
Die anti-russische Politik der Ampel war kein "Betriebsunfall" und Merz wird diese Politik noch verschärfen. In Russland ist zu spüren, wie sich das trotz allem immer noch positive Deutschland-Bild allmählich verändert, und wie alte Erinnerungen wieder hochkommen.
Ein Standpunkt von Thomas Röper.
Als in Russland lebender Deutscher ist es für mich ein Glück, dass die russische „Propaganda“ – im Gegensatz zur westlichen – nicht ganze Völker pauschal verteufelt und entmenschlicht, sondern streng zwischen einer Regierung und den Menschen eines Landes trennt, denn die Politik der letzten und der nun kommenden Bundesregierung verschlechtert das bisher sehr gute Deutschland-Bild der Russen zusehends und man muss sich als Deutscher immer mehr kritische Fragen zur deutschen Politik anhören.
War die Ampel-Regierung noch ein Verein aus Witzfiguren wie dem vollkommen farb- und willenlosen Kanzler Scholz, der strohdummen Annalena-360-Gradwende-Baerbock und dem in Wirtschaftsfragen gänzlich unwissenden Kinderbuchautor Habeck, über die man in Russland lachen konnte, so sieht das bei der kommenden Regierung anders aus. Sie scheint noch anti-russischer zu sein als ihre Vorgänger und sie besteht nicht aus offensichtlichen Volltrotteln.
Und das macht die neue Bundesregierung gefährlich, weil sie eine Eigendynamik entwickeln kann, zu der die Vorgänger, die brav dem Willen Brüssels und Washingtons gefolgt sind und damit „unter Kontrolle“ waren, nie fähig gewesen wären.
Der Kommentar zum heutigen Deutschland und zu Friedrich Merz und seiner Regierung, den das russische Fernsehen am Sonntagabend in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick ausgestrahlt hat, wird vielen deutschen Lesern nicht gefallen, aber ich übersetze ihn, um zu zeigen, wie man in Russland inzwischen beginnt, auf Deutschland zu blicken.
Beginn der Übersetzung:
Das Gespenst eines neuen kriegerischen Deutschlands geht in Europa um.
Am Tag des Sieges, dem 9. Mai 1945, wurde eine neue staatliche Auszeichnung herausgegeben. Durch Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR wurde die Medaille „Für den Sieg über Deutschland“ eingeführt.
Ich erinnere mich aus meiner Kindheit noch sehr gut an sie, denn mein Vater, ein Veteran, wurde auch damit ausgezeichnet. Unter dem St.-Georgs-Band ist auf Messing Stalin im Profil abgebildet und um den Kreis herum steht die Inschrift: „Unsere Sache ist gerecht. Wir haben gesiegt.“ Und rundherum auf der Rückseite: „Für den Sieg über Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg 1941–1945.“
Für den Sieg über Deutschland…
Ja, natürlich, wer hat auf der Seite Nazi-Deutschlands nicht alles gegen uns gekämpft – Rumänen, Italiener, Finnen, Franzosen und Spanier. Wer da nicht alles war. Aber für uns war es dennoch in erster Linie ein Sieg über Deutschland. Und nach dem Krieg wurde diese Medaille jedem Kriegsteilnehmer verliehen, egal wo er gekämpft hat. Fast 15 Millionen dieser Medaillen wurden verliehen.
Vielleicht beunruhigt uns das, was in Deutschland als Teil der EU und der NATO geschieht, deshalb am meisten. In ihrem neuen Kanzler namens Fritz, Friedrich Merz, sehen wir ähnliche Züge des Deutschen, wie sich unsere Leute, unsere Eltern oder unsere Großeltern, ihn vorgestellt haben: ein Deutscher, der in einer Militäruniform – wie wir heute wissen, von Hugo Boss – in unserem Heimatland Gräueltaten verübte, der mordete, brandschatzte, raubte, folterte, zerstörte, einfach alles mit Füßen trat.
Merz sieht mit seiner Brille so ordentlich und dünn aus. Verändern Sie einfach seine Kleidung und er wird genauso aussehen.
Solche Assoziationen hat Merkel nicht geweckt, auch Scholz, Kohl, Schröder und andere nicht. Aber dieser hier sieht irgendwie verdächtig aus. Oder kommt uns das nur so vor?
Aber es geht schließlich nicht um das Aussehen. Und überhaupt kann es sein, dass wir ein gewisses Misstrauen hegen. Oder einen Reflex. Nun, da das für uns wie eine Brandwunde ist, schützen wir uns besonders vor Feuer.
Und vielleicht ist es ja gar nicht so wichtig, dass Bundeskanzler Merz’ Großvater mütterlicherseits, Josef Paul Sauvigny, unter Hitler Bürgermeister der Stadt Brilon, Mitglied der NSDAP war und sogar in der Reserve der SA im Unteroffiziersrang eines Oberscharführers geführt wurde. Na und? Die Enkel sind nicht für ihre Großväter verantwortlich.
Das stimmt alles. Aber jetzt geht es nicht um Misstrauen. Friedrich Merz ist als aktiver Befürworter der Lieferung deutscher Taurus-Langstreckenraketen an die Ukraine bekannt. Das bedeutet automatisch, dass es Offiziere der Bundeswehr sein werden, die die Ziele bestimmen und die Taurus-Raketen auf uns richten. Die angegebene Reichweite beträgt 500 Kilometer. Von der ukrainischen Stadt Sumy aus umfasst die Reichweite der Taurus beispielsweise russische Städte wie Moskau und Krasnodar.
Noch als Kanzlerkandidat setzte Friedrich Merz im alten, inzwischen aufgelösten Bundestag einen Beschluss durch, der Deutschland die Aufnahme gigantischer Schulden für das Wiederaufrüstungsprogramm ermöglicht. Dabei geht es nach verschiedenen Schätzungen um eine Summe von rund einer Billion Euro. Das ist der jährliche Militärhaushalt der USA. Für Deutschland sind das nie gekannte Summen.
Friedrich Merz überzeugt die Deutschen stur davon, dass Russland ein Feind und eine Bedrohung sei, und dass man ihm mit militärischer Gewalt begegnen müsse, sei es durch eine verstärkte Unterstützung des Bandera-Regimes oder durch den Wiederaufbau der deutschen Militärmacht. Oder beides, und sogar noch etwas drittes: Die Militärausgaben müssten in ganz Europa erhöht werden.
Während Macron leere Versprechungen über die militärische Führungsmacht Frankreichs machte, kam Merz sofort zur Sache. Und nun ist es Deutschland, das den Anspruch erhebt, das Machtzentrum Kontinentaleuropas zu sein. Merz verkündet kühnere Ambitionen: Raumfahrt, genauer gesagt Raketen.
In der Regierung wird ein neues Bundesministerium geschaffen: „Forschung, Technologie und Raumfahrt“. Den Vorsitz übernahm am Dienstag Dorothee Bär, eine Abgeordnete der CSU.
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall, an dessen Fließbändern unter Hitler Kriegsgefangene arbeiteten und der heute die Ukraine mit schweren Waffen beliefert, quillt dank staatlicher Aufträge auf wie Hefe. In den vergangenen drei Jahren hat sich der Wert des Konzerns fast verzehnfacht.
Im Jahr 2024 stieg der Umsatz des Konzerns um 36 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro. Im Jahr 2025 ist ein Wachstum von weiteren 30 Prozent geplant. Für die nächsten drei Jahre setzt sich Firmenchef Armin Papperger das Ziel, den Umsatz auf 20 Milliarden Euro zu verdoppeln, langfristig auf 40 Milliarden.
Hinzu kommt, dass Deutschland zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg dauerhafte Militärstützpunkte im Ausland errichtet. Eine deutsche Panzerbrigade wurde offiziell in Litauen nahe der weißrussischen Grenze stationiert. Wofür?
Friedrich Merz antwortet ausweichend:
„Deutschland wird wieder Verantwortung übernehmen – in Europa und in der Welt. Nicht lautstark, aber verlässlich. Nicht arrogant, sondern partnerschaftlich.“
Fritz Merz strebt eindeutig eine Abkopplung von den USA und sogar der NATO an. Er hat seine eigenen Pläne, wie er erklärte:
„Für mich wird es absolute Priorität haben, Europa so schnell wie möglich zu stärken, damit es schrittweise eine echte Unabhängigkeit von den Vereinigten Staaten erlangt. Nach den Äußerungen von Donald Trump in der vergangenen Woche ist klar, dass den Amerikanern, diesem Teil der Amerikaner, dieser Regierung, das Schicksal Europas weitgehend gleichgültig ist. Ich bin sehr daran interessiert, wie wir bis zum NATO-Gipfel Ende Juni kommen werden, ob wir dann noch über die NATO in ihrer jetzigen Form sprechen werden oder ob wir sehr schnell die Unabhängigkeit der europäischen Verteidigung herstellen müssen. Das ist meine Priorität. Und ich mache mir keine Illusionen darüber, was wir von den USA bekommen können.“
Gleichzeitig muss man einräumen, dass für Merz nicht alles rund läuft. In der kurzen Zeit seit der Bundestagswahl Ende Februar sanken die Umfragewerte seines Blocks aus CDU/CSU von 28,6 Prozent auf 24 Prozent. Das heißt, würden jetzt Wahlen stattfinden, würde Merz nicht Kanzler werden. Der Grund für diesen Absturz liegt laut deutschen Analysten darin, dass Merz im Bundestag das Recht auf unbegrenzte Kredite für militärische Zwecke und damit auch für Hilfen für die Ukraine durchgepeitscht hat.
Die Folge ist, dass Friedrich Merz sein Amt vom ersten Tag an als „lahme Ente“ antritt. Er ist ein Kanzler der Minderheit. Einer INSA-Umfrage zufolge sind 60 Prozent der Deutschen der Meinung, Merz sei nicht für das Amt des deutschen Bundeskanzlers geeignet. Aktuell unterstützt weniger als ein Drittel, nämlich 32 Prozent der Befragten, Merz.
„Na und?“, sagt Merz. Es gibt andere Mechanismen, um an der Macht zu bleiben. Die beliebteste Partei in Deutschland, die AfD, wird offiziell als gesichert extremistisch bezeichnet. Das bedeutet Überwachung und man ist nur noch einen Schritt von einem Verbot entfernt. Deutschland hat derartige Erfahrungen bereits gemacht…
In den USA war man von dieser Wendung überrascht, aber Merz ist das völlig egal. Er will nichts mehr von Trump. Am Donnerstag sagte er ihm am Telefon:
„Du musst dir überlegen, was du willst.“
So zumindest lautete seine Erklärung dazu:
„Ich möchte die amerikanische Regierung dringend bitten und dazu aufrufen, die deutsche Innenpolitik eine innere Angelegenheit bleiben zu lassen und auf solche parteipolitischen Bewertungen weitgehend zu verzichten.“
Überhaupt befindet sich Deutschland, wie wir früher schon gesagt haben, in einem sehr schnellen Wandel. Und die Befürchtungen jener europäischen Politiker, die die Vereinigung Deutschlands wie das Feuer fürchteten, bewahrheiten sich, weil das auch die unvermeidliche Wiederbelebung eben jenes teutonischen Geistes bedeuten würde, der äußerst gefährliche Formen annehmen kann.
Wir erinnern daran, dass es Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts infolge des Zweiten Weltkriegs zwei deutsche Staaten gab: die östliche Deutsche Demokratische Republik im Bündnis mit der UdSSR und die westliche Bundesrepublik Deutschland.
Der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow unterstützte, wie heute klar ist, aufgrund seiner Kurzsichtigkeit die Initiative des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl, die DDR zu schlucken. Gorbatschow stimmte sogar dem Abzug des eine halbe Million Mann starken Kontingents der sowjetischen Armee aus der DDR zu – und zwar praktisch für nichts.
Die Amerikaner und insbesondere US-Präsident George Bush Senior waren für die Wiedervereinigung, während die Eiserne Lady, die britische Premierministerin Margaret Thatcher, und der in Europa hoch angesehene französische Präsident François Mitterrand kategorisch dagegen waren. Beide waren, im Gegensatz zu den derzeitigen EU-Staats- und Regierungschefs, politische Schwergewichte.
Aus verständlichen Gründen vertraten sie ihre Positionen also nicht öffentlich, sie wurden aber dennoch in den Archiven des Politbüros des Zentralkomitees der KPdSU dokumentiert, in den Verhandlungsprotokollen, von denen Michail Gorbatschow, als er seinen eigenen Abtritt vorbereitete, Kopien an die nach ihm benannte Stiftung übergab, von wo sie problemlos in den Westen gelangten.
Und das hat die London Times aus diesen vor 15 Jahren veröffentlichten Dokumenten erfahren:
„Zwei Monate vor dem Fall der Berliner Mauer teilte Margaret Thatcher Gorbatschow mit, dass weder Großbritannien noch die westeuropäischen Länder eine deutsche Wiedervereinigung wollten. Sie machte dem sowjetischen Führer klar, dass er alles in seiner Macht Stehende tun müsse, um das zu verhindern. 1989 führten Thatcher und Gorbatschow ein ungewöhnlich offenes Gespräch, über das zuvor nie berichtet wurde. Thatcher sagte darin, dass eine Destabilisierung Osteuropas und ein Zerfall des Warschauer Pakts ebenfalls nicht im Interesse des Westens lägen. Thatcher verwies auf die enormen Erfolge in Osteuropa, erklärte aber kategorisch, dass der Westen weder auf einer „Entkommunisierung“ bestehen, noch Schritte unternehmen werde, die die Sicherheit der Sowjetunion gefährden könnten.“
Interessanterweise waren die öffentlichen Positionen des Westens andere, beispielsweise in den offiziellen Kommuniqués der NATO. Doch Thatcher riet Gorbatschow, „dem Ganzen keine Beachtung zu schenken“.
Hier ist eine Aussage Thatchers vom 11.09.2009:
„Wir wollen kein vereintes Deutschland. Es würde zu einer Neuziehung der Nachkriegsgrenzen führen, und das können wir nicht zulassen, denn so ein Ereignis würde die Stabilität der internationalen Lage untergraben und unsere Sicherheit gefährden.“
Und Thatcher wurde, bereits unmittelbar vor der deutschen Wiedervereinigung 1990, noch direkter und versuchte, den Prozess zumindest zu verlangsamen:
„Ich bin überzeugt, dass es bis zur Vereinigung einer langen Übergangsphase bedarf“, sagte sie in einem Gespräch mit Gorbatschow. „Ganz Europa blickt nicht ohne eine gewisse Angst auf diese Entwicklung, da man sich noch sehr gut daran erinnert, wer die beiden Weltkriege begonnen hat.“
Einen Monat nach dem Fall der Berliner Mauer traf Präsident Mitterrands Berater Jacques Attali in Kiew Vadim Zagladin, einen der engsten Berater Gorbatschows. Darüber schreibt die Times:
„Attali sagte, Moskaus Weigerung, in Ostdeutschland einzugreifen, habe die französische Führung verwirrt. Attali fragte, ob sich die UdSSR wirklich mit der Aussicht auf eine deutsche Wiedervereinigung abgefunden habe und keine Schritte unternehmen werde, diese zu verhindern. Dies habe Ängste ausgelöst, die in Panik umzuschlagen drohten.“
Dann sagte Attali, als würde er Thatchers Worte wiederholen, direkt:
„Frankreich will die deutsche Wiedervereinigung auf keinen Fall, obwohl es versteht, dass sie letztlich unvermeidlich ist.“
Im April 1990, fünf Monate nach dem Fall der Mauer, erklärte Attali, das Schreckgespenst eines vereinten Deutschlands sei für die französischen Politiker zu einem Albtraum geworden. Dem Protokoll zufolge teilte Attali Mitterrand mit, dass er, wenn das geschehe, „zum Mars fliegen und dort leben“ würde.
Zum Mars ist schließlich niemand geflogen, doch in Deutschland scheint sich genau das zu ereignen, was die weitsichtigen Europäer damals befürchtet haben. In Zukunft könnten sich die Nachbarn der Deutschen darauf vorbereiten, in die Nahrungskette des neuen Deutschlands einzutreten. Natürlich sprechen wir von einem dramatischen Szenario. Aber wer kann es ausschließen?
Wie auch immer, wir haben diese Auszeichnung, die Medaille „Für den Sieg über Deutschland“. Und heute weckt sie solche Assoziationen in uns.
Ende der Übersetzung
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien am 12. Mai 2025 auf dem Blog anti-spiegel.
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Bildquelle: Ryan Nash Photography/ shutterstock
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