reduzierbare Komplexität des Lebens zu leugnen.
    Der Wahnsinn führte ja dann zur massiven Behandlung mit verschiedenen´´Phatogengebräu.´´
    Mittlerweile ist quasi Alles was dazu behauptet wurde, auch auf Basis der geltenden Paradigmen widerlegt.
    Man kann, und ich rate dazu beizutragen den Spuk zu klären,
    Jeder kann nun aktiv dazu beitragen, der Desinformation ein Ende zu setzen. https://www.mwgfd.org/2024/02/die-mrna-basierte-impfstoff-technologie-game-over/

    • _Box sagt:

      Anbei noch ein ergänzender Hinweis, der verdeutlicht, daß die Reduktion des Menschen auf ein überschaubares Datenbündel und damit auf eine beliebig bespielbare Drohne, nicht alleine Big Pharma sondern auch Big Data (ergo Big Money, wie stets) umfaßt. Die transhumanistische Vision:

      Transhumanismus und KI: Bedrohung des Menschen
      17. März 2024 Andreas von Westphalen
      Partystimmung in Silicon Valley: Die Grenzen des Lebens werden gepusht. Mit einer erschreckend simplen Vorstellung des Menschen – und gravierenden Folgen?
      (…)
      Die Grenzen des Menschseins hinter sich lassen

      Die extrem technikaffine Geistesrichtung des Transhumanismus verfolgt eine Reihe von Zielen, die mit Hilfe von Technik erreicht werden sollen (man ahnt, weshalb er in Silicon Valley sich solcher Beliebtheit erfreut):

      Die Überwindung des Todes durch die sogenannte Kryonik. Hierbei wird der Kopf oder ganze Körper eingefroren. Der Milliardär Peter Thiel hat sich beispielsweise hierfür schon angemeldet.
      Mind Uploading. Dadurch soll das eigene Gehirn extern dupliziert werden. Dabei gibt es verschiedene Formen und Ziele des Uploadings.
      Genkontrolle und Genediting des Fötus zur Optimierung des Kindes.
      Upgrading des Gehirns, das die kognitiven Grenzen des Menschen überwinden soll.
      Ein möglichst flächendeckender Einsatz Künstlicher Intelligenz zur Optimierung des Lebens insgesamt.

      Selbstverständlich teilt nicht jeder Transhumanist alle genannten Ziele, aber alle Transhumanisten sehen den Menschen als ein defizitäres Wesen an, dessen Natur enhanced, also verbessert werden muss.

      Unendliche Möglichkeiten

      Es stellt sich die Frage, was vom Wesen Mensch eigentlich nach Wunsch derjenigen bleiben soll, wenn der Mensch "überwunden" wird. Ray Kurzweil, Director of Engineering bei Google:

      Es wird keine Unterscheidung (…) zwischen Mensch und Maschine oder zwischen physischer und virtueller Realität geben. Wenn Sie sich fragen, was in einer solchen Welt eindeutig menschlich bleiben wird, dann ist es einfach diese Eigenschaft: Wir sind die Spezies, die von Natur aus danach strebt, ihre physische und mentale Reichweite über die derzeitigen Grenzen hinaus zu erweitern.

      Viele Unternehmen in Silicon Valley und führende Persönlichkeiten der dortigen Community arbeiten genau daran. Elon Musk besitzt das Unternehmen Neuralink, das Computerchips für das menschliche Gehirn baut und diese auch seit kurzem an Menschen testen darf.

      Peter Thiel investiert massiv in eine Firma, die Gehirn und Computer direkt verbinden will.

      Partystimmung

      Die Transhumanisten kennen in ihrem Optimismus kaum Grenzen. Der flächendeckende Einsatz von Künstlicher Intelligenz, die mit Terrabyte persönlicher Daten gefüttert wird, erfüllt dabei die vermeintlich große Sehnsucht des Menschen, die Google-Mitbegründer Eric Schmidt schon vor Jahren formuliert hat:

      »Ich denke tatsächlich, dass die meisten Menschen nicht wollen, dass Google ihre Fragen beantwortet; sie wollen, dass Google ihnen sagt, was sie als Nächstes sollen.«

      Anstrengendes Nachdenken, Abwägen, sich informieren, mit einander diskutieren. Überflüssig. Schnee von gestern. Das Leben eine einzige unendlich supergeile Party. Endlich! Oder wie es der britische Philosoph David Pearce schreibt:

      »Superintelligenz. Superlanglebigkeit und Superglücklichsein. (…) Das Leben wird immer aufregend sein, und der Spaß wird einfach nicht aufhören.«

      Kritik wird laut

      In den letzten Jahren haben sich die Zahl von Experten gemehrt, die ihre Stimme gegen die Drohung der Künstlichen Intelligenz erheben. Im Herbst 2022 kam sogar eine Studie von KI-Forscher der Universität Oxford und Canbera zu dem durchaus beunruhigenden Ergebnis, dass die Künstliche Intelligenz die Menschheit vermutlich auslöschen wird.

      Zuletzt verließ Jeffrey Hinton, "der Vater der KI", Google, um offen über die Risiken von künstlicher Intelligenz sprechen zu können und Mo Gawdat, ehemaliger Chief Business Officer von Google X, bezeichnet in einem beeindruckenden Interview die Diskussion um KI als "die existenziellste Debatte und Herausforderung, der sich die Menschheit jemals stellen wird."

      Die Gefahr durch KI sei größer als die einer drohenden Klimakatastrophe. Der Internet-Pionier Jaron Lanier kann sich da nur anschließen:

      »Eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft wird das Internet sich plötzlich zu einer superintelligenten KI zusammenballen, unendlich klüger als jeder einzelne Mensch und alle Maschinen zusammen. Es wird von einem Moment auf den anderen lebendig werden und die Weltherrschaft übernehmen, bevor wir kleinen unbedeutenden Menschen überhaupt wissen, wie uns geschieht.«
      (…)
      Was ist der Mensch?

      Der Transhumanismus, den man aufgrund seines Erlösungsanspruch vom Tod und andere biologischer Grenzen des Menschseins auch als "Nerd-Religion" (Douglas Rushkoff) bezeichnen kann, stützt sich auf eine bestürzend simple Vorstellung des Menschen.

      Larry Page, Mitbegründer von Google, drückte zum Beispiel seine Einschätzung der menschlichen DNA in diesem Sinne aus: Diese sei einzig "komprimiert 600 Megabyte, also kleiner als jedes moderne Betriebssystem (…) also sind Ihre Programmalgorithmen wahrscheinlich nicht so kompliziert."

      Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins brachte seine Einschätzung noch prägnanter – aber ein wenig unterkomplex – auf den Punkt:

      »Das Leben besteht nur aus Bytes und Bytes und Bytes von digitalen Informationen.«

      Es mag in einer Welt, die von Big Data beherrscht wird und deren Geschäftsmodell Big Data ist, naheliegen, den Menschen auf ein Produkt seiner Bytes und Megabytes zu reduzieren, es ist aber mehr als befremdlich, wie viele Aspekte der menschlichen Natur bei dieser Reduktion übersehen werden, vielleicht auch übersehen werden müssen, um mit Verve für den Transhumanismus zu werben. Der Publizist Philipp von Becker bemerkt:

      »Die Vorstellung des Mind-Uploads beruht auf der Fiktion, dass das Wesen des Menschen unabhängig von der spezifischen Materie seines Körpers sei und lediglich aus Daten bestehe, die auf eine beliebige Materie transferiert werden könnten.

      Auch die Vorstellung zur gentechnischen Umgestaltung des Menschen beruht auf der Fiktion des Menschen als einer formalisierbaren, berechenbaren, von der Umwelt abgeschnittenen Entität.«

      Der (un)berechenbare Mensch

      Alle Überlegungen der Transhumanisten zu einer gentechnischen Optimierung gehen von einem berechenbaren Wesen Mensch aus und übersehen dabei ein paar Kleinigkeiten.

      Denn tatsächlich gibt es schon rein mathematisch ein gravierendes Problem, wie niemand anderes als Craig Venter betont, dessen Firma es als Erstes gelungen ist, ein menschliches Genom zu sequenzieren:

      »Wir haben einfach nicht genug Gene, als dass diese Idee des biologischen Determinismus richtig sein könnte. Die wunderbare Vielfalt der menschlichen Spezies ist nicht in unserem genetischen Code fest verdrahtet. Unsere Umwelt ist entscheidend.«

      Venter spricht dabei einen weiteren zentralen Punkt an, den Transhumanisten übersehen: Gene legen unser Leben und Verhalten bei Weitem nicht so stark fest, wie landläufig geglaubt wird.

      Unsere Umwelt und unser soziales Miteinander beeinflussen, welche Gene wie stark (oder gar nicht) zur Wirkung kommen. Matthieu Ricard, promovierter Zellgenetiker und weltbekannter buddhistischer Mönch, erklärt:

      »Um aktiv zu sein, muss ein Gen "exprimiert werden", d. h., es muss eine "Transkription" in Form eines spezifizierten Proteins, das auf den Trägerorganismus dieses Gens wirkt, erfolgen.«

      Findet keine Transkription statt und wird ein Gen nicht exprimiert, so ist dies gleichsam, als würde dieses Gen gar nicht existieren.

      Die Wirklichkeit ist nachweislich deutlich komplexer als eine Formel, die unser Verhalten aufgrund unserer Gene berechnet. Tatsächlich werden die meisten Gene des Körpers reguliert, nur sehr wenige Gene sind andauernd und unverändert aktiv.

      Mit anderen Worten, Gene bestimmen durchaus unser Leben. Inwiefern sie aber aktiviert werden oder nicht, ist von unseren äußeren Lebensumständen abhängig.

      Auch seelische Erlebnisse können Genexpressionen aktivieren oder deaktivieren. Der Neurowissenschaftler Robert Sapolsky erklärt:

      »Transkriptionsfaktoren regulieren also Gene. Und was reguliert Transkriptionsfaktoren? Die Antwort ist vernichtend für das Konzept des genetischen Determinismus: die Umwelt.«

      Einen genetischen Determinismus und damit eine theoretisch denkbare Berechenbarkeit des Menschen gibt es nicht. Willkommen in der Welt der Epigenetik!

      Der (a)soziale Mensch

      Beim Transhumanismus steht nicht das soziale Wesen Mensch im Mittelpunkt, stattdessen ist der Mensch ganz offensichtlich ein zu optimierendes Einzelwesen. Gedanken zum sozialen Wesen Mensch sucht man bei Transhumanisten daher vergeblich.

      Dass ungewollte Einsamkeit so gesundheitsschädigend wie Alkoholismus ist, Menschen also am dringendsten den Menschen und soziale Verbundenheit brauchen, passt offensichtlich im Hochgesang auf technische Möglichkeiten nicht ins Bild.

      Auch damit offenbart sich der Transhumanismus als eine philosophische Denkrichtung, die zwar massiv auf einem Menschenbild aufbaut, aber leider vom Wesen des Menschen mehr Annahmen als Wissen hat. Das ultra-kooperative Wesen mit einem Social Brain, großzügigem Spenderherz und Wunsch nach Gemeinschaft, das in Katastrophen zur mitmenschlichen Höchstform aufläuft.

      Der Mensch ist für Transhumanisten letztlich ein Fremder und all das, was Menschsein ausmacht, wird ignoriert, um im neoliberalen Credo das Selbst immer und immer weiter zu optimieren.

      Allianz mit Neoliberalismus

      Transhumanismus, Neoliberalismus und Silicon Valley-Kapitalismus gehen eine unheilige Allianz ein, wie mehrere Kritiker bemerken.

      Erstaunlicherweise entdeckt man nicht zuletzt die Vorstellung des Homo oeconomicus in den Tiefen des Transhumanismus. Denn dank der KI könnte der Mensch tatsächlich zum rein rationalen, eigenutzmaximierenden Wesen mit sich niemals ändernder Präferenz werden!

      All die Kritik an dem radikal vereinfachenden Modell der klassischen Wirtschaftswissenschaft wären dann Schnee von gestern und der Mensch wäre – dank Technik – endlich das, was einige schon immer behauptet haben: ein Homo oeconomicus.

      https://www.telepolis.de/features/Transhumanismus-und-KI-Bedrohung-des-Menschen-9654886.html?seite=all

    • 5vor12 sagt:

      Irgendwie lässt man dabei völlig außer Acht, was Komplexität überhaupt bedeutet.
      Das Gehirn einer Stubenfliege wiegt ein tausendstel Gramm, doch kann das Insekt dank dieser winzigen Steuerzentrale in Sekundenbruchteilen Bilder auswerten und rasante Flugmanöver in einer Weise steuern, wie es Bislang noch keine Mega High Tech vermag.
      Intelligent wäre es also, es mit dem UPLOAD bzw. Download erst einmal anders herum zu versuchen.
      Doch selbst dazu reicht es bei weitem noch nicht.
      Egon Maskes NEURALINK ist eher eine modernisierte Form des Old Sparky.

  3. coronistan.blogspot.com sagt:

    "Wie Maß und Vernunft in der Corona-Pandemie wegzensiert wurden | Von Norbert Häring"

    HERR GOTT!!!

    Korrekt wäre: Wie Norbert Häring immer noch nicht kapiert hat – oder kapieren will? -, dass es nie eine Covid-Pandemie gab, gibt und geben wird, weil es keine krankmachenden Viren gibt.

    Es war (und ist immer noch) eine psychologische Operation.

    Warum ist das schwer zu begreifen?

    • _Box sagt:

      Eine Anrufung des Allmächtigen erscheint wenig zielführend, da eine Intervention von dieser Seite nicht zu erwarten ist. Unabhängig davon, anbei der Verweis auf eine Fußnote, eines Artikels der sich mit dem Theater befasst:

      1) Eine weniger wohlwollende Erklärung dafür, dass diese Frage aktuell so wichtig genommen wird, findet sich in dem Video von Bodo Schiffmann, das am 16.5.2022 auf dem Kanal von Rechtsanwältin Beate Bahner veröffentlicht wurde. Seine Hauptaussage lautet, dass Dr. Stefan Lanka absichtlich eine unerfüllbare Forderung zum Nachweis von Viren gestellt hat, nämlich ein Virenisolat vorzuweisen. Diese Forderung, auf der sein ganzes Konstrukt aufbaut, sei unerfüllbar, weil ein Virus außerhalb einer anderen Zelle nicht replikationsfähig ist und zerfällt. Dr. Schiffmann führt aus, dass Dr. Lanka, als Repräsentant der Virusleugner den RNA-‘Impfstoff’-Kritikern großen Schaden zugefügt hat, indem er versucht, sie zu diskreditieren und lächerlich zu machen.
      Während ich den Virusexistenzstreit wohlwollend als sprachlogisches Missverständnis gedeutet habe, deutet Dr. Schiffmann das Verhalten von Dr. Lanka inhaltlich als absichtlich angewendeten eristischen Trick. Sein Verhalten trage dazu bei, den radikalen Umbau der Gesellschaft und die Abgabe von einzelstaatlichen Entscheidungsbefugnissen an überstaatliche Organisationen (WHO) voranzutreiben. Dieser Umbau lasse sich durch die ‚Corona-Maßnahmen‘, die er indirekt durch seine unerfüllbare Forderung unterstützt, zügiger und effektiver vorantreiben. Das gleiche gilt für eine von der Gates-Stiftung, die seit 10 Jahren eine globale Impfkampagne vorbereitet, beabsichtigte Bevölkerungsreduktion, die u.a. durch Sterilisierung großer Bevölkerungsteile bewirkt werden soll. Bezüglich von Quellen zu Gates und seinen Projekten verweist er auf seinen eigenen Telegram-Kanal.

      Aus:
      Gibt es nun Viren oder nicht?

      Gastautor „F. Rust“ geht der Frage nach, die, wie er selbst sagt, „von einigen ‚Virenleugnern‘ auf aggressive Weise in den Mittelpunkt gerückt wird“.
      Wir veröffentlichen seine spannende Analyse, in der er sich mit Logik und Sprachwissenschaft der Thematik annimmt. Er schreibt: „Sinnvoll hingegen wäre die Erörterung der Frage: „Handelt es sich bei den VIREN, von denen gerade die Rede ist, um in der Natur vorkommende VIREN oder um VIREN, die aus organischen Strukturen von Tieren hergestellt wurden, indem diese Strukturen genetisch verändert wurden?“

      Beitragsdatum
      18. Mai 2022
      (…)
      Wenn mein Argumentationsgang inhaltlich korrekt und folgerichtig ist, dann macht er deutlich, dass die in verschiedenen Foren ausgetauschten Behauptungen wie „Ich glaube an ‚Viren‘.“ und „Es gibt keine ‚Viren‘.“ müßig ist.
      F. Rust

      Gelegentlich handelt es sich bei einem Streit oder einer Meinungsverschiedenheit, die sich vermeintlich um eine Sache dreht, in Wirklichkeit um ein sprachliches und wissenschaftshistorisches oder wissenschaftssoziologisches Problem. Ein solches Problem kann sich ergeben, wenn die Beziehung von Sprache und ‚Wirklichkeit‘ (empirischer Welt) nicht angemessen berücksichtigt wird. Dies trifft auch auf die Frage zu, ob es nun Viren gebe oder nicht.1)

      https://corona-blog.net/2022/05/18/gibt-es-nun-viren-oder-nicht/

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